Benutzer:Magadan/FFV

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Das Fischerfeldviertel ist ein Stadtquartier in der der Innenstadt von Frankfurt am Main.

Die Anlage dieses neuen Stadtteils begann 1793. Er war damit die erste planmäßige Stadterweiterung in Frankfurt seit dem Hochmittelalter. Das Viertel gehört darüber hinaus zu den wichtigsten städtebaulichen Großprojekten im Frankfurt des Klassizismus, also des Baustils, der das Frankfurter Stadtbild bis ins späte 19. Jahrhundert hinein entscheidend prägte. Das Viertel enstand in engem zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen und baulichen Modernisierungsschub, der das immer noch sehr mittelalterlich geprägte Frankfurt um 1800 ins moderne Industriezeitalter beförderte.

Verantwortlicher Planer war der Frankfurter Stadtbaumeister Johann Georg Christian Hess, nach dessen Tod 1816 sein Sohn und Amtsnachfolger Johann Friedrich Christian Hess.

Wegen seiner unmittelbaren Nachbarschaft zum ehemaligen Jüdischen Ghetto war das Quartier von Beginn an bis zur Vernichtung der Gemeinde während der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft ein wichtiger Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Frankfurt. Der Bau fiel zeitlich mit dem Ende des Ghettos zusammen, so dass es, ähnlich wie später das Ostend, als „natürliche Erweiterung“ des traditionellen Judenviertels diente.

Nach erheblichen Zerstörungen während der Terrorangriffe im März 1944 und modernem Wiederaufbau sind heute von diesem einst berühmten klassizistischen Ensemble nur noch wenige Fragmente erhalten, prägend ist heute die Bebauung der 50er Jahre. Ähnlich wie das benachbarte Allerheiligenviertel ist das Fischerfeldviertel trotz seiner sehr zentralen Lage vielen Frankfurtern unbekannt und wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft auf den dortigen Sitz der Frankfurter Zentrale des Arbeitsamts reduziert.

Das Viertel liegt im Südosten des heutigen Stadtteils Innenstadt, direkt am Main. Die Straßen, die es heute begrenzen, sind die Kurt-Schumacher-Straße, die Rechneigrabenstraße und die Lange Straße. Im Nordwesten des Gebiets liegt der Börneplatz.

Nachbarquartiere

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Im Westen grenzt das Viertel an die Altstadt, genauer gesagt das Quartier um die Fahrgasse und die Alte Brücke. Seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bildet die damals angelegte Straßenschneise Kurt-Schumacher-Straße eine unübersehbare Grenze zwischen Altstadt und Fischerfeldviertel, während diese städtebaulich so unterschiedlichen Quartiere bis zur Zerstörung 1944 unmittelbar ineinander übergingen.

In Norden des Quartiers lag ehemalige Jüdische Ghetto. Die Anlage des Fischerfeldviertels fiel zeitlich ungefähr mit der Aufhebung des Ghettozwangs zusammen. Juden war es seither erlaubt, ihren Wohnsitz innerhalb der Stadt frei zu wählen, blieben der östlichen Innenstadt jedoch oft treu. So entstanden vor allem im nördlichen Fischerfeldviertel zahlreiche jüdische Einrichtungen, befreit von der Enge des Ghettos in repräsentativen modernen klassizistischen Formen, jedoch in unmittelbarer Nachbarschaft des traditionellen Judenviertels.

Östlich des Fischerfeldviertels, jenseits der Langen Straße, liegt die Obermainanlage, der südöstlichste Abschnitt der Wallanlagen. Sie entstand zeitgleich und im Zusammenhang mit dem Fischerfeldviertel.

Im Süden stößt das Viertel an den Main. Die Uferstraße Schöne Aussicht ist die bekannteste Straße des Viertels und galt seinerzeit als eine der schönsten Straßen Frankfurts. Sie wird an beiden Enden von Mainbrücken begrenzt, im Westen von der Alten Brücke, im Osten von der Ignatz-Bubis-Brücke.

Das neue Stadtquartier erhielt ein rechtwinkliges Straßennetz nach den Regeln des klassizistischen Städtebaus. Zwischen Main und Jüdischem Friedhof entstanden fünf zueinander und zum Mainufer parallele Straßen, allen voran die seinerzeit überregional bekannte Prachtstraße Schöne Aussicht. Quer dazu wurden zwischen Fahrgasse und Obermainanlage vier neue Straßen angelegt:

Parallel zum Main verlaufende Straßen
  • Schöne Aussicht. Uferstraße am rechten Mainufer. Verlief völlig geradlinig vom Obermaintor am gleichnamigen Ende der Wallanlagen bis zur Fahrgasse und der Alten Brücke. 18 Grundstücke, ausschließlich auf der nördlichen Seite, darunter die Stadtbibliothek und das spätere Schopenhauerhaus. Die Schöne Aussicht ist heute Teil der stark befahrenen Mainuferstraße, auf der südlichen Seite liegt zum Ufer hin ein Park.
  • Hinter der Schönen Aussicht. Gasse, nördlich parallel zur vorgenannten Uferstraße, nur im westlichen Teil des Viertels. Verlief von der Schützenstraße über die Mainstraße hinweg und endete in einer Sackgasse an der Rückseite der älteren Bebauung Fahrgasse 2-4, was trotz Kriegszerstörung und völlig verändertem Wiederaufbau bis heute der Fall ist.
  • Fischerfeldstraße / Brückhofstraße. Die Fischerfeldstraße ist der „Äquator“ des gleichnamigen Viertels, sie verläuft innerhalb der rechtwinkligen Anlage von der Langen Straße über die Schützenstraße hinweg bis zur Mainstraße. Sie ist heute als Adresse des Frankfurter Arbeitsamts die bekanntestes Straße des Viertels. Ihre westliche Fortsetzung ist die leicht nach Süden abknickende Brückhofstraße, die eigentlich bis zur Fahrgasse führt, was seit dem Durchbruch der hier querenden, sehr breiten Kurt-Schumacher-Straße nur noch visuell erkennbar ist. Der seitdem abgetrennte westliche Abschnitt der Brückhofstraße dient heute als Parkplatz in der dreieckigen Fläche zwischen Kurt-Schumacher-Straße und dem südlichen Ende der Fahrgasse, das an der Nordseite dieser Fläche stehende Haus gehört adressmäßig zu diesen beiden Straßen. An der Mainstraße (und der hier früher einmündenden Gasse Wollgraben) war die Brückhofstraße zu einem kleinen Platz aufgeweitet, der mit einem bis heute erhaltenen Obelisken geschmückt war.
  • Rechneistraße (zeitweise auch Recheneistraße geschrieben, anfangs Recheneygasse). Diese Gasse mit nur 14 Hausnummern verlief nördlich parallel zur Fischerfeldstraße von der Schützenstraße zur Mainstraße. Beide anliegende Straßenblocks wurden durch Bombenkrieg und Wiederaufbau völlig zerstört, die Gasse verschwand aus dem Stadtplan. Sie verlief etwa am südlichen Rand des Parkplatzes im Innenhof des Arbeitsamtkomplexes, der, neben einer Kirche, heute die gesamte Fläche der beiden ehemaligen Straßenblocks einnimmt.
  • Rechneigrabenstraße (zeitweise auch Recheneigrabenstraße geschrieben, anfangs nur Recheneygraben). Die nördlichste der ehemals fünf Parallelstraßen führte von der Langen Straße an der Ecke zur hier beginnenden Schützenstraße vorbei bis zur Ecke am nördlichen Anfang der Mainstraße, die ihrerseits die südöstliche Ecke des Judenmarkts bildete, des späteren Börneplatzes. Nördlich der Straße liegt der Alte Jüdische Friedhof, zwischen Friedhof und Straße, bisher der Holzhof und die Backhäuser der jüdischen Gemeinde, entstanden repräsentative Bauwerke jüdischer Institutionen, etwa ein Krankenhaus und eine Schule. Heute befindet sich hier das Mahnmal der im Nationalsozialismus ermordeten Frankfurter Juden, östlich davon ein evangelisches Krankenhaus, westlich, auf der Fläche des ehemaligen Börneplatzes, das Verwaltungsgebäude der Stadtwerke. Die Straße reicht heute nach Westen bis zur Kurt-Schumacher-Straße.
Vom Main abgehende Straßen
  • Die Lange Straße folgt dem Verlauf der Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert und führt vom Mainufer (Obermaintor, Schöne Aussicht, Ignatz-Bubis-Brücke) nach Norden, über das Allerheiligentor hinaus bis zur Zeil. Sie ist heute als Teil des Anlagenrings eine wichtige Hauptstraße für den Autoverkehr. Die wichtigsten Einrichtungen im Bereich des Fischerfeldviertels sind das Hospital zum Heiligen Geist zwischen Fischerfeldstraße und Rechneigrabenstraße und die Alte Stadtbibliothek unmittelbar am nördlichen Brückenkopf der Ignatz-Bubis-Brücke.
  • Die Schützenstraße verläuft westlich parallel zur Langen Straße von der Schönen Aussicht über die Fischerfeldstraße hinweg bis zur Rechneigrabenstraße. Von Westen münde(te)n außerdem Hinter der Schönen Aussicht und die Rechneistraße in sie ein. Am nördlichen Ende der Straße befanden sich eine Synagoge und eine Schule.
  • Die Mainstraße verläuft wie die Schützenstraße von der Schönen Aussicht bis zur Rechneigrabenstraße, die hier gemeinsam mit der Mainstraße in den Judenmarkt (Börneplatz) mündete. Heute endet sie an der nun noch weiter nach Westen reichenden Rechneigrabenstraße, gegenüber der Einmündung liegt das Mahnmal der ermordeten Frankfurter Juden. An der von Westen einmündenden Brückhofstraße lag ein kleiner Platz, der trotz Neubebauung bis heute erahnbar ist.
  • Der Wollgraben war ein Wassergraben der Frankfurter Stadtbefestigung, vor dem östlichen Abschnitt der im 12. Jahrhundert angelegten Staufenmauer. Die spätere Straße entstand auf dem zugeschütteten Graben und führte vom erwähnten kleinen Platz an der Brückhofstraße nach Norden zum Judenmarkt (Börneplatz). Wie die benachbarten Straßen in der östlichen Altstadt, die Fronhofstraße, die Klostergasse und die Predigerstraße, verschwand der Wollgraben beim Wiederaufbau aus dem städtischen Straßennetz. An ihrer Stelle befindet sich heute der Straßenblock auf der Ostseite der Kurt-Schumacher-Straße zwischen Fischerfeld- und Rechneigrabenstraße.
  • Die Kurt-Schumacher-Straße gehört nicht zum historischen Fischerfeldviertel, sondern wurde erst im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg als innerstädtische Hauptverkehrsachse angelegt. Als städtebauliche Zäsur bildet sie heute die westliche Grenze des Viertels zur westlich benachbarten Altstadt.

Das Fischerfeld vor der Bebauung

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Das außerhalb der Mauern gelegene Fischerfeld auf Merians Stadtplan von 1628.

Das Fischerfeld war das mainaufwärts außerhalb der Stadtmauer gelegene rechte Mainufer. Es reichte von der im 12. Jahrhundert errichteten Staufenmauer östlich der Fahrgasse mehrere Kilometer am Flußufer entlang bis zur Grenze des reichsstädtischen Territoriums zum heutigen Stadtteil Fechenheim an den Riederhöfen, umfasste also den gesamten Bereich des heutigen Osthafens.

Das Gebiet war für eine Bebauung schlecht geeignet, da es sumpfig und während der Herbst- und Wintermonate vom Mainwasser überflutet war. Die Bürger nutzten es im Winter zum Schlittschuhlaufen, im Sommer als Ochsenweide.[1]

Obwohl es teilweise innerhalb der aus fünf geraden Linien vom Main zum Main gezogenen Trasse der Stadterweiterung von 1333 lag, wurde es beim Bau der neuen Stadtmauer ausgespart. Die Mauer knickte südlich des Allerheiligentors und des Judenfriedhofs nach Westen ab und führte bis zur 200 Jahre älteren Staufenmauer, die von hier bis zum Mainufer ihre Funktion als Verteidigungsanlage behielt. Die Frankfurter Stadtmauer und der ihr vorgelagerte Wassergraben besaßen damit im Südosten eine für Stadtbefestigungen absolut unübliche Innenecke.

Das ausgelassene Gebiet war im Norden und Westen von der Stadtmauer und im Süden vom Main begrenzt, durch den Mönchsturm und den Fronhofturm gut gesichert und überdies sumpfig und deshalb schwer zugänglich, dennoch bot es Angreifern während der trockenen Monate fast ungehinderten Zugang bis kurz vor den strategisch überlebenswichtigen Altstädter Brückenturm der Mainbrücke. Dort, wo die Mauer auf das Mainufer traf, wenige Meter östlich des Brückenturms, befand sich die Fischerfeldpforte, ein kleiner Torturm, durch dessen Tor die Stadtbewohner das Fischerfeld erreichen konnten.

Auf dem inneren Fischerfeld befand sich ein befestigter Kammerhof, später zu einer Vorstadt Fischerfeld erweitert, die aber seit etwa 1420 nicht mehr erwähnt wurde.[2] Um diese Zeit wurde im Norden des Gebiets, vor der zum Judenfriedhof hin gelegenen Mauer, der Rechneigraben angelegt. Auf der Mauer über dem Rechneigraben wurde um 1350 das Salmensteinsche Haus errichtet.

1457 erhielten die Schützengesellschaft der „Krautschützen“ („Kraut“ = Schießpulver) die Genehmigung zur Anlage eines Schießplatzes auf dem inneren Fischerfeld.[2] Sie blieb die nächsten Jahrhunderte der Hauptnutzer des Geländes, die heutige Schützenstraße erinnert an sie. Außer den Schützen siedelten sich die Weißgerber hier an.

Innerhalb der Festungsanlagen

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Das Fischerfeld nach der Einbeziehung in die Stadtbefestigung.

Erst mit dem Bau der barocken Stadtbefestigung im 17. Jahrhundert, die mangels zwischenzeitlicher Stadterweiterung weitgehend direkt vor der damals 300 Jahre alten Stadtmauer errichtet wurde, wurde das innere Fischerfeld 1632 ins Verteidigungssystem der Stadt mit einbezogen, weniger aufgrund seines eigenen Werts, sondern zur Verkürzung der zu verteidigenden Linien. Eine ältere, bereits im 16. Jahrhundert errichtete kleinere Bastion, das Judeneck, folgte noch dem ungewöhnlichen Verlauf der spätmittelalterlichen Mauer, wurde aber beim Bau der barocken Befestigung niedergelegt.

Auch nach der Ummauerung blieb das innere Fischerfeld unbebaut. Es wurde weiterhin von den Schützen genutzt, aufgrund seiner bis zur Bebauung um 1800 bestehenden Baumreihen war es auch ein beliebter Erholungsort innerhalb der Stadt. Die einzigen Gebäude waren das Schützenhaus und das dem Heiliggeistspital gehörende Hochzeitshaus, einem Lazarett, dessen Saal in Friedenszeiten gern für Hochzeitsfeiern genutzt wurde.[1]

Das Ende des Ghettos und die „Neue Anlage“

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Das im Bau befindliche Fischerfeldviertel in Ulrichs Stadtplan von 1811.
Die wiederaufgebaute Alte Stadtbibliothek an der Schönen Aussicht
Die Schöne Aussicht mit dem aus der Gründungsszeit erhaltenen Eckhaus Schützenstraße 1 (Johann Friedrich Hess, 1820)

Die durch zwei Großbrände 1711 und 1721 zerstörte und anschließend schleppend, aber im selben Umfang wiederaufgebaute Judengasse wurde durch die Bombardierung Frankfurts während der Belagerung durch französische Truppen am 13. Juli 1796 erneut zerstört. Die Franzosen besetzten anschließend die Stadt, die sie bereits 1792 kurzzeitig erobert hatten. Die Besatzer gestatteten den obdachlos gewordenen Juden, sich im christlichen Teil der Stadt niederzulassen.

Die Frage eines Wiederaufbaus des Ghettos fiel zusammen mit der bereits begonnenen Bautätigkeit auf dem inneren Fischerfeld. 1793 hatte der Rat die Bebauung des Gebiets beschlossen, die erste Stadterweiterung seit dem 14. Jahrhundert. Unter dem Projekttitel „Neue Anlage“ begannen im selben Jahr die Bautätigkeiten. Der Fronhofturm wurde abgerissen, der Wollgraben und der Rechneigraben zugeschüttet. 1795 stürzte der Mönchsturm ein.[3]

Angesichts der Kriegszerstörung der Judengasse und der auch vorher bereits unhaltbaren Zuständen dort schlug Stadtbaumeister Hess in zwei Gutachten vor, das jüdische Viertel erheblich zu erweitern. Einerseits sollte dies innerhalb des Baubestands geschehen, nämlich durch Verkauf der Gärten zwischen Juden- und Allerheiligengasse im Osten und einigen Häusern in der Fahrgasse und der auf dem zugeschütteten Wollgraben neuerrichteten Straße im Westen. Andererseits sollten sich die Juden in einem Teil der gerade begonnenen „Neuen Anlage“ ansiedeln dürfen.[4]

Die Frankfurter Juden waren in dieser ohnehin sehr unruhigen „Franzosenzeit“ Gegenstand heftigen Streits. Während starke reaktionäre Kräfte, vor allem die im Rat dominierenden christlichen Kaufleute, eine Gleichberechtigung der Juden zu blockieren versuchten, sorgten die Besatzer und ihr 1806 gegründeter Vasallenstaat Großherzogtum Frankfurt für eine Liberalisierung der Verhältnisse. Allerdings erneuerte Großherzog und Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg 1808 die Stättigkeit und bestätigte die Existenz eines (räumlich erweiterten) Ghettos.

Der nördliche Teil der Judengasse wurde daraufhin nach Plänen von Jacob Guiollett in repräsentativen klassizistischen Formen wiederaufgebaut, einschließlich des von Mayer Amschel Rothschild erworbenen Bauplatzes Judengasse 1 / Ecke Fahrgasse, das zum Sitz seines Bankhauses wurde, nach dessen Liquidation 1901 Sitz der Jüdischen Gemeinde und des Jüdischen Museums.[5]

Weitere Pläne der damaligen Zeit sahen vor, das Judenquartier auf die der Judengasse benachbarten Flächen der 1803 säkularisierten Klöster Dominikanerkloster und Kompostellhof zu erweitern. Während für die Übernahme des Dominikanerklosters keine Finanzierung zu realisieren war, erwarb die jüdische Gemeinde den Kompostellhof. Dort wurde eine Schule, eine Synagoge und Lehrerwohnungen eingerichtet. David Löb Cassel nutzte Teile des Areals als Sitz seines Unternehmens.[6] Es konnte jedoch kein Wohnraum im nennenswerten Umfang für die jüdischen Frankfurter geschaffen werden. Deshalb schlug 1809 auch Guiollett vor, den Juden einen Teil der „Neuen Anlage“ zu überlassen.[7]

Dies geschah in den folgenden Jahren tatsächlich, allerdings ohne rechtliche Anordnungen, da Dalberg Ende 1811 den Frankfurter Juden volle bürgerliche Gleichstellung gewährte und das Ghetto auch rechtlich aufhob. Dies führte im Anschluss daran zu einer Ablösung der religiösen Segregation durch eine soziale, da viele wohlhabendere Juden aus der Judengasse wegzogen, viele von ihnen in die „Neue Anlage“, während Angehörige der christlichen Unterschicht in deren freiwerdende Häuser zog.[8]

Der Bau der „Neuen Anlage“ wurde nun zügig vorangetrieben. Der Entwurf von Hess sah, entsprechend der maßgeblich von ihm geprägten Bauordnung von 1809, ein rechtwinkliges Straßennetz und Häuser in klassizistischer Architektur vor. Um das sumpfige Gelände nutzbar zu machen, wurde es um mehrere Meter aufgeschüttet.

Die Architektur im neuen Stadtteil setzte in der immer noch mittelalterlich geprägten und sehr beengten Stadt, die keine neuzeitliche Stadterweiterung erlebt hatte, durch ihre Großzügigkeit neue Maßstäbe:

„Die Häuser des Fischerfeldes saßen auf tiefen Kellern. Bei der Aufschüttung sparte man ihre Räume aus. Die meisten waren über drei Meter hoch. Ihre Gewölbe ruhten in der Mitte auf kurzen starken Pfeilern, über ihnen die Mittelwand des Hauses. Seine Außenwände waren aus Bruchsteinen bis zu einem Meter Dicke gemauert, die schwächeren Innenwände vielfach aus Fachwerk erstellt. In den größeren Häusern führten fürstliche Treppen in sanfter Steigung von Stockwerk zu Stockwerk. Auch in den bescheideneren Häusern waren sie breit und edel. (…) Die Zimmer lagen an breiten Korridoren, waren hoch und geräumigund wurden von großen, tief heruntergehenden Fenstern erhellt. Diese schirmten grüne Klappläden.“

Fried Lübbecke: „Das Antlitz der Stadt“, 1952.[9]

Neben dem etwa zeitgleich, wenn auch ohne zentrale Planung, entstehenden und jenseits der Obermainanlage direkt benachbarten Ostend wurde das Fischerfeldviertel in den folgenden Jahrzehnten zum Zentrum des jüdischen Lebens in Frankfurt.

Das jüdische Fischerfeldviertel im 19. und frühen 20. Jahrhundert

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Börneplatzsynagoge (1882-1938)

Die südliche Judengasse war vom Bombardement 1796 weitgehend verschont geblieben und bot bis ins 19. Jahrhundert hinein ein heruntergekommenes Bild. Der überwiegende Teil der jüdischen Bevölkerung hatte das ehemalige Ghetto inzwischen verlassen, es bildete aber eine Art heiligen Ort im Bewusstsein der Frankfurter Juden.[10] Auch die Hauptsysnagoge, nun von der liberalen Gemeinde betrieben, befand sich am alten Platz in der Judengasse. 1854-60 wurde die 1711 erbaute Synagoge wiederum an selber Stelle durch einen repräsentativen Neubau ersetzt. Für den südlich angrenzenden Straßenzug bis zum Judenmarkt gab es bereits in den frühen 1840er Jahren Abrisspläne. 1864 kaufte die Stadt die Häuser auf der westlichen Straßenseite auf und ließ sie 1869/70 abreißen, die östliche Straßenseite folgte erst 1884/85. Der Wiederaufbau erfolgte mit neu festgelegten Fluchtlinien, die Straße erhielt 1885 den Namen Börnestraße, der Judenmarkt den Namen Börneplatz,[11] benannt nach dem neben Rothschild größten jüdischen Frankfurter, Ludwig Börne, der 1786 in der Judengasse 118 geboren wurde.

Die den neuen Stadtteil im Norden begrenzende Rechneigrabenstraße wurde als letzte bebaut. Ihre nördlichen Grundstücke grenzten direkt an den in Gemeindebesitz befindlichen, 1828 stillgelegten jüdischen Friedhof. Aus diesen beiden Gründen wurde sie zu einem bevorzugten Standort zentraler Einrichtungen der jüdischen Gemeinde.

Bereits 1796, kurz nach der Bombardierung durch die Franzosen, errichtete die Gemeinde auf dem westlichen Ende des Friedhofs, direkt am Judenmarkt, einen Neubau des gemeindeeigenen Hospitals. Das etwas hinter die Friedhofsmauer zurückgesetzte Bauwerk bot mit seinen drei Voll- und drei Dachgeschossen einen beeindruckenden Anblick auf der nordöstlichen Platzseite des Judenmarkts. Der schnell wachsenden Gemeinde wurde ihr Krankenhaus bald zu klein. Bereits 1857 wurde ein Neubau an selber Stelle erwogen, aber durch den orthodoxen Teil der Gemeinde verhindert, da nicht sicher war, ob durch die Bauarbeiten Gräber zerstört würden. 1875 konnte die Gemeinde dann doch einen größeren Neubau einweihen, dieser befand sich jedoch im Ostend in der später nach der Stifterfamilie benannten Königswarterstraße in der Nähe des Zoos. Das ehemalige Krankenhaus am Judenmarkt wurde im März 1881 abgerissen, auf ihrem Grundstück wurde bis 1882 die Börneplatzsynagoge errichtet, das Gotteshaus der Konservativen Gemeinde Frankfurts.[12]

Unmittelbar südlich davon, an der Ecke Judenmarkt / Rechneigrabenstraße 18-20, auf dem Gelände der früheren Gemeindebackhäuser[13], wurde 1829-31 dank einer Stiftung des Bankhauses Rothschild nach Plänen von Rudolf Burnitz ein weiteres Krankenhaus errichtet, das Hospital der vereinigten Israelitischen Männer- und Frauenkrankenkasse. Das repräsentative dreigeschossige Gebäude im Rundbogenstil bildete den östlichen Abschluss des Judenmarkts, in ihm befand sich neben den 21 Krankenzimmern auch eine kleine Synagoge.[12]

Direkt östlich davon, auf dem früheren „Holzhof der Juden“ südlich der Friedhofsmauer[13] (Rechneigrabenstraße 14[14]), eröffnete 1845 das nach Planen von Ignaz Opfermann erbaute Schulhaus der Israelitischen Gemeinde. Es wurde vom bisher im Kompostellhof ansässigen Philanthropin und einer Volksschule bezogen.[15] Das Schulhaus wurde 1860 um eine Turnhalle erweitert, die 1881 durch einen Neubau, der außerdem eine Vorschule beherbergte, ersetzt wurde. Das Philanthropin zog 1908 in die Hebelstraße im Nordend, die Schulgebäude in der Rechneigrabenstraße wurden nun von der Annaschule (Friedrich-Stoltze-Schule) bezogen.[16]

Nicht zuletzt durch den liberalen Einfluss des Philantropin auf das Frankfurter Judentum gründete sich 1851 die Israelitische Religionsgemeinschaft als Gegenbewegung und Keimzelle des Orthodoxen Judentums in Frankfurt. Diese Gemeinschaft errichtete sich noch im selben Jahr in der Schützenstraße 14 / Ecke Rechneigrabenstraße eine Synagoge und eine Schule, die bis zur Einweihung der großen Synagoge Friedberger Anlage 1907 das Zentrum der orthodoxen Juden der Stadt blieb.[16]

Nationalsozialismus und Zerstörung

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Wiederaufbau und Nachkriegszeit

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Unitarische Kirche, Fischerfeldstraße

Das Fischerfeldviertel heute

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Bedeutende Bauwerke und Institutionen

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Das Arbeitsamt in der Fischerfeldstraße

Karten und Pläne

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  • Christian Friedrich Ulrich: Geometrischer Grundriss von Frankfurt am Mayn. Frankfurt 1811 („Ulrichplan“).
  • Eduard Foltz-Eberle: Geometrischer Grundriss von Frankfurt a/M. u. Sachsenhausen mit der nächsten Umgebung. Frankfurt 1852.

Einzelnachweise

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  1. a b Schembs, Seite 48.
  2. a b Schembs, Seite 47.
  3. Schembs, Seite 50.
  4. Schembs, Seite 51.
  5. Schembs, Seite 53.
  6. Schembs, Seite 54.
  7. Schembs, Seite 55.
  8. Schembs, Seite 58.
  9. Lübbecke, Seite 132.
  10. Schembs, Seite 73.
  11. Schembs, Seite 96.
  12. a b Schembs, Seite 65.
  13. a b Ulrichplan, 1811.
  14. Foltz-Eberle-Plan, 1852.
  15. Schembs, Seite 67.
  16. a b Schembs, Seite 69.