Benutzer:Chrischerf/petersland

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Abschnitt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Freundeskreis um Carl Peters kam kurzzeitig die Idee auf, das von ihm beanspruchte Gebiet in Ostafrika Petersland zu nennen.[1] Dieser Name kam allerdings während der deutschen Kolonialzeit kaum in Gebrauch. Otto von Bismarck legte dem deutschen Kaiser Wilhelm I. am 26. Februar 1885 ein Protektionsgesuch über ein Schutzgebiet Deutsch-Ostafrika vor, dem die Ausstellung des Schutzbriefes folgte.[2]

Nach dem Ersten Weltkrieg forderten kolonial-revisionistische Kreise in Deutschland abermals, das frühere Deutsch-Ostafrika nach seinem Begründer in Petersland umzubenennen, was sich zur NS-Zeit in entsprechenden Veröffentlichungen niederschlug.[3] Als Vorbild diente die britische Kolonie Rhodesien, die nach dem Kolonialpionier Cecil Rhodes benannt war.[4] Das durch Großbritannien verwaltete Mandatsgebiet in Ostafrika hieß jedoch Tanganjika.

Artikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Petersland und die Küste des späteren Deutsch-Ostafrika, 1885

Petersland war der volkstümliche Name eines deutschen Überseegebiets in Ostafrika. Das Land wurde 1884 durch den Kolonialist Carl Peters unter fragwürdigen Umständen „vertraglich erworben“. Es erhielt dennoch 1885 einen kaiserlichen Schutzbrief des Deutschen Reiches. Damit war Petersland das Ausgangsgebiet der späteren Kolonie Deutsch-Ostafrika.

Entstehung der Schutzherrschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im November 1884 trafen Carl Peters, Karl Ludwig Jühlke und Joachim Graf von Pfeil in Sansibar ein. Ihr Ziel war der Landerwerb in Ostafrika im Namen der Gesellschaft für deutsche Kolonisation (GfdK). Obwohl der deutsche Reichskanzler, Otto von Bismarck, ihr Unternehmen missbilligte, begab sich die Gruppe auf das Festland. Dort schloss sie binnen drei Wochen zwölf Verträge mit lokalen Machthabern ab. Die Vertragsunterzeichnungen vollzogen sie dabei unter juristisch zweifelhaften Umständen: Die Vertragstexte wurden den Oberhäuptern in deutscher Sprache vorgelegt, die sie nicht beherrschten. Zuvor waren sie von Peters mit Luftschüssen und Fahnen eingeschüchtert und durch Geschenke, Branntwein und Süßspeisen angeheitert worden. Die Unterzeichnung erfolgte von afrikanischer Seite per Fingerabdruck. Nach dem Deutsche Kolonial-Lexikon, verfasst vor 1914, waren die Verträge „juristisch nicht einwandfrei“, sie seien von den Einheimischen „zweifellos nicht verstanden“ worden.[5]

Die Vertragspartner gingen dabei ungleiche Bedingungen ein. Die Oberhäupter verpflichteten sich, ihre Ländereien mit sämtlichen ihnen gehörenden Rechten dauerhaft an Peters als Vertreter der GfdK zur freien Verfügung abzutreten. Dieser versprach als Gegenleistung deutschen Schutz – sofern dies in der Macht seiner Gesellschaft stehe – sowie dem Sklavenhandel entgegenzuwirken. Das Ziel der Expedition war die Region Usagara, mit dessen Herrscher Muini-Sagara am 4. Dezember 1884 ein Vertrag geschlossen wurde. Auf dem Hinweg wurden in der Küstenlandschaft Useguha und auf dem Rückweg in den Regionen Nguru und Ukami ähnliche Verträge abgeschlossen. Graf von Pfeil blieb in Usagara zurück, um die erste deutsche Station anzulegen.[6] So gelang es Peters, auf ein Gebiet in der Größe Süddeutschlands, etwa 140.000 Quadratkilometer, Anspruch zu erheben.[7]

Mit diesen Verträgen reiste Peters im Frühjahr 1885 zurück nach Deutschland. Unter dem Eindruck der gerade zuende gegangenen Kongokonferenz und der Drohung Peters’, sich andernfalls an Belgien zu wenden, gab Bismarck schließlich nach. Am 27. Februar 1885 unterzeichneten Kaiser Wilhelm I. und der Reichskanzler einen Schutzbrief für die ostafrikanischen Regionen Usagara, Nguru, Useguha und Ukami.[8] Damit war der Grundstein für die deutsche Kolonisation in Ostafrika gelegt.

Entwicklung und Ende des persönlichen Regimes Peters[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carl Peters mit afrikanischem Bediensteten, nach 1884

Der Reichsschutz gestattet es Peters als Präsident der neugegründeten Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (DOAG) weitreichende Hoheitsrechte in den Besitzungen auszuüben. Dem lag die anfängliche Absicht Bismarcks zu Grunde, die deutschen Schutzgebiete von Privatgesellschaften im Auftrag des Reiches verwalten zu lassen. Peters und seine Vertreter unternahmen ausgehend vom Schutzgebiet Expeditionen und schloßen weitere Verträge mit umliegenden Herrschern ab. Das größer werdende Gebiet wurde daher in Deutschland unter dem Namen „Petersland“ bekannt. Es umfasst letztendlich eine Fläche von fast eine Millionen Quadratkilometern, was etwa der doppelten Fläche des damaligen Deutschen Reiches entsprach.[9] Weitergehende Verträge zur Ausdehnung von Petersland als deutsches Indien in Afrika, wie der Vertrag über Uganda von 1890, scheiterten jedoch. Peters Expansionsdrang führten zu Spannungen mit dem Sultanat Sansibar, das den Küstenstreifen Ostafrikas und sein Hinterland für sich beanspruchte. Auch bei der deutschen Reichsregierung, die einen Ausgleich mit Großbritannien anstrebte, fiel Peters in Ungnade.

Als Deutschland nach einem Aufstand an der ostafrikanischen Küste ab 1890 zur direkten Reichsverwaltungen überging und Peters wegen Lynchjustiz an Afrikanern als Reichskommissar unhaltbar wurde, galt Deutsch-Ostafrika (DOA) als einziger und offizieller Name der Kolonie.

Nachkoloniale Begriffsverwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Ende des deutschen Kolonialreiches infolge des Versailler Vertrags kam in den kolonial-revisionistischen Kreisen Deutschlands die Forderung auf, das frühere Deutsch-Ostafrika zu Ehren seines Begründers wieder Petersland zu nennen. Als Vorbild diente hierbei die britische Kolonie Rhodesien, die nach dem Kolonialpionier Cecil Rhodes benannt war.[10] Großbritannien bezeichnete sein Mandatsgebiet des ehemaligen Deutsch-Ostafrikas jedoch als Tanganjika.

1937 veröffentlichte der ehemalige Afrikareisende und Weltkriegsveteran Josef Viera die Erzählung Maria in Petersland.

Carl Peters gilt heute aufgrund seiner imperialistischen und rassistischen Weltanschauung nicht mehr als reputabler Namensgeber für Straßen, Plätze und Orte allgemein.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Johann Froembgen: Wissmann, Peters, Krüger. Stuttgart: Franckh'sche Verlagshandlung, 1941, S.122.
  2. Jutta Bückendorf: „Schwarz-weiß-rot über Ostafrika!“ – Deutsche Kolonialpläne und afrikanische Realität. Münster: LIT Verlag, 1997, S. 210, ISBN 3-8258-2755-0.
  3. Paul Heinrich Kuntze: Das neue Volksbuch der Kolonien. Leipzig: G. Dollheimer Verlag, 1942, S. 108
  4. Winfried Speitkamp: Deutsche Kolonialgeschichte. Stuttgart: Reclam Verlag, 2005, S. 171. ISBN 3-1501-7047-8.
  5. Erwerb der deutschen Kolonien, in: Heinrich Schnee (Hrsg.): Deutsches Kolonial-Lexikon. Band I, Leipzig: Quelle & Meyer, 1920, S. 578.
  6. Rochus Schmidt: Deutschlands Kolonien. Band 1, Berlin: Verlag des Vereins der Bücherfreunde Schall & Grund, 1898, S. 12ff. (Reprint durch Weltbild Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-8289-0301-0)
  7. Guido Knopp: Das Weltreiche der Deutschen. München 2011, S. 237.
  8. Knopp 2011: 234f.
  9. Knopp 2011: 240
  10. Winfried Speitkamp: Deutsche Kolonialgeschichte. Stuttgart: Reclam Verlag, 2005, S. 171.

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