„Linearschrift B“ – Versionsunterschied
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'''Linearschrift B''' (in Abgrenzung zur älteren [[Linearschrift A]]) ist die Silben[[schrift]] der [[Mykenische Kultur|Mykenischen Kultur]] [[Griechenland]]s. Sie wurde vom 15. Jahrhundert v. Chr. bis ins 12. Jahrhundert v. Chr. ausgehend von [[Knossós]] auf [[Kreta]] und dem griechischen Festland verwendet. |
'''Linearschrift B''' (in Abgrenzung zur älteren [[Linearschrift A]]) ist die Silben[[schrift]] der [[Mykenische Kultur|Mykenischen Kultur]] [[Griechenland]]s. Sie wurde vom 15. Jahrhundert v. Chr. bis ins 12. Jahrhundert v. Chr. ausgehend von [[Knossós]] auf [[Kreta]] und dem griechischen Festland verwendet. Ihr Gebrauch ist aus den [[Minoische Kultur#Chronologie|Perioden SM II bis SM III B]] der Minoischen Kultur bezeugt.<ref>{{Internetquelle | url=http://www.uibk.ac.at/sprachen-literaturen/sprawi/pdf/Hajnal/mykgr1.pdf | titel=Die voralphabetischen Schriften in Kreta und Zypern | autor= | hrsg=www.uibk.ac.at | seiten=9 | datum=2007-05-20 | zugriff=2012-02-10 | kommentar=PDF-Datei, 1,09 MB}}</ref> |
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Version vom 10. Februar 2012, 21:59 Uhr
Linearschrift B (in Abgrenzung zur älteren Linearschrift A) ist die Silbenschrift der Mykenischen Kultur Griechenlands. Sie wurde vom 15. Jahrhundert v. Chr. bis ins 12. Jahrhundert v. Chr. ausgehend von Knossós auf Kreta und dem griechischen Festland verwendet. Ihr Gebrauch ist aus den Perioden SM II bis SM III B der Minoischen Kultur bezeugt.[1]
Bekannt sind etwa 90 Silbenzeichen, 160 Zeichen mit Wortbedeutung sowie diverse Zahlzeichen.
Funde
Bekannt wurde die Schrift 1878 durch einen Fund auf Kreta. Die Bezeichnung wurde geprägt von Sir Arthur Evans, dem Ausgräber von Knossós, und bezeichnet das Aussehen der mit einzelnen Linien in Tontäfelchen geritzten Schriftzeichen. Wegen der engen Verwandtschaft mit der Linearschrift A wurden aufgefundene Tontäfelchen und ähnliche zunächst für minoisch gehalten.
Funde von Tontäfelchen gab es vor allem auch in den Palastarchiven in Pylos, die von Carl Blegen aufgedeckt wurden. Weitere Fundstätten sind Chania (auf Kreta), Mykene, Tiryns und Theben auf dem Festland.
In den 1990er Jahren wurde eine bronzezeitliche Befestigung bei Bernstorf in Bayern entdeckt. Bei Ausgrabungsarbeiten fanden sich im Jahr 2000 auch zwei Bernsteinamulette mit je drei Zeichen einer frühen Linear-B-Schrift. Der Fund liefert einen wichtigen Beleg für die Handelswege des 15. Jahrhunderts v. Chr.
Entzifferung
1952 gelang dem britischen Architekten und Sprachforscher Michael Ventris zusammen mit John Chadwick die Entzifferung. Es zeigte sich, dass die aufgefundenen Texte in einer frühen Form der griechischen Sprache (mykenisch-griechisch) abgefasst worden waren. Dies stellte eine wissenschaftliche Sensation dar, da man bis dahin angenommen hatte, die Mykener hätten noch nicht Griechisch gesprochen, sondern Träger dieser Sprache seien erst in der Eisenzeit in Hellas eingewandert.
Bei den Funden handelt es sich nicht um literarische Texte, sondern hauptsächlich um Notizen zu wirtschaftlichen und Verwaltungszwecken, die nicht zur dauerhaften Aufbewahrung bestimmt waren. Die Tontafeln blieben nur deshalb erhalten, da sie durch Brandkatastrophen zufällig gebrannt und so für lange Zeit haltbar gemacht worden sind. Daher berichten sie nur von den wirtschaftlichen Verhältnissen und der Verwaltung der letzten Monate vor der Katastrophe. Einmal im Jahr wurde eine Revision durchgeführt, bei der der Inhalt aller Tontäfelchen zusammengefasst und sehr wahrscheinlich auf vergänglichem Material festgehalten wurde.
Die Schriftzeichen der Linearschriften mit ihren komplizierten Strukturen und kleinen Details sind für das Einritzen in Ton wenig geeignet. Man vermutet daher, dass hauptsächlich auf anderen, aber nicht sehr haltbaren Materialien wie Papyrus oder Pergament geschrieben wurde.
Silbenzeichen
Beispiele:
knossos = ko-no-so = Vorlage:Linear B
amnisos = a-mi-ni-so = Vorlage:Linear B
phaisto = pa-to = Vorlage:Linear B
qasileus = qa-si-re-u = Vorlage:Linear B
palaios = pa-ra-jo = Vorlage:Linear B
tripos = ti-ri-po = Vorlage:Linear B
wanax = wa-na-ka = Vorlage:Linear B
aithioqs = ai-ti-jo-qo = Vorlage:Linear B oder Vorlage:Linear B
Schreibregeln
Da in Linear B nur einfache Silben (entweder Vokal oder Konsonant+Vokal) geschrieben werden können, spiegelt die Orthographie die Lautgestalt schlecht wider. Ein in Linear B geschriebenes griechisches Wort hat häufig mehrere mögliche Lesarten. Die Schreibung ist dagegen ziemlich eindeutig und folgt in der Mehrzahl der Fälle den folgenden Regeln:
- Vokallänge wird nicht spezifiziert: Die beiden O-Vokale in KNOSOS (klassische Κνωσός) werden nicht unterschieden.
- Diphthonge auf U (AU, EU) werden mit einem Silbenzeichen plus dem Vokal U geschrieben (LEU ist also re-u). Für AU am Wortanfang gibt es ein spezielles Silbenzeichen.
- In Diphthongen auf I fällt das I aus (aus PHAI wird also pa; allerdings findet man gerade für das Beispielwort PHAISTOS auch irregulär die Schreibung pa-i-to Vorlage:Linear B). Am Wortanfang kann AI wahlweise mit a oder einem speziellen Zeichen ai geschrieben werden.
- Folgen auf U oder I weitere Vokale, dann fügt man einen Gleitlaut w bzw. j ein. Das gilt auch bei Diphthongen aus U oder I, obwohl das I bei letzteren gar nicht geschrieben wird (LAIO schreibt man als ra-jo, KUA ergibt ku-wa).
- Doppelkonsonanten (Geminale) werden als einfache Konsonanten geschrieben (SSO wird zu so)
- Konsonantencluster, deren erster Bestandteil ein Plosiv ist, werden in zwei Silben mit gleichem Vokal aufgelöst (KNO ergibt ko-no).
- Cluster aus Kontinuant+Plosiv verkürzt man dagegen zu einer einfachen Silbe, indem man den Kontinuanten weglässt (STO ergibt to).
- In Clustern aus zwei Kontinuanten werden grundsätzlich beide Konsonanten geschrieben (MNI wird zu mi-ni). Dazu gibt es jedoch Ausnahmen, in denen der erste Konsonant in der Schreibung ausfällt. Das ist systematisch immer der Fall, wenn der zweite Konsonant S ist, aber es gibt auch Fälle, die sich nicht mit einer einfachen Regel vorhersagen lassen.
- Die Unterscheidung zwischen stimmhaften, stimmlosen und behauchten Verschlusslauten kann in der Schrift in der Regel nicht wiedergegeben werden (KA/KHA/GA werden mit ka geschrieben und PA/PHA/BA mit pa). Nur für den stimmhaften Dental D gibt es eine eigene Reihe von Silbenzeichen, so dass man DA mit da und TA/THA mit ta schreibt.
- Zwischen L und R wird nicht unterschieden.
- Konsonanten am Wortende fallen normalerweise aus. In den eher seltenen Fällen, dass ein Wort auf -qs, -ps oder -ks endet, wird der Plosiv mit dem Vokal der vorletzten Silbe geschrieben: Im letzten Beispielwort schreibt man das wortfinale QS mit dem vorangehenden Vokal als qo.
Literatur
Populärwissenschaftliche Darstellungen
- Werner Ekschmitt: Die Kontroverse um Linear B. Beck, München 1969.
- Simon Singh: The code book. The science of secrecy from ancient Egypt to quantum cryptography. Fourth Estate, London 1999, ISBN 1-85702-879-1 (Deutsch: Geheime Botschaften. Die Kunst der Verschlüsselung von der Antike bis in die Zeiten des Internet. 7. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2006, ISBN 978-3-423-33071-8 (dtv 33071).
Wissenschaftliche Literatur
- Antonín Bartoněk: Handbuch des mykenischen Griechisch. C. Winter, Heidelberg 2003. ISBN 3-8253-1435-9 (Indogermanische Bibliothek Reihe 1).
- Robert Browning (Hrsg.): The Linear B Texts from Knossos. Transliterated and edited. London 1955 (Bulletin of the Institute of Classical Studies of the University of London, Supplementary Papers, Nr. 1).
- John Chadwick: Linear B and related scripts. 3. Druck. British Museum Press, London 1995, ISBN 0-7141-8068-8 (Reading the past).
- John Chadwick: The Mycenaean world. Cambridge University Press, Cambridge 1976, ISBN 0-521-29037-6 (Deutsch: Die mykenische Welt. Reclam, Stuttgart 1979. ISBN 3-15-010282-0).
- Sigrid Deger-Jalkotzy (Hrsg.): Die neuen Linear-B-Texte aus Theben. Ihr Aufschlusswert für die mykenische Sprache und Kultur. Akten des internationalen Forschungskolloquiums an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 5. - 6. Dezember 2002. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2006, ISBN 3-7001-3640-4 (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Denkschriften, Philosophisch-Historische Klasse 338, ISSN 0029-8824), (Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission 23), (Mykenische Studien 19), Inhalt..
- Stefan Hiller / Oswald Panagl: Die frühgriechischen Texte aus mykenischer Zeit. 2. Durchgesehene Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1986, ISBN 3-534-06820-3 (Erträge der Forschung 49 ISSN 0174-0695).
- Michael Ventris: Documents in Mycenaean Greek. Second edition by John Chadwick. Cambridge University Press, London 1973, ISBN 0-521-08558-6.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Die voralphabetischen Schriften in Kreta und Zypern. www.uibk.ac.at, 20. Mai 2007, S. 9, abgerufen am 10. Februar 2012 (PDF-Datei, 1,09 MB).
Weblinks
- The Linear B Tablets and Mycenaean Organization
- Einführung in Linear B Uni München als PDF (55 kB)
- Ancient Scripts: Linear B
- The Unicode Standard 5.0, Section 14.5: Linear B (PDF-Datei; 326 kB)
- The Unicode Standard 5.0, Code Chart Linear B Syllabary (PDF-Datei; 87 kB)
- The Unicode Standard 5.0, Code Chart Linear B Ideograms (PDF-Datei; 136 kB)