Abu Bakr al-Karadschi

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Abbildungen aus al-Karadschis Werk über die Erschließung verborgener Gewässer.

Abu Bakr Muhammad ibn al-Husain al-Karadschi (arabisch أبو بكر محمد بن الحسين الكرجي, DMG Abū Bakr Muḥammad b. al-Ḥusain al-Karaǧī, auch Karaji, oder al-Karchi / الكرخي / al-Karḫī, auch al-Karkhi; auch al-Hasan / الحسن / al-Ḥasan; * vermutlich in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts in Karadsch; † um 1020) war ein persischer Mathematiker und Ingenieur.[1]

Abu Bakr al-Karadschis genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Sein Geburtsort wurde lange Zeit in dem Bagdader Verwaltungsbezirk Karkh vermutet, bis in einer im Jahr 1934 veröffentlichten Studie des italienischen Islamwissenschaftlers Giorgio Levi Della Vida stattdessen die iranische Stadt Karadsch plausibel als Geburtsort dargestellt wurde.[2] Auch über sein weiteres Leben existieren nur fragmentarische Informationen, die hauptsächlich aus seinen Büchern stammen. Er arbeitete als Ingenieur in den Bergregionen Irans und reiste später nach Bagdad, um dort eine offizielle Funktion wahrzunehmen. Dort verfasste er auch um 1012 seine mathematischen Werke.[3] Vermutlich verließ al-Karadschi Bagdad nach der Ermordung des Wezirs Fachr al-Mulk, dem auch seine Abhandlung al-Fachrī gewidmet ist. Er kehrte nach Karadsch zurück, wo er auf Befehl des Herrschers Falak al-Ma'ali Manuchihr seine Abhandlung über Hydrologie verfasste. Er starb vermutlich zwischen 1019 und 1029.[4]

Al-Karadschi verfasste mehrere Abhandlungen über Mathematik, von denen drei erhalten sind: al-Badīʿ fī l-hisāb (Wunderbares über die Arithmetik),[4] al-Fachrī fī l-dschabr wa-l-muqābala (Die Herrlichkeit der Algebra) und al-Kāfī fī l-hisāb (Genügendes über die Arithmetik).[4] Er benutzte dabei hauptsächlich Werke griechischer Mathematiker, indische Werke wurden kaum verwendet.[5] Aufbauend auf den Arbeiten von Diophantos von Alexandria entwickelte er neue Lösungsverfahren für quadratische Gleichungen.[6] Auch konnte er zeigen, dass sich einige Gleichungen höheren Grades auf quadratische Gleichungen zurückführen lassen.[7]

Sein zweiteiliges Werk al-Fachrī fī l-dschabr wa-l-muqābala wurde von dem Buch Arithmetika von Diophantos stark beeinflusst.[5][8] Weiterhin lehnt er sich an Aussagen des Mathematikers Abu Kamil an. In al-Fachrī behandelt er unter anderem Lösungen von quadratischen Gleichungen.[9] Auch der Beweis einer Summenformel für die Summe aufeinanderfolgender Kuben geht auf al-Karadschi zurück.[10][11] Dabei verwendete er vollständige Induktion.

Der zweite Teil des Werkes beinhaltet 254 Aufgaben, die auf bestimmten und unbestimmten Gleichungen basieren.[12] Einige dieser Aufgaben wurden von Leonardo Fibonacci, Leonardo da Vinci und Gerolamo Cardano ohne Nennung des Autors wiederverwendet.[13][14]

Eine weitere wichtige Errungenschaft al-Karadschis ist die Entwicklung des Verfahrens der Elferprobe, das er erstmals in al-Kāfī fī l-hisāb (Genügendes über die Arithmetik) beschrieb.[15]

Seine Ergebnisse sind teilweise nur in den Schriften anderer islamischer Autoren (z.Bsp.: as-Samaw'al) erhalten, unter anderem seine Einführung des Pascalschen Dreiecks.

Al-Karadschi schrieb das hydrologische Lehrbuch mit dem Titel Inbat al-miyah al-khafiya (Über die Erschließung verborgener Gewässer),[16] in dem bedeutende geologische und hydrogeologische Theorien publiziert sind, die man bis in die 1970er Jahre noch Avicenna und Biruni zugeschrieben hatte.[17][18]

  • Hans Wußing: 6000 Jahre Mathematik: Eine kulturgeschichtliche Zeitreise- 1. Von den Anfängen bis Leibniz und Newton, Vom Zählstein zum Computer. 2008, ISBN 978-3-540-77189-0.
  • M. Nadji: Das älteste Lehrbuch über verborgene Gewässer. In: Borsuye. Zeitschrift für Medizin u. Kultur. 10, 39, 1998, S. 12–14.
  • Charles C. Gillispie (Hrsg.): Dictionary of Scientific Biography. Charles Scribner's Sons, New York 1970–1980, 15 Bände und ein Indexband, ISBN 0-684-10114-9, Supplement II, Herausgeber Frederic Lawrence Holmes, 2 Bände, 1990, ISBN 0-684-16962-2 (ISBN der Gesamtausgabe).
  • Herbert Pieper: Heureka – Ich hab's gefunden, 55 historische Aufgaben der Elementarmathematik, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1988, ISBN 3-326-00364-1.
  • Alireza Djafari Naini: Geschichte der Zahlentheorie im Orient, im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung persischer Mathematiker. Verlag Klose & Co, Braunschweig, 1982
  • Johannes Tropfke, Kurt Vogel, Karin Reich, Helmuth Gericke: Geschichte der Elementarmathematik. Arithmetik und Algebra. Verlag Walter de Gruyter, 1980, ISBN 3-11-004893-0.
  • Jacques Sesiano: Le traitement des équations indéterminées dans le Badīʿ fī 'l-Ḥisāb d'Abū Bakr Al-Karajī, Archive for History of Exact Sciences, Vol. 17, Nr. 4, 29. Dezember 1977, S. 297–379.
  • Kurt Vogel: Ein unbestimmtes Problem al-Karaǧīs in Rechenbüchern des Abendlandes. Sudhoffs Archiv. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte 61, S. 66–74.
  • Roshdi Rashed: Le travaux perdus de Diophante in Revue d'Histoire des Sciences, 28. Paris 1975
  • Fuat Sezgīn: Geschichte des arabischen Schrifttums. Band 5 Mathematik, Veröffentlichungen des Institutes für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften, Verlag E.J. Brill 1974, ISBN 978-90-04-04153-0.
  • S. N. Davis: Discussion of „Exploration the hidden water“. In: Ground Water. 10, 1972, Nr. 7
  • M. Nadji: Karadjis Erschließung verborgener Gewässer. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. 123, 1, 1972, S. 1–13.
  • Giorgio Levi della Vida: Appunti e quesiti di storia letteraria araba. 4. Due nuove opere del matematico al-Karagi (al-Karkhi). Rivista degli Studi Orientali (Roma) Vol. 14, 1934, S. 249–264.
  • Moritz Cantor: Vorlesungen über Geschichte der Mathematik. Zweiter Band. Von 1200–1668. Leipzig, B. G. Teubner 1900
  • Franz Woepcke (Hrsg.): Extrait du Fakhri, par Abou Bekr Mohammed Ben al Haçan al Karkhi. Paris, 1853 (online)
Commons: Abu Bakr al-Karadschi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

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  1. Lebensdaten berühmter Mathematiker (Memento vom 20. April 2010 im Internet Archive)
  2. Vida: Due nuove opere del matematico al-Karagi (al-Karkhi). 1934, S. 249–264.
  3. Sesiano: Le traitement des équations indéterminées dans le Badīʿ fī 'l-Ḥisāb d'Abū Bakr Al-Karajī, 1977, S. 297–379.
  4. a b c Naini: Geschichte der Zahlentheorie im Orient. S. 20.
  5. a b Sezgīn: Geschichte des arabischen Schrifttums. Band 5, S. 325 ff.
  6. Sezgīn: Geschichte des arabischen Schrifttums. Band 5, S. 43.
  7. Johannes Tropfke, Kurt Vogel, Karin Reich, Helmuth Gericke: Geschichte der Elementarmathematik. Arithmetik und Algebra. Verlag Walter de Gruyter, 1980, ISBN 3-11-004893-0.
  8. Rashed: Le travaux perdus de Diophante. S. 3–30.
  9. Naini: Geschichte der Zahlentheorie im Orient. S. 121 ff.
  10. Hans Wußing: 6000 Jahre Mathematik: Eine kulturgeschichtliche Zeitreise- 1. Von den Anfängen bis Leibniz und Newton, Vom Zählstein zum Computer. 2008, ISBN 978-3-540-77189-0.
  11. Naini: Geschichte der Zahlentheorie im Orient. S. 170 ff.
  12. Naini: Geschichte der Zahlentheorie im Orient. S. 104.
  13. Pieper: Heureka. S. 59–60.
  14. Vogel: Ein unbestimmtes Problem al-Karaǧīs in Rechenbüchern des Abendlandes
  15. Naini: Geschichte der Zahlentheorie im Orient. S. 32–33.
  16. Nadji: Karadjis Erschließung verborgener Gewässer. 1, 1972, S. 1–13.
  17. Nadji: Das älteste Lehrbuch über verborgene Gewässer. 1998, S. 12–14.
  18. Davis: Discussion of „Exploration the hidden water“. 1972, Nr. 7