Energiesuffizienz

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Energiesuffizienz (von griech.: ἐνέργεια Tätigkeit, Tatkraft[1] und von lat.: sufficere, genügen, ausreichen[2]) bezeichnet eine Art von „Genügsamkeit“ beim Energiekonsum derart, dass der Verbraucher mit getätigten Verbräuchen innerhalb der Grenzen der ökologischen Tragfähigkeit der Erde bleibt. In bestimmter Art und Weise läuft dies auf eine nachhaltige Begrenzung des Energiebedarfs hinaus. Strategien und Instrumente zur Erreichung dieses Zieles können technisch, systematisch oder kulturell sein.[3]

Begriffsbestimmungen, nähere begriffliche Eingrenzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Suffizienz ist als Ergänzung zur Energieeffizienz nötig, da letztere oft nicht den Energieverbrauch mindert, sondern durch indirekte und direkte Einkommenszuwächse und steigende Komfortansprüche Rebound-Effekte verursacht.[4]

Energiepolitische Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drei Säulen nachhaltiger Energiewirtschaft

Energiesuffizienz ist als eine von drei Säulen zur Erreichung des Zieles einer nachhaltigen Energiewirtschaft zu sehen. Energieeffizienz zielt hierbei auf den optimierten Einsatz von Energie in technischen Anwendungen hin. Konsistenz bezeichnet den Einsatz erneuerbarer Energien zur Energiebedarfsdeckung. Suffizienz ist die langfristige Reduktion des absoluten Energie- und Ressourcenverbrauchs.[5]

Gefahren des Konterkariertwerdens der Suffizienz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn ein genügend großer Anteil der Haushalte weniger Energie verbraucht, dann sinkt gemäß ökonomischer Theorie die Nachfrage und damit der Preis. Der niedrige Preis kann dazu führen, dass von den restlichen Haushalten mehr verbraucht wird, sodass ein makroökonomischer Reboundeffekt entsteht. Dieser Effekt kann mit dem gleichen Schema auch zwischenstaatlich auftreten. Gerade deswegen sind gemeinsame internationale Richtlinien, die für alle Staaten bindend sind, sehr wichtig für eine globale Energieeinsparung.[6]

Zur Erreichung von Energiesuffizienzzielen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kulturell[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter kultureller Suffizienz ist vor allem die Transformation hin zu energiesparendem Konsum- und Nutzungsverhalten zu sehen.[4] Des Weiteren kann Bewusstsein und Akzeptanz der Suffizienz durch höhere Transparenz erreicht werden. Dazu gehört, Verbraucher darüber zu informieren, welches Gerät zur Erfüllung der Bedürfnisse das passende ist: Eine Verbesserung der Lebensqualität und des Komforts durch richtig dimensionierte Technik und kurze Wege muss klar kommuniziert sein.[7] Beispiele für Überlegungen in Hinblick auf Suffizienz können die Fortbewegung sein: Wie weit muss ich fahren, wie oft muss ich fahren und welches Verkehrsmittel sollte ich nutzen? Oder auch das Heizen von Innenräumen: Wie groß muss mein Wohnraum sein? Welche Mindesttemperatur reicht mir aus?[8]

Technisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Technische Infrastrukturen sollten so umgestaltet und neu konzipiert werden, dass sie ein ressourcenschonendes Verhalten erleichtern.[6] Bei technischen Geräten sollte der Fokus auf den absoluten Energieverbrauch gesetzt werden, statt relative spezifische Effizienzangaben in den Vordergrund zu stellen. Da große Energieverbräuche durch Überdimensionierung von Geräten entstehen, sollten progressive Anforderungen an die Energieeffizienz gesetzt werden. So müsste ein großer Fernseher zum Beispiel gemessen am Stromverbrauch pro Bildschirmfläche effizienter als ein Kleiner sein. Darüber hinaus sollten absolute Grenzen gesetzt werden.[9]

Systemisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Paradigmenwechsel weg von der Energieversorgung hin zur Energiedienstleistung erleichtert Suffizienz. Statt Geräte zu kaufen, sollte für Dienstleistungen gezahlt werden, sodass Verbraucher ihre Bedürfnisse stärker hinterfragen. Ein Beispiel hierfür ist das Carsharing.[9] Politisch sollten energiesparende und umweltschonende Verhaltensweisen unterstützt und energieintensive Verhaltensweisen eingeschränkt werden.[7]

Suffizienz in anderen Bereichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ressourcensuffizienz bezeichnet den Verzicht auf oder die Reduktion von bestimmten Materialien bei der Produktion und der Vermeidung von Abfällen. Im Mobilitätsbereich ist Suffizienz als Verkehrsvermeidung und Schaffung der „Stadt der kurzen Wege“ zu verstehen.[10]

Geschichtlicher Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausgangspunkt der Diskussion um Suffizienz war die Veröffentlichung Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome aus dem Jahre 1972.[11] In dem Buch werden verschiedene Szenarien ausgespielt, die in einem Zusammenbruch der auf Wachstum ausgerichteten Zivilisation durch Übernutzung von natürlichen Ressourcen enden. Daraufhin wurden wachstums- und konsumkritische Theorien entwickelt, die dieser Übernutzung entgegenwirken und so den Zusammenbruch verhindern sollen. Dazu gehören zum Beispiel die Veröffentlichungen Small is Beautiful von Ernst Friedrich Schumacher[12] und Voluntary Simplicity von Duan Elgin. Daraus entwickelte sich die Umweltbewegung, die die vorgeschlagenen Ansätze aufgriff und versuchte, sie praktisch umzusetzen.[13]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • T. Princen: The Logic of Sufficiency. MIT Press, 2005, ISBN 978-0-262-66190-4.
  • Matthias Weyland: Fünf große Fragen für eine erfolgreiche Reduktion des Energieverbrauchs: Warum eine Kurswende bei der Energiesuffizienz notwendig ist. In: Ökologisches Wirtschaften. (ISSN 1430-8800) Bd. 36, H. 3 (2021), S. 39–45. (Download-PDF)
  • Marie-Christine Gröne: Energiesuffizienz in der Stadtentwicklung: Akteure – Strategien – Szenarien. (= Wuppertaler Schriften zur Forschung für eine nachhaltige Entwicklung; Bd. 10). oekom Verl., München 2018 [zugl. Diss. Bergische Univ. Wuppertal 2017], ISBN 978-3-96238-069-4.
  • Meike Spitzner & Sandra Buchmüller: Energiesuffizienz – Transformation von Energiebedarf, Versorgungsökonomie, Geschlechterverhältnissen und Suffizienz: im Rahmen des Verbundvorhabens „Strategien und Instrumente für eine technische, systemische und kulturelle Transformation zur nachhaltigen Begrenzung des Energiebedarfs im Konsumfeld Bauen/Wohnen“. (= Bericht zum emanzipativen Suffizienz-Ansatz, zur neuen genderreflektierten Methodik und Auswertung einer Fokusgruppendiskussion). (= Wuppertal Report / Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie [ISSN 1861-8464]; Nr. 8). Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal Juli 2016. (Download-PDF)
  • Nicole Hesse, Christian Zumbrägel: Wie neu ist Energiesuffizienz? Eine Spurensuche in der Geschichte des Energiesparens. In: TATuP – Zeitschrift für Technikfolgenabschätzung in Theorie und Praxis. (ISSN 2568-020X) Bd. 31, H. 2 (2022), S. 56–63. (PDF)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Douglas Harper: Energy. In: Online etymology dictionary. Abgerufen am 1. Mai 2007.
  2. sufficere. In: Online Lateinwörterbuch. Abgerufen am 17. Mai 2015.
  3. ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH: Vorstellung des Forschungsprojekts Energiesuffizienz des BMBF. IFEU, abgerufen am 17. Mai 2015.
  4. a b Lars Arvid Brischke, Laura Spengler: Ein Fall für Zwei: Effizienz und Suffizienz. In: Spannungsgeladen: Die Zukunft der Energieversorgung (= Politische Ökologie). Nr. 126. Oekom Verlag, 2011, ISBN 978-3-86581-230-8, S. 86–94, hier S. 89.
  5. ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH: Suffizienz. IFEU, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Mai 2015; abgerufen am 17. Mai 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/ifeu.de
  6. a b Lars Arvid Brischke, Laura Spengler: Ein Fall für Zwei: Effizienz und Suffizienz. In: Spannungsgeladen: Die Zukunft der Energieversorgung (= Politische Ökologie). Nr. 126. Oekom Verlag, 2011, ISBN 978-3-86581-230-8, S. 86–94, hier S. 90.
  7. a b Lars Arvid Brischke, Laura Spengler: Ein Fall für Zwei: Effizienz und Suffizienz. In: Spannungsgeladen: Die Zukunft der Energieversorgung (= Politische Ökologie). Nr. 126. Oekom Verlag, 2011, ISBN 978-3-86581-230-8, S. 86–94, hier S. 92.
  8. Sarah Darby: Enough is as good as a feast- sufficiency as policy. European Council for an Energy-Efficient Economy (ECEEE), 2007, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Mai 2015; abgerufen am 17. Mai 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.eceee.org
  9. a b Lars Arvid Brischke, Laura Spengler: Ein Fall für Zwei: Effizienz und Suffizienz. In: Spannungsgeladen: Die Zukunft der Energieversorgung (= Politische Ökologie). Nr. 126. Oekom Verlag, 2011, ISBN 978-3-86581-230-8, S. 86–94, hier S. 91.
  10. ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH: Suffizienz. IFEU, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Mai 2015; abgerufen am 17. Mai 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/ifeu.de
  11. D. H. Meadows, D. L. Meadows, J. Randers, W. W. Behrens: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Deutsche Verlags-Anstalt, 1972, ISBN 978-3-421-02633-0; englischsprachiges Original: The limits to growth, 1972, ISBN 0-87663-165-0.
  12. E. F. Schumacher: Small is beautiful: economics as if people mattered. Harper Perennial, 1989, ISBN 978-0-06-091630-5.
  13. ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH: Energiesuffizienz-Theorie. IFEU, abgerufen am 17. Mai 2015.