Bergrutsch und Tsunami im Karrat Fjord 2017

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Der Bergrutsch und Tsunami im Karrat-Fjord 2017 ereigneten sich Mitte Juni 2017 im Nordwesten Grönlands und führten zum Tod von vier Personen.

Verlauf

Am Abend des 17. Juni 2017 ereignete sich am Südhang der Halbinsel Umiammakku Nunaat ein Bergrutsch (→ Karte). Dabei wurden mehrere Dutzend Millionen Kubikmeter Fels und Hangsedimente in Bewegung versetzt.[1] Ein großer Teil dieser Masse stürzte in den Fjord Kangilleq und löste damit einen Tsunami aus, der sich westwärts in den Fjordkomplex des Karrat-Fjords hinein bewegte. Die anfänglich über 90 Meter hohe Flutwelle erreichte nach ca. sieben Minuten den etwa 32 Kilometer westsüdwestlich gelegenen Ort Nuugaatsiaq mit einer Wellenhöhe von etwa zehn Metern. Durch den Tsunami wurden vier Personen auf das Meer hinaus gezogen, die seither als tot gelten. Weiterhin wurden sieben Personen leicht und zwei Personen schwer verletzt. Elf Gebäude wurden zerstört. Rettungshubschrauber brachten die etwa 200 vor Ort angetroffenen Bewohner in den Distrikthauptort Uummannaq.[2]

Sowohl der Bergrutsch als auch der Tsunami wurden durch die seismische Messstation in Nuugaatsiaq aufgezeichnet. Das Signal erreichte die Station um 23:59 Uhr UTC (21:39 Uhr Lokalzeit) und dauerte mehrere Minuten an.[3][4]

Weitere Auswirkungen

Überschwemmungen durch den Tsunami wurden neben Nuugaatsiaq auch aus Illorsuit, Niaqornat und Uummannaq gemeldet, wo es aber nur zu Sachschäden kam.[5] Dennoch wurden Illorsuit und Niaqornat ebenfalls vollständig evakuiert. Auch die Bewohner der Orte Saattut, Qaarsut, Ikerasak und Ukkusissat wurden alarmiert.[6] Die dänischen Luftstreitkräfte stellten eine Lockheed C-130 Hercules für Hilfseinsätze bereit. Auch Air Greenland und Fährschiffe brachten Hilfskräfte in die betroffenen Gebiete. Aus Sorge vor weiteren Tsunamis wurde empfohlen, das Fjordgebiet nicht zu befahren.[7]

Untersuchung der Abbruchstelle

Im Juli 2017, drei Wochen nach dem Ereignis, wurde das Gebiet mit einem Helikopter beflogen und es wurden Schrägluftbilder der Abbruchstelle aufgenommen. Aus den photogrammetrischen Luftbildern erstellten Gauthier et al. ein digitales Geländemodell des Hangs und verglichen dieses mit einem Höhenmodell, das vor dem Ereignis aufgenommen worden war, was die Abschätzung des mobilisierten Volumens ermöglichte. An der Stelle des Abbruchs erhebt sich die steile und unvergletscherte Bergflanke mehr als 2100 m über den Meeresspiegel, wobei sie eine horizontale Distanz von etwa 3100 m überspannt. Der Bergsturz löste sich ungefähr in der Mitte des Hangs, sodass die Sturzhöhe des meisten Materials über 1000 m betrug. Die Obergrenze der mobilisierten Masse lag auf über 1200 m Höhe und die Hauptmasse war 800 m breit und bis zu 300 m dick. Gauthier et al. schätzen, dass bei dem Ereignis etwa 58 Millionen Kubikmeter Fels und Hangsedimente mobilisiert wurden, von denen bis zu 45 Millionen Kubikmeter den Fjord erreichten. Sie charakterisieren das Ereignis als „extrem schnelle Felslawine“ mit einer Dauer von weniger als fünf Minuten.[8][9]

Spätere Entwicklungen

Am 24. Juni 2017 wurde die Evakuierung für Niaqornat aufgehoben.[10] Im März 2018 waren Illorsuit und Nuugaatsiaq noch immer verlassen. Eine Schweizer Firma beobachtete die Situation und stellte fest, dass der Berg jeden Tag etwa einen Zentimeter abrutschte und man jederzeit mit einem weiteren Erdrutsch rechnen musste. Die Gefahr hierfür wurde mit 11,5 von 12 bewertet, weswegen eine Wiederbesiedlung der beiden Dörfer zu diesem Zeitpunkt weiter ausgeschlossen wurde.[11] Im August desselben Jahres entdeckte man, dass der Berg mittlerweile weiter abgerutscht war. Experten von De Nationale Geologiske Undersøgelser for Danmark og Grønland (GEUS) sollten die Situation neu einschätzen, da bestenfalls die Evakuierung für das weniger beschädigte Illorsuit aufgehoben werden könne.[12] Kurz darauf wurde jedoch bekanntgegeben, dass weiterhin Gefahr vom Berghang ausginge, was eine Aufhebung der Evakuierung unmöglich mache.[13]

Quellen

  1. Erin Bessette-Kirton, Kate Allstadt, Jana Pursley, Jonathan Godt (2017): Preliminary analysis of satellite imagery and seismic observations of the Nuugaatsiaq landslide and tsunami, Greenland. USGS. Washington, D.C. (archiviert).
  2. Christoph Seidler (2017): Erdrutsch und riesige Flutwelle auf Grönland: Der 95-Meter-Tsunami. Spiegel Online, abgerufen am 22. September 2018.
  3. John Clinton, Tine Larsen, Trine Dahl-Jensen, Peter Voss, Meredith Nettles (2017): Special event: Nuugaatsiaq Greenland landslide and tsunami. Incorporated Research Institutions for Seismology.
  4. Anthony Lomax (2017): Nuugaatsiaq Greenland landslide and tsunami: Seismograms suggest several stages of land failure. Quake Stories.
  5. A huge landslide generated tsunami waves damaging some villages in Greenland – 4 people (remain) missing. Bei: earthquake-report.com.
  6. Niaqornat bliver evakueret. Bei: knr.gl.
  7. Tsunami strikes Nunavut’s neighbour Greenland. Bei: nunatsiaqonline.ca.
  8. Dave Gauthier, Scott A. Anderson, Hermann M. Fritz, Thomas Giachetti (2018): Karrat Fjord (Greenland) tsunamigenic landslide of 17 June 2017: initial 3D observations. In: Landslides 15 (2), S. 327–332.
  9. Hermann M. Fritz, Thomas Giachetti, Scott A. Anderson, Dave Gauthier (2017): Field Survey of the 17 June 2017 Landslide and Tsunami in Karrat Fjord, Greenland. Abstract NH12A-01 präsentiert am Fall Meeting 2017 der American Geophysical Union in New Orleans vom 11. bis 15. Dezember 2017.
  10. Evakuerede kan vende hjem. Bei: knr.gl.
  11. Tsunami: Fortsat høj risiko ved Karrat-fjeldet. In: Sermitsiaq.
  12. Nyt fjeldskred: Evakuerede øjner håb om at vende tilbage. In: Sermitsiaq.
  13. Beredskab: Fortsat høj fare for fjeldskred i Karratfjorden. Bei: knr.gl.