Böttcherstraße (Bremen)

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Eingang zur Böttcherstraße. Lichtbringer, Fassadenrelief von Hoetger, April 1936, Bild des „Sieges unseres Führers über die Mächte der Finsternis“ [1]
Blick vom Paula Becker-Modersohn Haus auf Haus St. Petrus
Haus des Glockenspiels
Robinson-Crusoe-Haus und Haus Atlantis (Blick Martinistraße)
Fassade des Haus Atlantis, gestaltet von Ewald Mataré

Die Böttcherstraße ist eine etwa 100 m lange Straße in der Bremer Altstadt, die aufgrund ihrer Architektur zu den Kulturdenkmalen und Touristenattraktionen in Bremen zählt. Die meisten Gebäude sind in der Zeit von 1922 bis 1931 entstanden und hauptsächlich Ludwig Roselius, einem Bremer Kaffeekaufmann, zu verdanken, der Bernhard Hoetger damit beauftragte, die künstlerische Gestaltung zu übernehmen.

Der mit dem Nationalsozialismus sympathisierende Roselius verfolgte völkisch-nordisch/ niederdeutsches Gedankengut mit seinem Glauben an den unersetzlichen Wert der nordisch/niederdeutschen Rasse unter dem Einfluss der Ideologen Julius Langbehn und Herman Wirth. Diese Ideenwelt wollte er in der Böttcherstraße verwirklicht sehen (Roselius: „Die Wiedererrichtung der Böttcherstraße ist ein Versuch, deutsch zu denken“ – „Ich möchte, und das ist der tiefere Sinn des Geschaffenen in der Böttcherstraße, den Bann brechen, der einst durch halbwissende Römer über unser Volk ausgesprochen wurde, und der heute noch auf uns lastet ...“). Obwohl Roselius und Hoetger Hitler am Eingang der Boettcherstrasse in einem Relief als „Lichtbringer“ huldigten, lehnte der Führer diese völkische Variante in seiner Reichsparteitagsrede vom 10. Sept. 1936 klar als „Böttcherstraßenkunst“ [2] ab. Die Böttcherstraße wurde einerseits wegen ihrer „abweichenden Kulturauffassung“ von der NSDAP abgekanzelt, aber andererseits am 7. Mai 1937 als ein Beispiel der Verfallskunst der Weimarer Zeit unter Denkmalschutz gestellt.

Geschichte

Die Geschichte der Böttcherstraße reicht bis ins Mittelalter zurück. Sie stellte eine wichtige Verbindung zwischen Marktplatz und Weser dar. In ihr waren Böttcher, Kimker, Fass- und Zubermacher ansässig. Als der Hafen Mitte des 19. Jh. verlegt wurde, begann die Böttcherstraße immer weiter an Wichtigkeit zu verlieren.

1902 (andere Quellen 1906) kaufte dann Ludwig Roselius auf Drängen der Besitzer das Haus Nr. 6 in der Böttcherstraße (heute das Museum im Roselius-Haus) und errichtete dort den Verwaltungssitz seiner Firma, aus der später die Kaffee HAG hervorging. Roselius erwirbt nach und nach weitere Grundstücke an der Böttcherstraße.

In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg wurden zunächst einige baufällige Gebäude abgerissen.
1921 wurde das heutige Roseliushaus nach Plänen von Eeg & Runge zu einem Museum umgebaut.
Nach Plänen der Architekten Runge und Scotland, die der "Heimatschutzbewegung" nahe standen, entstanden von 1923 bis 1926 das Kaffee HAG-Haus, das Haus St. Petrus, das Haus des Glockenspiels sowie andere Bürogebäude. Die Häuser wurden mit den damals typischen Materialien Backstein und Sandstein errichtet.

Im Kontrast zu diesen Bauten ließ Roselius 1926 nach Plänen von Bernhard Hoetger das Paula-Becker-Modersohn-Haus für das Paula Modersohn-Becker Museum errichten. Es besitzt reliefartige Außenwände und organisch geformte Innenräume.

1931 wurde nach Plänen von Hoetger das Haus Atlantis fertiggestellt, das mit seiner Architektur und seinen Materialien (Glas, Stahl und Beton) ebenfalls einen starken Kontrast zu den übrigen Gebäuden darstellt. Ebenfalls 1931 wurde das Robinson-Crusoe-Haus errichtet.

1944 wurden große Teile der Böttcherstraße zerstört. Die Fassaden wurden bis zum Jahr 1954 durch die Kaffee HAG größtenteils in ihrem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt.

1979 verkaufte Ludwig Roselius jun. die Kaffee HAG mitsamt der Böttcherstraße an General Foods.

1981 kaufte er die Böttcherstraße wieder zurück. Die Straße ist nun in privater Hand.

1989 wurden erneut beträchtliche Schäden festgestellt. Die Sparkasse Bremen kaufte bis auf das Haus Atlantis die gesamte Straße inklusive ihrer Gebäude.

1999 konnten alle Restaurierungsmaßnahmen abgeschlossen werden.

2004 ging die Böttcherstraße in die Stiftung Bremer Sparer Dank über. Betrieben wird sie durch die Böttcherstraße GmbH, einer Tochter der Sparkasse Bremen.

Heute

Heute zählt die Böttcherstraße zu den wichtigsten touristischen Attraktionen in Bremen und beherbergt Museen der Kunstsammlungen Böttcherstraße, Kunsthandwerkstätten, Gastronomie sowie Geschäfte, die Bremer Spielbank und ein Hotel. Fast alle Gebäude und Grundstücke der Straße befinden sich im Besitz der Sparkasse Bremen.

Siehe auch: Kunstpreis der Böttcherstraße

Literatur

  • Arn Strohmeyer: Der gebaute Mythos: das Haus Atlantis in der Bremer Böttcherstrasse – ein deutsches Missverständnis. Donat, Bremen 1993, ISBN 3-924444-67-6
  • Arn Strohmeyer: Parsifal in Bremen. Richard Wagner, Ludwig Roselius und die Böttcherstrasse. VDG, Weimar 2002, ISBN 3-89739-263-1
  • Hans Tallasch (Hrsg.): Projekt Böttcherstraße. Aschenbeck & Holstein, Delmenhorst 2002, ISBN 3-932292-29-4

Fußnoten

  1. Elisabeth Schmidle: Schandmal oder Mahnmal
  2. Kristina Hoge (Inauguraldiss.) „Wir haben nichts zu tun mit jenen Elementen, die den Nationalsozialismus nur vom Hören und Sagen her kennen und ihn daher nur zu leicht verwechseln mit undefinierbaren nordischen Phrasen und die in einem sagenhaften altlantischen Kulturkreis ihre Motivforschung beginnen. Der Nationalsozialismus lehnt diese Art von Böttcherstraßenkultur aufs Schärfste ab“ (Hitler)

Weblinks

Commons: Böttcherstraße – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Bernhard Hoetger – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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