„Crowdfunding“ – Versionsunterschied

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Neben nationalen Plattformen gibt es auch regionale Crowdfunding-Initiativen. Diese fokussieren sich vor allem auf Projekte in ihrer Region für [[Unternehmensgründung|Start-up]]s aus der Region.
Neben nationalen Plattformen gibt es auch regionale Crowdfunding-Initiativen. Diese fokussieren sich vor allem auf Projekte in ihrer Region für [[Unternehmensgründung|Start-up]]s aus der Region.


Crowdfunding gilt eher als Variante für die Finanzierung von Nischen-Projekten; [[Crowdinvesting]] benennt eine Art der Mittelaufnahme für Start-Ups. Hierbei können Beteiligungen an Unternehmen erworben werden. Diese Beteiligungen verbriefen einen Anspruch auf einen Anteil am Unternehmensgewinn sowie häufig auch am Verkaufserlös und können verkauft werden. Beim Crowdinvesting soll, ähnlich wie beim Crowdfunding, auf zahlreiche Investoren zu kleinen Beträgen verteilt werden; bei einer Finanzierung durch [[Business Angels]] oder [[Venture Capital]] wird das Kapital in der Regel dagegen von wenigen aufgebracht.<ref>http://www.fuer-gruender.de/fileadmin/mediapool/Unsere_Studien/Crowd_Q3_2013/Crowd_investing-Monitor_Q3_2013.pdf</ref>
Crowdfunding gilt eher als Variante für die Finanzierung von Nischen-Projekten; [[Crowdinvesting]] benennt eine Art der Mittelaufnahme für Start-Ups. Hierbei können Beteiligungen an Unternehmen erworben werden. Diese Beteiligungen verbriefen einen Anspruch auf einen Anteil am Unternehmensgewinn sowie häufig auch am Verkaufserlös und können verkauft werden. In ähnlicher Weise funktioniert das [[Crowdinvesting]] in Immobilien auf der Plattform [http://www.crowdstein.com crowdstein]. Beim Crowdinvesting soll, ähnlich wie beim Crowdfunding, auf zahlreiche Investoren zu kleinen Beträgen verteilt werden; bei einer Finanzierung durch [[Business Angels]] oder [[Venture Capital]] wird das Kapital in der Regel dagegen von wenigen aufgebracht.<ref>http://www.fuer-gruender.de/fileadmin/mediapool/Unsere_Studien/Crowd_Q3_2013/Crowd_investing-Monitor_Q3_2013.pdf</ref>


== Aufbau einer Aktion: Rollenmodell ==
== Aufbau einer Aktion: Rollenmodell ==

Version vom 9. Juli 2014, 13:56 Uhr

Crowdfunding [kɹaʊdˈfʌndiŋ] oder seltener Schwarmfinanzierung ist eine Art der Finanzierung. Mit dieser Methode der Geldbeschaffung lassen sich Projekte, Produkte, die Umsetzung von Geschäftsideen und vieles andere mit Eigenkapital, zumeist in Form von stillen Beteiligungen, versorgen. Eine so finanzierte Unternehmung und ihr Ablauf werden auch als eine Aktion bezeichnet. Ihre Kapitalgeber sind eine Vielzahl von Personen – in aller Regel bestehend aus Internetnutzern, da zum Crowdfunding meist im World Wide Web aufgerufen wird.

Geschichte

Begriff

Suchanfragen per Google nach dem Begriff Crowdfunding

Historisch gesehen ist Crowdfunding ein relativ junger Begriff, der erst seit einigen Jahren verstärkt eingesetzt wird. In der nebenstehenden Abbildung ist die Anzahl der bei Google gefundenen Einträge für den Suchbegriff Crowdfunding in den Jahren 2000 bis 2010 dargestellt. (Der Wert für 2010 basiert auf einer linearen Hochrechnung aus den ersten drei Monaten des Jahres.) Deutlich erkennbar ist, dass ab 2006 die Verwendung der Bezeichnung Crowdfunding stark zunimmt. Zur gleichen Zeit wurde von Jeff Howe der Begriff des Crowdsourcing geprägt. Einige Jahre später erarbeitete er auch erste Ansätze für eine Definition des Begriffs Crowdfunding, angelehnt an Crowdsourcing.

Das Wort setzt sich aus den englischen Wörtern crowd ‚Menge, Menschenmasse‘ und funding ‚Finanzierung‘ zusammen. Als Verdeutschung wird gelegentlich Schwarmfinanzierung verwendet. Mit der Herkunft dieser Eindeutschung beschäftigte sich im März 2013 der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch im Sprachlog in den Beiträgen And the Winner is: Crowdfunding![1] und Sprachschmuggler in der Wikipedia?[2] Dabei ergaben seine Recherchen, dass dieser Begriff seinen Ursprung in einem am 23. März 2011 erfolgten Eintrag im Artikel Crowdfunding der deutschsprachigen Wikipedia habe.[1][2]

In der Literatur werden heute grundsätzlich vier Modelle des Crowdfunding unterschieden:[3]

  • Donation-Based Crowdfunding
  • Reward-Based Crowdfunding
  • Lending-Based Crowdfunding
  • Equity-Based Crowdfunding (im Deutschen auch Crowdinvesting genannt)

Englischsprachiger Raum

Im Oktober 2003 startete der Musiker und Produzent Brian Camelio die Internet-Plattform ArtistShare als Reaktion auf die Entwicklungen des Raubkopierens und die Bestrebungen der Musikindustrie für ein digitales Rechtemanagement. Die Website ermöglichte es Musikern, das Geld für die Produktion eines Albums zu erhalten, bevor es veröffentlicht wurde. Als SellaBand im August 2006 in Europa startete, galt es, je 50.000 US-Dollar für Musiker und Bands mit der Hilfe sogenannter Believer zu erreichen, um ein Album zu produzieren. Bereits am 2. November 2006 hatte die Band Nemesea 528 Unterstützer zusammen und konnte so ihr Album „In Control“ aufnehmen. In den vergangenen vier Jahren haben es weitere 50 Bands (Stand: September 2010) ins Tonstudio bei Sellaband geschafft.

2008 wurde Indiegogo gegründet.[4] 2009 wurde in den USA die Crowdfunding-Plattform Kickstarter.com gegründet. Bereits über 10.000 Projekte sind hierüber finanziert worden (Stand: Januar 2012)[5] – vordergründig im Bereich Kunst und Kultur, aber auch Lebensmittelhersteller, Modedesigner und Erfinder haben hier ihren Platz gefunden. Eine Gewinnbeteiligung gibt es bei Kickstarter nicht. Die Initiatoren versuchen meist mit einem Video von sich oder dem Projekt zu überzeugen. Nach dem gleichen Vorbild sind mit Indiegogo und RocketHub weitere Crowdfunding-Plattformen online gegangen.

Anfang 2010 nutzte mit Public Enemy eine bereits etablierte Band solch eine Crowdfunding-Plattform, um ihr nächstes Album gemeinsam mit Fans und Unterstützern finanzieren zu lassen. Die Band selbst beschreibt auf ihrer Website: „In our six months on SellaBand, we are proud to have broken ground into a new paradigm of music financing and to have learned so much about the fan funding model with our fans.“ ('Public Enemy auf SellaBand', aufgerufen am 17. Oktober 2010)Vorlage:": Ungültiger Wert: ref= Im Oktober 2010 stand das Vorhaben bei 91 % von 75.000 US-Dollar. Das eigentliche Ziel in Höhe von 250.000 US-Dollar wurde nach unten korrigiert, als die Plattform im Februar 2010 Insolvenz anmeldete. Seit der Insolvenz wird das einstige niederländische Unternehmen als GmbH mit dem Hauptsitz in München weitergeführt.

Im Juni 2010 erhielt das Software-Projekt Diaspora Medienaufmerksamkeit: Für die Entwicklung einer Internetplattform haben vier Studenten 10.000 US-Dollar benötigt. Mit der Plattform wurde Facebook der Kampf angesagt und angekündigt ein Pendant zu entwickeln, welches bessere Vorkehrungen im Bereich Datenschutz treffen würde und die Daten seiner Nutzer dezentral immer auf dem eigenen Rechner des Anwenders speichere. Dies fand enormen Zuspruch in der Bevölkerung, die das Projekt gemeinsam mit 200.641 US-Dollar überfinanziert hat. Unter den 6.479 Spendern befand sich auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Im Interview mit dem Magazin Wired sagte Zuckerberg: „I donated. I think it is a cool idea.“[6]

Mit der Unterzeichnung des JOBS Act (Jumpstart Our Business Startups Act) in den USA durch Präsident Barack Obama wurde eine gesetzliche Grundlage geschaffen.

Deutschland

Crowdfunding Plattformen in der Übersicht

Nach zwei kleinen erfolgreich finanzierten Projekten Ende 2010 kann das Jahr 2011 als Startjahr für Crowdfunding in Deutschland betrachtet werden.

Eingesammeltes Kapital Crowdfunding in Deutschland

Zu der 2004 gestarteten Finanzierung des Roadmovies „Hatschi Madame – sorry Monsieur“ konnte durch den Erwerb einer Eintrittskarte ein Platz im Abspann erworben werden.[7] Einige mediale Aufmerksamkeit wurde Crowdfunding zuteil, als der Film „Hotel Desire“ durch Spenden von 175.000 EUR finanziert wurde.[8] Das bis dato größte Crowdfunding-Projekt in Deutschland startete die Kölner Firma Brainpool im Dezember 2011. Für den geplanten Film zur TV-Serie Stromberg wollte das Unternehmen bis März 2012 eine Million Euro einsammeln.[9] Nach zwei Tagen lagen die Einnahmen bereits bei über 150.000 Euro.[10] Innerhalb einer Woche wurde die Summe (1 Million Euro) erreicht.[11] [12]

Der Journalist Enno Heidtmann nutzt (Stand 2013) für größere Filmprojekte Crowdfunding-Plattformen. Mit dem gesammelten Geld deckte er einen Teil seiner Recherche- und Reisekosten. Er bezeichnete im April 2014 seine Erfahrungen damit als gut.[13]

Neben nationalen Plattformen gibt es auch regionale Crowdfunding-Initiativen. Diese fokussieren sich vor allem auf Projekte in ihrer Region für Start-ups aus der Region.

Crowdfunding gilt eher als Variante für die Finanzierung von Nischen-Projekten; Crowdinvesting benennt eine Art der Mittelaufnahme für Start-Ups. Hierbei können Beteiligungen an Unternehmen erworben werden. Diese Beteiligungen verbriefen einen Anspruch auf einen Anteil am Unternehmensgewinn sowie häufig auch am Verkaufserlös und können verkauft werden. In ähnlicher Weise funktioniert das Crowdinvesting in Immobilien auf der Plattform crowdstein. Beim Crowdinvesting soll, ähnlich wie beim Crowdfunding, auf zahlreiche Investoren zu kleinen Beträgen verteilt werden; bei einer Finanzierung durch Business Angels oder Venture Capital wird das Kapital in der Regel dagegen von wenigen aufgebracht.[14]

Aufbau einer Aktion: Rollenmodell

Rollenmodell Crowdfunding

Um die einzelnen Rollen verschiedener Personen(-gruppen) beim Crowdfunding anschaulich darzustellen, wurde außerdem ein Rollenmodell entwickelt (siehe nebenstehende Abbildung). Hierbei handelt es sich um ein erweiterbares Modell, das um projektspezifische Rollen ergänzt werden kann (z. B. bedeutsame Lieferanten oder Vertriebspartner).

Grundsätzlich basiert das entwickelte Modell jedoch auf drei verschiedenen Rollen, die in jedem Crowdfunding-Szenario vorhanden sind und die von einzelnen Personen, Personengruppen oder Organisationen (im Folgenden Parteien genannt) angenommen werden können: Ideengeber, Geldgeber und Umsetzer. Jede Rolle ist durch spezifische Eigenschaften gekennzeichnet.

Der Ideengeber, zum Beispiel ein Designer oder eine Band, hat zwar eine Idee für ein Produkt oder ein Projekt, aber er kann oder möchte es nicht selbst finanzieren. Der Geldgeber stellt hingegen das benötigte Kapital zur Verfügung. Laut entwickelter Definition übernimmt diese Rolle stets und ausschließlich die anonyme Masse der Internetnutzer. Die Rolle des Umsetzers ist dadurch gekennzeichnet, dass der Inhaber dieser Rolle im Verlauf der Realisierung der Idee (z. B. Herstellung des Produktes oder Durchführung des Projektes) wesentliche strategische Entscheidungen treffen kann, die den Erfolg der Verwirklichung der Idee maßgeblich beeinflussen. Hiermit sind ausdrücklich keine Parteien gemeint, die für operative Tätigkeiten im Verlauf des Projektes hinzugezogen werden (z. B. Techniker für ein Konzert). Jede beteiligte Partei kann im Modell mehrere Rollen übernehmen und auch jede einzelne Rolle kann unter mehreren Parteien aufgeteilt werden (Ausnahme ist hier die Rolle des Geldgebers).

Neben den verschiedenen Rollen berücksichtigt das Rollenmodell eine Plattform, die als Kommunikationswerkzeug zum Austausch von Informationen zwischen den Parteien gilt. Laut Definition muss die Plattform über das Web 2.0 realisiert werden. Der Eigentümer der Plattform kann eine der Parteien sein, die bereits eine Rolle innehaben oder aber eine sonst nicht weiter beteiligte Partei.

Ablauf einer Aktion

Eine Aktion ist durch eine Mindestkapitalmenge gekennzeichnet, die durch die Masse fremdfinanziert sein muss, bevor die Aktion startet. Im Verhältnis zur Mindestkapitalmenge leistet jedes Mitglied der Masse (Crowdfunder) nur einen geringen finanziellen Anteil.

Für diese Leistung erhält der Crowdfunder eine Gegenleistung, die verschiedene Formen annehmen kann (z. B. Rechte, Geld, Sachleistungen), aber stets einen monetarisierbaren Wert hat. Darüber hinaus kann die Gegenleistung einen ideellen oder altruistischen Wert besitzen.

Die Kommunikation zwischen Geldgeber und -nehmer wird über eine Plattform im Internet realisiert. In der Regel veröffentlicht der Geldnehmer über diese Plattform eine weitgehend offene Ausschreibung, die sich an alle geschäftsfähigen Internetnutzer richtet; ohne Ein- oder Ausgrenzung möglicher Geldgeber.

Ein weiteres kennzeichnendes Merkmal von Crowdfunding ist, dass durch Crowdfunding erzielte Gelder zweckgebunden an die jeweilige Aktion sind. Zudem ist für den Vorgang des Crowdfundings in Deutschland bislang keine spezifische gesetzliche Grundlage vorhanden (im Gegensatz beispielsweise zur Finanzierung durch Aktien, wofür es in Deutschland ein Aktiengesetz gibt). Mit der Unterzeichnung des JOBS Act (Jumpstart Our Business Startups Act) in den USA durch Obama wurde hingegen eine gesetzliche Grundlage geschaffen.

Vorläufer

Als direkter Vorläufer des Crowdfunding kann das Subskriptions- bzw. Pränumerationsmodell[15] des 17./18. Jahrhunderts gelten, mit dem vor allem Bücher finanziert wurden. Wie bei aktuellen Crowdfunding-Projekten wurden auch damals Anreize für eine Vorbestellung bzw. Förderung des Projekts geschaffen, wie die Nennungen des Förderers auf dem Titelbogen des gedruckten Buches.

Auch wurde 1885 für die Statue of Liberty die Hälfte der Sockelfinanzierung über ein "Crowdfunding"-artiges Vorgehen aufgebracht.[16] Joseph Pulitzer stieß hierzu mit seiner Zeitung "The World" eine Finanzierungskampagne an, die die fehlenden 102.000 Dollar (heutiger Wert ca. 2,3 Millionen Dollar) aufbrachte. Die Summe kam in fünf Monaten von 120.000 Förderern zusammen, wobei die meisten Beiträge in der Größenordnung eines Dollars lagen.

Siehe auch

Literatur

  • Joachim Hemer: Crowdfunding und andere Formen informeller Mikrofinanzierung in der Projekt- und Innovationsfinanzierung. Fraunhofer-Verlag, Stuttgart 2011. ISBN 978-3-8396-0313-0 :
  • Kevin Lawton und Dan Marom: The crowdfunding revolution. How to raise venture capital using social media. McGrawHill, New York 2013. ISBN 978-0-07-179045-1

Einzelnachweise

  1. a b Anatol Stefanowitsch: And the Winner is: Crowdfunding! In: Sprachlog. 4. März 2013, abgerufen am 5. März 2013.
  2. a b Anatol Stefanowitsch: Sprachschmuggler in der Wikipedia? In: Sprachlog. 5. März 2013, abgerufen am 5. März 2013.
  3. Crowdsourcing, LLC: Crowdfunding Industry Report: Market Trends, Composition and Crowdfunding Platforms 2012, S. 12.
  4. indiegogo
  5. 9. Januar 2012 Kickstarter Blog: 2011 The Stats
  6. Wired Magazine 'Mark Zuckerberg: I Donated to Open Source, Facebook Competitor', aufgerufen am 28. September 2010
  7. Die Welt 2. August 2004, S.24
  8. http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,788873,00.html
  9. ftd.de (Memento vom 7. Januar 2012 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  10. http://www.myspass.de/specials/stromberg-kinofilm/
  11. brainpool.de Pressemitteilung 22. Dezember 2011
  12. Quotenmeter.de: «Stromberg»-Film kommt: 1 Million investiert. Abgerufen am 22. Dezember 2011.
  13. zeit.de: [1]
  14. http://www.fuer-gruender.de/fileadmin/mediapool/Unsere_Studien/Crowd_Q3_2013/Crowd_investing-Monitor_Q3_2013.pdf
  15. Severin Corsten (Hrsg.): Lexikon des gesamten Buchwesens. Band VI. Verlag Anton Hiersemann, Stuttgart 1991, Praenumeration, S. 81.
  16. http://crowdfunduk.org/2012/01/05/crowdfunding-lessons-from-history-the-statue-of-liberty/