Chlorella

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. August 2023 um 20:10 Uhr durch Ballapete (Diskussion | Beiträge) (Plural und Singular und Neuformulierungen geordnet). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Chlorella

Chlorella regularis

Systematik
ohne Rang: Chloroplastida
ohne Rang: Chlorophyta
ohne Rang: Trebouxiophyceae
Ordnung: Chlorellales
Familie: Chlorellaceae
Gattung: Chlorella
Wissenschaftlicher Name
Chlorella
Beij.

Chlorella ist eine Gattung von Süßwasseralgen. Sie sind weit verbreitet.

Beschreibung

Chlorella-Arten bilden kugelförmige, einzeln vorliegende Zellen und sind durch Chlorophyll a und b grün. Die Zellen sind mit 2 bis 10 µm Durchmesser sehr klein.

Die Zellwand dieser Algengattung besteht aus einem mehrschichtigen Cellulosegerüst, in das Schichten aus polymeren Kohlenwasserstoffketten eingelagert sind. Die Zellen enthalten einen einzelnen Chloroplasten und verstreut im Zytoplasma liegende Mitochondrien.

Die Vermehrung geschieht offenbar ausschließlich ungeschlechtlich, es wurde jedenfalls noch keine Gametenbildung beobachtet. Das Genom ist haploid.

Systematik

Chlorella vulgaris ist die Typusart der Gattung Chlorella. Sie wurde 1889 von Martinus Willem Beijerinck bei Delft beschrieben und wird nun in offiziellen Stammsammlungen wie der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen weitergezüchtet.

Die Gattung Chlorella ist keine monophyletische Verwandtschaftsgruppe. Wahrscheinlich handelt es sich sogar um eine polyphyletische Gattung, deren gemeinsame Merkmale durch konvergente Evolution entstanden sind.[1]

In der Algaebase[2] werden folgende Arten als „currently accepted taxonomically“ (derzeit taxonomisch anerkannt) gelistet:

Historisches

Bei Chlorella erforschte Melvin Calvin die Sekundärreaktion der Photosynthese, wofür er 1961 den Nobelpreis erhielt.

Nutzung

Chlorella wird für die Herstellung von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika verwendet. Seit dem Jahr 1999 existiert in Deutschland eine Produktionsanlage für Mikroalgen in Klötze/Altmark. In dieser wird die Alge in einem 500 km langen Glasröhrensystem kultiviert.

Nahrungsergänzungsmittel

Werbeaussagen mit dem Tenor „volles Nährstoffspektrum an Vitaminen, Mineralstoffen, Eiweiß und Fettsäuren“ werden von den Überwachungsbehörden in Deutschland als irreführend eingestuft, da Nahrungsergänzungsmittel aus Algen nur wenige Nährstoffe in relevanten Mengen enthalten. Ebenso die Aussagen, dass Chlorophyll für den Menschen ernährungsphysiologisch von Bedeutung sei.[4] Zu möglichen Gesundheitseffekten finden sich nur vereinzelt klinische Studien mit geringer Teilnehmerzahl und Aussagekraft.[5]

Gesundheitsgefährdend können Chlorella-Produkte sein, wenn diese polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten. Dies lässt sich auf eine schlechte Herstellungspraxis und insbesondere einer unsachgemäßen Trocknung der Zutaten zurückführen.[6]

Vitamin B12

Untersuchungen des Vitamin B12-Gehalts verschiedener Chlorella-Produkte weisen darauf hin, dass diese das Vitamin nicht selbst hergestellt haben.[7] Stattdessen wird dieses aus dem Kulturmedium aufgenommen, beispielsweise durch die vorhandene bakterielle Begleitflora, die Vitamin B12 synthetisieren kann. Dies erklärt, warum der Gehalt bei den untersuchten Proben erheblich schwankt (<0,1 μg bis etwa 415 μg[7] bzw. nicht nachweisbar bis 446 µg[8] pro 100 g Trockengewicht). Auch die Herstellungsprozesse der Produkte können sich auf den Gehalt auswirken (z. B. hohe Lichtempfindlichkeit der Vitamin B12-Vitamere).[8] Außerdem sind die Gehaltsangaben nicht immer zuverlässig.[9]

Ob das in den Produkten vorhandene Vitamin B12 für den Menschen bioverfügbar und nutzbar ist, ist nach Angaben in der Literatur nicht eindeutig.[9][8] Es empfiehlt sich, mittels Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung mit Elektrospray-Ionisation der einzelnen Substanzen (LC/ESI-MS/MS) den Gehalt von Pseudovitamin B12 zuverlässig zu bestimmen.[7] Beim klassischen mikrobiologischen Assay werden höchstwahrscheinlich die Angaben überschätzt.[8]

Parasiten

Chlorella wird parasitiert von obligat parasitären Bakterien der Gattung Vampirovibrio (Melainabacteria), nachweislich C. vulgaris und C. sorokiniana durch die Typusspezies V. chlorellavorus.[10][11]

Literatur

  • Goetsch, W., & Scheuring, L. (1926). Parasitismus und Symbiose der Algengattung Chlorella. Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere, 7(1/2), 220–253.
  • Krienitz, L., Huss, V. A., & Bock, C. (2015). Chlorella: 125 years of the green survivalist. Trends in plant science, 20(2), 67–69.

Einzelnachweise

  1. Christian van den Hoek, Hans M. Jahns, David G. Mann: Algen. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 1993, ISBN 3-13-551103-0.
  2. M. Beijerinck: Chlorella. In: M. D. Guiry, G. M. Guiry: AlgaeBase. World-wide electronic publication, National University of Ireland, Galway 2009.
  3. a b Haim Treves et al.: Carbon flux through photosynthesis and central carbon metabolism show distinct patterns between algae, C3 and C4 plants. In: Nature, Band 8, S. 78–91, Januar 2022; doi:10.1038/s41477-021-01042-5; insbes. Abb. 6 mit C. sorokiniana, C. ohadii, Chlamydomonas reinhardtii. Dazu:
    Josephine Franke: Warum Algen schneller wachsen als Nutzpflanzen – Strategien für die effizientere Photosynthese könnten Erträge auch bei Getreide und Co erhöhen, auf: scinexx.de vom 4. Februar 2022.
  4. Algenpräparate – kein grünes Wunder. In: Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart: Jahresbericht 2007 (Memento vom 11. Januar 2012 im Internet Archive) (PDF; 1,8 MB), S. 42.
  5. Algenpräparate: Die grüne Gefahr. In: Stiftung Warentest. 11. Februar 2011, abgerufen am 20. Oktober 2022.
  6. Umweltgifte in natürlicher Nahrungsergänzung? In: Verbraucherzentrale. 16. Oktober 2022, abgerufen am 20. Oktober 2022.
  7. a b c Fumio Watanabe, Tomohiro Bito: Vitamin B12 sources and microbial interaction. In: Experimental Biology and Medicine (Maywood, N.J.). Band 243, Nr. 2, Januar 2018, S. 148–158, doi:10.1177/1535370217746612, PMID 29216732, PMC 5788147 (freier Volltext) – (englisch).
  8. a b c d Sabrina P. van den Oever, Helmut K. Mayer: Biologically active or just “pseudo”-vitamin B12 as predominant form in algae-based nutritional supplements? In: Journal of Food Composition and Analysis. Band 109, 1. Juni 2022, S. 104464, doi:10.1016/j.jfca.2022.104464 (englisch).
  9. a b Christiane Lerch et al.: Veganer und Vegetarier aufgepasst – Spirulina, Afa und Chlorella sind keine zuverlässigen Vitamin B12-Quellen! In: Chemische und Veterinäruntersuchungsämter Baden-Württemberg. 17. Dezember 2019, abgerufen am 4. März 2023.
  10. Rochelle M. Soo, Ben J. Woodcroft, Donovan H. Parks, Gene W. Tyson, Philip Hugenholtz: Back from the dead; the curious tale of the predatory cyanobacterium Vampirovibrio chlorellavorus. In: PeerJ, Band 3, 21. Mai 2015, e968, doi:10.7717/peerj.968, PMID 26038723, PMC 4451040 (freier Volltext)
  11. Blake T. Hovde, Seth A. Steichen, Shawn R. Starkenburg, Judith K. Brown: Vampirovibrio chlorellavorus draft genome sequence, annotation, and preliminary characterization of pathogenicity determinants. In: Phycological Research, Band 68, Nr. 1, S. 23–29. 17. Juli 2019. doi:10.1111/pre.12392
Commons: Chlorella – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien