Anna Edinger

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Anna Edinger, geb. Goldschmidt (geboren 17. Mai 1863 in Frankfurt am Main; gestorben 21. Dezember[1] 1929 in Oberursel) war eine deutsche Sozialpolitikerin, Frauenrechtlerin, Stifterin und Friedensaktivistin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kind und Jugend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anna Edinger wuchs als ältestes Kind des Bankiers Benedikt Moritz Goldschmidt (1831–1906) und seiner Frau Pauline geb. Jacobsen in einer großbürgerlichen jüdischen Familie in Frankfurt am Main auf und war schon in ihrer Jugend naturwissenschaftlich interessiert. Die damaligen Konventionen ließen aber ein entsprechendes Studium einer Frau nicht zu. Durch die 1886 geschlossene Ehe mit dem Nervenarzt und Hirnforscher Ludwig Edinger konnte sie jedoch die selbstständig erworbenen Kenntnisse in die Forschungsarbeit ihres Mannes einbringen.

Frauenrechtlerin und Friedensaktivistin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anna Edinger engagierte sich überregional und regional für die jüdische Frauenbewegung, z. B. beim Bund deutscher Frauenvereine, dessen Vorstand sie von 1903 bis 1910 angehörte. Ein besonderer Fokus ihrer Arbeit lag auf Maßnahmen gegen die geschlechterspezifische Armut. Seit den 1890er Jahren arbeitete sie in der Kommunalpolitik und in Vereinen, vor allem für die Kinderfürsorge und die Bekämpfung der Tuberkulose, damals häufigste Todesursache. Sie koordinierte unter anderem den Stadtbund der Vereine für Armenpflege und Wohltätigkeit und war Gründungsmitglied im Institut für Gemeinwohl des Frankfurter Mäzens und Industriellen Wilhelm Merton.[2] Im Jahr 1900 gehörte sie zu den Mitbegründern des Licht- und Luftbades am Mainufer in Sachsenhausen.

Im Juni 1904 leitete sie einen internationalen Frauenkongress in Berlin, auf dem formal die International Alliance of Women unter dem Namen International Woman Suffrage Alliance (IWSA) gegründet wurde.[3]

Edinger war eine von 28 Frauen aus Deutschland, die 1915 am Internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag teilnahmen. Sie boykottierte damit den Aufruf des Bundes deutscher Frauenvereine (BdF), der die militärische Mobilisierung in Deutschland unterstützte. Die darauffolgenden Ausgrenzungsversuche anderer weiblicher BdF-Mitglieder ihr gegenüber kommentierte sie mit den Worten: „[…] Es stehen sich, abgesehen von der grundsätzlichen Auffassung des Krieges, zwei Anschauungen gegenüber: die, dass Achtung vor Deutschland und innere Sicherheit nur durch ein gründliches Niederwerfen der Gegner zu erkämpfen ist; und die, dass je länger gekämpft wird, je schwerere Wunden geschlagen werden, desto schwerer es sein wird, zu einem Frieden zu kommen, der keinen Zündstoff für neue Kriege hinterlässt – dass Achtung vor Deutschland nicht durch das Schwert gewonnen oder befestigt werden kann.“[2]

Nach Kriegsende engagierte sich Edinger weiter in der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit. Sie blieb auch nach dem Krieg Vorsitzende des Verbands Frankfurter Frauenvereine.

Familiengrabstätte auf dem Frankfurter Hauptfriedhof

Auch nachdem ihr Mann im Januar 1918 verstorben war, förderte sie weiterhin sein Werk. Durch die Erhöhung des Kapitals der nach ihrem Mann benannten Stiftung um eine Viertelmillion Reichsmark wurde sie so zu einer Stifterin der Frankfurter Universität, deren Institut für Neurologie sie maßgeblich finanzierte. 1928 bekam Edinger die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt verliehen. Nach ihr und ihrem Mann ist der Edingerweg im Stadtteil Dornbusch benannt. Das Familiengrab befindet sich auf dem Frankfurter Hauptfriedhof (Gewann II GG 21).[4]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edinger hatte mit ihrem Ehemann Ludwig drei Kinder, den Nervenarzt und Soziologen Fritz Edinger (1888–1942)[5], Dora Edinger (1894–1982), die spätere Ehefrau des Pharmakologen Werner Lipschitz, sowie die Paläontologin und Begründerin der Paläoneurologie Tilly Edinger (1897–1967).[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfgang Klötzer (Hrsg.): Frankfurter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon. Erster Band. A–L (= Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission. Band XIX, Nr. 1). Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-7829-0444-3, S. 171.
  • Dorothee Linnemann: Anne Edinger (1863, Frankfurt-1929, Frankfurt) – Pazifistin und Stifterin, S. 130–131. In: Jan Gerchow, Dorothee Linnemann (Hrsg.): Begleitbuch zur Ausstellung. Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht. Societäts Verlag, Frankfurt 2018, ISBN 978-3-95542-306-3
  • Gerald Kreft: Ungenannt und unbekannt. Anna Edinger (1863-1929): Universitätsstifterin – Frauenrechtlerin – Deutsche Jüdin. In: Forschung Frankfurt, 1/2006, S. 85–89. Link

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Anna Edinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laut Frankfurter Biographie am 22. Dezember
  2. a b Frankfurter Frauenzimmer - Biografien. Abgerufen am 2. September 2018.
  3. a b Edinger, Anna. Hessische Biografie (Stand: 15. März 2011). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Institut für Landesgeschichte, abgerufen am 5. September 2018.
  4. Grab der Familie Edinger auf dem Frankfurter Hauptfriedhof (Grab II GG 21, Lage, Bilder)
  5. Edinger, Fritz bei par.frankfurt.de, der früheren Website der Stadt Frankfurt am Main