Benutzer:Michael Zaoralek/Kalanderwalzen (Papiermaschinen)

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Nach der Trocknung in der Papiermaschine ist die Papierbahn noch zu voluminös, ihr Dicke-Querprofil ungleichmäßig und die Oberfläche rau. Eine Verdichtung der Bahn, Verbesserung des Profils und Glättung der Oberfläche erfolgt in einem nachgeschalteten Walzprozess entweder im Maschinenglättwerk oder in einem separaten Satinierkalander.. Die dabei verwendeten Walzen werden als Kalanderwalzen ((frz. calandre – Wäscherolle, Mangel) bezeichnet.

Metallurgie und Gießtechnik

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Die Entwicklung der Kalanderwalzen hat eine gemeinsame Geschichte mit den Blechwalzen, die im 18. Jahrhunderts in England einsetzte. In beiden Walzprozessen wird die Walzenoberfläche stark beansprucht, so dass sich die zunächst eingesetzten Walzen aus Grauguss als nicht geeignet erwiesen. Das Verschleißproblem wurde schließlich mit dem Schalenhartguss in gusseisernen Formen (Kokillen) gelöst. Dabei entstehen eine harte, verschleißbeständige Schale aus weißem Eisen und ein Kern aus Grauguss, der sich vergleichsweise leicht bearbeiten lässt. Das wird auch an den Walzenzapfen erreicht, indem dort die Form mit Sand ausgekleidet wird. Häufig kam es zu Schlackeneinschlüssen in der Walzenoberfläche, die das Gussstück unbrauchbar machten.. Mit der fast zeitgleichen Erfindung des tangentialen Anschnittes in Europa (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung..., S. 104) und den USA (James Harley, US-Patent US X0008668, 3. März 1835) konnte das behoben werden.

Bearbeitungstechnik

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Für die Drehbearbeitung des Schalenhartgusses waren zunächst keine geeigneten Maschinen verfügbar. Die Blechwalzen wurden behelfsmäßig in den Walzenstühlen selbst bearbeitet, indem eine breite Schneidplatte aus gehärtetem und geschliffenem Stahl mit Keilen gegen die Oberfläche gedrückt wurde. Die erste brauchbare Drehmaschine entwickelte Morton Poole [1] (E. Vomhoff, Made in Königsbronn, S. 192). Dabei wurden mehrere Schneidplatten im Einstechverfahren parallel eingesetzt. Als „Amerikanerdrehbänke“ kamen sie weltweit zum Einsatz und wurden erst mit dem Aufkommen der keramischen Schneidplatten obsolet. Poole war es auch, der mit der von ihm erfundenen Zweischeiben-Walzenschleifmaschine ( E.Vomhoff, Made in Königsbronn, S. 191) als erster die Zylinderform der Walzen in der für die Papierkalander notwendigen Präzision zuverlässig herstellen konnte. Erst mit der Verfügbarkeit präziser Messmittel und elektrischer Schleifscheibenantriebe, konnten Einscheiben-Walzenschleifmaschinen hier gleichziehen. Dabei war vor der Verfügbarkeit digitaler Messtechniken und elektronischer Steuerungen [2] die Erfahrung und das Können der Walzenschleifer unentbehrlich, welche die Bettfehler „ihrer“ Maschine kannten und diese anhand der Anzeigen der Amperemeter für die Stromaufnahme der Schleifscheibentriebe auszugleichen wussten.

Am Ende dieser Entwicklungen hatten sich einige Walzenhersteller auf Kalanderwalzen für die Papierherstellung spezialisiert. Diese hielten einen Kokillenpark bereit, ebenso wie die benötigten Schmelzkapazitäten und Gießgruben und schließlich auch die Dreh-, Schleif- und Bohrmaschinen für die speziellen, in der Papierherstellung gängigen Walzenabmessungen.

Mit der zunehmenden Betriebsgeschwindigkeit der Papiermaschinen stiegen die Anforderungen an die Laufruhe der Kalanderwalzen. Das ist für den Schalenhartguss insbesondere deswegen ein Problem, weil die Stärke der harten Schale über den Umfang schwanken kann. Wegen der höheren Dichte des weißen Eisens im Vergleich zum grauen ist die Masseverteilung im Walzenkörper ungleichmäßig und es bedarf besonderer fertigungstechnischer Maßnahmen, wie das Wuchtzentrieren und das Drehen mit Achsenversatz für deren Ausgleich. Walzenwuchtmaschinen wurden erforderlich. Für schlanke und besonders schnelllaufende Kalanderwalzen wurde das 3-Ebenen-Wuchten entwickelt..

Die Erfindung der „durchbiegungsgesteuerten Schwimmenden Walze“ [3] führte zur Herstellung von Walzenrohren aus Schalenhartguss. Diese rotieren über feststehenden Achsen, auf welchen sie sich über Polster aus Drucköl bzw. eine Reihe von hydrostatischen Lagerelementen abstützen. So bleiben die Walzenrohre unter Linienbelastung gerade. Die Walzenhersteller mussten sich Bohr- und Honmaschinen zulegen und in den Gießereien wurde der Hohlguss mit Sandkernen durch die Einsparung von Flüssigeisen wirtschaftlich interessant und für sehr große Walzen alternativlos. Breitere Papiermaschinen wurden möglich und so nahmen die Abmessungen der Kalanderwalzen sprunghaft zu. Ausserdem wurde durch die Walzenrohre die fertigungstechnischen Voraussetzung für die ersten, wasserbeheizten Kalanderwalzen (Verdrängerwalzen, H.Michael Zaoralek, ÄQUITHERM - Die Mühen um die µ, S. 69 ff) geschaffen.

Herausforderungen durch Beheizung

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Einen weiteren Technologiesprung bedeutete die Einführung der Beheizung bei Kalanderwalzen. Was zunächst mit den Verdrängerwalzen als Ausgleich der Temperaturprofile der Walzen zur Verbesserung ihrer temperaturbedingten Formabweichung konzipiert war, fand schnell Nutzung zur Verbesserung der Papierqualität. Höhere Temperaturen im Walzenspalt erhöhen die plastische Verformbarkeit der Papierfasern, so dass sie sich bei geringeren spezifischen Spaltdrücken glätten lassen. Mit Beheizung wurden weniger Walzen benötigt, oftmals sogar nur ein Walzenpaar. Mit der Entwicklung haltbarer elastischer Walzenbezüge stiegen die verlangten Walzentemperaturen dramatisch. Statt heißem Wasser (bis 150 °C) wurde nun Thermalöl (bis 280 °C) oder Wasserdampf (115 bis 220 °C) (Deutsches Patent DE 19513500 / 10.04.1995) benötigt und die Wärmeträger rückten in axialen – sog. peripheren – Bohrungen dicht unter die Walzenoberfläche. Wieder waren die Walzenhersteller zu weiteren Investitionen, diesmal in Tiefloch-Bohrmaschinen (BTA-Verfahren), gezwungen. Durch die Erfindung der Steuerung des Verlaufs der Bohrungen (DE 4430331 / 28.08.1994) konnte dessen verfahrensbedingte Streuung vermieden werden, die sich nachteilig auf die Gleichmäßigkeit der Oberflächentemperatur sowie die Laufruhe auswirkt. Durch Beheizung der Walzen während des Auswuchtens wurden die dynamischen Eigenschaften im Betrieb weiter verbessert.

Konstruktiv war temperaturbedingten Verformungen, insbesondere an den Walzenenden (Oxbow-Effekt) [4], zu begegnen. Dies gelang mit internen Isolierungen, die mit Methoden der Finiten-Elemente ausgelegt wurden. Der Temperaturverlust des Thermalöls während des Durchströmens der Walzen konnte mit der Beeinflussung der Strömungsgeschwindigkeit in den peripheren Heizkanälen (TRIPASS-2, TDC-Verdränger DP 4036121 / 12.08.1997) kompensiert werden. Bei dampfbeheizten Walzen war das nicht erforderlich, weil Sattdampf in diesen überall mit fast derselben Temperatur kondensiert. Um bei diesen Walzen den Temperaturbereich unter 115 °C abzudecken, wurden Walzen mit alternativer Wasser/Dampf-Beheizung (Deutsches Patent DE 195382236 / 13.10.19995) entwickelt.

Berechnungsprogramme für die Auslegung

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Waren anfänglich bei Kalanderwalzen Festigkeitsüberlegungen abgesehen von eher seltenen Zapfenbrüchen kein Thema – die Hauptbelastung waren ja Druckspannungen im Walzenspalt –, änderte sich das mit ihrer zunehmenden Größe und steigenden Linienlasten, dem Einsatz von Walzenrohren und ganz besonders den zunehmenden Betriebstemperaturen bei Thermowalzen. Neben mechanischen Biege- und Ovalisierungsspannungen wurden thermische Spannungen zu größten Herausforderungen, die jeweils als Wechselspannungen bei der Auslegung der Walzen genauestens berücksichtigt werden müssen. Die Eigenschaften der Bestandteile des Schalenhartgusses, wie Wärmeleitfähigkeit, thermische Dehnung, der Elastizitätsmoduln sowie Zug- und Druckfestigkeit bei statischer und dynamischer Belastung und auf verschiedenen Temperaturniveaus waren zunächst kaum bekannt und mussten erst ermittelt werden. Dies galt auch für die Eigenspannungen in Schalenhartguss-Körpern, denen eine entscheidende Rolle zukommt, weil sie den Belastungsspannungen entgegenwirken. Aus der Bestimmung dieser Parameter ergaben sich vielfältige Ansätze, diese gezielt zu optimieren, z.B. durch Legierungselemente, gesteuerte Abkühlung durch den Einsatz von Gießhauben, sowie durch Fertigungstechnik (Aufbohren) und Konstruktion. So konnte sich das Gießen als wirtschatlichstes Herstellungsverfahren für Kalanderwalzen behaupten.

Die für die Berücksichtigung der Vielzahl gleichzeitiger Belastungen entwickelten Berechnungsverfahren zählen zu den komplexesten in der Bruchmechanik. Sie genügen der FKM Richtlinie.

J. Morton Poole, On a New Machine for producing true Cylindrical Surfaces, Journal of the Franklin Institute, June 1871, S. 392

Erich Vomhoff, Made in Königsbronn, Königsbronn 2016

Walter Wagner, Wärmeübertragung, 6. Überarbeitete und erweiterte Auflage, 2004, Vogel Buchverlag

H. Michael Zaoralek, ÄQUITHERM - Die Mühen um die µ, 2. Auflage, Stuttgart 2020

Drilling, Lathe Work, Boring-mill Work, Working Chilled Iron, Bench, Vise, and Floor Work, Erecting, International Textbook Company 1914, University of Chicago

Handbuch der Gießerei-Technik: Zweiter Band / 1. Teil Konstruktion · Anschnitt-Technik Allgemeine Formverfahren Spezielle Formsande Taschenbuch – 13. April 2012, von Franz Roll (Herausgeber), Springer; Softcover reprint of the original 1st ed. 1970 Edition (13. April 2012)

Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen, 13. Jahrgang, Berlin 1834


Kategorie:Werkzeug

  1. {https://www.hagley.org/research/digital-exhibits/j-morton-poole-company}
  2. {https://www.waldrichsiegen.de/branchen-anwendungen/papierindustrie/}
  3. {https://de.oelcheck.com/service/erfahrungsberichte-kunden/genial-und-effizient-die-s-roll-von-andritz-kuesters/}
  4. {http://www.spectrum-tec.com/english/pulpandpaper/calenderoxbow.html}