Vertragssammlung der Vereinten Nationen

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Vertragssammlung der Vereinten Nationen
United Nations Treaty Collection – UNTC
 
Organisationsart UN-Sekretariat
Kürzel UNTC, UNVS
Leitung António Guterres
Status aktiv
Gegründet 14. Dezember 1946
Hauptsitz New York, USA
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Oberorganisation Vereinte Nationen
https://treaties.un.org

Die Vertragssammlung der Vereinten Nationen, UNVS (kurz: UN-Vertragssammlung, englisch United Nations Treaty Collection – UNTC, französisch Nations Unies Collection des Traités) enthält die seit dem 24. Oktober 1945 beim Generalsekretär der UNO hinterlegten völkerrechtlichen Verträge der UNO in Form von zertifizierten Kopien (engl. Certified True Copies, CTCs), zudem Informationen über den Status der Verträge, d. h., ob sie in Kraft sind, welche Länder sie unterzeichneten, und allfällige Vorbehalte, Erklärungen und Einwände der Vertragsparteien.

Die Sammlung enthält auch die Verträge des Völkerbundes und die zwischen den Mitgliedsländern der UNO abgeschlossenen bi- und multilateralen Verträge, sofern diese bei der UNO hinterlegt wurden.

Die UNVS ist in Art. 102 der UN-Charta vorgesehen und der Generalsekretär der UNO als Depositar (Verwahrer) der enthaltenen Verträge bestimmt. Am 14. Dezember 1946 wurde die UNVS von der UN-Generalversammlung mit der UN-Resolution A/RES/97(I) geschaffen.[1] In dieser Resolution wurde auch die Veröffentlichung der enthaltenen Verträge festgelegt. Zu diesem Zweck wurde ein Online-Portal geschaffen, auf welchem der öffentliche Zugang zu diesen Daten gewährt wird.

Der Europarat führt eine eigene Sammlung der Europäischen Verträge (SEV; englisch Council of Europe Treaty Series, CETS), welche denselben Zweck hat.

Inhalt der Vertragssammlung

Bei der Bezeichnung „Vertrag“ handelt es sich um einen Sammelbegriff für unterschiedlichste völkerrechtlich verbindliche Vereinbarungen (Art. 2 WVK)[2].

Die zertifizierten Kopien und der aktuelle Stand der Verträge sind separat abgelegt. Beide sind jedoch in dieselben 29 thematischen Kapitel (engl. Chapter) unterteilt, wo die entsprechenden Verträge aufgelistet sind.

Die wesentlichen Bestandteile der bei der UNO hinterlegten Verträge (engl. Depositary of Treaties) sind:[3]

  • Das Inhaltsverzeichnis (engl. Titles of Treaties) der beim Sekretariat der UNO hinterlegten multilateralen Verträge (engl. Multilateral Treaties deposited with the Secretary-General, MTDSG) in den 6 offiziellen Sprachen der UNO. Dies ist das eigentliche Inhaltsverzeichnis der UNVS, in welchem die Verträge in den entsprechenden Kapiteln mit ihren Vertragsnummern aufgelistet sind.
  • die zertifizierten Kopien der im Sekretariat hinterlegten Verträge (engl. Certified True Copies, (CTCs) of Multilateral Treaties Deposited with the Secretary-General), mit Angabe des Titels jedes Vertrags und des Kapitels in der UNVS, wo er abgelegt ist. Der zertifizierte Vertrag ist in den im Vertrag vorgesehenen Sprachen abgefasst. Auf der letzten Seite folgt die Echtheitsbestätigung durch den Verwahrer vom Sekretariat der UNO (Art. 77 Abs. 1 lit b WVK)[2].
  • die Vertragsserie (engl. United Nations Treaty Series, UNTS), das ist das Vertragsregister der UNO, in welchem vom Sekretariat alle bei ihm hinterlegten Verträge nach deren Inkrafttreten in chronologischer Reihenfolge aufgeführt sind.
  • der aktuelle Stand der Verträge (engl. Status of Treaties), dazu gehören:
    • der Titel des Vertrags
    • Angabe, wann der Vertrag rechtskräftig wurde (engl. Entry into force), (Art. 24 WVK)
    • das Registrationsdatum (Art. 80 WVK)
    • der Status des Vertrags, d. h., von wie vielen Ländern der Vertrag unterzeichnet wurde
    • der Verweis auf den Vertragstext, d. h., auf die zertifizierte Kopie und die Vertragsserie (UNTS)
    • die Liste sämtlicher Mitgliedsstaaten der UNO mit Angabe über die Unterzeichnung und Ratifikation des Vertrags
    • die Erklärungen (engl. Declarations) und Vorbehalte (engl. Reservations), welche die Mitgliedsländer bei Vertragsabschluss machten.

Eine Erklärung (Art. 31 Abs. 2 lit WVK) beinhaltet, wie der Vertragsstaat einen bestimmten Artikel auslegt bzw. versteht. Ein Vorbehalt ist die Ablehnung eines bestimmten Artikels (Art. 19 ff WVK). Die Übergänge sind fließend, da solche Vorbehalte Einwände anderer Staaten (engl. Objections) auslösen können, wenn diese den Vorbehalt nicht akzeptieren. Sie können damit geltend machen, dass mit diesem Vorbehalt der Vertrag oder ein Teil davon nicht gilt. So machte z. B. Pakistan zum Abkommen gegen Folter (FoK) den Vorbehalt, die Art. 4, 6, 12, 13 und 16 FoK seien nicht auf die Scharia anwendbar, woraufhin mehrere Staaten dies nicht akzeptierten. Sie machten geltend, der Vorbehalt Pakistans sei vertragswidrig (Art. 27 WVK) und deswegen würde das Abkommen zwischen ihnen und Pakistan nicht gelten.

Hinterlegte bi- und multilaterale Verträge

Bei der UNO können auch internationale Verträge hinterlegt werden, die nicht von der UNO erstellt wurden, z. B.:

  • Europäisches Übereinkommen über die Unverjährbarkeit von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen[4]
  • Vertrag zwischen Deutschland und Polen über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsabereinkommens[5]
  • Vertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz über den Anschluss Liechtensteins in das Schweizer Zollgebiet[6]

Hilfsmittel der UNVS

  • Das Reglement der UNVS (engl. Regulations), mit dem offiziellen Namen: Registration and Publication of Treaties and International Agreements: Regulations to give effect to Article 102 of the Charter of the United Nations
  • Das Referenzhandbuch (engl. Treaty Handbook); es erklärt die wichtigsten Begriffe der UNVS wie: Verträge, Vereinbarungen, Konventionen, Urkunden, Protokolle, Erklärungen, Absichtserklärungen, Modus Vivendi und Notenaustausch
  • Ein Glossar, in welchem die in der UNVS verwendeten Begriffe definiert sind.

Gesetzliche Grundlage

Die Grundlage der UNVS ist die UN-Charta, welche alle Mitgliedsländer beim Beitritt zur UNO ratifizierten. In Art. 102 der UN-Charta ist festgelegt, dass das Sekretariat der UNO Depositar, Verwahrer der völkerrechtlichen Verträge zwischen den Mitgliedsländern sei und von diesem die Verträge nach dem Öffentlichkeitsprinzip allgemein zugänglich gemacht wird (Art. 80 WVK).

Art. 102 UN-Charta
(1) Alle Verträge und sonstigen internationalen Übereinkünfte, die ein Mitglied der Vereinten Nationen nach dem Inkrafttreten dieser Charta schliesst, werden so bald wie möglich beim Sekretariat registriert und von ihm veröffentlicht.
(2) Werden solche Verträge oder internationalen Übereinkünfte nicht nach Absatz 1 registriert, so können sich ihre Vertragsparteien bei einem Organ der Vereinten Nationen nicht auf sie berufen.

Die Aufgabe des Verwahrers ist im Teil VII der WVK[2] Verwahrer, Notifikationen, Berichtigungen und Registrierung geregelt, welches ihrerseits im Kapitel 23 der UNVS unter Recht der Verträge (engl. Law of Treaties)[7] hinterlegt ist.

In den Verträgen wird auch festgelegt, in welchen Sprachen der Vertrag verbindlich ist (z. B. Art. 33 WVK) und wo er hinterlegt wird (z. B. Art. 16 WVK).

Hintergrund

Bereits der Völkerbund war von 1920 bis 1944 Depositar von Verträgen – Vertragsserie des Völkerbundes (engl. League of Nations Treaty Series, LNTS). Da die UNO der Nachfolger des Völkerbundes ist, wurden auch diese Verträge übernommen und in der UNVS unter «League of Nations Treatys» abgelegt.

Die AEMR ist nicht Teil der UNVS

Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) ist – entgegen weit verbreiteter Ansicht – kein völkerrechtlicher Vertrag, sondern eine UN-Resolution, in welcher die UNO die in Art. 3 Absatz 1 und Art. 55 lit. c der UN-Charta erwähnten Menschenrechte und Grundfreiheiten i. S. eines Memorandum of understanding definierte, analog zur UN-Resolution A/RES/97(I)[1], in welcher UNO-intern die UNVS reglementiert wurde. Da die AEMR kein völkerrechtlicher Vertrag ist, ist sie auch nicht in der UNVS enthalten.

Da die AEMR jedoch die in der UN-Charta erwähnten Menschenrechte und Grundfreiheiten definiert, ist sie die Grundlage der völkerrechtlich verbindlichen Verträge der UNO zu den Menschenrechten, wie z. B. der UN-Kinderrechtskonvention (KRK), in deren Präambel auf die AEMR als Grundlage des Übereinkommens verwiesen wird.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b UN-Res A/RES/97(I) Registration and Publication of Treaties and International Agreements Reglement der UNVS vom 14. Dezember 1946, (pdf, englisch), abgerufen am 1. Februar 2019
  2. a b c Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, WVK – deutsche Übersetzung in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts der Schweiz
  3. UNTC Overview Übersicht der UNVS, abgerufen am 1. Februar 2019
  4. European Convention on the Non-Applicability of Statutory Limitation to Crimes against Humanity and War Crimes multilateraler, europ. Vertrag (CETS 082) in der UNVS hinterlegt, abgerufen am 1. Februar 2019
  5. Treaty between the Federal Republic of Germany and the Republic of Poland to supplement the European Convention on Extradition and to facilitate its application in der UNVS hinterlegter bilateraler Vertrag zwischen Deutschland und Polen, abgerufen am 1. Februar 2019
  6. Treaty between Principality of Liechtenstein and the Switzerland concerning the union of the latter with the Swiss Customs Territory in der UNVS hinterlegter bilateraler Vertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz, abgerufen am 1. Februar 2019
  7. Law of Treaties Zertifizierte Kopie der WVK, in: UNVS Das Recht der Verträge