Thomas Edmondson

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Fahrkartenschrank („Ternion“) im Verkehrsmuseum Nürnberg

Thomas Edmondson (* 30. Juni 1792 in Lancaster; † 22. Juni 1851 in Manchester) war der Erfinder des nach ihm benannten und bis in die 1980er Jahre überall verbreiteten Fahrkartensystems, der Edmondsonschen Fahrkarte. Alternativbezeichnungen sind Karton- oder Pappfahrkarte und Karton- oder Pappbillett; fälschlicherweise wird oft das zweite „d“ im Namen des Erfinders ausgelassen.

Edmondson wurde 1836 Stationsvorsteher der kleinen Station Milton an der neu eröffneten Eisenbahnlinie NewcastleCarlisle. Die damals üblichen kleinen Zettel als Fahrausweise, von der Postkutsche übernommen, befriedigten ihn nicht, und er begann ein neues Fahrkartensystem zu entwickeln. Dieses verbreitete sich, und Edmondson wurde zum Direktor der Manchester and Leeds Railway befördert.[1] Neben den Fahrkarten selbst wurden auch Bahnsteigkarten vielerorts nach seinem System geprägt.

Edmondsonsche Fahrkarte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edmondsonsches Billett der České dráhy
Sogenannte Halbe Fahrkarte auf Edmondsonscher Basis, ausgegeben in Österreich

Zur besseren Kontrolle, Abrechnung und Prüfung der verkauften Fahrscheine baute er eine Maschine, welche kleine Kartonstreifen mit dem Format 30,5 mm × 57 mm (1 3/16" × 2¼") und circa 580 g/m² Gewicht bedrucken und nummerieren konnte, eine Datumspresse zur Datierung der Billette sowie einen speziellen Schrank zu ihrer Aufbewahrung – das sogenannte Ternion.[2] Schon bald übernahmen einige andere Stationen auf seiner Linie dieses System. Auch Captain Law, leitender Direktor der Manchester and Leeds Railway, erkannte die Möglichkeiten dieser Erfindung und stellte Thomas Edmondson als Direktor an. Dieser führte sein System auf allen Stationen dieser Bahn ein. Die Bauart des Ausgabeautomaten und der Datumspresse war von Anfang an gelungen, nur die sehr komplizierten Maschinen für Druck und fortschreitende Nummerierung der Billette waren erst das Ergebnis allmählicher Verbesserungen.

Heute werden Edmondsonsche Fahrkarten fast nur noch von Museumsbahnen verwendet.

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verbreitete Varianten Edmondsonscher Fahrkarten 2./3. Klasse in Deutschland

Seit der Länderbahnzeit entsprach die Leitfarbe der Fahrkarten den seinerzeit üblichen wagenklassenspezifischen Lackierungen der Reisezugwagen. So waren Fahrkarten für einfache Fahrten der bis 1928 angebotenen preisgünstigen 4. Klasse grau, für die 3. Klasse ockerbraun und in der 2. Klasse grasgrün ausgeführt. Die gelben Fahrkarten der luxuriösen und nur in wenigen, meist internationalen Fernzügen angebotenen 1. Klasse wurden zum 3. Juli 1956 abgeschafft, als die meisten europäischen Eisenbahnen die beiden „Polsterklassen“ (1./2. Klasse) zur 1. Klasse zusammenfassten und die bisherige „Holzklasse“ (3. Klasse) zur 2. Klasse hochstuften. Dementsprechend wurden fortan Fahrkarten zum Normalpreis in brauner und für die höhere Komfortstufe in grüner Farbe ausgegeben.

Doppelfahrkarten (Hin- und Rückfahrt für eine Person oder einfache Fahrt für zwei Personen) waren vertikal nur zur Hälfte in braun beziehungsweise grün eingefärbt und Kinderfahrkarten mit einem weißen Rand im oberen Viertel gekennzeichnet. Sowohl Fahrkarten für zuschlagpflichtige Züge des Fernverkehrs (Eil- oder Schnellzüge) als auch ermäßigte Zeitkarten für Arbeiter und Schüler waren ebenfalls durch Varianten der klassenspezifischen Grundfarbe gestaltet. So wurde zum Beispiel die beliebte Sonntagsrückfahrkarte mit einem breiten blauen Mittelstreifen versehen.

Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 12. September 2015 in Breitlauenen abgestempelte Fahrkarte für eine einfache Fahrt Breitlauenen–Wilderswil

Kinder- und Halbpreisbillette waren oben weiß (und unten in der jeweiligen Klassenfarbe, braun für die 2. und grün für die 1. Klasse; siehe Abbildung). Kinderfahrpreise (später auch für Halbtax-Abonnement-Inhaber) waren halb so hoch wie für Erwachsene. Auf Strecken, die selten befahren wurden, gab es keine vorgedruckten Kinderbillette. Hier gab der Beamte ein „ganzes Billett“ zum halben Preis aus und schnitt unten als Beleg für seine Abrechnung etwa ein Viertel ab. Auf solchen Billetten war der Preis doppelt aufgedruckt, sodass sowohl der Kunde wie auch der Beamte je einen Beleg mit Preisangabe hatten (wobei beide den Preis durch 2 zu teilen hatten, da ja in diesem Fall nur die Hälfte bezahlt wurde). So konnten auf wenig frequentierten Stationen kleinere Billettkasten mit weniger Fächern verwendet werden, und auch das Nachbestellen ging schneller.

Zum Fahrplanwechsel 2007/2008 wurde in der Schweiz der Verkauf von Edmondsonschen Billetts fast vollständig eingestellt.[3] Seit dem 10. Dezember 2007 dürfen Bahn-, Bus- und Schifffahrtsunternehmen Kartonbillette nur noch für Fahrten auf dem eigenen Netz ausgeben.[4] Davon machen wenige Bahnen und Schifffahrtsbetriebe Gebrauch, so die Stanserhorn-Bahn und die Bahnstrecke Wilderswil–Schynige Platte, welche in der Station Breitlauenen über keinen Stromanschluss verfügt.

Die Abrechnung bei Schichtwechsel erfolgte von Hand aufgrund der Billettnummern. Um nicht alle Billette in den Vorratskästen auf fortlaufende Nummern überprüfen zu müssen, waren die Stapel auf der Seite mit einem schräg nach oben laufenden Strich bedruckt. Wegen der beachtlichen Dicke von Kartonbilletts waren so fehlende Billette sofort zu erkennen, was die Kontrolle wesentlich erleichterte.

Die Kartonbillette wurden von einer spezialisierten Firma bezogen. Später gab es spezielle Billett-Druckmaschinen an den Verkaufsschaltern, die Billette mithilfe von gebogenen, einlegbaren Druckplatten einzeln zur Verkaufszeit druckten. Dabei waren die Druckplatten pro Strecke mit den Tarifkilometern codiert. Der Drucker errechnete den Billettpreis anhand der aktuellen Tarifkilometerpreise und druckte diesen unabhängig vom Cliché aufs Billett. So mussten Druckplatten bei Tarifänderungen nicht ersetzt werden.

Da es nicht ökonomisch war, sämtliche möglichen Verbindungen in Vordrucken oder Druckplatten vorrätig zu haben, wurden zusätzlich immer noch handgeschriebene Fahrscheine benötigt, besonders auch für Rundfahrten, deren Zusammensetzung dann aus den Streckenbüchern mit sogenannten Tarifkilometern herausgeschrieben und zusammengesetzt werden musste.

Druck von Edmondsonschen Fahrkarten in der Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bahnmuseum Albula ist sowohl eine Druckmaschine für den Gebrauch am Fahrkartenschalter als auch eine funktionstüchtige Billetdruckerei für Edmondsonsche Fahrkarten ausgestellt.

Sonstige Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

TAROM-Ticket aus den 1980er Jahren
Fahrkarte der Bodenseeschifffahrt

In den 1980er Jahren gab die staatliche rumänische Fluggesellschaft TAROM für Binnenflüge ebenfalls Tickets nach Edmondsonschem Vorbild aus, auch die Bodenseeschifffahrt verwendete sie zeitweise.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Edmondson railway tickets – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Richard Deiss: Milton und die Pappfahrkarte. (Google Books) In: Flügelradkathedrale und Zuckerrübenbahnhof: Kleine Geschichten zu 222 Bahnhöfen in Europa. 2011, S. 71, abgerufen am 6. Januar 2013 (ISBN 978-3839129135).
  2. Alfred Horn: Wiener Stadtbahn. 90 Jahre Stadtbahn, 10 Jahre U-Bahn. Bohmann-Verlag, Wien 1988, ISBN 3-7002-0678-X, S. 170.
  3. Schweizweit: FAHRPLANWECHSEL: Edmondsonsches Billett verschwindet (Memento vom 19. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  4. Der schnellste Weg führt über Worb NZZ vom 11. September 2007, abgerufen am 14. September 2015.