Benutzer:Lisianthius/Wer Kriegsanleihe zeichnet macht mir die schönste Geburtstagsgabe

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Propagandabildplakat zur siebten deutschen Kriegsanleihe. Motiv sind ein Porträt Hindenburgs und eine handschriftliche Botschaft von ihm.

Wer Kriegsanleihe zeichnet macht mir die schönste Geburtstagsgabe“ ist ein Bildplakat, das von Louis Oppenheim entworfen wurde und als Teil der Propagandakampagne zur siebten deutschen Kriegsanleihe im Ersten Weltkrieg im September 1917 herausgegeben wurde. Als Motiv dienen ein Porträt und eine handschriftliche Botschaft Paul von Hindenburgs , der zu diesem Zeitpunkt zusammen mit Erich Ludendorff die milititärische Führung des Deutschen Reiches inne hatte. Das Plakat entstand im Zusammenhang mit Hindenburgs anstehendem siebzigstem Geburtstag am 2. Oktober 1917, fand im öffentlichen Raum des Deutschen Reiches große Verbreitung und wurde von Zeitgenossen überwiegend positiv rezipiert.[1]

Das Plakat zeigt ein Porträt Hindenburgs bei dem das Gesicht leicht aus der Frontalsicht gedreht ist und den Betrachter anblickt. Der dazugehörige Hals ist nicht abgebildet, es ist in Brauntönen gehalten und die schwarzen Bereiche bestehen aus kleinen Punkten. Unterhalb des Porträts ist in faksimilierter Handschrift zu lesen „Wer Kriegsanleihe zeichnet, macht mir die schönste Geburtstagsgabe! von Hindenburg.“

Entstehungsumstände

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Das Deutsche Reich finanzierte die Kriegskosten des Ersten Weltkrieges zu sechzig Prozent durch Anleihen bei der deutschen Bevölkerung. Im September 1914 konnten Anleihen der ersten Kriegsanleihe gezeichnet werden, worauf acht weitere im Halbjahresrythmus folgten. Dafür betrieb die dafür zuständige Reichsbank mit ihren Zweigstellen unter hohem organisatorischem Aufwand großangelegte Propagandakampagnen.[2] Diese lehnten den Einsatz von Bildplakaten zunächst ab, was sich jedoch mit der fünften Kriegsanleihe änderte. Aufgrund der rückläufigen Einnahmen wurde der renommierte Grafiker Lucian Bernhard als Werbeleiter eingesetzt.[3] Seit der sechsten Anleihe wurden Wettbewerbe für Bildplakate ausgelost und neben deutschlandweiten Plakaten entstanden auch regionale Motive, was zu einer Fülle an Plakaten führte.[4] Zur deutschen Kriegsanleihe sind insgesamt 160 Plakate bekannt.[5]

Zum Zeitpunkt der siebten Kriegsanleihe war die Anleihepropaganda weitgehend professionalisiert worden. So war mittlerweile ein Nachrichtenbüro für die Kriegsanleihen, das Bild- und Filmamt und eine graphische Abteilung eingerichtet worden.[6] Das Leitmotiv stellte diesmal, wie auch bei der sechsten Anleihe, Fritz Erler, welches einen Piloten abbildet. Die Kriegslage hatte sich aufgrund der Pattsituation im Westen und dem Kriegseintritt der USA auf Seiten der Westmächte für das Deutsche Reich zugespitzt. Besonderes Ziel der siebten Kriegsanleihe war deshalb die gesamtgesellschaftliche Mobilmachung und das Mobilisieren der letzten Reserven der Bevölkerung.[3] Die Motive und Botschaften hatten dabei stets das Ziel Siegeszuversicht und Durchhaltewillen zu erzeugen, an das Pflichtgefühl zu appellieren und die Sicherheit der Anleihen zu vermitteln.[7] Hass auf den Feind wurde hingegen kaum geschürt,[7] während im Ausland die Denunzierung desselben die Anleiheplakate dominierte.[8] Typische Motive waren Soldaten, Kriegsgerät, nationale Symbole und gegen Ende des Krieges auch häusliche Darstellungen.

Hindenburg ist im Zusammenhang mit Kriegsanleihen in schriftlichen Botschaften, Propagandafilmen, auf Postkarten, Gedenkblättern und Bildplakaten zu finden.[9] Zur siebten Anleihe gingen von Berlin zwei Hindenburg-Bildplakate aus – jenes von Louis Oppenheim, ein namhafter Künstler, der als Hauszeichner des Nachrichtenbüros fungierte, und eines von Bruno Paul. Zu erklären ist das mit Hindenburgs siebzigstem Geburtstag, der am 2. Oktober in den Zeichnungszeitraum der siebten Anleihe fiel. Beide waren Teil umfänglicher Geburtstagsfeiern, die propagandistisch genutzt wurden.

Verbreitung und zeitgenössische Rezeption

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„Wer Kriegsanleihe zeichnet macht mir die schönste Geburtstagsgabe” war das von offiziellen Stellen am meisten gelobte Plakat der siebten Anleihe.[1] Es findet mehrfach in zeitgenössischen Zeitungen Erwähnungen, die auf eine hohe Verbreitung und positive Aufnahme schließen lassen. So zum Beispiel in der Vossischen Zeitung, den Dresdner Neuesten Nachrichten und der Germania:[10]

„An allen Mauern, Zäunen und Ecken klebten große Plakate mit dem Bilde von Hindenburgs wuchtigem Kopfe, ein Kopf von geradezu gewaltiger Wirkung, darunter in Handschrift-Nachahmung die Worte: 'Wer Kriegsanleihe zeichnet macht mir die schönste Geburtstagsgabe! v. H.' Das ist Hindenburgs Wunsch zu seinem Geburtstage, ein Wunsch, den ihm die Berliner und das ganze deutsche Volk hoffentlich erfüllen werden. Alle Zeichnungsstellen sind auch heute geöffnet. Daß man in weiten Kreisen den Gedanken Hindenburgs zu seinem Geburtstage aufgegriffen hat, beweist die Tatsache, daß keine von den zahlreichen Hindenburg-Feiern heute vorübergehen wird, die nicht nachdrücklich auch an diese Dankespflicht gegen Hindenburg und das Heer erinnern wird.”[11] – „Hindenburgs Geburtstag in Berlin” in: Germania Nr. 456 vom 2. Oktober 1917 (Abend-Ausgabe)

Zudem wurde es in der zeitgenössischen Fachzeitschrift Das Plakat von B. Kiesewetter aufgegriffen, analysiert und interpretiert:

„Beim Oppenheim'schen Hindenburg wiederum bemängelten viele das Fehlen des Halses, wodurch der Kopf etwas Unwirkliches, Marionettenhftes erhielt. Doch gerade darin lag die Stärke und Einprägsamkeit des Blattes. Der Kopf verfolgte uns, wohin wir uns auch wandten, und er hatte noch zwei Vorzüge, die ihn schließlich zum besten Berliner Plakat dieser Anleihe stempelten: Der Kopf hatte starke plakattechnische Wirkung und eine verblüffende Ähnlichkeit mit seinem Vorbild. Wären die Farben lebhafter gewesen, ein paar Lichter zwischen die vielen Schattenflecke gesetzt worden, das Plakat hätte sich noch vorteilhafter von der düsteren Stimmung der anderen abgehoben.”[12] – B. Kiesewetter in: Das Plakat, Januar 1918

Forschungsmeinungen

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Jesko von Hoegen betrachtet das Plakat und die damit verbundene Propagandakampagne zu den Geburtstagsfeierlichkeiten im Lichte des Hindenburg-Mythos und sieht diese als gezielte Instrumentalisierung Hindenburgs Bekanntheit und heldenhafter Verehrung. Die handschriftliche Botschaft von ihm wertet er als gekonntes Propagandamittel und schreibt dieses Hindenburgs Fähigkeit zu, gekonnt auf die Bevölkerung eingehen zu können.[13]

Von Hoegen und Tobias Ronge argumentieren, dass Hindenburgs Geburtstagswunsch nach Kriegsanleihen und nicht nach persönlichen Ehrungen, ihm eine Bescheidenheit verleiht, die hier zu Propagandazwecken herausgestellt werden soll.[14][15] Ronge sieht in der Mimik Hindenburgs eine Sentimentalität und eine Abkehr von der kämpferischen Haltung.[16]

Die schwarzen Punkte werden von Ursula Zeller als Anlehnung an ein Nagelungsplakat gedeutet, was den patriotischen Effekt, auf den das Motiv abzielt noch verstärken soll.[17]

  • Joseph Darracott: The First World War in posters: from the Imperial War Museum, London, Dover/New York 1974, ISBN 978-0486229799.
  • Steffen Bruendel: Vor-Bilder des Durchhaltens. Die deutsche Kriegsanleihe-Werbung 1917/18. In: Arnd Bauerkämpfer, Elise Julien (Hrsg.): Durchhalten! Krieg und Gesellschaft im Vergleich 1914–1918, Göttingen 2010, ISBN 978-3525363898, S. 81–107.
  • Wolfram Pyta: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler, Berlin 2007, ISBN 978-3570550793.
  • Dieter Vorsteher: Bilder für den Sieg. Das Plakat im Ersten Weltkrieg. In: Rainer Rother (Hrsg.): Die letzten Tage der Menscheit. Bilder eines Krieges. Ausstellungskatalog des Deutschen Historischen Museums, Berlin 1994, ISBN 3-89479-052-0, S. 149–162.

Einzelnachweise

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  1. a b Dieter Vorsteher: Bilder für den Sieg. Das Plakat im Ersten Weltkrieg. In: Rainer Rother (Hrsg.): Die letzten Tage der Menschheit : Bilder des Ersten Weltkrieges : eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums. Das Historische Museum, Berlin 1994, ISBN 3-89479-052-0, S. 159.
  2. Manfred Zeidler: Die deutsche Kriegsfinanzierung 1914 bis 1918 und ihre Folgen. In: Wolfgang Michalka (Hrsg.): Der Zweite Weltkrieg : Analysen, Grundzüge, Forschungsbilanz. Seehamer Verlag, Weyarn 1997, ISBN 3-932131-38-X, S. 415–433.
  3. a b Steffen Bruendel: Vor-Bilder des Durchhaltens. Die deutsche Kriegsanleihe-Werbung 1917/18. In: Arnd Bauerkämper, Elise Julien (Hrsg.): Durchhalten! : Krieg und Gesellschaft im Vergleich 1914-1918. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-647-36389-9, S. 86.
  4. B. Kiesewetter: Plakate und Drucksachen zur 7. Kriegsanleihe. In: Hans Sachs (Hrsg.): Das Plakat. Zeitschrift des Vereins der Plakatfreunde e.V. 9. Jahrgang, Januar 1918, S. 35.
  5. Dieter Vorsteher: Bilder für den Sieg. Das Plakat im Ersten Weltkrieg. In: Rainer Rother (Hrsg.): Die letzten Tage der Menschheit : Bilder des Ersten Weltkrieges : [Berlin, Altes Museum, 10. Juni - 28. August 1994]. ISBN 3-89479-052-0, S. 149–150.
  6. Steffen Bruendel: Vor-Bilder des Durchhaltens. Die deutsche Kriegsanleihe-Werbung 1917/18. In: Arnd Bauerkämper, Elise Julien (Hrsg.): Durchhalten! : Krieg und Gesellschaft im Vergleich 1914-1918. Vandenhoeck & Ruprecht, 2010, ISBN 978-3-647-36389-9, S. 87.
  7. a b Steffen Bruendel: Vor-Bilder des Durchhaltens. Die deutsche Kriegsanleihe-Werbung 1917/18. In: Arnd Bauerkämper, Elise Julien (Hrsg.): Durchhalten! : Krieg und Gesellschaft im Vergleich 1914-1918. Vandenhoeck & Ruprecht, 2010, ISBN 978-3-647-36389-9, S. 81.
  8. Joseph Darracott: The First World War in posters: from the Imperial War Museum, London. Dover, New York 1974, S. ix.
  9. Jesko von Hoegen: Der Held von Tannenberg : Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos. Böhlau, 2007, ISBN 978-3-412-17006-6, S. 205–210.
  10. Jesko von Hoegen: Der Held von Tannenberg : Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos. Böhlau, Köln 2007, ISBN 978-3-412-17006-6, S. 209.
  11. Hoegen, Jesko von.: Der Held von Tannenberg : Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos. Böhlau, 2007, ISBN 978-3-412-17006-6, S. 209 (google.de [abgerufen am 27. April 2022]).
  12. B. Kiesewetter: Plakate und Drucksachen zur siebten Kriegsanleihe. In: Hans Sachs (Hrsg.): Das Plakat Zeitschrift des Vereins der Plakatfreunde e.V. 9. Jahrgang, Januar 1918. Das Plakat, Charlottenburg Januar 1918, S. 34 (iaddb.org [abgerufen am 27. April 2022]).
  13. Hoegen, Jesko von.: Der Held von Tannenberg : Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos. Böhlau, 2007, ISBN 978-3-412-17006-6, S. 207–209.
  14. Hoegen, Jesko von.: Der Held von Tannenberg : Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos. Böhlau, 2007, ISBN 978-3-412-17006-6, S. 207–208.
  15. Tobias Ronge: Das Bild des Herrschers in Malerei und Grafik des Nationalsozialismus : eine Untersuchung zur Ikonografie von Führer- und Funktionärsbildern im Dritten Reich. LIT, 2010, S. 30–31.
  16. Tobias Ronge: Das Bild des Herrschers in Malerei und Grafik des Nationalsozialismus eine Untersuchung zur Ikonografie von Führer- und Funktionärsbildern im Dritten Reich. Berlin 2010, ISBN 978-3-643-10856-2, S. 30–31.
  17. Ursula Zeller: Die Frühzeit des politischen Bildplakats in Deutschland (1848-1918). Edition Cordeliers/Cadre, Stuttgart 1988, ISBN 3-89216-015-5.