Waldspitzmaus
Waldspitzmaus | ||||||||||||
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Waldspitzmaus (Sorex araneus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Sorex araneus | ||||||||||||
Linnaeus, 1758 |
Die Waldspitzmaus (Sorex araneus) ist ein Säugetier aus der Familie der Spitzmäuse. Sie besiedelt große Teile Europas und das nördliche Asien.
Kennzeichen
Die Kopf-Rumpf-Länge beträgt 65 bis 85 mm, die Schwanzlänge 35 bis 47 mm und das Gewicht 6,5 bis 14,3 g. Die Oberseite ist schwarzbraun, die Flanken sind hellbraun und die Unterseite ist grau. Bei jungen Tieren ist die Oberseite heller und der Übergang zur hellen Flankenfärbung fließend.
Die nah verwandte, auch im westlichen Mitteleuropa weit verbreitete, Schabrackenspitzmaus ist im Durchschnitt etwas kleiner. Bei ihr ist die dunkelbraune Rückenfärbung zumeist schmaler und kontrastiert deutlicher zur hellbraunen Flankenfärbung. Bei beiden Arten variiert aber die Körpergröße und die Färbung der Exemplare deutlich und so gibt es letztlich keine sicheren äußerlichen Unterscheidungsmerkmale. Sicher erkennbar sind sie nur mittels genetischer Untersuchung und geringfügigen Unterschieden am skelettierten Schädel. Das gilt im mitteleuropäischen Raum auch für die in der südlichen Schweiz vorkommende, sehr nah verwandte Walliser Waldspitzmaus. Die Zwergspitzmaus ist kleiner, die Oberseitenfärbung nicht deutlich zweifarbig, sondern graubraun, der Schwanz proportional länger und recht auffallend verdickt. Ihre Augen sind proportional noch kleiner. Alpen-, Wasser- und Sumpfspitzmaus haben ein schwarzes bis schwarzgraues Fell, die beiden letzteren Arten sind auch deutlich größer und kräftiger. Die nur entfernt verwandten heimischen Weißzahnspitzmäuse, also die Feld-, Haus- und Gartenspitzmaus, unterscheiden sich von der Waldspitzmaus unter anderem durch die nicht von Haaren verdeckten Ohrmuscheln, den weißen statt dunkelbraunen Zahnspitzen und den vereinzelten langen, abstehenden Haaren am Schwanz.
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet der Waldspitzmaus umfasst Mittel-, Ost- und Nordeuropa sowie Teile Asiens und reicht nach Osten bis zum Baikalsee und zum Himalaya. In Frankreich und auf der Iberischen Halbinsel gibt es nur isolierte Vorkommen im Zentralmassiv und in den Pyrenäen; dort wird die Art ansonsten von der Schabrackenspitzmaus ersetzt. Die Waldspitzmaus fehlt außerdem in Irland und weitestgehend im Mittelmeerraum, wo die Vorkommen, ebenso wie in Südosteuropa, auf Gebirgsregionen beschränkt sind.
Lebensraum
Die Waldspitzmaus erreicht die höchsten Dichten in feuchten Wäldern und in Feuchtwiesen, besiedelt aber auch fast alle anderen Landlebensräume bis hin zu Felsspalten und Sanddünen.
Lebensweise
Die Tiere sind tag- und nachtaktiv. Die Ernährung besteht vor allem aus Regenwürmern, Insekten und deren Larven und Schnecken, selten werden auch kleine Wirbeltiere gefressen. Die Fortpflanzung findet von April bis Oktober statt, die meisten Würfe werden im Frühjahr und Frühsommer geboren. Ein Weibchen hat zwei bis vier Würfe im Jahr, die jeweils 1 bis 11, meist 4 bis 7 Junge umfassen. Die frisch geborenen, sehr unreifen Jungtiere wiegen nur 0,4 Gramm. Die Augen öffnen sich im Alter von 20 bis 22 Tagen, nach 30 Tagen sind die Jungtiere selbständig. Die Tiere werden im Freiland maximal 16 Monate alt.
Zum Winter hin, ab etwa August, reduzieren Waldspitzmäuse Größe und Gewicht. Auch die Organe, das Gehirn und die Schädelkapsel verlieren dann an Größe. Diese Schrumpfung kehrt sich im Frühjahr wieder um und im Sommer haben die Tiere wieder ihre ursprüngliche Größe und Masse erreicht.[1]
Durch Forschungen des polnischen Zoologen August Dehnel ist seit deren Publikation im Jahr 1949 als Dehnel-Regel bekannt, dass der Körper dieser Insektenfresser saisonal, zum Winter hin, um bis zu 20 % in der Länge schrumpft und nach dem Winter wieder auf die ursprüngliche Größe wächst. Entgegen der Bergmann-Regel kommen damit die Tiere besser durch eine Zeit mit kargerem Nahrungsangebot.
Im Oktober 2017 hat der deutsche Biologe Moritz Hertel mit Team Untersuchungen nach einer neuen Methode präsentiert. Individuen wurden mit 7 × 1,5 mm kleinen Transpondern (Uno Pico) subkutan markiert und betäubt per 26-keV-Röntgenscan vermessen und auf 0,01 g genau verwogen. Diese Messungen wurden an diesen Individuen während der Zeit von Juli bis September des nächsten Jahres, also während einer Zeitspanne von etwa 14 Monaten mehrfach wiederholt. Es zeigte sich im Mittel, dass der Schädelknochen vom Maximum im Sommer zum Winter um 15,3 % schrumpft und danach bis in den Frühling wieder um 9,3 % wächst. Die Körpermasse geht dabei von Herbst bis Winter um 17,6 % zurück, um danach bis Frühling dramatisch um 83,4 % anzuwachsen. Im Vergleich zwischen im Freiland und im Labor lebenden Tieren wird erkannt, dass die Schrumpfung nicht durch Hungern ausgelöst wird, sondern durch ein genetisch vererbtes Programm.[2][3]
Giftigkeit
Zoologisch namensgebend für die Waldspitzmaus mit der Bezeichnung Sorex araneus, wobei sorex Spitzmaus und araneus Kreuzspinnen bedeutet, war für Carl von Linné der Volksglaube, dass ihr Biss giftig sei. Nicht ernsthaft, aber ähnlich der Gartenkreuzspinne.
Die vermutete Giftigkeit der Waldspitzmaus konnte wissenschaftlich lange nicht bestätigt werden und wurde auf eine Verwechslung mit der bekanntermaßen giftigen[4] Wasserspitzmaus zurückgeführt. Erst seit dem 21. Jahrhundert steht fest, dass die Waldspitzmaus tatsächlich mit ihrem Biss auch eine für kleine Wirbeltiere hämolytisch wirkende Giftmischung applizieren kann. Fünf Giftkomponenten wurden aus den Speicheldrüsen der Waldspitzmaus identifiziert: Proenkephalin, Kallikrein 1-related Peptidase (PLA2), beta-Defensin, Disintegrin und Metalloproteinase Domain-containing Protein (ADAM) und Lysozym C, sowie ungiftige Hyaluronidase. Sowohl PLA2, als auch ADAMs scheinen Erythrozyten von Braunfröschen zu hämolysieren.[5]
Die meisten giftigen Säugetiere gehören zur Ordnung der Insektenfresser, aber giftige Vertreter wurden bisher nur unter Spitzmäusen und Schlitzrüsslern gefunden. Die phylogenetische Verteilung des Giftes innerhalb der rezenten Säugetiere deutet darauf hin, dass sich das Gift bei den Insektenfressern dreimal unabhängig voneinander entwickelt hat.[6]
Bestand und Gefährdung
Die Waldspitzmaus ist die häufigste Spitzmaus in Mitteleuropa und in Deutschland ungefährdet; der Weltbestand ist laut IUCN ebenfalls ungefährdet.
Literatur
- Stéphane Aulagnier, Patrick Haffner, Tony Mitchell-Jones, Francois Moutou, Jan Zima: Die Säugetiere Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Haupt Verlag, Bern, Stuttgart, Wien, 2009, ISBN 978-3-258-07506-8.
- Eckhard Grimmberger: Die Säugetiere Deutschlands. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, ISBN 978-3-494-01539-2
- Anthony J. Mitchell-Jones, Giovanni Amori, Wieslaw Bogdanowicz, Boris Krystufek, P. J. H. Reijnders, Friederike Spitzenberger, Michael Stubbe, Johan B. M. Thissen, Vladimiŕ Vohralik, Jan Zima: The Atlas of European Mammals. Poyser, London, 1999, ISBN 0-85661-130-1, S. 42–43.
- Erwin Stresemann (Begründer), Konrad Senglaub (Hrsg.): Exkursionsfauna von Deutschland. Band 3: Wirbeltiere. 12., stark bearbeitete Auflage. G. Fischer, Jena u. a. 1995, ISBN 3-334-60951-0, S. 369–370.
Weblinks
- Sorex araneus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: Amori, G. (Small Nonvolant Mammal Red List Authority) & Temple, H. (Global Mammal Assessment Team), 2008. Abgerufen am 13. Oktober 2008.
Einzelnachweise
- ↑ Javier Lázaro' Correspondence information about the author Javier Lázaro. – Javier Lázaro, Dina K.N. Dechmann, Scott LaPoint, Martin Wikelski, Moritz Hertel: Profound reversible seasonal changes of individual skull size in a mammal. Current Biology, 23. Oktober 2017; doi: 10.1016/j.cub.2017.08.055 (englisch)
- ↑ Seltsame Schädelschrumpfung orf.at, 23. Oktober 2017, abgerufen 29. Oktober 2017.
- ↑ Javier Lázaro, Dina K.N. Dechmann, Scott LaPoint, Martin Wikelski, Moritz Hertel: Profound reversible seasonal changes of individual skull size in a mammal. Current Biology, 23. Oktober 2017; doi: 10.1016/j.cub.2017.08.055 (englisch)
- ↑ Krzysztof Kowalski, Leszek Rychlik: The role of venom in the hunting and hoarding of prey differing in body size by the Eurasian water shrew, Neomys fodiens. In: Journal of Mammalogy, Band 99, Nr. 2, 2018, S. 351—362.
- ↑ Krzysztof Kowalski, Paweł Marciniak, Leszek Rychlik: A new, widespread venomous mammal species: hemolytic activity of Sorex araneus venom is similar to that of Neomys fodiens venom. In: Zoological Letters, Band 8, Nr. 1, 2022, S. 1—11 (PDF).
- ↑ Kaila E. Folinsbee: Evolution of venom across extant and extinct eulipotyphlans. In: Comptes Rendus Palevol, Band 12, Nr. 7—8, 2013, S. 531—542, doi:10.1016/j.crpv.2013.05.004.