Benutzer:Diego de Tenerife/Spielwiese

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Perceval erreicht die Gralsburg“ und
Die Gralsprozession
Miniatur: BnF, ms. fr. 12577, fol. 18v

Didot-Perceval oder Prosa-Perceval, entstanden vor 1202[1], nennen Romanisten den dritten Teil eines längeren altfranzösischen Textes, des sogenannten „Kleinen Gral-Zyklus“[2] Die romanistische Tradition schreibt diesen kleinen arturischen Zyklus Robert Boron zu, wobei hingegen die jüngere Forschung Borons Autorschaft in Zweifel zieht.[3]

Es handelt sich um Prosaauflösungen vorausgegangener arthurischen Versromane des Autors Robert de Boron, um prosaische Umbearbeitungen seines „Joseph d'Arymathie“ oder „Li romanz de l'Estoire dou Graal “ und seines „Merlin-Gedichtes“, ein Fragment, von dem nur die ersten 502 Verse erhalten sind. Die Umgestalter dieses „Kleinen Gral-Zyklus“, wollten Borons zweiteilige Gralerzählungen einem Abschluss zuführen. Diese „Prosaisten“ fügten deshalb dem Prosa-Joseph und Prosa-Merlin einen „Prosa-Perceval“ hinzu.

Dieser Prosa-Perceval, nach dem Besitzer des Handschrift traditionell „Didot-Perceval“ genannt, erzählt eine kurzgefasste Gralssuche („Queste del Saint Graal”)(Gralssuche) und eine kurzgefasste „Mort Artu“ (Artus' Tod).

Der Trilogie Joseph-Melin-Perceval, dem „Kleinen Gral-Zyklus“, kommt in der Literaturgeschichte ein besonderer Stellenwert zu. Er ist das erste Zeugnis französischer Prosadichtung und der erste arturische Romanzyklus.[4]

„the first literary monument of Frencnh prose: the trilogy of „Joseph d’Arimathie“, „Merlin“, and „Perceval“ derived from Robert de Boron's unfinished Livres dou Graal.“

„das erste literarische Zeugnis französischer Prosa: die Trilogie „Joseph d’Arimathie“, „Merlin“, and „Perceval“, abgeleitet von Robert de Borons unvollendet gebliebenem Livres dou Graal.“

E.Jane Burns, in: Romance Philology, vol. 39, no. 3, 1986, S. 376

Auch wenn die Autorschaft des „Prosa-Percevals“ umstritten ist, hält der französische Romanist Bernard Cerquiglini mit Respekt vor der Handschriftentradition, „in deference to the MS tradition[5], im Titel „Robert de Boron. Le roman du Graal. Manuscrit de Modène[6] seiner altfranzösischen Edition der gesamten Trilogie implizit an der Autorschaft Robert de Borons fest, auch wenn er in seiner Einleitung Robert de Borons Autorschaft kritisch diskutiert und letztlich in Frage stellt. Die Zahl von nur 307 Seiten, die seine Translation der Handschrift umfasst, unterstreicht die <Kürze dieses „Kleinen Gral-Zyklus“. Spätere Fortsetzer (1215-1235), ebenfalls Prosaisten, gestalteten die Gralerzaählungen weiter um und erweiterten sie zu dem riesigen, Tausende Seiten umfassenden Vulgata-Zyklus, dem „Prosa-Lancelot Zyklus“.

Thomas Malory machte im 15. Jhd. den altfranzösischen Vulgata-Zyklus durch seine Kompilation „Le Morte Darthur“ in der anglophonen Welt bekannt. Sie diente Drehbuchautoren als Grundlage, wie zum Beispiel für den Film Excalibur.,

Überlieferung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwei Handschriften, die Pariser-Hs. „D“ und die Modena-Hs. „E“, enthalten die vollständige „Trilogie“. Sie lassen im Anschluss an den „Prosa-Joseph“ und den „Prosa-Merlin“ übergangslos, ohne klare Textgrenzen[7], einen „Prosa-Perceval“ folgen, den sogenannten „Didot-Perceval“.

Die beiden Handschriften weisen starke Abweichungen voneinander auf. Da die zuerst entdeckte Handschrift, Paris, BnF, NAF 4166, unter dem Namen ihres ehemaligen Besitzers Firmin Didot bekannt wurde, hat sich in der romanistischen Fachliteratur die Benennung „Didot-Handschrift“ eingebürgert, abgekürzt mit dem Sigel „D”, für „Didot“. Dies erklärt den Titel „Didot-Perceval“ des letzten Teils der Trilogie. Eine zweite, erst später bekannt gewordene Handschrift, befindet sich in der Biblioteca Estense Universitaria di Modena, unter der Signatur E. 39. Diese „Modena-Hs.“ wird in der Fachliteratur mit dem Sigel „E“ für „Estense“ abgekürzt.

Der Titel Didot-Perceval der Handschriftentradition vermeidet eine Verwechslung dieses Percevals in Prosa mit Chrétien de Troyes' Versroman „Perceval“ oder „Li Contes del Graal“. Dieses wegen Chrétiens Tod im Jahre 1190 unvollendet gebliebener Meisterwerk war der Ausgangspunkt aller literarischer Gralserzählungen:

„Mais, encore une fois, il n'y aurait pas eu de matière du Graal sans le roman de Chrétien.“

„Aber ich sage es noch einmal. Ohne Chrétiens Roman hätte keine Gralerzählungen gegeben.“

Michel Zink: Littérature française du Moyen Age, PUF, Paris 2001, S. 157.

Robert de Boron war der erste Fortsetzer Chrétiens, der den „Perceval“ Chrétiens einem Ende zuführen wollte. Auf ihn folgten bis in die Gegenwart hinein eine Fülle von remanieurs, von Umgestaltern.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kleine Gral-Zyklus, der mit dem Perceval-Teil abschließt, erzählt im Ersten Teil, in Nachfolge Robert de Borons „Josph d'Arimathie“, den christlichen Ursprung des Grals und berichtet, wie er in das keltische Britannien gelangte. Der Zweite Teil des Zyklus erzählt von der übernatürliche Geburt des Zauberes und Propheten Merlins, Sohn einer Jungfrau und eines Incubus, und seinen Prophezeiungen über den Aufstieg und des Untergangs des Artusreiches. In der Didot-Handschrift fol. 93v[8] lassen Philologen nach editorischer Tradition den „Merlin-“Teil der Trilogie vor der roten Kapitel-Überschrift enden:

« Ci palle li conte coment artus fust sacrez a roi par la volonté de touz le peuple ».

Das Incipit des dritten Teils der sogenannten „Boron-Trilogie“, des „Percevals“, lautet:

« Quant Artus fust sacrez et la messe fust chantée, si issirent tuit li baron hors del mostier, esguardèrent et ne ne virent point del perron, ne ne (sic!) sorent qu'il fust devenuz. »[9]

Den Prosa-Perceval beginnt mit der Krönung des jungen Artus zum König des keltischen Britanniens, zum König des imaginären Royaume de Logres. Auserwählter Tafelritter ist Perceval, der nach zahlreichen Abenteuern die Gralssuche erfolgreich besteht. Er stellt die Fragen, die er in Chrétiens Version nicht zu stellen gewagt hatte, heilt den Fischerkönig und sein Nachfolger als Gralshüter. Perceval nimmt von der terrestrischen Ritterschaft endgültig Abschied.[10]

Die Gral-Suche ist zu Ende. Um die Ritterschaft zu erhalten, führt Artus siegreiche Kriege gegen den französischen König und anschließend gegen Rom. Die Herrschaft Britanniens vertraut er währenddessen seinem Neffen Mordred an. Als er erfährt, dass Mordred ihn verraten, die Krone usurpiert und die Königin geheiratet hat, kehrt er nach England zurück.

Nun beginnt der Schluss, altfranzösisch Mort Artu genannt. Artus besiegt noch die mit Modred verbündeten Sachsen. Es kommt zum tödlichen Duell zwischen Artus und Mordred. Artus wird von einem Boot nach Avalon, in die „Andere Welt“ der keltischen Mythologie gebracht, wo seine Schwester Morgane seine Wunden heilen soll. Merlin verschwindet aus der irdischen Welt.

Damit ist der Untergang des keltische Artusreichs und der Ritterwelt besiegelt.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Walther Hoffmann hat seiner Dissertation aus dem Jahre 1905 s+die Quellenfrage des Didot-Percevals gewidmet.[11]

Literaturangaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lexika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bibliographien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Handschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Manuscrit Didot“ (Sigel „D“), Paris, BnF, NAF [12] 4166. Das Digitalisat der Hs. ist auf Gallica online zugänglich: fol. 93v — 126v. Incipit: fol. 93v (linke Spalte in Rot:) « Ci palle li conte coment artus fust sacrez a rois par la volonte de touz le peuple ». Explicit: fol. 126v: « Ci finist le romanz des prophécies Merlin ...».

Editionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1875: Edition HUCHER Perceval ou La Quête du Saint Graal par Robert de Borron nach der Didot-Handschrift

  • Eugène Hucher: Le Saint Graal, ou Le Joseph d'Arimathie, première branche des romans de la Table Ronde, Erster Band, Au Mans, Éd. Monnoyer, Paris 1875. Darin: Perceval ou La Quête du Saint Graal par Robert de Borron. D'après le manuscrit unique de M. Ambroise Firmin Didot, Membre de l'Institut, Seiten 415 — 505 — online auf Gallica zugänglich.

1881: Kritische Edition WEIDNER der prosaischen Version des Joseph von Arimathia, des Erste Teils der Trilogie

  • Georg Weidner (Hrsg): Der Prosaroman von Joseph von Arimathia. Eugen Franck's Buchhandlung Oppeln, 1881, digitalisiert — auf Internet Archiv. Auf Seite II,3, beschreibt G. Weidner die Didot-Handschrift NAF 4166, die den Text des Prosa-Josephs vollständig wiedergibt. Sie trägt die Jahreszahl ihrer Abfassung: 1301.

1909: Edition WESTON: The Prose Perceval according to the Modena MS

  • Jessie Laidlay Weston: The Legend of Sir Perceval: Studies Upon Its Origin Development and Position in the Arthurian Cycle, Band 2; The Prose Perceval according to the Modena MS, London 1909. Volltext — auf Internet Archive.

1943: Kritische Edition ROACH The Didot Perceval, according to the manuscripts of Modena and Paris

  • William Roach (Hrsg.): The Didot Perceval, according to the manuscripts of Modena and Paris, edited by William Roach, Philadelphia, University of Pennsylvania press, Philadelphia 1941, Genf 1977. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
    • Rezension: Arthur Långfors: In: Neuphilologische Mitteilungen, vol. 48, no. 4, 1947, pp. 171–175. Volltext — auf JSTOR..
    • Rezension: Bossuat Robert: In: Bibliothèque de l'école des chartes. 1948, tome 107, livraison 1. pp. 126-128; Volltext — auf Persée.

1981: Edition CERQUIGLINI der gesamten Trilogie „Joseph-Merlin-Perceval“ nach der Modena-Handschrift „E“

  • Bernard Cerquiglini (Hrsg.): Robert de Boron, Le roman du Graal. Manuscrit de Modène, Union Générale d'Édition, Reihe 10/18, Paris 1981, ISBN 2-264-00336-7. (Altfranzösische Edition aller drei Teile des „Kleinen Grals'“, des Prosa-Joseph, des Prosa-Merlin und des Prosa-Perceval).
    • Rezension: E. Jane Burns, in: Romance Philology, vol. 39, no. 3, 1986, pp. 376–378, Volltext auf JSTOR

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Otto Brogsitter: Artusepik, Sammlung Metzler M 38, 1965, 1971, ISBN 978-3476100382, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  • Walther Hoffmann: (Dissertation) Die Quellen des Didot-Perceval, Hofbuchdruckerei von C.A.Kaemmerer &. Co, Halle a. S. 1905. Reprint Kessinger 2017, ISBN 978-1168959904.
  • Volker Mertens: Der Gral. Mythos und Literatur. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 978-3-15-018261-1 (pp. 95—103).
  • Patrick Moran: La trilogie arthurienne de Robert de Boron et les aléas de la pattern recognition. In: Etudes françaises Bd. 53, 2 (2017) S. 27-49. — PDF (auf erudit.org).
  • Elisabeth Schmid: (Habilitationsschrift): Familiengeschichten und Heilsmythologie: Die Verwandtschaftsstrukturen in den französischen und deutschen Gralsromanen des 12. und 13. Jahrhunderts. Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie, Band 211), De Gruyter 1986, ISBN 978-348452211. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  • Michel Zink: Littérature française du Moyen Age, 2. durchgesehene und verbesserte Auflage, PUF, Paris 2001, insbesondere pp. 179/180, ISBN 978-2130514787.

Quellenangaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karl Otto Brogsitter: Artusepik, Sammlung Metzler M 38, 1965, 1971, S. 64, ISBN 978-3476100382, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. Georg Weidner: Der Prosaroman von Joseph von Arimathia, S. 1 — Internet Archive.
  3. Patrick Moran: La trilogie arthurienne de Robert de Boron et les aléas de la pattern recognition. In: Etudes françaises Bd. 53, 2 (2017), S. 33, PDF (auf erudit.org).
  4. Baumgartner Emmanuèle (Rezension): Robert de Boron, Merlin, Roman du XIIIe siècle, édition critique par Alexandre Micha, 1979. In: Romania, tome 101 n°404, 1980. pp. 538-543; Seite 538 — auf Persée.
  5. E.Jane Burns, in: Romance Philology, vol. 39, no. 3, 1986, S. 376
  6. Bernard Cerquiglini (Hrsg.): Robert de Boron. Le roman du Graal. Manuscrit de Modène, Union Générale d'Édition, Reihe 10/18, Paris 1981, ISBN 2-264-00336-7.
  7. Patrick Moran: La trilogie arthurienne de Robert de Boron et les aléas de la pattern recognition. In: Etudes françaises Bd. 53, 2 (2017) pp. 37/38 — PDF (auf erudit.org).
  8. Didot-Hs. fol. 93v Erste Spalte in Rot — auf Gallica
  9. Édition Eugène Hucher: 415 — online auf Gallica.
  10. Volker Mertens: Der Gral. Mythos und Literatur. Reclam, Stuttgart 2003, ISBN 978-3-15-018261-1 (pp. 95—103.).
  11. Walther Hoffmann: (Dissertation) Die Quellen des Didot-Perceval, Hofbuchdruckerei von C.A.Kaemmerer &. Co, Halle a. S. 1905. Reprint Kessinger 2017, ISBN 978-1168959904.
  12. „NAF“ = Nouvelles acquisitions françaises