Eichboson

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Eichbosonen)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eichbosonen sind in der Elementarteilchenphysik die Teilchen, die die Grundkräfte vermitteln. Es sind Bosonen, die von einem Teilchen ausgesandt und von einem anderen empfangen werden. Deshalb werden sie auch als Austauschbosonen, Austauschteilchen, Botenteilchen, Trägerteilchen, Kraftteilchen oder Wechselwirkungsteilchen bezeichnet. Eichbosonen sind Vektorbosonen.

Die Elementarteilchen im Standardmodell
Quarks Eichbosonen
Leptonen Skalarbosonen

Die Eichbosonen ergeben sich aus der Forderung der lokalen Eichinvarianz an eine Feldtheorie, wenn diese durch Quantisierung zu einer Quantenfeldtheorie gemacht wird. Die Forderung besagt, dass in dieser Feldtheorie die physikalische Wirkung unabhängig von einer Eichtransformation sein soll. Dazu muss in die Lagrangedichte der Theorie im Allgemeinen ein zusätzliches Eichfeld eingeführt werden. Nach dem Übergang zu einer Quantenfeldtheorie gehören zum Eichfeld Feldquanten mit ganzzahligem Spin, also vom Typ Boson. Diese werden als Eichbosonen bezeichnet.[1][2] Im Standardmodell hat jedes der Eichbosonen den Spin 1 und ist damit ein Vektorteilchen.

Das Photon ist das bekannteste Eichboson. Es vermittelt die elektromagnetische Wechselwirkung. Die anderen Eichbosonen des Standardmodells sind die acht Gluonen der starken Wechselwirkung sowie die W±-Bosonen und Z-Bosonen der schwachen Kernkraft.

Eichboson(en) Anzahl Wechselwirkung Materieteilchen Eichgruppe
Gluonen 8 Starke Wechselwirkung Quarks SU(3)
W+-, W- und Z0-Boson 3 Schwache Wechselwirkung Quarks, Leptonen SU(2)
Photon 1 Elektromagnetische Wechselwirkung Quarks, Leptonen (ohne Neutrinos) U(1)

In einer quantisierten Eichtheorie sind Eichbosonen Quanten der Eichfelder. Es gibt so viele Eichbosonen wie Generatoren der Eichgruppe. In der Quantenelektrodynamik ist die Eichgruppe U(1) eindimensional, also gibt es nur ein Eichboson. Die Eichgruppe der Quantenchromodynamik, SU(3), hat acht Generatoren, entsprechend gibt es acht Gluonen. Der vereinheitlichten Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung (GSW) liegt die Gruppe SU(2) × U(1) zugrunde, dies führt letztlich zu den 4 Eichbosonen Photon, W+-, W- und Z0-Boson.

Eichbosonen sind adjungierte Darstellungen der zugrundeliegenden Symmetriegruppe. Für die SU(N)-Gruppen des Standardmodells ist diese Darstellung (N2−1)-dimensional. Deshalb gibt es 8 Gluonen und 4 (= 3+1) Eichbosonen der elektroschwachen Theorie.[1]

Die Eichinvarianzbedingung fordert, dass alle Eichbosonen masselos sind, da ein Masseterm in der Lagrangefunktion nicht eichinvariant ist. Die W+−- und Z-Bosonen besitzen jedoch Masse. Dies ist ein Effekt des Higgs-Mechanismus, durch den die SU(2)×U(1)-Symmetrie der elektroschwachen Wechselwirkung spontan gebrochen wird. Gemessen werden nicht die ursprünglichen SU(2)×U(1)-Eichbosonen, sondern Linearkombinationen hiervon. Das damit verbundene Higgs-Boson war das letzte experimentell bestätigte Teilchen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik. Es wurde 2012 am Large Hadron Collider (LHC) gefunden.[3][4] François Englert und Peter Higgs wurde für die theoretische Entwicklung des Higgs-Mechanismus der Nobelpreis für Physik 2013 zuerkannt.

Jenseits des Standardmodells

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele Theorien, die über das Standardmodell der Elementarteilchenphysik hinausgehen, führen neue Wechselwirkungen ein, und somit auch neue Eichbosonen. Bisher wurde jedoch noch keines dieser Teilchen in einem Experiment gemessen. Genaugenommen ist auch das Graviton so ein hypothetisches Teilchen, da noch keine Quantengravitationstheorie durch Experimente bestätigt wurde.

Große Vereinheitlichte Theorie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Großen Vereinheitlichten Theorien (GUTs) werden zusätzliche Eichbosonen als X und Y vorhergesagt. Diese würden Wechselwirkungen zwischen Quarks und Leptonen vermitteln, damit die Erhaltung der Baryonenzahl verletzen und könnten so einen Protonenzerfall verursachen. Diese Bosonen wären durch Symmetriebrechung äußerst massiv (sogar noch schwerer als die W- und Z-Bosonen), ihre Spins 0 oder 1.

Die Gravitationswechselwirkung ist im Gegensatz zu den anderen kein Gegenstand des Standardmodells, ebenso das hypothetische Trägerteilchen, das Graviton. Dieses ist auch deshalb eine Ausnahme, weil es als Spin-2-Teilchen ein Tensorboson ist, was in Übereinstimmung mit der anziehenden Wirkung zwischen Massen (als „Gravitationsladungen“) steht.

W′- und Z′-Bosonen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

W′ und Z′ (gelesen: W-prime und Z-prime) sind hypothetische Eichbosonen, die an die Fermionen des Standardmodells vermöge ihres Isospins koppeln. Ihr Spin ist 1.

Durch die Erweiterung des Standardmodells um mindestens eine weitere U(1)-Eichgruppe kann ein Z′-Boson erzeugt werden, allerdings kein W′-Boson. Eine weitere mögliche Erweiterung ist, n SU(2)-Eichgruppen anzunehmen, wobei eine davon die gewöhnlichen W- und Z-Bosonen erzeugt, die anderen n−1 die W′- und Z′-Bosonen.

Supersymmetrische Partner

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die hypothetischen supersymmetrischen Partner der Eichfelder sind die folgenden Gaugino-Felder:

  • Acht Gluinos als Superpartner der Gluonen.
  • Die elektroschwachen Gaugino-Felder mischen nach dem minimalen supersymmetrischen Standardmodell (MSSM) mit den Higgsino-Feldern zu zwei Paar elektrisch geladenen Charginos und vier elektrisch neutralen Neutralinos als hypothetisch beobachtbare Teilchen. Die Higgsinos sind die Superpartner der hypothetischen Higgsfelder, von denen es im MSSM mehrere gibt.
  • Ein Gravitino als supersymmetrischer Partner des Gravitons nach der Theorie der Supergravitation (SUGRA) kein Bestandteil des MSSM, so wie das Graviton kein Teil des SM ist.

Eichbosonen werden in den meisten einführenden Büchern über moderne Elementarteilchenphysik behandelt. Beispielhaft seien hier genannt:

  • David J. Griffiths: Introduction to Elementary Particles. Wiley, John & Sons, Inc, 1987, ISBN 0-471-60386-4. (englisch). Für Physikstudenten in den mittleren Semestern und interessierte Laien.
  • Michael E. Peskin, Daniel V. Schroeder: An Introduction to Quantum Fields. Westview Press, 1995, ISBN 0-201-50397-2. (englisch). Für Physikstudenten mit einem Hang zu Theoretischer Physik (Kurs in Quantenfeldtheorie, erst im dritten Teil werden Eichtheorien behandelt).
  • Klaus Bethge, Ulrich E. Schröder: Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen – eine Übersicht. WILEY-VCH, Weinheim 2006, ISBN 3-527-40587-9.
  • Harald Fritzsch: Elementarteilchen. Bausteine der Materie. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50846-4.
  • Henning Genz: Elementarteilchen. Fischer, Frankfurt a. M. 2003, ISBN 3-596-15354-9.
Wiktionary: Eichboson – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Particle Data Group ist die Standardreferenz zu aktuellen experimentellen Befunden in Bezug auf Elementarteilchen.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Michael E. Peskin, Daniel V. Schroeder: An Introduction to Quantum Fields. Westview Press, 1995, ISBN 0-201-50397-2.
  2. David J. Griffiths: Introduction to Elementary Particles. Wiley, John & Sons, Inc, 1987, ISBN 0-471-60386-4.
  3. CERN experiments observe particle consistent with long-sought Higgs boson. Pressemitteilung von CERN, 4. Juli 2012, abgerufen am 28. November 2015.
  4. Particle confirmed as a Higgs boson. 14. April 2013, abgerufen am 12. Juli 2017.