Anacardsäuren

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Allgemeine Struktur der Anacardsäuren. R ist eine unverzweigte Kohlenstoffkette mit 15 Kohlenstoffatomen und einer variablen Anzahl Doppelbindungen

Die Anacardsäuren sind eine Gruppe strukturell verwandter aromatischer Carbonsäuren, die natürlich insbesondere im Cashewbaum (Anacardium occidentale) vorkommen. Die Struktur leitet sich von der Salicylsäure ab und weist als zusätzlichen Substituenten eine Kette mit 15 Kohlenstoffatomen auf, die null, eine oder mehrere Doppelbindungen aufweist. Der Name Anacardsäuren wird teilweise auch für analoge Verbindungen mit anderen Längen der Seitenkette verwandt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Naturstoffen aus dem Cashewbaum beschäftigten sich Wissenschaftler schon im 19. Jahrhundert. Die wichtigsten Bestandteile des Cashew-Schalenöls, darunter die Anacardsäuren, wurden um 1847 zum ersten Mal detailliert untersucht. Die Anacardsäuren wurden damals allerdings noch für eine einheitliche Verbindung mit 44 Kohlenstoffatomen gehalten, die eine fettartige Beschaffenheit aufweist und sauer reagiert. Die angenommene Verbindung wurde damals nach dem Gattungsnamen des Cashewbaums (Anacardium) benannt.[1] Erst Ende der 1940er-Jahre entdeckten Wissenschaftler, dass es sich um ein Gemisch mehrerer verwandter Verbindungen handelt. Aus dem Jahr 1954 stammt eine vollständige Analyse der Bestandteile. Dabei wurde das Anacardsäuren-Gemisch einer fraktionierten Kristallisation unterworfen, die zwischen 0 °C und −80 °C mit den Lösungsmitteln Aceton, Methanol und Petrolether durchgeführt wurde. Die vier gefundenen Verbindungen wiesen eine identische Grundstruktur auf, Salicylsäure mit einer C15-Kette am Ring. Sie unterschieden sich dadurch, dass die Seitenkette null bis drei Doppelbindungen aufwies. Die Verbindung mit der gesättigten Seitenkette war dabei ein Minderkomponente.[2]

Vertreter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Grundstruktur der Anacardsäuren ist die Salicylsäure. Die Salicylsäure-Einheit weist jeweils in Position 6 eine C15-Kette auf. Die Verbindungen unterscheiden sich in der Zahl der Doppelbindungen in dieser Seitenkette.

Anacardsäuren
Seitenkette (Länge:Doppelbindungen) 15:0 15:1 15:2 15:3
Positionen Doppelbindungen 8' 8',11' 8',11',14'
Strukturformel
CAS-Nummer 16611-84-0 22910-60-7 103904-74-1 18654-18-7
PubChem 167551 5281858 11824131 5388781
ECHA-InfoCard 100.209.110 100.162.928
Summenformel C22H36O3 C22H34O3 C22H32O3 C22H30O3
Molare Masse 348,27 g·mol−1 346,25 g·mol−1 344,26 g·mol−1 342,5 g·mol−1

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cashew-Äpfel am Baum

Die Anacardsäuren sind die Hauptbestandteile des Cashew-Schalenöls. Eine Analyse der Mengenverhältnisse der verschiedenen Vertreter ergab 4 % der gesättigten Säure, 15 % der einfach ungesättigten, 44 % der zweifach ungesättigten und 37 % der dreifach ungesättigten.[2] Die einfach ungesättigte Anacardsäure sowie ein Derivat mit C17-Seitenkette kommen außerdem in Pistazienschalen vor.[3] In der Gartengeranie (Pelargonium hortorum, Gattung Pelargonium) kommen verwandte Verbindungen vor, deren Seitenkette 22 oder 24 Kohlenstoffatome aufweist.[4]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Anacardsäuren weisen eine starke antibakterielle Wirkung gegen Staphylococcus aureus, Bacillus subtilis und weitere Arten auf. Die Wirkung ist aber im Wesentlichen auf grampositive Bakterien beschränkt.[5][6] Durch Heißextraktion von Cashew-Schalenöl werden Anacardsäuren decarboxyliert, wodurch Cardanol entsteht, das ein wichtiger technischer Rohstoff für die Polymerherstellung ist.[7]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Städeler: Ueber die eigenthümlichen Bestandtheile der Anacardiumfrüchte. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie. Band 63, Nr. 2, Januar 1847, S. 137–164, doi:10.1002/jlac.18470630202.
  2. a b V. J. Paul, Lourdu M. Yeddanapalli: Olefinic Nature of Anacardic Acid from Indian Cashew-nut Shell Liquid. In: Nature. Band 174, Nr. 4430, September 1954, S. 604–604, doi:10.1038/174604a0.
  3. Giovanni Ventura, Cosima Damiana Calvano, Davide Blasi, Davide Coniglio, Ilario Losito, Tommaso R.I. Cataldi: Uncovering heterogeneity of anacardic acids from pistachio shells: A novel approach for structural characterization. In: Food Chemistry. Band 426, November 2023, S. 136636, doi:10.1016/j.foodchem.2023.136636.
  4. David J. Schultz, Christian Olsen, Gary A. Cobbs, Neal J. Stolowich, Megan M. Parrott: Bioactivity of Anacardic Acid against Colorado Potato Beetle ( Leptinotarsa decemlineata ) Larvae. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 54, Nr. 20, 1. Oktober 2006, S. 7522–7529, doi:10.1021/jf061481u.
  5. Isao. Kubo, Hisae. Muroi, Masaki. Himejima, Yoshiro. Yamagiwa, Hiroyuki. Mera, Kimihiro. Tokushima, Shigeo. Ohta, Tadao. Kamikawa: Structure-antibacterial activity relationships of anacardic acids. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 41, Nr. 6, Juni 1993, S. 1016–1019, doi:10.1021/jf00030a036.
  6. Masaki Himejima, Isao Kubo: Antibacterial agents from the cashew Anacardium occidentale (Anacardiaceae) nut shell oil. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 39, Nr. 2, Februar 1991, S. 418–421, doi:10.1021/jf00002a039.
  7. Shinji Kanehashi, Kota Yokoyama, Risa Masuda, Takashi Kidesaki, Kazukiyo Nagai, Tetsuo Miyakoshi: Preparation and characterization of cardanol‐based epoxy resin for coating at room temperature curing. In: Journal of Applied Polymer Science. Band 130, Nr. 4, 15. November 2013, S. 2468–2478, doi:10.1002/app.39382.