Agilolfinger

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Die Agilolfinger (auch Agilulfinger genannt) waren eine vermutlich fränkische Adelsfamilie, die seit dem 7. Jahrhundert Herzöge von Bayern und Alemannien (Schwaben) und Könige der Langobarden stellte. Frühe Mitglieder waren wahrscheinlich als Amtsherzöge von den Merowingern eingesetzt worden (Lex Baiuvariorum, Titel III). Die Hauptresidenz der Agilolfinger in Bayern befand sich in Regensburg, in Alemannien war ein Hauptort Cannstatt.

Hypothesen zur Herkunft

Zu der Herkunft der Agilolfinger gibt es nur mehr oder weniger überzeugende Hypothesen. Als Stammvater der Familie gilt legendär ein Agilulf, dessen Lebensdaten, Wirkungsort und Taten aber urkundlich nicht überliefert sind. Der Historiker Jörg Jarnut sieht in Bischof Agilulf von Metz († 602) ein frühes Mitglied der Familie. Als namensgebenden Stammvater schlägt er jenen Agilulf vor, der als Statthalter des Westgotenkönigs Theoderich II. für das iberische Suebenreich wirkte und 457 hingerichtet wurde.[1]

Gut belegbar sind die frühen und intensiven dynastischen und politischen Beziehungen der Agilolfinger zu den Franken. Darauf weisen zwei Details hin: Herzog Garibald I. von Bayern heiratete um 555 n. Chr. Waldarada (auch Walderada), die Witwe des merowingischen Königs Theudebald. Diese wurde zunächst von Chlothar I. geheiratet, die Ehe musste aber aufgrund kirchlicher Einwände wieder aufgelöst werden. Waldarada wurde nun mit "uni ex suis, qui dicebatur Garipald" (nach Paulus Diaconus) verheiratet, mit dem Baiern-Herzog Garibald I. Diese Eheschließung deutet auf eine bereits in der Frühzeit weit gediehene und ebenso enge Verbindung zwischen den Bajuwaren und den Franken hin.

Ein zweiter Hinweis ergibt sich aus der Eheschließung einer Tochter Garibalds mit einem langobardischen König. Die Tochter war nach den Quellen Anhängerin des katholischen Glaubens. Dies ist umso bemerkenswerter, als außer den Bajuwaren nur die Franken ebenfalls katholisch waren. Die Langobarden hingegen waren Arianer (siehe auch Arianischer Streit). Aufgrund dieser Information ist eine Zugehörigkeit der Agilolfinger zu den Franken anzunehmen.

Oft wird Herzog Garibald I. (auch Garipald) (ca. 555–589/590 n. Chr.) von Bayern als erstes gesichertes Mitglied der Familie angesehen. Dies ist aber heute nicht mehr aufrecht zu halten.[2]

Geschichte

Erst Herzog Tassilo I. (ca. 595–610) von Bayern kann aufgrund seines Namens als gesichertes Mitglied der Agilolfinger betrachtet werden.[3]

Die süddeutschen Agilolfinger standen in der Regel auf Seiten der Merowinger, das Erstarken des Hausmeiertums der Karolinger konnte nicht in ihrem Sinn sein. Bereits 624 geriet die Familie, damals vertreten durch Chrodoald, einem austrischen Adligen (von dem Fredegar schreibt: „ex proceribus de gente nobili Agylolfingam“), in Konflikt mit den Karolingern, bzw. deren ältesten bekannten Vorfahren, dem Bischof Arnulf von Metz (Arnulfinger) und Pippin dem Älteren (Pippiniden), die im Bündnis miteinander die fränkische Reichspolitik zu dominieren trachteten. Die erste große Machtprobe von 725, als Karl Martell in Bayern einrückte, ging für den Herzog Hugbert verloren, die zweite von 743, jetzt unter der Führung von Karls Söhnen, verlor Herzog Odilo.

Der trotz geschlossener Verträge mit den Karolingern nicht endende Versuch, eigenständige Politik zu betreiben, führte schließlich im Jahr 788 dazu, dass Karl der Große Herzog Tassilo III. absetzte und in einem Kloster unterbrachte, das Herzogtum Bayern aufhob und dem fränkischen Reich einverleibte.

Die historische Leistung der Agilolfinger besteht in

Herzöge von Bayern aus der Familie der Agilolfinger

Generell gilt es bei der Genealogie der bayerischen Agilolfinger darauf hinzuweisen, dass bisweilen große Lücken (v. a. im 6. Jahrhundert) die genaue Rekonstruktion des Stammbaums erschweren. Zwischen dem Ende von Tassilo I. (um 610 n. Chr.) und Theodo (ca. 680 n. Chr.) klafft eine nicht eindeutig schließbare Lücke in der Herrschaftsfolge. In dieser Zeit ist über die bayerische Geschichte, abgesehen von einigen, allerdings wenigen Erwähnungen aus fränkischen Quellen, kaum etwas überliefert. Die o. a. Genealogie muss somit vorläufig bleiben, die zwischen 610 und 680 konstruierten Herrscher sind aus Schlussfolgerungen und vereinzelten Hinweisen aus Quellen entstanden, jedoch letztlich nicht vollends bewiesen. Bisweilen wird auch vermutet, dass der Agilolfinger Fara (um 630–640), der nachweislich im Rheinland begütert war, Herrscher über das bairische Herzogtum war.

Könige der Langobarden aus der Familie der Agilolfinger

Siehe auch

Literatur

Überblicke und Lexikonartikel

Spezialstudien

  • Bernhard Sepp: Die bayerischen Herzöge aus dem Geschlecht der Agilulfinger und die falschen Theodone. In: Oberbayerisches Archiv. Band 50, 1897, S. 1–17.
  • Erich Zöllner: Die Herkunft der Agilulfinger. Zur Geschichte der Bayern. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Band 59, 1951, S. 245–264 (Digitalisat, PDF).
  • Karl August Eckhardt: Merowingerblut. Band 2: Agilolfinger und Etichonen (= Deutschrechtliches Archiv. Band 2). Typoskript, Witzenhausen 1965, S. 85–173. (Digitalisat, PDF)
  • Wilhelm Störmer: Adelsgruppen im früh- und hochmittelalterlichen Bayern (= Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte. Band 4). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1972, ISBN 3-7696-9877-7. (zugleich Habilitationsschrift, Universität München, 1971. Rezension).
  • Werner Goez: Über die Anfänge der Agilulfinger. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung. Band 34/35, 1975, S. 145–161.
  • Jörg Jarnut: Agilolfingerstudien: Untersuchung zur Geschichte einer adligen Familie im 6. und 7. Jahrhundert (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters. Band 32). Hiersemann, Stuttgart 1986, ISBN 3-7772-8613-3.
  • Joachim Jahn: Ducatus Baiuvariorum. Das bairische Herzogtum der Agilolfinger (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters. Band 35). Hiersemann, Stuttgart 1991, ISBN 3-7772-9108-0. (zugleich Habilitationsschrift)
  • Carl I. Hammer: From Ducatus to Regnum. Ruling Bavaria under the Merovingians and Early Carolingians (= Haute Moyen Age. Band 2). Brepols, Turnhout 2007, ISBN 978-2-503-52582-2 (Verlagsangaben)
  • Britta Kägler: „Sage mir, wie du heißt …“. Spätantik-frühmittelalterliche Eliten in den Schriftquellen. Das Beispiel der frühen Agilolfinger. In: Hubert Fehr, Irmtraut Heitmeier (Hrsg.): Von Raetien und Noricum zur frühmittelalterlichen Baiovaria. EOS, St. Ottilien 2012, S. 183–196 (Volltext auf Academia.edu).

Weblinks

Belege

  1. Jörg Jarnut: Agilolfingerstudien. Untersuchungen zur Geschichte einer adligen Familie im 6. und 7. Jahrhundert. Stuttgart 1986. Diese Ansicht wird weitgehend geteilt in: Wilhelm Störmer: Die Baiuwaren. Von der Völkerwanderung bis Tassilo III. München 2007.
  2. Carl I. Hammer: From Ducatus to Regnum. Ruling Bavaria under the Merovingians and early Carolingians. 2007; Britta Kägler: „Sage mir, wie du heißt …“. Spätantik-frühmittelalterliche Eliten in den Schriftquellen. Das Beispiel der frühen Agilolfinger. In: Hubert Fehr, Irmtraut Heitmeier (Hrsg.): Von Raetien und Noricum zur frühmittelalterlichen Baiovaria. EOS, St. Ottilien 2012, S. 183–196.
  3. Britta Kägler: „Sage mir, wie du heißt …“. Spätantik-frühmittelalterliche Eliten in den Schriftquellen. Das Beispiel der frühen Agilolfinger. In: Hubert Fehr, Irmtraut Heitmeier (Hrsg.): Von Raetien und Noricum zur frühmittelalterlichen Baiovaria. EOS, St. Ottilien 2012, S. 183–196.