Avogadrit

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Avogadrit
Ferruccit (weiß) auf Avogadrit (gelblichbraun) vom Vesuv, Italien
(Bildbreite: 5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Avg[1]

Chemische Formel (K,Cs)[BF4][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/B.01
III/B.01-020

3.CA.10
11.02.02.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) berechnet: 2,507 bis 3,305[4]
Spaltbarkeit Bitte ergänzen!
Farbe farblos, weiß, gelblich, rötlich
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis Fettglanz[3]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,324
nβ = 1,325
nγ = 1,325[5]
Doppelbrechung δ = 0,001[5]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 75°; berechnet: 58°[5]

Avogadrit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (K,Cs)[BF4][2], ist also chemisch gesehen ein Kalium-Tetrafluorborat, wobei geringe Anteile des Kaliums durch Caesium vertreten (substituiert) sein können.

Avogadrit entwickelt nur mikroskopisch kleine oktaedrische, tafelige Kristalle und dünne, krustige Überzüge, die entweder farblos bis weiß oder durch Fremdbeimengungen gelblich bis rötlich sind.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Avogadrit 1926 am Vesuv in Italien und beschrieben durch Ferruccio Zambonini (1880–1932)[6], der das Mineral nach dem berühmten italienischen Physiker und Chemiker Amadeo Avogadro (1776–1856) benannte.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Avogadrit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „wasserfreien Doppelhalogenide“, wo er zusammen mit Barberiit und Ferruccit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Avogadrit ebenfalls in die Klasse der „Halogenide“ ein, dort allerdings in die Abteilung der „Komplexen Halogenide“. Diese Abteilung ist zudem weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung der „Borofluoride“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Barberiit die unbenannte Gruppe 3.CA.10 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Avogadrit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Komplexe Halogenide – Aluminiumfluoride“ ein. Hier ist er einziges Mitglied der unbenannten Gruppe 11.02.02 innerhalb der Unterabteilung der „Komplexen Halogenide (und Aluminiumfluoride) mit der allgemeinen Zusammensetzung (A)mB(X)4“.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Avogadrit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pnma (Raumgruppen-Nr. 62)Vorlage:Raumgruppe/62 mit den Gitterparametern a = 8,66 Å; b = 5,48 Å und c = 7,03 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Avogadrit ist schwach löslich in Wasser, das dadurch einen bitteren Geschmack annimmt.[4]

Modifikationen und Varietäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oberhalb von 273 °C wandelt Avogadrit sein Kristallsystem in die kubische Modifikation um.[4]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Avogadrit bildet sich durch direkte Kristallisation aus den vulkanischen Gasen (Sublimation) der aktiven Fumarole. Begleitminerale sind unter anderem Sassolin, Malladrit und Hieratit.

Weltweit konnte das Mineral außer an seiner Typlokalität in Italien noch an der Westseite des Valle del Gigante zwischen dem Monte Somma und dem Vesuv (Atrio del Cavallo) sowie am „La Fossa Krater“ auf der sizilianischen Insel Vulcano gefunden werden. Daneben wurde Avogadrit noch in der Oblast Kamtschatka in Russland entdeckt.[7]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Avogadrite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 160.
  3. a b Webmineral - Avogadrite (englisch)
  4. a b c Avogadrite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 67,2 kB)
  5. a b c Mindat - Avogadrite (englisch)
  6. Centro Musei delle Scienze Naturali - Ferruccio Zambonini (italienisch)
  7. Fundortliste für Avogadrit beim Mineralienatlas und bei Mindat