Djebel Dyr

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Djebel Dyr
Lage Algerien
Djebel Dyr (Algerien)
Djebel Dyr (Algerien)
Koordinaten 35° 31′ N, 8° 9′ OKoordinaten: 35° 31′ N, 8° 9′ O
Gestein Kalkstein
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Der Djebel Dyr (auch Jebel Dyr) ist ein bis zu 1468 m hoher Gebirgszug im Nord-Osten von Algerien.

Der Berg liegt 20 km nördlich von Tébessa. Seine stark erodierten Nebengipfel heißen Boulhaf (1276 m) und Tala (1258). Die Täler heißen Oued El-Mehri, Oued Erkel, Oued Gastel und Oued Bousmane.[1]

Aus geomorphologischer Sicht hat der Djebel Dyr die Form eines auf einer Hochebene gelegenen Talkessels, der sich von Süd-Westen nach Nord-Osten erstreckt. Er ist 11,25 km lang und 3,5 km breit. Die Höhenlage schwankt zwischen 900 und 1468 m, wobei das Gefälle zum Zentrum des Beckens hin abnimmt und den Abfluss des Oberflächenwassers in die Senken begünstigt.

Er zeichnet sich durch seine asymmetrische Form aus, mit einem langen Nord-Ost-Hang und einen kurzen Süd-West-Hang. Die äußere Form des Djebel Dyr, ein Erbe der maghrebinischen Orogenese, zeigt eine Landschaft in Form eines steilen Dachs, das sich 472 m über eine weite, schwach gewellte Ebene erhebt. Strukturell bildet diese Landschaft den Rest der wichtigsten tektonischen Strukturen der Region, in der wo ein Wechsel von Kalksteinen und Mergeln von beträchtlicher Mächtigkeit die Freisetzung struktureller Formen durch Erosion begünstigt.[2]

Der Djebel Dyr (braun) auf einer geologischen Karte von 1972

Der Gebirgszug gehört zum Atlasgebiet mit gefalteter Struktur, dessen Falten in Südwest-Nordost-Richtung verlaufen. Diese Kalksteinlandschaft setzt sich aus Sedimentreihen zusammen, die aus der Unterkreide (Barremium) und dem Miozän stammen und in bestimmten Gebieten von quartären Ablagerungen bedeckt sind.[3]

Aktie der Compagnie des Phosphates du Dyr, 1. Juli 1899

Die seit der Zeit von 1893 bis 1908 industriell ausgebeutete, etwa 10 cm bis 50 cm mächtige Phosphatschicht liegt in einer öden und unkultivierten Gebirgsregion, in der außer dem Phosphatlager auch Eisen-, Blei- und Zinkerzlagerstätten vorkommen. Das Phosphatlager wurde anfangs in den Bergwerken von Crookston ausgebeutet, das gut eingerichtet war und außerordentliche Schwierigkeiten zu bewältigen hatte.[4][5][6][7][8] Die Phosphate wurden um 1905 von der aus der Compagnie Crookston hervorgegangenen Compagnie des Phosphates du Dyr abgebaut.[9][10]

Die Phosphate des Djebel Dyr stammen nicht von Landtieren oder Vögeln, denn sie entstanden weder aus Knochen, noch aus phosphorhaltigem Guano. Es sind mineralische, aus phosphorsaurem Kalk bestehende, mehr oder weniger reine Phosphate.[4] Eine 2018 veröffentlichte petro-mineralogische Analyse von am Djebel Dyr entnommenen Proben zeigte, dass die Sedimentphosphate marinen Ursprungs sind. Die Sortierung und morphoskopische Beobachtung vergleichbarer Proben aus den nahegelegenen Phosphatminen von Tébessa führte zur Isolierung von Koprolithen, fossilen Fischzähnen und Lithoklasten, vor allem aber von eiförmigen phosphatischen Pellets.[11]

Die Fischfauna des Djebel Dyr bewohnte bevorzugt die neritischen Zonen, was hochgradig opportunistischen Raubfischen die Möglichkeit gab, verschiedene Tiergruppen wie Muscheln, Schnecken und Kopffüßer, Krebstiere, Stachelhäuter, Ringelwürmer, Spritzwürmer und Fische zu erbeuten. Der Reichtum der Biota auf dem Kontinentalschelf und am oberen Hang steht in starkem Kontrast zu den pelagischen oder bathyalen Zonen, wo die potenzielle Nahrung weniger reichlich vorhanden, weiter verstreut und weniger vielfältig ist.

Die phosphatische Serie von Djebel Dyr lieferte eine Fülle von Fischresten mit vielen Raubtieren, vertreten durch 28 Arten von Knorpelfischen (Plattenkiemer, Euselachii und Rochen). Die in den Phosphatschichten nachgewiesenen fossilen Formen der Plattenkiemer (d. h. Hai- und Rochenartige) bestätigen die Entstehungszeit dieser Formation von Djebel Dyr im Thanetium. Die Gebissarten charakterisieren hauptsächlich benthische und nektische Formen des neritischen Litorals.[12]

1. Abdounia beaugei; 2. Palaoegaleus vincenti; 3. Galeorhinus mesetaensis; 4. Delpitoscyllium africanum; 5. Squatina prima; 6. Brachycarcharias lerichei
7. Brachycarcharias lerichei; 8. Anomotodon novus; 9. Mustelus biddlei 10. Brachycarcharias lerichei; 11. Mennerotodus sp; 12. Abdounia beaugei; 13. Galeorhinus mesetaensis
14. Nebrius bequaerti; 15. Archaeomanta priemi; 16. Burnhamia daviesi; 17. Ginglymostoma subafricanum; 18. Myliobatis sulcidens; 21. Hemiscyllium daimeriesi; 23. Squatiscyllium nigeriensis
23. Raja sp.; 24. Heterodontus sp.; 25. Dasyatis hexagonalis; 26. Abdounia beaugei; 27. Physogaleus secundus; 28. Carcharias hopei; 29-30. Cretalamna appendiculata; 31. Brachycarcharias lerichei; 32. Isurolamna affinis; 33-36. Geschnittene fossile Wirbelsäulenzentren von Haien
Zähne von Plattenkiemern aus der im Thanetium entstandenen Phosphatschicht von Djebel Dyr (a: labiale; b: linguale; c: laterale; d: okklusale Ansicht): 28 Arten von Knorpelfischen (Elasmobranchii) wurden identifiziert, davon sind 23 Haie (Euselachii) und 5 Rochen (Batoidea). Insgesamt repräsentieren sie 18 Familien aus 8 Ordnungen.

Die Fischfauna deutet auf ein marines, küstennahes Flachwassermilieu mit sowohl felsigem als auch sandigem Boden und temperierten bis subtropischen Klimabedingungen hin. Die entsprechenden paläobiogeographischen Angaben sind fast identisch mit den zeitgenössischen Fischen des Mittelmeeres. Offensichtlich bewohnte die Fischgruppe von Djebel Dyr während des Thanetiums einen relativ engen Golf, der vom offenen Meer getrennt war.[12]

Paläoontologie

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Dyrosaurus (Rekonstruktion)

Der wie Krokodil-aussehende Dyrosaurus wurde vom französischen Paläontologen Auguste Pomel im Jahr 1894 nach dem Djebel Dyr benannt, auf dem seine versteinerten Wirbel in einer Phosphatmine gefunden wurden.

Mittelsteinzeitliche Fundstätte Oued Bousmane

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Der im Hochland des Djebel Dyr gelegene Felsenunterstand von Oued Bousmane weist eine stratigrafische Abfolge aus der Mittelsteinzeit auf. Die im Jahr 2006 entdeckte Fundstelle brachte 561 steinerne Artefakte zu Tage, die hauptsächlich aus lokalem Feuerstein bestehen.[3][13]

Mittelsteinzeitliche Fundstätte El Mehri

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Unterhalb des Oued Elmehri liegt eine epipaläolithische Fundstätte aus der Capsien-Zeit in der Mittelsteinzeit. Das Gelände bei einem breiten Felsunterstand ist mehr als 200 m lang und mehr als 70 m breit. In den schwarzen Sedimente vor dem Unterstand sind große Mengen verbrannter Schnecken, geschnittener Feuersteinwerkzeuge unterschiedlicher Farbe und Aussehen, Keramikscherben sowie Knochen erhalten.[14]

Frühgeschichtliche Nekropole von Gastel

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Aus der Zeit um 250–175 v.C. stammen 463 Vasen und andere Grabbeigaben von Gastel, die zeigen, dass die Bevölkerung von Gastel sesshaft war und dass diese Bauern, wie die heutigen Fellachen, bereits Geschirr an den Wänden ihrer Häuser hingen, das den Nomaden völlig unbekannt war. Die Nekropole, zwischen 1911 und 1938 ausgegraben wurde, liegt am nördlichen Ende des Djebel Dyr auf einem Plateau, das im Osten vom Oued Gastel (auch Oued Gastal) begrenzt wird.[15]

Megalithen und Tumului auf dem Oued Hamouda

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Auf den Oued-Hamouda-Plateau gibt es Dutzende gut erhaltene Megalithen und Tumuli, deren Skelette, Töpferwaren und Dekorationsgegenstände zum Teil an der Oberfläche sichtbar sind. Sie weisen wohl auf die Existenz einer wichtigen Grabstätte hin.[14]

Römische Brücke bei Henchir el Goussa

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Römische Brücke über den Oued Gastel, um 1936

Die römische Brücke von Henchir el Goussa ermöglichte es, auf der Römerstraße von Hammaedara (Haïdra) nach Vasampus (Morsott) den Oued Gastal zu überqueren.[15]

Einzelnachweise

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  1. Iddir Amara, Abderrazak Djerrab, Pierre Guichard und Colette Roubet: Patrimone archeologique du Djebel Dyr, Tébessa, Algérie orintale. In: Aouras. Société d'études et de recherches sur l'Aurès antique, N° 6, 2010, S. 15.
  2. Mohamed Islam Benboubkeur: Lithological mapping using classification of remotely sensed Data in the northern region of Tebessa (Eastern Algeria) and economic impact.
  3. a b Nadia Bahra, Abderrezak Djerrab, Murielle Ruault-Djerrab, Kenza Semiane und Rabah Zedam: Middle Stone Age technology in Algeria: A techno-economic approach case study of the Oued Bousmane site (Djebel Dyr). Quaternary International, Band 555, 2020, S. 33-46, ISSN 1040-6182, DOI: 10.1016/j.quaint.2020.04.01.
  4. a b Der Phosphatbergbau von Tébessa in Algerien. Berg- und hüttenmännische Zeitung. N.F. 49 = 54, 1895, S. 428.
  5. Henri Pensa: Les phosphates de Tébessa in der Pariser l'Illustration vom 7. September 1895.
  6. Les phosphates de Tébessa. In: Le Temps, 27. November 1895.
  7. François Tomas: Les mines et la région d'Annaba. In: Géocarrefour, 1970, 45-1, S. 41.
  8. Rabah Kechiched, Rabah Laouar, Olivier Bruguier, Sihem Laouar-Salmi, Ouafi Ameur-Zaimeche und Atif Foufou: Preliminary data of REE in Algerian phosphorites: a comparative study and paleo-redox insights. Procedia Engineering, 2016, 138, S. 19–29.
  9. Moritz Schanz: Algerien – Angewandte Geographie. 1905.
  10. Cie des Phosphates du Dyr (Crookston brothers, Glasgow, puis Londres)
  11. Salim Boulemia, Messaoud Hamimed, Salah Bouhlel und Jaloul Bejaoui: Petro-Mineralogical Analysis of Sedimentary Phosphate of Marine Origin, Case of the Locality of El Kouif (Algerian-Tunisian Confines).
  12. a b Boulemia Salim and Hamimed Messaoud: Fossil Fish Teeth in Phosphatic Series of Jebel Dyr (Algerian-Tunisian Border Area). Open Journal of Geology, 8, 2018, S. 1069–1083. DOI:10.4236/ojg.2018.812065
  13. Abderrezak Djerrab, Simo Spassov, Nadia Bahra, Rabah Zedam, Salah Abdessadok, Nabil Defaflia Und Muriel Ruault-Djerrab: L'abri de Oued Boussemane (Tebessa, Algerie): Granulometrie magnetique et paleoenvironnement – Oued Boussemane Rock Shelter (Tebessa, Algeria) Magnetic Granulometry and Paleoenvironnement.
  14. a b Abderrezak Djerrrab und Ali Hadjla: Excursion n° 3 au coeur du synclinal perché de Djebel Dyr. Teil 1. Siehe auch Teil 2, Bilder 18-32. 1. Februar 2007.
  15. a b G. Camps: Gastel. In: Encyclopédie berbère. Band 19, 1996, S. 2974–2993.