Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Januar 2021 um 18:53 Uhr durch Nordprinz (Diskussion | Beiträge) (RevertVandalismus entfernt (HG) (3.4.10)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen (Gemälde von Jean-Jacques-François Le Barbier, ca. 1789)

Am 26. August 1789 verkündete die französische Nationalversammlung die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen). Dies ist einer der Grundlagentexte, mit denen die Demokratie und Freiheit in Frankreich begründet wurden. Kritisiert wird die Erklärung bis heute dafür, die Perspektive von Frauen und Minderheiten nicht zu berücksichtigen.

Geschichte

Die Erklärung ist stark vom Gedankengut der französischen Aufklärung, namentlich von Montesquieu und Rousseau, geprägt. Daneben ist der Einfluss der englischen Bill of Rights von 1689 und der seit der Reformation entwickelten Lehren vom Widerstandsrecht gegen Tyrannen spürbar. Inspirierend wirkten schließlich Texte, die im Zusammenhang mit der Amerikanischen Revolution entstanden waren. Zu nennen ist insbesondere die Bill of Rights von Virginia (1776). Der Marquis de La Fayette spielte hier als Brückenbauer eine wichtige Rolle. Nach seiner Rückkehr aus den USA wurde er 1789 Mitglied der französischen Generalstände. Er brachte nach amerikanischem Vorbild einen Entwurf zu einer Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in die neue Nationalversammlung ein. Die am 26. August 1789 von der Nationalversammlung verkündete Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, Produkt einer langwierigen Debatte und unzähliger Entwürfe und Änderungsanträge, beruht mittelbar auf seinem Entwurf.

Das handschriftliche Original von 1789, das sich heute im französischen Nationalarchiv in Paris befindet, wurde im Jahr 2003 zum Weltdokumentenerbe erklärt.[1]

Inhalt

Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte

Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte enthält eine Präambel und 17 Artikel, in denen die grundlegendsten Bestimmungen über den Menschen, seine Rechte und die Nation festgeschrieben sind. Sie erklärt, dass es natürliche und unveräußerliche Rechte wie Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung geben muss. Alle Menschen müssen als gleich gelten, besonders vor dem Gesetz und dem Recht. Sie schließt auch die durch den Staatstheoretiker Montesquieu in seinem Buch Vom Geist der Gesetze geforderte Gewaltenteilung ein. Wie ähnliche Texte galt auch die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte zum Zeitpunkt ihrer Formulierung vor allem bezüglich der politischen Rechte nicht für die Frauen.[2] Olympe de Gouges forderte 1791 die volle rechtliche, politische und soziale Gleichstellung aller Geschlechter mit ihrer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin ein.

Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte wird auch in der Präambel zur Französischen Verfassung des 4. Oktober 1958 zitiert, was beweist, dass sie bis zur heutigen Fünften Republik ihre Bedeutung, und zwar auch als Teil der französischen Verfassung, nicht verloren hat. Sie ist die erste Menschenrechtserklärung in Europa.

Präambel

Vorlage:Zitat-fr

Artikel 1

Vorlage:Zitat-fr

Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es. Gesellschaftliche Unterschiede dürfen nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.

Artikel 2

Vorlage:Zitat-fr

Der Zweck jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unantastbaren Menschenrechte. Diese sind das Recht auf Freiheit, das Recht auf Eigentum, das Recht auf Sicherheit und das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung.

Artikel 3

Vorlage:Zitat-fr

Der Ursprung jeder Souveränität ruht letztlich beim Volke. Keine Körperschaften, kein Individuum können eine Gewalt ausüben, die nicht ausdrücklich von ihm ausgeht.

Artikel 4

Vorlage:Zitat-fr

Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.

Artikel 5

Vorlage:Zitat-fr

Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. Alles, was durch das Gesetz nicht verboten ist, darf nicht verhindert werden, und niemand kann gezwungen werden zu tun, was es nicht befiehlt.

Artikel 6

Vorlage:Zitat-fr

Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Bürger haben das Recht, persönlich oder durch ihre Vertreter an seiner Gestaltung mitzuwirken. Es muss für alle gleich sein, mag es beschützen oder bestrafen. Da alle Bürger vor ihm gleich sind, sind sie alle gleichermaßen, ihren Fähigkeiten entsprechend und ohne einen anderen Unterschied als den ihrer Eigenschaften und Begabungen, zu allen öffentlichen Würden, Ämtern und Stellungen zugelassen.

Artikel 7

Vorlage:Zitat-fr

Niemand darf angeklagt, verhaftet oder gefangen gehalten werden, es sei denn in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und nur in den von ihm vorgeschriebenen Formen. Wer willkürliche Anordnungen verlangt, erlässt, ausführt oder ausführen lässt, muss bestraft werden; aber jeder Bürger, der kraft Gesetzes vorgeladen oder festgenommen wird, muss sofort gehorchen; durch Widerstand macht er sich strafbar.

Artikel 8

Vorlage:Zitat-fr

Das Gesetz soll nur Strafen festsetzen, die unbedingt und offenbar notwendig sind, und niemand darf anders als aufgrund eines Gesetzes bestraft werden, das vor Begehung der Straftat beschlossen, verkündet und rechtmäßig angewandt wurde.

Artikel 9

Vorlage:Zitat-fr

Da jeder solange als unschuldig anzusehen ist, bis er für schuldig befunden wurde, muss, sollte seine Verhaftung für unumgänglich gehalten werden, jede Härte, die nicht für die Sicherstellung seiner Person notwendig ist, vom Gesetz streng unterbunden werden.

Artikel 10

Vorlage:Zitat-fr

Niemand soll wegen seiner Anschauungen, selbst religiöser Art, belangt werden, solange deren Äußerung nicht die durch das Gesetz begründete öffentliche Ordnung stört.

Artikel 11

Vorlage:Zitat-fr

Die freie Äußerung von Gedanken und Meinungen ist eines der kostbarsten Menschenrechte: Jeder Bürger kann also frei reden, schreiben und drucken, vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit für den Missbrauch dieser Freiheit in den durch das Gesetz bestimmten Fällen.

Artikel 12

Vorlage:Zitat-fr

Die Gewährleistung der Menschen- und Bürgerrechte erfordert eine öffentliche Gewalt; diese Gewalt ist also zum Vorteil aller eingesetzt und nicht zum besonderen Nutzen derer, denen sie anvertraut ist.

Artikel 13

Vorlage:Zitat-fr

Für die Unterhaltung der öffentlichen Gewalt und für die Verwaltungsausgaben ist eine allgemeine Abgabe unerlässlich; sie muss auf alle Bürger, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, gleichmäßig verteilt werden.

Artikel 14

Vorlage:Zitat-fr

Alle Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Vertreter die Notwendigkeit der öffentlichen Abgabe festzustellen, diese frei zu bewilligen, ihre Verwendung zu überwachen und ihre Höhe, Veranlagung, Eintreibung und Dauer zu bestimmen.

Artikel 15

Vorlage:Zitat-fr

Die Gesellschaft hat das Recht, von jedem Staatsbeamten Rechenschaft über seine Amtsführung zu verlangen.

Artikel 16

Vorlage:Zitat-fr

Eine Gesellschaft, in der die Gewährleistung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung.

Artikel 17

Vorlage:Zitat-fr

Da das Eigentum ein unverletzliches und geheiligtes Recht ist, kann es niemandem genommen werden, es sei denn, dass die gesetzlich festgestellte öffentliche Notwendigkeit dies eindeutig erfordert und vorher eine gerechte Entschädigung festgelegt wird.

Literatur

(chronologisch geordnet)

  • Georg Jellinek: Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte: Ein Beitrag zur modernen Verfassungsgeschichte. Duncker & Humblot, Leipzig 1895 (Neudruck, Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-17651-9).
  • Fritz Kloevekorn: Die Entstehung der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Matthiesen Verlag, Berlin 1911. (Digitalisat im Internet Archive).
  • Vincent Marcaggi: Les origines de la déclaration des droits de l’homme de 1789. Fontenmoing, Paris 1912 (französisch).
  • Giorgio Del Vecchio: La déclaration des droits de l’homme et du citoyen dans la Révolution française: contributions à l’histoire de la civilisation européenne. Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1968 (französisch).
  • Stéphane Rials (Hrsg.): La déclaration des droits de l’homme et du citoyen. Hachette, Paris 1988, ISBN 2-01-014671-9 (französisch).
  • Antoine de Baecque-Wolfgang Schmale-Michel Vovelle (Hrsg.): L’an 1 des droits de l’homme. Presses du CNRS, Paris 1988 (französisch).
  • Claude-Albert Colliard: La déclaration des droits de l’homme et du citoyen de 1789. La documentation française, Paris 1990, ISBN 2-11-002329-5 (französisch).
  • Marcel Gauchet: Die Erklärung der Menschenrechte. Die Debatte um die bürgerlichen Freiheiten 1789. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1991, ISBN 3-499-55512-3.
  • Gérard Conac, Marc Debene, Gérard Teboul (Hrsg.): La Déclaration des droits de l’homme et du citoyen de 1789; histoire, analyse et commentaires. Economica, Paris 1993, ISBN 978-2-7178-2483-4 (französisch).
  • Marcel Gauchet: Menschenrechte. In: François Furet, Mona Ozouf (Hrsg.): Kritisches Wörterbuch der Französischen Revolution. Band. 2: : Institutionen und Neuerungen, Ideen, Deutungen und Darstellungen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-518-40171-8, S. 1180–1197.
  • Realino Marra: La giustizia penale nei princìpi del 1789. «Materiali per una storia della cultura giuridica», XXXI-2, Dezember 2001, S. 353–364 (italienisch).
  • Reinhard Pohanka (Hrsg.): Dokumente der Freiheit. Marixverlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-950-2, S. 76–90.

Weblinks

Commons: Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen – Quellen und Volltexte (französisch)

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Original Declaration of the Rights of Man and of the Citizen (1789 1791). In: Memory of the World – Register. UNESCO, 2003, abgerufen am 5. Juli 2013 (englisch).
  2. Gisela Bock: Frauen in der europäischen Geschichte. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. (= Beck’sche Reihe, 1625). Beck, München 2005, ISBN 978-3-406-52795-1, S. 73: „Olympe de Gouges hatte begriffen, dass im Vokabular der Revolutionäre [der Französischen Revolution] und in der Déclaration von 1789 homme nicht etwa Mensch, sondern Mann bedeutete.“