Melville-Bucht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Januar 2023 um 14:43 Uhr durch Kenneth Wehr (Diskussion | Beiträge) (Einleitung: Linkkorrektur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Melville-Bucht
Qimusseriarsuaq
In der südlichen Melville-Bucht

In der südlichen Melville-Bucht

Gewässer Baffin Bay (Atlantischer Ozean)
Landmasse Grönland
Geographische Lage 75° 45′ N, 61° 0′ WKoordinaten: 75° 45′ N, 61° 0′ W
Melville-Bucht (Grönland)
Melville-Bucht (Grönland)
Breite 299 km
Tiefe ca. 100 km
Größte Wassertiefe ca. 300 m[1]
Inseln Kullorsuaq, Kiatassuaq (Holm Ø), Qulleqqorsuit, Ryder Øer
Zuflüsse Sverdrup Gletsjer, Nordenskjöld Gletsjer
Ausdehnung der Melville-Bucht
Ausdehnung der Melville-Bucht

Ausdehnung der Melville-Bucht

MELVILLE BUGT auf dem US-Kartenblatt von 1976

Die Melville-Bucht (dänisch Melville Bugt, grönländisch Qimusseriarsuaq, „großer Hundeschlittenort“) ist eine große Bucht der Baffin Bay an der Westküste Grönlands.

Geographie

Die Bucht erstreckt sich im Osten der Baffin Bay zwischen dem Kap York im Nordwesten und Kiatassuup Nuua (Wilcox Head), der Westspitze der Insel Kiatassuaq (Holm Ø), im Süden.[2]

Unterbrochen durch Landzungen und vorgelagerte Eilande dringt das grönländische Inlandeis an der Melville-Bucht in ausgedehnten Gletschern bis zur Küste vor, die dadurch eine der größten Quellen von Eisbergen in der Baffin Bay darstellt. 19 große Gletscher kalben hier jedes Jahr mehr als tausend Eisberge mit einem Gesamtvolumen von 60 km³.[3] Von Mitte Oktober bis zum späten Juli ist die Bucht von Festeis bedeckt,[4] das eine maximale Dicke von 130 bis 180 Zentimetern erreicht.[5] In manchen Sommern bleibt die Eisdecke sogar erhalten.

Die Küste der Melville-Bucht ist weitgehend unbewohnt, einzige Küstenorte sind Savissivik im Norden und Kullorsuaq im Süden, jeweils auf gleichnamigen, der grönländischen Küste vorgelagerten Inseln.

Geschichte

William Baffin und Robert Bylot befuhren die Buch 1616 mit der Discovery als erste Europäer, aber sie fuhren so weit auf See, dass sie die Küste nicht sehen konnten.[6] Erst 1817 segelte mit Bernard O’Reilly wieder ein europäischer Entdecker in ihren Gewässern und fertigte eine unpräzise Karte an.[7]

Im Folgejahr befuhr John Ross die Bucht. Er benannte sie dabei zu Ehren des britischen Seeoffiziers Robert Dundas, 2. Viscount Melville, der zu diesem Zeitpunkt Erster Lord der Admiralität war. Ross sah nur den Abschnitt bis Nallortup Nuua (Kap Melville) als Teil der Bucht an, während der westlich gelegene Abschnitt bis zum Kap York von ihm Prince Regent's Bay genannt wurde.[8]

Im 19. Jahrhundert waren zahlreiche europäische Walfänger in der Melville-Bucht aktiv.[9] Wegen der Eisverhältnisse wurden jährlich durchschnittlich ein Dutzend Walfängerschiffe vom Eis zermalmt.[6]

Im April 1894 erforschte und kartierte Eivind Astrup (1871–1895) per Hundeschlitten die Küste der Melville-Bucht, aber da er nur bis Qapiarfissalik (Thom Ø) kam, blieb der südliche Teil der Bucht weiterhin unkartografiert.[6][10]

Im Rahmen der Literarischen Expedition unter Ludvig Mylius-Erichsen wurde die Melville-Bucht erstmals in voller Länge von Europäern mit dem Hundeschlitten überquert. Aus Zeitgründen konnte die Küste nicht kartografiert werden, aber es gelang festzustellen, dass die gesamte Bucht auf diese Weise überquert werden konnte. Die Route war in vergangenen Jahrhunderten von den Inuit genutzt worden, dann aber in Vergessenheit geraten. Fortan wurde sie wieder genutzt und Inughuit ließen sich in der Bucht nieder.[6] Auch von Süden her verlagerten sich die Wohnplätze der Kitaamiut weiter nach Norden und in den 1920er Jahren wurde mit Qaarusulik ein westgrönländischer Wohnplatz in der Diskobucht besiedelt. Wenig später folgte das heute noch bewohnte Kullorsuaq.[11]

Eine geologische Untersuchung sowie eine genauere Kartierung wurde 1916 von Lauge Koch im Rahmen von Knud Rasmussens Zweiter Thule-Expedition vorgenommen.[12][6]

Am 5. August 1977 war die Melville-Bucht Schauplatz eines Tankerunglücks. Die USNS Potomac (T-AO-181) kollidierte auf dem Weg zum Luftwaffenstützpunkt Thule Air Base an Position 74° 52′ N, 61° 13′ W mit einem Eisberg und wurde leck geschlagen. 405 Tonnen Schweröl liefen daraufhin ins Meer.[13]

Fauna

Die Melville-Bucht wird häufig von Eisbären besucht, die an der Eiskante Jagd auf Ringelrobben machen. Weitere ganzjährig anzutreffende Robbenarten sind das Walross und die Bartrobbe, während Klappmützen und Sattelrobben die Bucht nur zwischen Juni und Oktober besuchen.[3] Von den hier lebenden Walarten ist die Melville-Bucht vor allem für den Narwal und den Weißwal (Beluga) von Bedeutung.

Brutkolonien von Seevögeln sind in der Melville-Bucht seltener als an anderen grönländischen Küsten. Auf den Sabine-Inseln (Sabine Øer) findet man allerdings die größten Kolonien der Küstenseeschwalbe und der Schwalbenmöwe ganz Grönlands.[14] Die häufigsten Seevögel im Gebiet sind die Gryllteiste und die Eismöwe. Die Kolonien der Polarmöwe auf den Balgoni-Inseln (Balgoni Øer) stellen den nördlichsten Punkt ihres Verbreitungsgebiets auf Grönland dar.

Naturschutz

Ein Teil der Melville-Bucht und der angrenzenden grönländischen Küste mit einer Fläche von 7957 km² (703 km² eisfreies Land, 5193 km² Meer und 2061 km² Eis)[15] wurde 1977 zum Naturschutzgebiet erklärt.[4] Das Befahren seiner Kernzone, insbesondere aber Fischfang, Jagd, das Sammeln von Eiern usw. ist verboten. Ständige Einwohner der Distrikte Upernavik und Qaanaaq dürfen im Außenbereich des Schutzgebiets aber der traditionellen Jagd auf Weißwale, Narwale, Eisbären, Walrosse und Robben nachgehen.[16]

Mineralölvorkommen

In der Melville-Bucht werden Erdölvorkommen vermutet. Die grönländische Regierung hat an mehrere Mineralölunternehmen Lizenzen zu ihrer Erkundung erteilt. Cairn Energy führte in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt acht Probebohrungen durch, die aber keine kommerziell nutzbaren Mengen an Erdöl oder -gas lieferten. Andere Unternehmen wie Statoil, Dong Energy und GDF Suez gaben bis 2014 ihre Lizenzen für Westgrönland zurück.[17]

Commons: Melville Bay – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ralph M. Myerson: Melville Bay. In: Mark Nuttall (Hrsg.): Encyclopedia of the Arctic. Band 2. Routledge, New York / London 2003, ISBN 1-57958-436-5, S. 1274–1276.
  2. National Geospatial-Intelligence Agency (Hrsg.): Sailing Directions (Enroute) Greenland and Iceland. 14. Auflage. Springfield 2021, S. 69 f. (nga.mil [PDF; 4,1 MB]).
  3. a b David Boertmann, Anders Mosbech (Hrsg.): Eastern Baffin Bay. A strategic environmental impact assessment of hydrocarbon activities (= Scientific Report from DCE – Danish Centre for Environment and Energy. Nr. 9). DCE – Danish Centre for Environment and Energy, 2011, ISBN 978-87-92825-19-3, ISSN 2245-0203, S. 45 (dmu.dk [PDF; 28,2 MB]).
  4. a b Mette-Astrid Jessen: National Parks and Protected Areas: Greenland. In: Mark Nuttall (Hrsg.): Encyclopedia of the Arctic. Band 2. Routledge, New York / London 2003, ISBN 1-57958-436-5, S. 1387–1391 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Hans H. Valeur, Carsten Hansen, Keld Q. Hansen, Leif Rasmussen, Niels Thingvad: Weather, Sea and Ice Conditions in Eastern Baffin Bay, Offshore Northwest Greenland. A Review. Hrsg.: T. C. R. Pulvertaft (= Danish Meteorological Institute Technical Report. Nr. 96/12). Mineral Resources Administration for Greenland, 1996, ISBN 87-7478-357-2, ISSN 0906-897X, S. 21 (archive.org [PDF; 5,1 MB]).
  6. a b c d e Regitze Margrethe Søby: Knud Rasmussens skildring af Melvillebugten. In: Tidsskriftet Grønland. Nr. 1984/7, S. 201–217 (tidsskriftetgronland.dk [PDF; 1,8 MB]).
  7. Dan Laursen: The Place Names of North Greenland. In: Kommissionen for Videnskabelige Undersøgelser i Grønland (Hrsg.): Meddelelser om Grønland. Band 180, Nr. 2. C. A. Reitzels Forlag, Kopenhagen 1972, ISBN 87-421-0070-4, S. 27–28.
  8. Dan Laursen: The Place Names of North Greenland. In: Kommissionen for Videnskabelige Undersøgelser i Grønland (Hrsg.): Meddelelser om Grønland. Band 180, Nr. 2. C. A. Reitzels Forlag, Kopenhagen 1972, ISBN 87-421-0070-4, S. 290.
  9. Helge Schultz-Lorentzen, Minik Rosing, Rasmus Ole Rasmussen: Melville Bugt. Den Store Danske.
  10. Dan Laursen: The Place Names of North Greenland. In: Kommissionen for Videnskabelige Undersøgelser i Grønland (Hrsg.): Meddelelser om Grønland. Band 180, Nr. 2. C. A. Reitzels Forlag, Kopenhagen 1972, ISBN 87-421-0070-4, S. 89.
  11. Felizia Seyd: Melville Bay. In: Vilhjálmur Stefánsson (Hrsg.): Encyclopedia Arctica. unveröffentlichtes Manuskript. Band 14, 1947, S. 582 ff. (dartmouth.edu).
  12. Knud Rasmussen: The second Thule expedition to northern Greenland, 1916–1918. In: Geographical Review. Band 8, Nr. 2, 1919, S. 116–125, doi:10.2307/207633.
  13. Peter L. Grose, James S. Mattson, Hanne Petersen: USNS Potomac Oil Spill. Melville Bay, Greenland. 5 August 1977. National Oceanic and Atmospheric Administration, Washington D. C. August 1979 (archive.org).
  14. David Boertmann, Nicholas Per Huffeldt: Seabird colonies in the Melville Bay, Northwest Greenland (= Scientific Report from DCE – Danish Centre for Environment and Energy. Nr. 45). DCE – Danish Centre for Environment and Energy, 2013, ISBN 978-87-92825-82-7, ISSN 2245-0203 (dmu.dk [PDF; 3,8 MB]).
  15. Benoît Sittler, Johannes Lang: North-east Greenland National Park – der größte Nationalpark der Welt. In: Reinhard Bocker, Ulrich Hampicke, Werner Konold (Hrsg.): Handbuch Naturschutz Und Landschaftspflege. Wiley-VCH Verlag GmbH, 2005, doi:10.1002/9783527678471.
  16. Hjemmestyrets bekendtgørelse nr. 21 af 17. maj 1989 om naturreservatet i Melville Bugt. lovgivning.gl.
  17. RPT-Statoil hands back three Greenland exploration licences. Reuters (14. Januar 2015).