Julia Gerber Rüegg

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Portraitfoto von Julia Gerber Rüegg, Oktober 2013

Julia Gerber Rüegg (* 8. April 1957 in Zürich) ist eine Schweizer Politikerin (Ex-SP) und Gewerkschafterin.

Leben und Wirken

Julia Gerber Rüegg wuchs in Uerikon auf. Sie besuchte die Höhere Töchterschule Stadelhofen in Zürich. 1979 erwarb sie das Lehrerpatent und arbeitete bis 1989 an der Primar- und der Sekundarschule. Später bildete sie sich zur PR-Beraterin weiter. Bis 2008 leitete sie die Agentur Rüegg Gerber PR in Wädenswil. Anschliessend war sie Mediensprecherin bei der Gewerkschaft Unia in Bern und ab 2010 Leiterin der Abteilung Vertragsvollzug bei der Unia, Region Zürich-Schaffhausen. Gegenwärtig leitet sie die Region Ostschweiz Graubünden bei der Telekommunikationsgewerkschaft Syndicom.

Julia Gerber Rüegg ist mit Willy Rüegg verheiratet, Mutter von zwei Söhnen (* 1989 und 1991) und lebt in Wädenswil.

Politische Ämter

Seit 1980 engagierte sich Julia Gerber Rüegg in der Sozialdemokratischen Partei. 1987 wurde sie in den Wädenswiler Gemeinderat und 1994 in den Zürcher Kantonsrat gewählt. Im Gemeinderat präsidierte sie die Raumplanungskommission. Im Kantonsrat war sie Mitglied verschiedener Spezialkommissionen, der Geschäftsprüfungskommission (1995–2002) und der Finanzkommission (2002–2009). 2010 bis 2014 war sie Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben.[1] 2005 wurde sie vom Regierungsrat in die Kommission für die Gleichstellung von Frau und Mann gewählt. Die politischen Kernthemen von Gerber Rüegg sind die Gleichstellung von Mann und Frau in Beruf und Gesellschaft sowie die Rechte und der Schutz der Arbeitnehmer.

Im Auftrag der Universität Zürich gründete Gerber Rüegg mit der «Kinderkrippe Pitschi» die erste Kindertagesstätte für Kinder studierender Eltern an der Universität Zürich (Eröffnung: Mai 2003). Sie gab den Anstoss zur Gründung der Stiftung «Kinderbetreuung im Hochschulraum Zürich kihz» der beiden Zürcher Hochschulen.

Durch ihren Beruf und ehrenamtliches Engagement ist Julia Gerber Rüegg in gewerkschaftlichen Kreisen vernetzt. 2008–2014 war sie Präsidentin des Zürcher Gewerkschaftsbundes.[2]

Im Frühling 2014 trat Julia Gerber Rüegg aus dem Zürcher Kantonsrat zurück und ermöglichte es Jonas Erni, ein Jahr vor den Wahlen in den Kantonsrat nachzurücken und ihrer Partei einen strategischen Vorteil im Wahlkampf zu verschaffen.

Nationale Politik

Während ihrer Zeit im Zürcher Kantonsrat übernahm Julia Gerber Rüegg vermehrt Ämter auf nationaler Ebene. 2004 bis 2012 war sie Mitglied der Geschäftsleitung der SP Schweiz als sie zusammen mit der Genfer Nationalrätin Maria Roth-Bernasconi die SP-Frauen Schweiz präsidierte.[3]

Während ihrer Karriere hat sich Julia Gerber Rüegg mehrmals für die SP in den Schweizer Parlamentswahlen engagiert. Hatte sie in den 1990er Jahren noch im hinteren Bereich der Liste begonnen, nominierte sie die SP 2011 für einen aussichtsreichen Platz.[4] Dabei rückte sie vom 11. auf den 8. Listenplatz (erster Ersatzplatz) vor, und konnte damit nicht in den Nationalrat einziehen.[5]

Im Mai 2015 sorgte die Findungskommission der SP Kanton Zürich für Aufsehen, indem sie überraschend entschied Julia Gerber Rüegg nicht mehr für die Nationalratswahlen 2015 aufzuführen.[6] Nachdem ihr bereits einen Monat zuvor, nach der Wahl von Jacqueline Fehr in den Zürcher Regierungsrat, das Nachrutschen in den Nationalrat verweigert worden war, hatte sich Julia Gerber Rüegg gegenüber den Medien kämpferisch gezeigt und auf ihr Wählermandat von 2011 verwiesen.[7] An der Delegiertenversammlung der SP Kanton Zürich wurde der Antrag, Gerber Rüegg wieder auf die Liste zu setzen, mit einer Dreiviertelsmehrheit angenommen. Ungeachtet ihres Wahlresultates von 2008 wurde sie aber nur im mittleren Bereich der Liste aufgeführt. Diese plötzliche Abwendung der Parteiführung von Gerber Rüegg wurde von den Medien mit Erstaunen aufgenommen, was ihr unverhofft einen frühen Start in den Wahlkampf ermöglichte.[8] An den Nationalratswahlen vom 18. Oktober 2015 erreichte Gerber Rüegg 86'319 Stimmen und damit den 14. Platz innerhalb der SP-Liste, von der 9 Kandidierende gewählt wurden. Damit verfehlte sie die Wahl um knapp 5000 Stimmen.[9] In der Folge trat sie sowie ihr Ehemann Willy Rüegg aus der SP aus.[10]

Feminismus, Familie und Gleichstellung

Am 7. Juni 1993 stellte Julia Gerber Rüegg bei der Revision der Wädenswiler Gemeindeordnung den Antrag: «Für Personen-, Funktions- und Rollenbezeichnungen wird in diesem Text die feminine Form verwendet. Da die männliche Form in der weiblichen enthalten ist, ist sowohl die männliche als auch die weibliche Person angesprochen.»[11] Diesem Antrag stimmte der Rat zu. «Am 26. September wurde in Wädenswil über die Revision der Gemeindeordnung abgestimmt. Damit wurde dem Volk zum ersten Mal in der Schweiz eine Vorlage unterbreitet, die ausschliesslich weibliche Personenbezeichnungen enthielt. Sie löste in breiten Kreisen der Bevölkerung heftige Diskussionen aus, sowohl über die sprachliche Gleichstellung als auch über die Gleichberechtigung ganz generell.»[12] Die Vorlage wurde erwartungsgemäss abgelehnt, löste aber im ganzen deutschen Sprachraum eine Debatte über den Umgang mit dem generischen Maskulin aus, und stiess international auf Interesse.[13] Am 20. Februar 1994 wurde eine neue Vorlage, in der die «Paarform» verwendet wurde, klar angenommen. Seither werden amtliche Texte und Gesetzestexte in der Schweiz nicht mehr ausschließlich männlich formuliert.

Gerber Rüeggs Engagement für Frauen im Beruf und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie führte sie immer wieder zu politischen Vorstössen im Kantonsrat. Als Präsidentin des Gewerkschaftsbundes lancierte sie die Volksinitiative «Kinderbetreuung JA!», die den Ausbau des Betreuungsangebotes für Kinder im Vorschulalter zum Ziel hatte. Im Juni 2010 stimmte das Zürcher Stimmvolk dem Gegenvorschlag zu und garantierte damit den Anspruch auf einen familienergänzenden Kinderbetreuungsplatz.

Einzelnachweise

  1. Website der Parlamentsdienste des Kantons Zürich. Abgerufen am 6. März 2011 (Archiv).
  2. Website des Zürcher Gewerkschaftsbundes. Abgerufen am 6. März 2011.
  3. Website der SP-Frauen Schweiz. Abgerufen am 17. Mai 2013.
  4. Kandidierendenliste der SP Kanton Zürich@1@2Vorlage:Toter Link/www.spkantonzh.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Archivlink (Memento des Originals vom 3. April 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.statistik.zh.ch
  6. Julia Gerber Rüegg von ihrer Partei desavouiert. Neue Zürcher Zeitung.
  7. SP brüskiert verdiente Genossin. In: Tages-Anzeiger.
  8. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.telezueri.ch Tele Züri vom 30. Mai 2015
  9. Statistisches Amt des Kantons Zürich: Kandidierende Erneuerungswahl Nationalrat 2015. In: Wahlarchiv. 2. Juni 2021, abgerufen am 12. Februar 2022.
  10. «Nicht mehr meine Partei». In: NZZ.ch, 3. November 2016.
  11. Stadt Wädenswil: Protokoll des Gemeinderates vom 7. Juni 1993. Wädenswil 1993, S. 668–670.
  12. Fachstelle für Gleichberechtigungsfragen des Kantons Zürich (Hrsg.) Sprache Macht Politik, Zürich 1994.
  13. Unter anderem publizierte der japanische Linguist Saburo Okamura von der Waseda-Universität in Tokio zum Thema Wädenswil und Eutin: Wie das generische Femininum kam und ging. In: Waseda Global Forum. Bd. 1, S. 47–59.