Benutzerin:Zartesbitter/Sister Outsider

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Sister Outsider Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. ist eine Essaysammlung von Audre Lorde, die 1983 unter den Titel Sister Outsider: Essays and Speeches in Amerika erschien. Die deutschsprachige Übersetzung der insgesamt 15 Essays, die zwischen 1976 und 1983 entstanden, wurde 2021 veröffentlicht. Audre Lorde setzte sich in ihrem Werk kritisch mit Rassismus, Homophobie, Klasse, Sexismus und heteronormative Strukturen auseinander und griff dabei auf ihre persönlichen Erfahrungen mit Unterdrückung und Ausgrenzung als Schwarze Frau, als Lesbe, als Dichterin, Aktivistin, als Mutter und Feministin zurück. Neben ihren Analysen beschrieb sie einen Weg aus dem Geflecht von Diskriminierung und Ausbeutung und betont dabei die Gemeinsamkeiten unter Frauen, die trotzt aller Unterschiede vereint Strukturen wie Rassismus und Sexismus überwinden könnten. Audre Lorde gilt weltweit als eine der bekanntesten und meistzitierten Schwarzen feministischen Theoretikerinnen.

Entstehungsgeschichte und Themen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Audre Lorde

Sister Outsider versammelt neben Vorträgen und Essays von Audre Lorde auch zwei Reiseberichte und ein Interview, die im Zeitraum Ende der 70er- bis Anfang der 80er-Jahre entstanden sind. Die verschiedenen Identifikationen von Lorde, die sie als Sister Outsider (Schwester Außenseiter) bezeichnete, spiegeln sich in den Essays in diesem Buch wieder. Häufig bezeichnete sie sich selbst als Schwarze lesbische Feministin. Ab 1962 wählte sie die Selbstbezeichnung als Schwarze Frau und Dichterin. In ihrem Vortrag Die Verwandlung von Schweigen in Sprache und Handeln (1977) verwendete Lorde erstmals die Selbstbezeichnung als Schwarze lesbische Dichterin.[1]

Audre Lorde verfasste zahlreiche kritische Essays, von denen erstmals einige in Sister Outsider veröffentlicht und vom amerikanischen Verlag, Crossing Press (1984) herausgegeben wurden. Viele dieser Essays, sowie Zami: A New Spelling of My Name (deutsch: Zami: Eine neue Schreibweise meines Namens), The Cancer Journals (Auf Leben und Tod: Krebstagebuch) und ihre Gedichte, werden heute in Literatur-, Frauen-, Queer-, Black- und Ethnic Studies-Kursen gelesen und gelehrt.[2]

Die Hauptaussage dieses Werkes ist das zentrale Lebensthema von Audre Lorde: „Es gibt keine Hierachie der Unterdrückung“. Schon lange bevor der Begriff Intersektionalität existierte, erkannte sie, dass sie sich als Schwarze, lesbische Frau nicht den Luxus leisten konnte, gegen nur eine Art der Unterdrückung zu kämpfen. In ihrem Werk legt sie dar, warum der Kampf gegen Sexismus, Heterosexismus, Rassismus und Kapitalismus an mehreren Fronten gleichzeitig geführt werden muss und keine davon wichtiger zu nehmen ist als die andere.[3]

Sie gilt international als eine der bekanntesten und meistzitierten Schwarzen feministischen Theoretikerinnen.[4] Ihr umfangreiches literarisches Werk fand in öffentlichen Ansprachen und Vorträgen große Anerkennung, und ihre Schriften haben dazu beigetragen, das kritische Denken über Rassismus, Geschlecht, Sexualität und die Gesundheit von Frauen für kommende Generationen zu verändern.[5]

deutschsprachige Übersetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der deutschsprachigen Übersetzung von Sister Outsider werden die Worte Schwarz in der adjektivischen Verwendung großgeschrieben. Die Übersetzerinnen Marion Kraft und Eva Bonné argumentieren, dass die Worte Schwarz oder weiß nicht als Beschreibung real vorhandener Merkmale wie der Hautfarbe verstanden werden sollen, sondern dass die damit verbundenen politischen Konzepte sichtbar gemacht werden sollen. Die Reihenfolge der Essays wurde für die deutschsprachige Ausgabe leicht verändert.[6]

Das kleingeschriebene Wort amerika, das Audre Lorde in der amerikanischen Originalausgabe verwendet,dient dazu, den vorherrschenden Anspruch der USA abzumildern. Sprache war für Lorde nicht nur ein literarisches Ausdrucksmittel, sondern auch eine Waffe.[7]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Werkzeuge der Herrschenden werden das Haus der Herrschenden niemals einreißen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bemerkungen zum Podium: Das Persönliche und das Politische auf der Second Sex Conference am 29. September 1979 in New Yorker Universität, wo es neben Audre Lorde nur eine einzige weitere schwarze Referentin gab und diese als letztes zum Diskurs standen. Diese Erfahrungen mit feministischer, akademischer Arroganz und die dadurch entstandene Ungleichbehandlung brachten sie zu der ikonischen Aussage: „Die Werkzeuge der Herrschenden werden das Haus der Herrschenden niemals einreißen.“ Lorde forderte Schwarze Frauen dazu auf, sich nicht von Schmerz und Leid lähmen zu lassen, sondern ihre Emotionen zu nutzen und sich gegen den Opferstatus zu wehren, der ihnen von patriarchalen Strukturen und weißem Feminismus zugeschoben wurde. Sie machte in diesem Essay auf die Doppelbelastung dieser Frauen aufmerksam: Einerseits sollen sie weiße Frauen aufklären, ihnen zu Erkenntnissen verhelfen und andererseits über die eigene Diskriminierungserfahrung hinweg Bündnisse eingehen.[8]

Vom Nutzen der Wut: Wie Frauen auf Rassismus reagieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1981 hielt Audre Lorde ihre Rede mit dem Titel The Uses of Anger: Women Responding to Racism auf der National Women´s Studies Association Conference in Connecticut. Darin wies sie auf die Aneignung ihrer Erfahrungen und ihrer Stimme hin und dass sie diese verabscheute. Sie zitiert aus einem Brief, den ihr eine weiße Feministin geschickt hatte: Weil Sie schwarz und lesbisch sind, scheinen Sie mit der moralischen Autorität des Leidens zu sprechen. Lorde antwortete: Ja, ich bin schwarz und lesbisch und was Sie in meiner Stimme hören, ist Wut, nicht Leiden. Wut, nicht moralische Autorität. Es gibt einen Unterschied.[9] Sie betont in dieser Rede, wie wichtig, überlebenswichtig, Wut auszudrücken ist, die durch rassistische Strukturen entsteht. Insbesondere würden sich Frauen nicht konstruktiv mit Wut auseinandersetzen und diese häufig gegeneinander einsetzen, anstatt sie als Ausdruck, als Sprache ihrer Unterdrückung, zu nutzen. Dabei konzentriert sie sich nicht ausschließlich auf Women of Color. Lorde benannte in ihrem Text weitere Unterschiede, beispielsweise als im Jahr 1921 die Suffragette Alice Paul es ablehnte sich für Women of Color einzusetzen. Lorde forderte auf, Unterschiedlichkeiten kreativ zu nutzen und diese nicht in Angst und Schuldgefühle umzuwandeln.[10] Dieser Rede entstammt das vielzitierte Zitat:

„Ich bin nicht frei, solange eine einzige Frau unfrei ist, selbst wenn ihre Fesseln sich von meinen unterscheiden. Und ich bin nicht frei, solange noch eine einzige Person of Color in Ketten liegt, und genauso lange seid auch ihr nicht frei.“

Audre Lorde[11]

Lyrik ist kein Luxus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das erstmals in Chrysalis: A Magazine of Female Culture Nr. 3 1977 erschiene Essay Poetry Is Not a Luxury behandelt die weiße und europäische Sicht und deren Auswirkungen auf die Sprache und Dichtung. Lorde thematisiert die Bedeutung der Poesie für Schwarze Frauen und argumentierte, dass Poesie eine lebenswichtige Notwendigkeit der Existenz ist. In diesem Essay wird betont, dass Poesie die Art und Weise ist, wie wir dem Namenlosen einen Namen geben, damit es gedacht werden kann. Lorde schrieb, dass Poesie nicht nur eine Artikulation des Selbst ist, sondern auch revolutionär sein kann: Die Schwarze Mutter in jedem von uns - die Dichterin - flüstert in unseren Träumen: Ich fühle, also kann ich frei sein. Die Poesie prägt die Sprache, um diese revolutionäre Forderung, die Verwirklichung dieser Freiheit, auszudrücken und zu formulieren.[12]

Die Verwandlung von Schweigen in Sprache und Handeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Euer Schweigen wird euch nicht schützen.

Vortrag zum Lesbian and Literature Panel Modern Language Association in Chicago am 28. Dezember 1977. 1978 erschien dieser Text in Sinister Wisdom 6 und 1980 in The Cancer Journals 1980. In diesem Text beschrieb Audre Lorde die tiefe Angst, die sie erlebte, als sie die Nachricht von ihrer Krebserkrankung bekam und gezwungen war, sich mit der Realität des Todes auseinanderzusetzen. Sie appellierte an ihre Zuhörerinnen, dass es kein Schweigen gibt, das es wert ist, bewahrt zu werden. Erst im Angesicht des Todes verstand sie das endgültige Schweigen und erkannte, dass sie anfangen musste, zu sprechen, als ob jeder Tag ihr letzter sein würde. Lorde forderte die Anwesenden auf, darüber nachzudenken, welche Auswirkungen es hat, mit Schweigen zu leben, und verkündete: Euer Schweigen wird euch nicht schützen. Sie argumentierte auch, dass der Rassismus in der Frauenbewegung die Unsichtbarkeit Schwarzer Frauen aufrechterhielt und es schwierig machte, Unterschiede zwischen Frauen zu überbrücken, trotz des Strebens nach Schwesternschaft.[13][14]


An der Oberfläche kratzen: Einige Anmerkungen zu dem, was liebende Frauen hindert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erschien 1978 erstmals in The Black Scholar Vol. 9 Nr. 7 und untersuchte das Zusammenspiel von Homophobie und Machtbeziehungen zwischen afroamerikanischen Männern und Frauen. Lorde betonte, dass Homophobie in der afroamerikanischen Gemeinschaft ein Hindernis für den Kampf gegen die Rassenunterdrückung darstellt.[15] Lorde benennt verschiedene Formen menschlicher Blindheit als Hindernis damit selbstbestimmtes Handeln und das Zusammenkommen von Menschen, die ein gemeinsames Ziel erarbeiten als Bereicherung zu sehen, anstatt als Bedrohung. Audre Lorde definierte in diesem Text die Formen der menschlichen Blindheit: „Rassismus: der Glaube an die inhärente Überlegenheit einer »Rasse« über alle anderen, die daraus ihr Recht zur Dominanz ableitet. Sexismus: der Glaube an die inhärente Überlegenheit eines Geschlechtes über alle anderen, das daraus sein Recht zur Dominanz ableitet. Heterosexismus: der Glaube an die inhärente Überlegenheit einer Art zu lieben über aller anderen, die daraus ihr Recht zur Dominanz ableitet. Homophobie: die Angst vor Liebesgefühlen, die man Vertretern des eigenen Geschlechts entgegenbringt und deswegen in anderen Menschen hasst.[16]

Vom Nutzen der Erotik: Erotik als Macht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entstand als Paper für die vierte Berkshire Conference on the History of Women im Mount Hoyoke College am 25. August 1978. Dort hielt sie eines der meistveröffentlichten Essays ihrer Karriere: Uses of the Erotic: The Erotic as Power. Die Situation, mit der sie sich in Uses of the Erotic beschäftigte, ist ihre Existenz als Frau in einer patriarchalischen Welt, die Frauen davon abhält, den vollen Kontakt mit ihrer eigenen erotischen Energie einzgehen. In dem Essy geht es darum, dass die Erkenntnis der Macht des Erotischen im Leben der Frauen ihnen die Energie geben soll, einen echten sozialen Wandel in einer rassistischen, patriarchalischen und antierotischen Gesellschaft zu erreichen.[17] [18]

In Uses of the Erotic begründete Lorde ihre Fähigkeit zur Identitätsbildung und zu sinnvollem Handeln mit der sinnlichen Erfahrung tiefer Befriedigung und Freude im Kern ihres Wesens, die sie als Erotik begreift: Jene körperlichen, emotionalen und psychischen Ausdrucksformen dessen, was in jedem von uns am tiefsten, stärksten und reichsten ist und geteilt wird: die Leidenschaften der Liebe in ihrer tiefsten Bedeutung. Sie erforschte ein Gefühl der sozialen Verpflichtung in dieser Welt, das einen radikalen Raum für die Rolle eröffnet, die verkörperte Erfahrungen, Sexualitäten und intersektionale Identitäten bei dem erkennen von Sinn und Zweck spielen können. Lorde schrieb, dass wenn die Kraft der Erotik angenommen wird und in ihr, mit ihr und aus ihr gelebt wird, dann beginnen wir, uns selbst gegenüber im tiefsten Sinne verantwortlich zu sein. In Berührung mit der Erotik bin ich weniger bereit, Machtlosigkeit zu akzeptieren oder jene anderen verdrängten Seinszustände, die mir nicht angeboren sind, wie Resignation, Verzweiflung, Selbstverleugnung, Depression, Selbstverleugnung.[19]

Sexismus: Eine amerikanische Krankheit in Blackface[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zuerst erschienen unter dem Titel The Great American Disease in The Black Scholar Vol. 10, Nr. 9 1979. Bei der Betrachtung des Verhältnisses zwischen Race und Geschlecht spricht Lorde nicht nur Schwarze und weiße Frauen an, sondern auch Schwarze Männer.[20]

Ein offener Brief an Mary Daly[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Audre Lorde schrieb 1979 einen Brief an Mary Daly, und als Daly nicht antwortete, veröffentlichte sie ihn als offenen Brief. In diesem Text beschrieb Lorde, auf Grundlage Dalys Werkes Gyn/Ecology, dass weiße lesbische Feministinnen absichtlich und bewusst Schwarze Frauen ausschließen. Lorde ging es vor allem um die Auslöschung Schwarzer Frauen in Dalys Gyn/Ecology, einem Manifest, das Frauen zu einem radikaleren Feminismus aufforderte.[21]

Man Child: Antworten einer Schwarzen, lesbischen Feministin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals erschien dieses Essay in Conditions: Four 1979 und stellt eine Analyse dar, die Lordes Erfahrungen als lesbische Mutter eines Sohnes beschreiben.

Ein Interview: Audre Lorde und Adrienne Rich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Audre Lorde, Meridel Lesueur, Adrienne Rich 1980

Gespräch über drei Stunden Bandaufnahmen vom 30. August 1978 in Montague, Massachussetts.

Alter, Race, Klasse und Gender: Frauen definieren Verschiedenheit neu[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vortrag beim Copeland Colloquium am Amherst College im April 1980.

Von den Sechzigerjahren lernen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rede während des Malcolm-X-Wochenenden an der Havard University im Februar 1982. Lordes wachsendes öffentliches Ansehen als schwarze, lesbische, feministische Schriftstellerin und Aktivistin führte dazu, dass sie 1983 eingeladen wurde, auf dem Marsch auf Washington zu sprechen. Zwanzig Jahre nachdem sie von Dr. Kings Ich habe einen Traum -Rede elektrisiert worden war, überzeugten Lordes persönliche Erfahrungen sie davon, dass Rassismus, Homophobie, Heterosexismus und Patriarchat untrennbar miteinander verbunden sind. Sie erinnerte die Menge: Wir sind 1963 mit Dr. Martin Luther King marschiert und haben es gewagt zu träumen, dass die Freiheit uns einschließen würde, weil nicht einer von uns frei ist, die Bedingungen unseres Lebens zu wählen, bis wir alle frei sind.[22]

Auge in Auge: Schwarze Frauen, Hass und Wut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Eye to Eye: Black Women, Hatred, and Anger spricht Lorde über ihre frühen Erfahrungen mit negativen weißen Reaktionen auf ihren schwarzen Körper. Darüber hinaus betont sie die direkte, kausale Beziehung zwischen Rassismus und verinnerlichtem Rassismus und drückt ihre Trauer darüber aus, was sie als eine der eine der schlimmsten Folgen des Rassismus beschreibt: nämlich die Entfremdung der schwarzen Frauen voneinander. Diesem Essay zeigt die Auswirkungen von Rassismus auf das Selbstwertgefühl schwarzer Frauen und erörtert den Zusammenhang zwischen Wut und Überleben. Lorde zufolge geht die emotionale Zerstörungskraft des Rassismus einher mit Zerstörung der lebendigen Materie des Körpers.[23]

Notitzen von einer Russlandreise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reisebericht1976 in die Sowjetunion

Wieder in Grenada: Ein Zwischenbericht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sisterhood und Empowerment – Audre Lorde in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Audre Lorde kam im Sommer 1984 erstmals nach Berlin und übernahm eine Gastprofessur am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der FU Berlin, dieDagmar Schultz, die dort als Dozentin tätig war, organisierte. Lorde beobachtete, dass sich in ihrem Publikum oft schwarze Deutsche einfanden und sprach diese gezielt an: „Ihr müsst eure Geschichte selber machen. Ihr müsst eure Geschichte aufschreiben. Ihr müsst euch sichtbar machen, eure Stimme erheben. Ihr müsst euch selbst definieren.“[24] Es gründete sich daraufhin erstmals eine afrodeutsche Bewegungen, wie die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (IDS) und das kulturpolitische Forum ADEFRA – Schwarze Frauen in Deutschland. Der Sammelband Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte, der bis heute als ein Art Klassiker in der Schwarzen deutschsprachigen Literatur gilt, ist ein Ergebnis Lordes Arbeit in Berlin.[25] Dagmar Schultz hielt diese Zeit von Audre Lordes Leben in Berlin mit der Dokumentation Audre Lorde – The Berlin Years 1984 to 1992 in Kooperation mit Ria Cheatom, Ika Hügel-Marshall und Aletta von Vietinghoff fest. Lorde beschrieb ihre Aufenthalte in Berlin, als eine der wichtigsten in ihrem Leben.[26]

»Aus jeder meiner Zellen schreit die Erkenntnis: Es gibt keine einfachen Lösungen.«[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachwort von Nikita Dhawan.

Rezensionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Literaturkritikerin Insa Wilke bemerkte in der Süddeutschen Zeitung: Wenn man bedenkt, dass diese Frau auch in Deutschland Geschichte geschrieben hat, muss man sagen: Diese Übersetzung war überfällig.[27]

Der ORF berichtete zur deutschsprachigen Übersetzung: Wir haben die #MeToo-Bewegung, #BlackLivesMatter und #FridaysForFuture und man könnte meinen, das seien drei Parallele Bewegungen. Aber Audre Lorde hat schon früh argumentiert, dass es Körper gibt, die nicht nur gegen Rassismus, Sexismus oder Heterosexismus ankämpfen können, weil sie eben mehreren unterdrücken Gruppen zugleich angehören. Und sie hat sich entschieden für einen multidirektionalen Kampf ausgesprochen, lange bevor intersektionaler Feminismus Karriere machte.[28]

Im Deutschlandfunk wurde über Lordes Werk berichtet: So visionär Audre Lorde war, so aktuell liest sich „Sister Outsider"– nicht nur inhaltlich, auch was den Sprachduktus angeht. Dabei ist sie nie bitter oder zynisch, stattdessen interessiert, wütend und kämpferisch.[29]

Audre Lordes Werk, das es als Ganzes wiederzuentdecken gilt, ist unglaublich vielseitig, vor allem ihre Fähigkeit, emotionale Intelligenz mit politisch-gesellschaftlichen Wissen zu verbinden, sticht hervor. Wie gut, dass ihre Essays nach so langer Zeit endlich eine würdige Übersetzung bekommen haben.[30]

Die Texte besitzen Appellcharakter, sind weniger analytisch als kämpferisch. Lorde greift scharf an: das unterdrückerische System, die weißen Feministinnen und sexistische schwarze Männer. Ihr Stil ist bewusst unakademisch, dafür aphoristisch, jeder Satz eine Salve, wie für Social Media gemacht: "Die weibliche Macht in uns allen ist weder weiß noch oberflächlich, sondern dunkel, uralt und tief." In solchen Sätzen klingt eine esoterisch anmutende Beschwörung von Muttergöttinnen und von innerer Kriegerin nach, ein Relikt der Siebziger und der einzige Punkt, in dem man den Texten ihr Alter anmerkt.[7]

„Sister Outsider“ ist ein konfrontativer und kreativer Reiseführer durch das Dickicht der Identitätsdebatten. Geschrieben wurde all das Jahrzehnte bevor die entsprechenden Diskurse in aller Munde waren. Die Streitbarkeit und der Optimismus von Audre Lordes Schriften und Vorlesungen sind beeindruckend, bis heute.[31]

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sister Outsider: Essays and Speeches. Crossing Press 1984, ISBN 978-0-89594-141-1. (englisch)
  • Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. Hanser Verlag 2021, Übersetzt aus dem Englischen von Eva Bonné, Marion Kraft, mit einem Nachwort von Nikita Dhawan, ISBN 978-3-446-26971-2.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Linda Garber: High Over Halfway Between Your World and Mine. In: Identity Poetics.Race, Class, and the Lesbian-Feminist Roots of Queer Theory. Columbia University Press 2001, ISBN 978-0-23150-672-4. S.98–100
  2. Kathe Sandler, Beverly Guy-Sheftall: Audre Lorde: Black, Lesbian, Feminist, Mother, Poet Warrior. In: Mary K. Trigg, Alison R. Bernstein: Junctures in Women's Leadership. Social Movements. Rutgers University Press 2016, ISBN 978-0-81356-601-6. S.130
  3. Nikita Dhawan: »Aus jeder meiner Zellen schreit die Erkenntnis: Es gibt keine einfachen Lösungen.« In: Eva Bonné, Marion Kraft: Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. Hanser Verlag 2021, ISBN 978-3-446-26971-2. S. 267–268
  4. Kathe Sandler, Beverly Guy-Sheftall: Audre Lorde: Black, Lesbian, Feminist, Mother, Poet Warrior. In: Mary K. Trigg, Alison R. Bernstein: Junctures in Women's Leadership. Social Movements. Rutgers University Press 2016, ISBN 978-0-81356-601-6. S.134
  5. Nikita Dhawan: »Aus jeder meiner Zellen schreit die Erkenntnis: Es gibt keine einfachen Lösungen.« In: Eva Bonné, Marion Kraft: Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. Hanser Verlag 2021, ISBN 978-3-446-26971-2. S. 266–272
  6. Eva Bonné, Marion Kraft: Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. Hanser Verlag 2021, ISBN 978-3-446-26971-2. S. 273
  7. a b Marlen Hobrack: Ihre Sprache ist eine Waffe. In: www.zeit.de. Zeit Online GmbH, 19. April 2021, abgerufen am 21. Mai 2022.
  8. Nikita Dhawan: »Aus jeder meiner Zellen schreit die Erkenntnis: Es gibt keine einfachen Lösungen.« In: Eva Bonné, Marion Kraft: Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. Hanser Verlag 2021, ISBN 978-3-446-26971-2. S. 269
  9. Linda Garber: High Over Halfway Between Your World and Mine. In: Identity Poetics.Race, Class, and the Lesbian-Feminist Roots of Queer Theory. Columbia University Press 2001, ISBN 978-0-23150-672-4. S.98–100
  10. Audre Lorde: Vom Nutzen der Wut: Wie Frauen auf Rassismus reagieren. In: Eva Bonné, Marion Kraft: Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. Hanser Verlag 2021, ISBN 978-3-446-26971-2. S. 13–27
  11. Audre Lorde: Vom Nutzen der Wut: Wie Frauen auf Rassismus reagieren. In: Eva Bonné, Marion Kraft: Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen. Hanser Verlag 2021, ISBN 978-3-446-26971-2. S. 26
  12. Jacquelyn Ardam: The Documentary Poem: To Resist. In: Jacquelyn Ardam: Avidly Reads Poetry New York University Press 2022, ISBN 978-1-47981-360-5. S. 88
  13. Kathe Sandler, Beverly Guy-Sheftall: Audre Lorde: Black, Lesbian, Feminist, Mother, Poet Warrior. In: Mary K. Trigg, Alison R. Bernstein: Junctures in Women's Leadership. Social Movements. Rutgers University Press 2016, ISBN 978-0-81356-601-6.
  14. Linda Garber: High Over Halfway Between Your World and Mine. In: Identity Poetics.Race, Class, and the Lesbian-Feminist Roots of Queer Theory. Columbia University Press 2001, ISBN 978-0-23150-672-4. S.99
  15. Margaret Kissam Morris: Audre Lorde: Textual Authority and the Embodied Self. S. 172 In: Frontiers: A Journal of Women Studies. 2002, Vol. 23, No. 1, University of Nebraska Press S. 168–188
  16. Audre Lorde: An der Oberfläche kratzen: Einige Anmerkungen zu dem, was liebende Frauen hindert In: Eva Bonné, Marion Kraft: Sister Outsider. Nicht Unterschiede lähmen uns, sondern Schweigen.“ Hanser Verlag 2021, ISBN 978-3-446-26971-2. S. 40–50
  17. Kathe Sandler, Beverly Guy-Sheftall: Audre Lorde: Black, Lesbian, Feminist, Mother, Poet Warrior. In: Mary K. Trigg, Alison R. Bernstein: Junctures in Women's Leadership. Social Movements. Rutgers University Press 2016, ISBN 978-0-81356-601-6. S.128
  18. Margaret Kissam Morris: Audre Lorde: Textual Authority and the Embodied Self. S. 173 In: Frontiers: A Journal of Women Studies. 2002, Vol. 23, No. 1, University of Nebraska Press S. 168–188
  19. Geoffrey W. Bateman: Queer Callings: LGBTQ Literature and Vocation. In: Stephanie Johnson: Cultivating Vocation in Literary Studies. Edinburgh University Press 2022, ISBN 978-1-47449-002-3. S.118–119
  20. Margaret Kissam Morris: Audre Lorde: Textual Authority and the Embodied Self. S. 169–171 In: Frontiers: A Journal of Women Studies. 2002, Vol. 23, No. 1, University of Nebraska Press S. 168–188
  21. Roxane Gay: The Legacy of Audre Lorde. In: The Paris Review. 17. September 2020, abgerufen am 30. Mai 2022 (englisch).
  22. Kathe Sandler, Beverly Guy-Sheftall: Audre Lorde: Black, Lesbian, Feminist, Mother, Poet Warrior. In: Mary K. Trigg, Alison R. Bernstein: Junctures in Women's Leadership. Social Movements. Rutgers University Press 2016, ISBN 978-0-81356-601-6. S.130
  23. Margaret Kissam Morris: Audre Lorde: Textual Authority and the Embodied Self. S. 168–170 In: Frontiers: A Journal of Women Studies. 2002, Vol. 23, No. 1, University of Nebraska Press S. 168–188
  24. Audre Lorde: Kämpferin und Poetin. In: /www.maenner.media. 8. März 2022, abgerufen am 3. Juni 2022 (deutsch).
  25. "Sister Outsider" von Audre Lorde - "Ihr müsst euch sichtbar machen". In: deutschlandfunkkultur.de. 5. Juni 2021, abgerufen am 3. Juni 2022.
  26. Audre Lorde - The Berlin Years. In: www.audrelorde-theberlinyears.com. Dagmar Schultz, abgerufen am 3. Juni 2022.
  27. Insa Wilke: Wut unter Gleichgesinnten. In: www.sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 16. Juli 2021, abgerufen am 21. Mai 2022.
  28. Judith Hoffmann: "Sister Outsider" von Audre Lorde. In: oe1.orf.at. ORF.at, 22. Mai 2021, abgerufen am 28. Mai 2022.
  29. Lara Sielmann: Eine Ikone im Kampf gegen Rassismus. In: deutschlandfunkkultur.de. Deutschlandfunk, 14. Mai 2021, abgerufen am 21. Mai 2022.
  30. Bayerischer Rundfunk Laura Freisberg: Audre Lorde: "Sister Outsider": Feministische Anti-Rassismus-Klassikerin. 4. Mai 2021 (br.de [abgerufen am 21. Mai 2022]).
  31. Anna Auguscik: Audre Lorde: "Sister Outsider" - Kreativer Reiseführer durch das Dickicht der Identitätsdebatten. In: deutschlandfunk.de. Deutschlandradio, 27. April 2021, abgerufen am 28. Mai 2022.