Alfred Glucksmann

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Alfred Glucksmann, ursprünglich Alfred Glücksmann (* 28. Dezember 1904 in Rybnik, Oberschlesien; † 14. Juli 1985), war ein deutsch-britischer Mediziner (Embryologe).

Leben und Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alfred Glücksmann wuchs in Schlesien auf. Nach dem Schulbesuch in Breslau studierte er Medizin an der Universität Heidelberg. Zu dieser Zeit freundete er sich mit Norbert Elias an, den er bereits aus der jüdischen Jugendbewegung in Breslau kannte und dem er später bei der Emigration nach Großbritannien half.

Nach dem Studium wurde er 1929 Assistent am Anatomischen Institut der Universität Heidelberg.

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten ging Glücksmann, der nach den Maßstäben des neuen Regimes als Jude galt – und entsprechend der Auffassung der Nationalsozialisten von der Notwendigkeit der Verdrängung von Juden aus dem öffentlichen Leben aus dem Universitätsdienst entlassen wurde – nach Großbritannien, wo er dank eines Stipendiums des Academic Assistance Councils eine Anstellung im Strangeways Laboratory der Universität Cambridge erhielt. Seit 1935 wurde seine Forschung von der British Empire Cancer Campaign for Research (später kurz Cancer Research Campaign) finanziert, die ihn für den Rest seiner wissenschaftlichen Laufbahn unterhielt. Von 1933 bis 1940 firmierte Glücksmann als Research Associate beim Strangeway Laboratory, anschließend von 1940 bis 1960 als Chef-Histologe (Senior Histologist).

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Glücksman als Angehöriger einer feindlichen Macht von den britischen Behörden interniert: Seine Internierung, die bis etwa 1944/1945 dauerte, verbrachte er erst in einem Lager auf der Isle of Man und dann in Kanada. Zum Kriegsende konnte er in seine Stellung beim Strangeways Laboratory zurückkehren. Seinen Namen änderte er um diese Zeit von Glücksmann in das angelsächsischer klingende Glucksmann.

1960 wurde Glucksmann von den Treuhändern des Strangeways Laboratory als Nachfolger von F.H. Spear zum stellvertretenden Labordirektor (Deputy Director) ernannt. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1972 und darüber hinaus forschte er in dieser Einrichtung (unterbrochen von gelegentlichen Gastaufenthalten in anderen Einrichtungen wie dem Institute of Animal Physiology in Babraham, Cambridge). Von den 1940er Jahren bis in die 1960er Jahre legte Glucksmann zahlreiche Beiträge für Fachzeitschriften sowie einige Monographien zu medizinischen Themen vor.

Glucksmanns Hauptforschungsgebiet während der frühen Jahre seiner Laufbahn war die Untersuchung von Problemen der Gewebsentwicklung, so legte er eine verschiedentlich als klassisch bezeichnete Studie über die morphologische Degeneration in embryonischen Lebensformen vor und führte Experimente über den Einfluss mechanischer Faktoren. Später trat die quantitative histologische Analysierung von menschlichen Tumoren vor, während und nach ihrer radiologischen Behandlung in den Mittelpunkt seiner Forschung. In der Praxis extrahierte er Proben von dem wachsenden Ende von Tumoren in verschiedenen Wachstumsstadien, wobei er die Zahl der teilenden, differenzierenden und degenerativen Zellen (dividing, differentiating and degenerative cells) zählte. Als bedeutend wurde auch seine Forschung über die Auswirkung von ionisierender Strahlung auf normales Gewebe und auf Tumorgewebe bezeichnet.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Glucksmann war Träger des British Institute für Radiology Röntgen Award, Mitglied der International Society of Cell Biology, Fellow der International Academy of Cytology, Mitglied der Pathological Society of Great Britain.

1964 erhielt Glucksmann die Senior Gibb Fellowship of the British Empire Cancer Campaign.

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Glucksmann war seit etwa 1945 mit der Biologin Ilse Lasnitzki verheiratet, die als Pionierin auf dem Gebiet der Erforschung der Folgen von Tabakrauch auf die menschliche Lunge gilt.

Gemeinsam hatten sie eine Tochter, Miriam Glucksmann, die später Professorin für Soziologie an der Universität Essex wurde.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zur Entwicklung der vorderen Augenkammer, des Glaskörpers und der Hornhaut beim Menschen, bei einigen Säugern und Sauropsiden, 1929. (Dissertation)
  • "Development and Differentiation of the Tadpole Eye", in: British Journal of Ophtalmology, Jg. 24 (1940), S. 153–178.
  • "Cell Deaths in Normal Vertebrate Ontogeny", in: Biological Reviews of the Cambridge Philosophical Society, Bd. 26 (1951), S. 59–86.
  • "Carincogensis", in Cellular Basis & Aetiology of Late Somatic Effects of Ionising Radiation, 1963.
  • "Micriinvasiv Carinoma of te Cervis in Dysplasisa & Carcinoma in situ, 1964.
  • "Comparative Biology of Dermal Healing after Thermal & Radiation Burns", in: Quarterly Journal of Surgical Sciences 1967
  • "Effect of Castration Osterogens on the Thymus", Journal of Anatomy 1968.
  • Sex Determination and Sexual Dimorphism in Mammals, 1978.
  • Sexual Dimorphism in Human and Mammalian Biology and Pathology, 1981.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • William D. Rubinstein: The Palgrave Dictionary of Anglo-Jewish History, 2011, S. 327.
  • Nachruf in: The Times vom 3. August 1985.
  • Nachruf in: British Journal of Radiology, Bd. 58, S. 1030, 1985.
  • Who's Who of British Scientists, 1971, S. 331.