Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Bertha Günther

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Bertha Günther (geb. 8. Juni 1894 in Bremerhaven, gest. 24. Dezember 1975 in Siegen) war eine deutsche Tänzerin und Eurythmielehrerin. Bekannt geworden sind ihre Fotogramme, die den Bauhaus-Künstler László Moholy-Nagy zu dessen Fotogrammen anregte.[1]

Die 1894 in Bremerhaven geborene Bertha Günther trat im Oktober 1913, also im Alter von 17 Jahren, in das Seminar für Klassische Gymnastik von Hedwig von Rohden (1890–1987) und Louise Langgaard (1883–1974) in Kassel ein.[2]

Sie gehörte zu den ersten Schülerinnen der von Langgaard und von Rohden im Jahr 1919 gegründeten Loheland-Schule für Körperbildung, Landbau und Handwerk.[3] Dabei handelte es sich um ein reformorientiertes, emanzipatorisches Siedlungsprojekt in der Nähe von Fulda. Es umfasste neben einer gymnastischen und tänzerischen Ausbildung eine Weberei (1919), eine Korbflechterei, eine Schreinerei (1920), eine Drechslerei (1924), eine Lederwerkstatt, ein Fotolabor (1926), eine Schneiderei (1927), eine Zuchtstätte für Deutsche Doggen (1930) und eine Töpferei (1931).[4] Die Handwerksbetriebe bildeten nicht nur das finanzielle Fundament für Loheland; die Gymnastikschülerinnen konnten dort auch eine Berufsausbildung absolvieren.[5] Schon bald konnten in Loheland neben dem Diplom als staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin noch weitere berufsqualifizierende Abschlüsse erworben werden.

Deutschlandweit bekannt wurden die Loheländerinnen nicht nur durch ihre spezielle Form der Gymnastik, sondern auch mit dem daraus abgeleiteten Ausdruckstanz.[6] Bertha Günther gehörte zur „Glanzklasse" der Loheland-Tänzerinnen.[7] In ihren aufsehenerregenden Tanz-Performances traten neben Bertha Günther auch die Loheland-Tänzerinnen Berta Müller, Edith Sutor und Eva-Maria Deinhardt in selbst genähten, futuristisch wirkenden, teilweise recht freizügigen Kostümen auf.[8] Die Premiere lief in den Münchner Kammerspielen.[9] Sie traten auch im Bauhaus in Weimar auf.[10] Als jedoch in der Loheland-Siedlung ein Feuer ausbrach und sämtliche Tanzkostüme verbrannten, endete dort die vierjährige, erfolgreiche Ausdruckstanz-Ära.[11]

Günther hat im Loheland zwischen 1920 und 1922 Fotogramme angefertigt, von denen ein gutes Dutzend erhalten geblieben ist, kameralose Aufnahmen von Gräsern und Blüten. Das fotogrammatische Verfahren, bei dem man mehr oder weniger transparente Gegenstände auf Fotopapier legt und dann belichtet, so dass deren Schatten auf das Fotopapier gebannt werden, war zu dieser Zeit seit über hundert Jahren bekannt. Erste Fotogramme, etwa von Thomas Wedgwood (1771–1805) oder William Henry Fox Talbot (1800–1877), wurden schon angefertig, bevor im Jahr 1839 die Fotografie aufkam. Der Brite Talbot fertigte ab etwa 1839 so genannte fotogenische Zeichnungen (englisch: „Photogenic drawings“) an, zur gleichen Zeit entwickelte der Franzose Hippolyte Bayard seine „Dessins photogéniques“. Der Amerikaner Mathew Carey Lea fertigte ab 1841 „Photogenic Drawings of Plants“ an und die Britin Anna Atkins um 1843 ihre Cyanotypien von Pflanzen und Federn. Mit der Verbreitung der Fotografie trat das fotogrammatisch Verfahren jedoch in den Hintergrund und geriet bis etwa 1918 allmählich in Vergessenheit, bis der deutsche Maler Christian Schad in Zürich die von ihm so genannten „Schadographien“ entwickelte. Ab 1922 veröffentlichte Man Ray in Paris seine „Rayographs“. Der vielleicht wichtigste Vertreter des Fotogramms in den 1920er Jahren war der Ungar László Moholy-Nagy (1895–1946). Anlässlich eines Disputs zwischen diesem und El Lissitzky, wer als Erfinder des fotogrammatischen Verfahrens anzusehen sei, schrieb Moholy-Nagy in einem Aufsatz aus dem Jahre 1926, dass sich zwei verschiedene Personen zur selben Zeit, aber unabhängig voneinander und an verschiedenenen Orten, mit dem Fotogramm beschäftigt haben, nämlich „In Deutschland: eine Loheländerin, in Frankreich ein amerikanischer Fotograf: Man Ray.“ Inzwischen konnte durch Renate Heyne, Herbert Molderings und Floris Michael Neusüss belegt werden, dass diese – in Moholy-Nagys Aufsatz nicht namentlich benannte – Loheländerin Bertha Günther war.[12]

Günther wirkte in Loheland bis 1926.[13] Im selben Jahr, in dem sie die Frauenkolonie verließ, gründete Valerie Wizlsperger dort die Lichtbildwerkstatt Loheland, vor allem, um Werbefotografien für das Gymnastik-Seminar und die Produkte aus den Loheland-Werkstätten herzustellen.[14]

Günther arbeitete später als Eurythmistin in Bayerisch Gmain und verstarb am 24. Dezember 1975 in Siegen.[15]

Rohstoffe, Quellen, Zettelkasten

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Mollenhauer-Klüber, „Magdalene Commichau-Trenkel und die Loheländerinnen“

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Magdalene Commichau-Trenkel und die Loheländerinnen. Loheland, Weimar und Bernburg. Manuskript zum Vortrag am 25.4.2014 in Bernburg anlässlich der Veranstaltung „Ein Leben für die aufrechte Haltung“ zu Magdalene Trenkel und ihrem Gymnastikhaus im Bernburger Lohelandgarten von Elisabeth Mollenhauer-Klüber, https://www.loheland.de/fileadmin/user_upload/bilder_redaktion/archiv/Magdalene_Trenkel_und_der_Lohelandgarten_in_Bernburg.pdf

Aus diesem Artikel geht hervor, dass Bertha Günther auch Loheland-Tänzerin war

S. 10: „Die aus Weimar stammende und mit Magdalene Trenkel später schicksalhaft verbundene Marie-Therese Commichau40 hatte einen prominenten Auftritt, da sie zu der von ihr komponierten Musik zugleich als Tänzerin auftrat, wie den handschriftlichen Anmerkungen auf dem in Loheland erhaltenen Plakat zu entnehmen ist. Die weiteren Ausführenden waren Eva Maria Deinhardt, Berta Müller, Edith Sutor und Bertha Günther – Frauen, die mit Commichau zur tänzerischen „Glanzklasse“ des Seminars zählten. Mit „Kobold“, „Ballade“, „Seltsam“, „Blind“, „Strömungen“ und „Rufen – Stimme des Frühlings“ wurde im Januar 1920 dem Publikum eine Tanzaufführung geboten, die den Fotografien nach spektakulär gewesen sein muss.“

Barber, „Writing with Light“

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S. 56, Fn. 93: While there is no question that Moholy-Nagy had been making cameraless photographs for several months before the first example was published in 1923, there has been some speculation regarding whether or not Moholy-Nagy produced any cameraless experiments when he and his wife, Lucia Moholy, visited Loheland in the summer of 1922. Without a doubt, the circumstances surrounding Moholy-Nagy’s initial interest in cameraless photography were quite different from Man Ray’s “discovery” of the process. That Man Ray had happened upon his discovery by S. 57: some lucky accident, and that Tzara just happened to live down the hall and could serve as witness to his discovery, served to bolster Man Ray’s origin story and the intrigue with which his new work was regarded. Moholy-Nagy’s interest in the process came by way of theoretical reflection, which may have been spurred on by Bertha Günther, an amateur photographer and part of the Loheland group who was producing small cameraless botanical studies. It is difficult to say with any certainty whether Moholy-Nagy or Lucia produced any cameraless photographs while visiting Loheland that summer. We do know, however, that Lucia may have been participating in a summer course at Loheland, so the fact that the two were there, saw Günther’s work, and shortly thereafter began writing about and producing cameraless photographs is intriguing. For more on Moholy-Nagy’s connection to Loheland, see: Botar, Technical Detours, and two essays by Molderings, "Laszlo Moholy-Nagy und die Neuerfindung des Fotogramms." and Molderings, "Light Years of a Life: The Photogram in the Aesthetic of László Moholy-Nagy." On photography at Loheland, see: Iris Fischer and Eckhardt Köhn, Lichtbildwerkstatt Loheland: Fotografien 1919-1939 (Petersberg: Imhof, 2004).

Quelle: Karen K. Barber, „Writing with Light: Cameraless Photography and Its Narrative in the 1920s“, City University of New York (CUNY), CUNY Academic Works, 9-2018, https://academicworks.cuny.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=3980&context=gc_etds , S. 56/ 57, Fußnote 93

S. 69: “Production—Reproduction” was the result of a series of conversations between Moholy-Nagy and his wife Lucia Moholy. As suggested above, it is possible that Moholy-Nagy may have seen Paul Lindner’s 1920 book, Photographie ohne Kamera, and was inspired by the “productive” use of photography featured therein. However, it is also possible that he and Lucia Moholy were influenced by the work of a woman named Bertha Günther, whose cameraless botanical prints they may have seen at the Loheland Schule für Körperbildung, Landbau und Handwerk (Loheland School of Physical Education, Agriculture, and Handicrafts) during their summer vacation in the Rhön in 1922.125 Günther was a young student at the Loheland school who had been producing cameraless photographs of leaves and flowers on daylight printing-out paper since 1920.126

125 Herbert Molderings has suggested the possible influence of Lindner’s book on Moholy-Nagy’s early cameraless experiments in his essay, "Light Years of a Life: The Photogram in the Aesthetic of László Moholy-Nagy." On the influence of the woman from Loheland, Bertha Günther, see: Botar, Technical Detours: The Early Moholy-Nagy Reconsidered; Molderings "Laszlo Moholy-Nagy und Die Neuerfindung Des Fotogramms"; and Eckhardt Köhn, “Laszlo Moholy-Nagys Loheländerin: Bertha Günther and Ihre Fotogramme,” in Lichtbildwerkstatt Loheland: Fotografien 1919-1939, eds. Iris Fischer and Eckhardt Köhn (Fulda, Germany: Vonderau Museum Fulda, 2004), 41-44. On Loheland and the cameraless photographs of Bertha Günther, see: Louise Langgard, “Loheland,” Künstlerische Körperschulung, 3. Aufl. (1926): 54-60; and Fischer and Köhn, Lichtbildwerkstatt Loheland: Fotografien 1919-1939. 126 Loheland was a Lebensreform-oriented school where women were trained in gymnastics, as well as other courses that included weaving, joinery, woodworking, basket-weaving, horticulture, and agriculture. The school also included a series of craft workshops, which would later include photography.

Quelle: Karen K. Barber, „Writing with Light: Cameraless Photography and Its Narrative in the 1920s“, City University of New York (CUNY), CUNY Academic Works, 9-2018, https://academicworks.cuny.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=3980&context=gc_etds , S. 69

Troeller, „Lucia Moholy’s Idle Hands“

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„Mit Loheland verbindet sich noch eine ganz besondere Fotogeschichte. Im Zusammenhang mit der um 1990 geglückten Wiederentdeckung der Fotogramme von Laszlo Moholy-Nagy wurde ein Aufsatz von ihm aus dem Jahre 1926 erneut gedruckt, in dem er auf seine Technik des Fotogramms eingeht. Der Anlaß für diese persönlichen Anmerkungen war ein öffentlich ausgetragener Streit, den er mit El Lissitzky über die Frage führte, wer als Erfinder des fotogrammatischen Verfahrens anzusehen sei. Moholy-Nagy schreibt, daß man sich zur selben Zeit an zwei Stellen mit dem Fotogramm beschäftigt habe. „In Deutschland: eine Loheländerin, in Frankreich ein amerikanischer Fotograf: Man Ray." Das ist eine überaus aparte Konstellation. Keinem Geringeren als Man Ray, dem Fotokünstler im Umkreis der Pariser Surrealisten und bereits zu Lebzeiten eine Legende, stellte Moholy-Nagy eine Loheländerin gegenüber. Nur wußte, anders als zum Zeitpunkt des ersten Hinweises, mittlerweile niemand mehr, was eine Loheländerin sein könnte. Verschiedene Forscher haben diese Spur dann aufgenommen, allerdings blieben ihre Bemühungen längere Zeit erfolglos, bis ein glücklicher Zufall den Fotohistoriker Floris M. Neusüss auf die richtige Spur brachte. Moholy-Nagy hatte sich mehrfach in Loheland aufgehalten, vermutlich weil seine stark von der Jugendbewegung geprägte Frau Lucia Moholy entsprechende Kontakte besaß. Schließlich konnten die von Moholy-Nagy erwähnten Fotogramme im Archiv von Loheland gefunden und einer jungen Frau aus Bremerhaven zugeschrieben werden. Es war Bertha Günther, die ebenfalls zur „Glanzklasse" der Tänzerinnen gehörte und um 1920 kameralose Aufnahmen von Gräsern und Blüten angefertigt hatte, deren zarte Formen und subtile Schönheit Moholy-Nagy zu seinen eigenen fotogrammatischen Arbeiten inspiriert hatten.“

Quelle: Eckhardt Köhn, „Das geheime Deutschland der Frauen. Amazonenstaat in der Rhön: Das Loheland war die Geburtsstätte einer neuen Weiblichkeit aus dem Geist des Tanzes und der Fotografie“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 2005, http://www.societyofcontrol.com/ppmwiki/pmwiki.php/Main/LoheLand

Köhn, Heft zur Ausstellung

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Moholy-Nagy, der zu Beginn der zwanziger Jahre seine Ferien mehrfach in der Rhön verbachte, hatte die Fotogramme der Bertha Günther vermutlich während eines Besuchs in Loheland gesehen, da seine durch die Jugendbewegung geprägte Frau Lucia Moholy Kontakte zu den Frauensiedlungen in der Rhön hatte.

…Lichtbildwerkstatt Loheland. Sie wurde 1926 im hinteren Teil eines ausrangierten Einbahnwaggons eingerichtet, um Werbefotografien für das Gymnastik-Seminar und die Produkte aus den Werkstätten herzustellen. Die Fotowerkstatt wurde von Valerie Wizlsperger aufgebaut und geleitet. Vermutlich stammen die meisten Arbeiten von ihr.

Quelle: Eckhardt Köhn, Vortrag zur Ausstellungseröffnung am 2.9.2004. „Eine neue Generation Weib in den Fotografien der Lichtbildwerkstatt Loheland“, S. 7–15, Heft zur Ausstellung des Vonderau-Museums Fulda: „Lichtbildwerkstatt Loheland. Fotografien 1919 – 1939“, September bis Oktober 2004, https://www.loheland.de/fileadmin/user_upload/bilder_redaktion/archiv/Heft_zur_Ausstellung.pdf

Tietz, Tagesspiegel

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„Ab 1920 experimentierte Günther in der Lichtbildwerkstatt in Loheland mit derartigen Fotogrammen, bei denen ganz ohne Kamera die Objekte direkt auf dem Fotopapier platziert und belichtet werden.“

Quelle: Jürgen Tietz, „100 Jahre Bauhaus: Die Frauensiedlung Loheland. Amazonen Avantgarde: Eine Ausstellung im Vonderau Museum Fulda gibt erstmals einen gezielten Einblick in die Geschichte und Kunstproduktion der Reformsiedlung“, in: Der Tagesspiegel, 20. Dezember 2019, https://www.tagesspiegel.de/kultur/die-frauensiedlung-loheland-4129225.html

Krautkrämer, „Frauensiedlung Loheland“, Info3-Verlag

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…Grundlegend für den wirtschaftlichen Erfolg der Siedlung war auch das ausgeprägte Bewusstsein dafür, wie wichtig professionelles Marketing ist. Ein entscheidender Faktor war in diesem Zusammenhang die schon früh betriebene fotografische Dokumentation und Werbefotografie, die ab 1926 eine eigene „Lichtbildwerkstatt“ übernahm. Deren Leiterin, die Österreicherin Valerie Wizlsperger, war ursprünglich als Hauswirtschaftslehrerin nach Loheland gekommen, durchlief aber zusätzlich die Gymnastikausbildung. „Das wurde allen nahegelegt, die kamen – auch dann, wenn sie schon eine Berufsausbildung hatten“, erklärt Mollenhauer-Klüber. „Das braucht der Mensch, waren die Gründerinnen überzeugt. Wizlsperger hatte dann offenbar Lust zu fotografieren. Sie ließ sich von einem verwandten Fotografen die Grundlagen erklären, Loheland stattete sie mit der neusten Technik aus und los ging‘s. Quasi von jetzt auf gleich entstanden großartige Bilder, die zwar eindeutig die Handschrift der damals aufkommenden Neuen Sachlichkeit tragen, aber dennoch eine eigene künstlerische Prägung zeigen.“ …

Quelle: Laura Krautkrämer, „Frauensiedlung Loheland: Selbstbestimmt in Bewegung“, „Zeitgleich mit dem Bauhaus und den Waldorfschulen feiert 2019 auch die anthroposophische Frauensiedlung Loheland in der Rhön ihr 100-jähriges Bestehen“. Info3-Verlag, Juni 2019, https://info3-verlag.de/zeitschrift-info3/frauensiedlung-loheland-selbstbestimmt-in-bewegung/

Waldorfschule Hessen

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Fotogramme Bertha Günthers in der Ausstellung des Harvard Art Museums (USA) von März bis Juli 2022

Das Harvard Art Museum zeigt in der Ausstellung „White Shadows: Anneliese Hager and the Camera-less Photograph“ nicht nur Werke der deutschen Fotokünstlerin und Lyrikerin Anneliese Hager (1904-1997), sondern geht auch der Rolle von Frauen in der Geschichte des Fotogramms nach. Die Loheländerin Bertha Günther, die vermutlich den Bauhausmeister László Moholy-Nagy zur Arbeit mit dieser fotografischen Technik inspiriert hat1, gehört mit ihren Arbeiten natürlich dazu. Hager wiederum wurde von den Fotogrammen Moholy-Nagys und Man Rays zur Herstellung von Fotogrammen angeregt.

Bertha Günthers Fotogramme sind Versuche einer kameralosen Fotografie mit Pflanzen und Tageslicht-Auskopierpapier. Moholy-Nagy beschreibt die Arbeitsweise von Bertha Günther für uns anschaulich: „Die Loheländerin hat ein im allgemeinen nicht beachtetes Verfahren, Gegenstände auf das fotografische Papier zu legen und damit Schattenbilder zu erzeugen, wieder belebt, indem sie statt undurchsichtiger Objekte (lichtdurchlässige) Blumen auf die fotografische Schicht legte. Diese Blumen bzw. dieses Verfahren ergab meist ungewöhnlich fein gegliederte, in ihrer optischen Wirkung bezaubernde, schwarz-weiße oder helldunkle Bilder.“2

Mit dieser kameralosen Technik der Fotografie wurde schon seit den Anfängen der Fotografie im 19. Jahrhundert experimentiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiten mehrere Künstler mit dieser Technik. Bertha Günthers experimentierende Arbeiten auf Tageslicht-Auskopierpapier mit transparenten Darstellungen von Gräsern, Blüten- und Pflanzenblättern sind Anfang der zwanziger Jahre während ihrer Assistententätigkeit vermutlich innerhalb des musisch-künstlerischen Unterrichts in Loheland, Schule für Körperbildung, Landbau und Handwerk entstanden. Die am 08.06.1894 in Bremerhaven geborene Günther gehörte zu den ersten Schülerinnen und war im Oktober 1913 in das Kasseler Seminar für Klassische Gymnastik eingetreten. Sie wirkte in Loheland bis 1926, arbeitete später als Eurythmistin in Bayrisch Gmein und verstarb am 24.12.1975 in Siegen. Viele Jahre waren die Fotogramme Günthers in Vergessenheit geraten. In Fulda waren sie 2004 und 2019 im Vonderau Museum zu sehen. Ihrer überregionalen Bedeutung entsprechend sind ihre Reproduktionen nun Teil der Ausstellung in Harvard.

hvrd.art/anneliesehager

1 Köhn, Eckhardt: „Lichtbildwerkstatt Loheland“. Künstlerisches Experiment und neusachliche Objektfotografie, in: Katalog Vonderau Museum Fulda 2019: loheland 100, Gelebte Visionen für eine neue Welt, hrsg. v. E. Mollenhauer-Klüber und M. Siebenbrodt, Petersberg 2019, S. 127. 2 Lázló Moholy-Nagy, Fotoplastische Reklame. In Offset. Buch und Werbekunst, Nr. 7, 1926, S. 387, zitiert nach Katalog Vonderau Museum Fulda 2004, Lichtbildwerkstatt Loheland, Fotografien 1919–1939, hrsg. v. I. Fischer und E. Köhn, Fulda 2004, S. 41

Quelle: „Fotogramme Bertha Günthers in der Ausstellung des Harvard Art Museums (USA), von März bis Juli 2022“, in: Lommit Archiv, https://waldorfschule-hessen.de/wp-content/uploads/2022/03/20220331-loheland-fotogramme.pdf https://waldorfschule-hessen.de/wp-content/uploads/2022/03/20220331-loheland-fotogramme.pdf

Attributed to Bertha Günther. Untitled. ca. 1920-22. Photogram, Credit: Loheland-Stiftung Archiv, https://post.moma.org/workshops-for-the-new-woman-loheland-at-100/

The exhibition "White Shadows: Anneliese Hager and the Camera-less Photograph" explores the work of German artist Anneliese Hager (1904-1997) and her preferred technique: the photogram, or camera-less photograph. It also highlights women artists maligned in photographic histories that privilege "masterworks" by predominantly male makers.

This brief film introduces one such artist: Bertha Günther who lived and worked at the Loheland Colony near Fulda - 100 miles from the Bauhaus school of art and design in Weimar, Germany. Also founded in 1919, Loheland was a school for women by women, and it was there in the early 1920s that Bauhaus artist László Moholy-Nagy encountered Günther's photograms and then began to make his own. Although her work provided a key link between the botanical contact prints of the nineteenth century and the twentieth century avant-garde, Günther would remain unnamed - and unknown - for decades to come. Moholy-Nagy's photograms and writing on the subject would in turn inspire that of Anneliese Hager.

The exhibition is on view March 4, 2022-July 31, 2022 in the Special Exhibition galleries of the Harvard Art Museums.

TAKE A CLOSER LOOK: + Explore "White Shadows: Anneliese Hager and the Camera-less Photograph:" https://hvrd.art/anneliesehager + What is a Photogram?: https://youtu.be/LH9UBeHAgSs + Watch a virtual preview of the exhibit: https://youtube.com/playlist?list=PLj...

All images and graphics used in the video belong to their respective owners and this channel does not claim any right over them. Copyright Disclaimer: Any use of copyrighted content on this channel constitutes "fair use" pursuant to 17 U.S. Code § 107 as it is utilized for the purpose of criticism, comment, news reporting, teaching, scholarship, education and research.

Music "Anders" by Blue Dot Sessions (www.sessions.blue). © Blue Dot Sessions.

Special Thanks to Loheland-Stiftung Archive. Works by Bertha Günther: © Loheland-Stiftung Archiv. Image: Man Ray, "Rayograph," 1922. © Man Ray 2015 Trust/Artist Rights Society (ARS), NY/ADAGP, Paris 2022.

Video: John Neely, May 2022. © President and Fellows of Harvard College. For questions related to permission for commercial use of this video, please contact the Department of Digital Imaging and Visual Resources at am_divr@harvard.edu https://www.youtube.com/watch?v=a9uRED3bzMc

Deutsche Stiftung Denkmalschutz

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„… Außerdem gab es eine Flickstube und die Lichtbildwerkstatt. Letztere richtete 1926 Valerie Wizlsperger ein, die sie zu einem wegweisenden Atelier der Lichtbildtechnik entwickelte. Es diente auch den Fotografen des Bauhauses als Impulsgeber.“

Quelle: Deutsche Stiftung Denkmalschutz, „Frauensiedlung Loheland. Ein Platz für Frauen - die Siedlung Loheland“, https://www.denkmalschutz.de/denkmal/frauensiedlung-loheland.html

un regard oblique

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Vonderau Museum

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Vonderau Museum hat offenbar Fotogramme von Günther https://www.hkst.de/de/maecenas/bewegend/

Diese zwischen 1920 und 1922 entstandenen Fotogramme, von den 13 erhalten sind, stammen, wie Herbert Molderings 2003 gezeigt hat, von Bertha Günther, einer jungen Frau aus Bremerhaven, die zwischen 1914 und 1926 in Loheland gelebt und gearbeitet hat. Moholy-Nagy, der zu Beginn der zwanziger Jahre seine Ferien mehrfach in der Rhön verbachte, hatte die Fotogramme der Bertha Günther vermutlich während eines Besuchs in Loheland gesehen, da seine durch die Jugendbewegung geprägte Frau Lucia Moholy Kontakte zu den Frauensiedlungen in der Rhön hatte.

Harvard Art Museums

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Bertha Günther (Bremerhaven, Germany 1894 - 1975 Siegen, Germany)

Bauhaus Archiv / Museum für Gestaltung

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Lichtbildwerkstatt Loheland Fotografien einer neuen Generation Weib Exhibition: - 9 Jul 2007 Bauhaus Archiv / Museum für Gestaltung

»Loheland ist aber noch auf besondere Weise mit der Geschichte der Photographie verbunden, denn László Moholy-Nagy erhielt hier wohl eine der entscheidenden Anregungen zu seinen Photogrammen. Arbeiten der Loheländerin Bertha Günther haben ihn zu eigenem Schaffen angeregt.«

http://photography-now.com/exhibition/49494

This can be seen in the work of Bertha Günther, a largely unknown figure who between 1920 and 1922 created a body of delicate small-format photograms composed of local plant life. In the summer of 1922, before their arrival at the Bauhaus, László Moholy-Nagy and Lucia Moholy, while on holiday in the nearby town of Weyhers, visited Loheland. Deep in their discussions about the ideas that would soon constitute "Production-Reproduction," for which Lucia Moholy would receive no credit, Moholy-Nagy would later write that on this trip he learned of the photogram technique in part through a "Loheländerin" who "reinvigorated a generally overlooked process of placing objects on photographic paper and thus creating shadows."14 That "Loheländerin" was Günther, who would ultimately be expunged from the Bauhaus master's photographic history: by 1928, in a letter to Erich Buchholz disputing claims by El Lissitzky about the origins of the photogram, Moholy-Nagy would omit her name entirely.15 Their encounter, however, not only suggests an important intermingling between the two institutions, it also positions Günther's work in relation to emerging technological philosophies, representing another approach to picture-making in which photography could be a form of visual material that didn't necessarily need to communicate to a public.

Herbert Molderings has suggested that Günther's photograms, which were mounted on board, were possibly exhibited or used as anthroposophical teaching aids.16 Sandra Neugärtner has similarly drawn comparisons between the photograms and the balance studies conducted by Langgaard and von Rohden, in which bodily movements were instrumentalized with photographs of balancing wooden blocks.17 As such, for all of the esoteric coding that surrounds Loheland pedagogy, the gentle overlays and spontaneous impressions of rustling leaves in these photograms reveal an approach to photography as a means of not just representing, but also evoking the experience of being in that tiny slice of the world in the Rhön.

Quelle: Madeleine Weisburg, „Workshops for the New Woman: Loheland at 100“, „Madeleine Weisburg reports from the field on the radical pedagogy of Loheland, which maintained as a central objective the creation of a space for women to combine art, movement, work, leisure and learning. This text introduces one student in particular, Bertha Günther, who created a body of photograms from 1920 to 1922 that served as inspiration to László Moholy-Nagy and Lucia Moholy, who visited the school on several occasions prior to their arrival at the Bauhaus.“, in MoMA POst, 21. August 2019, https://post.moma.org/workshops-for-the-new-woman-loheland-at-100/

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Einzelnachweise

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  1. Anne Haeming, „Amazonen mit Mistgabel. Im Bauhaus-Archiv wird getanzt. Fotografien erinnern an die Schule Loheland, die neben Ausdruckstanz und Gymnastik auch das Weben und Flechten lehrte und eigene Felder bestellte. Ein Aufbruch wie am Bauhaus, nur diesmal von der Rhön“, in: taz - die tageszeitung, taz.am Wochenende, 5. Mai 2007, Kultur, S. 29, https://taz.de/!285699/
  2. „Fotogramme Bertha Günthers in der Ausstellung des Harvard Art Museums (USA), von März bis Juli 2022“, in: Lommit Archiv, https://waldorfschule-hessen.de/wp-content/uploads/2022/03/20220331-loheland-fotogramme.pdf
  3. „Fotogramme Bertha Günthers in der Ausstellung des Harvard Art Museums (USA), von März bis Juli 2022“, in: Lommit Archiv, https://waldorfschule-hessen.de/wp-content/uploads/2022/03/20220331-loheland-fotogramme.pdf
  4. Jürgen Tietz, „100 Jahre Bauhaus: Die Frauensiedlung Loheland. Amazonen Avantgarde: Eine Ausstellung im Vonderau Museum Fulda gibt erstmals einen gezielten Einblick in die Geschichte und Kunstproduktion der Reformsiedlung“, in: Der Tagesspiegel, 20. Dezember 2019, https://www.tagesspiegel.de/kultur/die-frauensiedlung-loheland-4129225.html
  5. Sandra Uredat, „Frauenbewegtes Lohland“, in: Deutschlandfunk Kultur, 23. September 2008, https://www.deutschlandfunkkultur.de/frauenbewegtes-lohland-100.html
  6. Jürgen Tietz, „Mit Dogge und Demeter. Mit ihrer Kunstgewerbeproduktion und ihren Bauten gehörte die Frauensiedlung Loheland in den 1920er Jahren zu den Zentren der Reformbewegung in Deutschland. Heute harrt sie der Wiederentdeckung.“ in: Neue Zürcher Zeitung, 27. Februar 2016, https://www.nzz.ch/feuilleton/kunst_architektur/mit-dogge-und-demeter-ld.101367
  7. Eckhardt Köhn, „Das geheime Deutschland der Frauen. Amazonenstaat in der Rhön: Das Loheland war die Geburtsstätte einer neuen Weiblichkeit aus dem Geist des Tanzes und der Fotografie“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 2005, http://www.societyofcontrol.com/ppmwiki/pmwiki.php/Main/LoheLand
  8. Eckhardt Köhn, „Das geheime Deutschland der Frauen. Amazonenstaat in der Rhön: Das Loheland war die Geburtsstätte einer neuen Weiblichkeit aus dem Geist des Tanzes und der Fotografie“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 2005, http://www.societyofcontrol.com/ppmwiki/pmwiki.php/Main/LoheLand
  9. Dörte Schipper, „Frauensiedlung Loheland: »Eine neue Generation Weib«“, in: Der Spiegel, 04.07.2019, https://www.spiegel.de/geschichte/frauensiedlung-loheland-amazonenstaat-in-der-rhoen-a-1274191.html
  10. Jürgen Tietz, „Mit Dogge und Demeter. Mit ihrer Kunstgewerbeproduktion und ihren Bauten gehörte die Frauensiedlung Loheland in den 1920er Jahren zu den Zentren der Reformbewegung in Deutschland. Heute harrt sie der Wiederentdeckung.“ in: Neue Zürcher Zeitung, 27. Februar 2016, https://www.nzz.ch/feuilleton/kunst_architektur/mit-dogge-und-demeter-ld.101367
  11. Dörte Schipper, „Frauensiedlung Loheland: »Eine neue Generation Weib«“, in: Der Spiegel, 04.07.2019, https://www.spiegel.de/geschichte/frauensiedlung-loheland-amazonenstaat-in-der-rhoen-a-1274191.html
  12. Eckhardt Köhn, „Das geheime Deutschland der Frauen. Amazonenstaat in der Rhön: Das Loheland war die Geburtsstätte einer neuen Weiblichkeit aus dem Geist des Tanzes und der Fotografie“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 2005, http://www.societyofcontrol.com/ppmwiki/pmwiki.php/Main/LoheLand
  13. „Fotogramme Bertha Günthers in der Ausstellung des Harvard Art Museums (USA), von März bis Juli 2022“, in: Lommit Archiv, https://waldorfschule-hessen.de/wp-content/uploads/2022/03/20220331-loheland-fotogramme.pdf
  14. Eckhardt Köhn, Vortrag zur Ausstellungseröffnung am 2.9.2004. „Eine neue Generation Weib in den Fotografien der Lichtbildwerkstatt Loheland“, S. 7–15, Heft zur Ausstellung des Vonderau-Museums Fulda: „Lichtbildwerkstatt Loheland. Fotografien 1919–1939“, September bis Oktober 2004, S. 14, https://www.loheland.de/fileadmin/user_upload/bilder_redaktion/archiv/Heft_zur_Ausstellung.pdf . Siehe auch: Dagmar Zechel, „Frauensiedlung Loheland. Ein Platz für Frauen - die Siedlung Loheland“, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, https://www.denkmalschutz.de/denkmal/frauensiedlung-loheland.html
  15. „Fotogramme Bertha Günthers in der Ausstellung des Harvard Art Museums (USA), von März bis Juli 2022“, in: Lommit Archiv, https://waldorfschule-hessen.de/wp-content/uploads/2022/03/20220331-loheland-fotogramme.pdf