„Das Erdbeben in Chili“ – Versionsunterschied

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== Inhalt ==
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Ein junger Spanier, Jeronimo Rugera, der in Santiago, der Hauptstadt Chilis, als Lehrer im Hause eines Edelmanns angestellt ist, hat zu dessen Tochter Donna Josephe eine tiefe Neigung gefasst und ist daher entlassen worden. Die Tochter, die diese Neigung erwidert, wird vom Vater in ein Kloster gebracht. Die Liebenden setzen jedoch in den Gärten des Klosters ihre Beziehungen insgeheim fort, und Donna Josephe wird am Fronleichnamsfest von Mutterwehen überrascht. Wegen dieser Schändung des Klosters werden beide gefangengesetzt und Donna Josephe zum Tode verurteilt. In der Stunde ihrer Hinrichtung will der verzweifelnde Jeronimo sich gerade im Gefängnis erhängen, als ein furchtbares Erdbeben über die Stadt hereinbricht und er sich aus dem zusammenbrechenden Gefängnis in die Freiheit retten kann. Durch Trümmer und brennende Straßen eilt er auf einen Hügel außerhalb der Stadt, und nach langem Suchen findet er Josephe mit ihrem Knaben, den sie aus dem brennenden Kloster unter Lebensgefahr hat bergen können. Am nächsten Morgen tritt aus der Gruppe der Geretteten, die nicht weit von ihnen ihr Lager aufgeschlagen haben, ein ihnen bekannter junger Mann, Don Fernando, mit der Bitte an Donna Josephe heran, seinem kleinen Kinde, dessen Mutter schwer verletzt ist, ihre Brust zu reichen. Sie gewährt die Bitte gern, und die Familien setzen sich zusammen. Die Katastrophe hat die Gemüter versöhnt, alle Standesunterschiede scheinen aufgehoben, man hilft sich gegenseitig. Der größte Teil der Gesellschaft begibt sich dann zu einer Dankmesse, und Jeronimo und Josephe schließen sich an. In seiner Predigt aber kommt der Geistliche plötzlich auf die Sittenverderbnis in der Stadt zu sprechen sowie auf den Klosterskandal. Die rasch fanatisierte Menge erkennt Jeronimo und Josephe, und es kommt vor der Kirche zu wilden Kämpfen, bei denen Don Fernando Wunder an Tapferkeit verrichtet. Jeronimo und Josephe verlieren ihr Leben, doch wird ihr Knabe gerettet, und Don Fernando, dessen Kind getötet worden ist, nimmt ihn als Pflegesohn an.
Ein junger Spanier, Jeronimo Rugera, der in St. Jago, der Hauptstadt Chilis, als Lehrer im Hause eines Edelmanns angestellt ist, hat zu dessen Tochter Donna Josephe eine tiefe Neigung gefasst und ist daher entlassen worden. Die Tochter, die diese Neigung erwidert, wird vom Vater in ein Kloster gebracht. Die Liebenden setzen jedoch in den Gärten des Klosters ihre Beziehungen insgeheim fort, und Donna Josephe wird am Fronleichnamsfest von Mutterwehen überrascht. Wegen dieser Schändung des Klosters werden beide gefangengesetzt und Donna Josephe zum Tode verurteilt. In der Stunde ihrer Hinrichtung will der verzweifelnde Jeronimo sich gerade im Gefängnis erhängen, als ein furchtbares Erdbeben über die Stadt hereinbricht und er sich aus dem zusammenbrechenden Gefängnis in die Freiheit retten kann. Durch Trümmer und brennende Straßen eilt er auf einen Hügel außerhalb der Stadt, und nach langem Suchen findet er Josephe mit ihrem Knaben, den sie aus dem brennenden Kloster unter Lebensgefahr hat bergen können. Am nächsten Morgen tritt aus der Gruppe der Geretteten, die nicht weit von ihnen ihr Lager aufgeschlagen haben, ein ihnen bekannter junger Mann, Don Fernando, mit der Bitte an Donna Josephe heran, seinem kleinen Kinde, dessen Mutter schwer verletzt ist, ihre Brust zu reichen. Sie gewährt die Bitte gern, und die Familien setzen sich zusammen. Die Katastrophe hat die Gemüter versöhnt, alle Standesunterschiede scheinen aufgehoben, man hilft sich gegenseitig. Der größte Teil der Gesellschaft begibt sich dann zu einer Dankmesse, und Jeronimo und Josephe schließen sich an. In seiner Predigt aber kommt der Geistliche plötzlich auf die Sittenverderbnis in der Stadt zu sprechen sowie auf den Klosterskandal. Die rasch fanatisierte Menge erkennt Jeronimo und Josephe, und es kommt vor der Kirche zu wilden Kämpfen, bei denen Don Fernando Wunder an Tapferkeit verrichtet. Jeronimo und Josephe verlieren ihr Leben, doch wird ihr Knabe gerettet, und Don Fernando, dessen Kind getötet worden ist, nimmt ihn als Pflegesohn an.


== Opern-Bearbeitungen ==
== Opern-Bearbeitungen ==

Version vom 7. April 2010, 22:41 Uhr

Die Novelle Das Erdbeben in Chili wurde im Jahre 1807 von Heinrich von Kleist verfasst und in CottasMorgenblatt für gebildete Stände“ zunächst unter dem Titel ‚Jeronimo und Josephe‘ veröffentlicht. Im Jahr 1810 folgte dann das Buch.

Historisch gesehen wurde das Werk vor dem Hintergrund der Französischen Revolution verfasst, so dass zur Interpretation historische Hintergründe hinzugezogen werden sollten. Kleist selbst durchlebte in dieser Zeit seine 'Kant-Krise'. Diese Krise wurde durch die Lektüre von Kants Kritik der Urteilskraft ausgelöst. Dabei wurde Kleists rein vernunftbasierter Lebensplan über Nacht zerstört. Bisher mit dem Ziel vor Augen, dass die 'Vervollkommnung' der Zweck der Schöpfung sei und diese Vervollkommnung im Sammeln von Wahrheit liege, stellte Kant in seinem Werk die Wahrheit fest , dass sie nur ein subjektiver Eindruck sei, also nur ein Schein, der für den Menschen die Wahrheit darstelle. Kleist war von dem Gedanken so erfasst, dass sein Menschenbild eines ‚mündigen, frei denkenden Menschen‘ sich in ein Bild wandelte, bei dem der Mensch dem Schicksal ausgeliefert ist. Dieser Konflikt lässt sich auch im ‚Erdbeben in Chili‘ in der Verkörperung durch den Zufall wiederfinden.

Weiterhin scheint Kleist das Thema 'Erdbeben' nicht gerade zufällig gewählt zu haben. So könnte das Erdbeben von Lissabon von 1755 für Kleist Anlass gewesen sein, gerade dieses Thema aufzugreifen. Auch andere zeitgenössische Philosophen und Dichter, wie Leibniz, Poe, Voltaire, Rousseau und Kant, verwendeten dieses Thema, um unter anderem das Theodizeeproblem zu diskutieren. Zudem liegt dem Werk der vielverwertete Cora-Alonzo-Stoff zu Grunde, der im Laufe der Theater- und Literaturgeschichte große Bekanntheit erlangte.

Protagonisten

  • Don Henrico Asteron, Vater von Donna Josephe
  • Donna Josephe Asteron, Tochter des adligen und reichen Don Asteron
  • Jeronimo Rugera, bürgerlicher Hauslehrer und Geliebter der Donna Josephe
  • Don Fernando Ormez, Sohn des Kommandanten von St. Jago, Freund von Josephe und Jeronimo
  • Donna Elvire, Frau des Don Fernando und Mutter des Sohnes Juan
  • Meister Pedrillo, Schuhmacher, welcher Josephe und Juan tötet
  • Philipp, Sohn Jeronimos und Josephes
  • Juan, Sohn von Don Fernando Ormez und Donna Elvire
  • Donna Constanze, gehört zur Gemeinschaft um Don Fernando, wird für Josephe gehalten und ermordet

Inhalt

Ein junger Spanier, Jeronimo Rugera, der in St. Jago, der Hauptstadt Chilis, als Lehrer im Hause eines Edelmanns angestellt ist, hat zu dessen Tochter Donna Josephe eine tiefe Neigung gefasst und ist daher entlassen worden. Die Tochter, die diese Neigung erwidert, wird vom Vater in ein Kloster gebracht. Die Liebenden setzen jedoch in den Gärten des Klosters ihre Beziehungen insgeheim fort, und Donna Josephe wird am Fronleichnamsfest von Mutterwehen überrascht. Wegen dieser Schändung des Klosters werden beide gefangengesetzt und Donna Josephe zum Tode verurteilt. In der Stunde ihrer Hinrichtung will der verzweifelnde Jeronimo sich gerade im Gefängnis erhängen, als ein furchtbares Erdbeben über die Stadt hereinbricht und er sich aus dem zusammenbrechenden Gefängnis in die Freiheit retten kann. Durch Trümmer und brennende Straßen eilt er auf einen Hügel außerhalb der Stadt, und nach langem Suchen findet er Josephe mit ihrem Knaben, den sie aus dem brennenden Kloster unter Lebensgefahr hat bergen können. Am nächsten Morgen tritt aus der Gruppe der Geretteten, die nicht weit von ihnen ihr Lager aufgeschlagen haben, ein ihnen bekannter junger Mann, Don Fernando, mit der Bitte an Donna Josephe heran, seinem kleinen Kinde, dessen Mutter schwer verletzt ist, ihre Brust zu reichen. Sie gewährt die Bitte gern, und die Familien setzen sich zusammen. Die Katastrophe hat die Gemüter versöhnt, alle Standesunterschiede scheinen aufgehoben, man hilft sich gegenseitig. Der größte Teil der Gesellschaft begibt sich dann zu einer Dankmesse, und Jeronimo und Josephe schließen sich an. In seiner Predigt aber kommt der Geistliche plötzlich auf die Sittenverderbnis in der Stadt zu sprechen sowie auf den Klosterskandal. Die rasch fanatisierte Menge erkennt Jeronimo und Josephe, und es kommt vor der Kirche zu wilden Kämpfen, bei denen Don Fernando Wunder an Tapferkeit verrichtet. Jeronimo und Josephe verlieren ihr Leben, doch wird ihr Knabe gerettet, und Don Fernando, dessen Kind getötet worden ist, nimmt ihn als Pflegesohn an.

Opern-Bearbeitungen

Kleists Novelle wurde mehrfach für das Musiktheater bearbeitet. Sehr erfolgreich war keine der Opern.

  • Rozsudok (Das Verdikt nach Heinrich von Kleists Das Erdbeben in Chili 1976-78), Oper von Ján Cikker, slowakischer Komponist (1911 - 1989). Die Deutsche Erstaufführung fand 1981 am Staatstheater Braunschweig in Anwesenheit des Komponisten statt; sie wurde zur "Inszenierung des Monats" von der Opernzeitschrift Orpheus International gewählt; musikalische Leitung: Heribert Esser, Inszenierung: Michael Leinert.

Sekundärliteratur

  • Hans-Georg Schede: Heinrich von Kleist: Das Erdbeben in Chili. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 425). C. Bange, Hollfeld 2004. ISBN 978-3-8044-1811-0
  • Norbert Oellers: Das Erdbeben in Chili. In: Walter Hinderer (ed.): Kleists Erzählungen. Reclam, Stuttgart.
  • David E. Wellbery (ed.): Positionen der Literaturwissenschaft. Acht Modellanalysen am Beispiel von Kleists Das Erdbeben in Chili. Beck, München 1985. [Enthält 8 Interpretationen aus unterschiedlichen methodischen Perspektiven.)

Weblinks