Erikativ

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Erikativ ist ein wissenschaftsparodistischer Neologismus zur Bezeichnung einer besonderen Kategorie von Text-Emoticons wie zum Beispiel *schulterzuck*, *knuddel*, *dich ganz doll lieb hab*. Der Erikativ basiert grammatikalisch auf dem Inflektiv, wird aber als Interjektion verwendet und erlaubt auch zusammengesetzte Wörter. Fachsprachlich ist die Bezeichnung Erikativ ungebräuchlich. Manchmal wird der Erikativ als Inflektiv bezeichnet, daneben existiert die Bezeichnung Deskriptiv.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Interjektionen wie "ach" oder "tja" drückt der Erikativ keine Empfindung durch einen Laut aus, und im Gegensatz zur Lautmalerei beschreibt der Erikativ auch normalerweise kein Geräusch. Statt dessen dient er zur Beschreibung dessen, was eine Person gerade tut (häufig auch im übertragenen Sinne).

Geschichte

Die zunächst scherzhafte Bezeichnung Erikativ wurde im Juli 2002 erstmals in der Newsgroup de.etc.sprache.deutsch geprägt, in Verehrung von Dr. Erika Fuchs, der mittlerweile verstorbenen deutschen Übersetzerin der Donald-Duck- und Micky-Maus-Comics. Erika Fuchs hatte den Erikativ zwar nicht erfunden (erste Anwendungsbeispiele in der Literatur finden sich bereits im 19. Jahrhundert), aber maßgeblich in der deutschen Sprache bekannt gemacht. In Comics hat der Erikativ seither eine lange Tradition und wird in der gleichen Weise wie lautmalerische Wörter verwendet (Beispiele: seufz, stöhn, hust, brüll, tob; aber auch ausgefalleneres wie klopapierhalterabreiß).

Mit dem Aufkommen des Internets etablierten sich später in Anlehnung daran Erikativ-Text-Emoticons in Newsgroups, Chats, und E-Mails, nur sehr vereinzelt auch in Webforen, wobei im letzteren Fall - soweit vorhanden - meist den graphischen Emoticons der Vorzug gegeben wird, schlichtweg zugunsten der besseren Lesbarkeit. Der Erikativ wird meist in Sternchen gesetzt, jedoch gab und gibt es Tendenzen, ihn mit anderen Zeichen (z.B. spitzen Klammern, Plus- oder Minuszeichen) zu umschließen. Beispiele für Erikative sind: *mög*, *lach*, *freu*, *grins*, *such*, *blätter*, *schnellwegduck*, *schreienddurchdiewohnungrenn*, <kopfschüttel>, <aufreg>, <zustimm>.

Besonders in MMORPG-Spielen, welche besonderen Wert auf Rollenspiel legen, entwickelte sich die weitaus lyrischere Form, welche dem Leser der Nachricht beschreiben soll, was die Person gerade tut und/oder um die Umgebung zu verdeutlichen. Als Beispiel: *Zieht ihre Stiefel aus und legt sich auf die warme Wiese*

Grammatik

Bildung

  • Den Erikativ erhält man, indem man den Wortstamm des Verbs verwendet.
  • Objekte, Bestimmungswörter usw. werden vorangestellt und direkt ohne Leerzeichen mit dem Verbstamm zu einem Wort verbunden. Die gesamte Form wird kleingeschrieben und in Sternchen oder spitze Klammern gesetzt (Beispiel: "Ich stehe am Rande des Wahnsinns" wird zu *amrandedeswahnsinnssteh*)
  • Manche Autoren behalten jedoch die Leerzeichen zwischen den einzelnen Wörtern und die Groß- und Kleinschreibung bei. Beispiele: *bescheiden sei*, *den Anfang mach*. Dies verbessert die Lesbarkeit, hat aber den Nachteil, dass manche Programme, die den zwischen zwei Sternchen stehenden Text fett kennzeichnen (z.B. Chatprogramme), dies nur tun, wenn der Text keine Leerzeichen enthält, weswegen, um diesem vorzubeugen, auch Unterstriche verwendet werden.
  • gelegentlich sind besonders bei Techies auch Konstruktionen in pseudo-XML (... <zustimmungsuch>ist doch wahr</zustimmungsuch> ...) oder älter pseudo-Teletype-Kommandos (... ZUSTIMMUNGSUCH ist doch wahr END OF ZUSTIMMUNGSUCH ...) zu sehen.
  • Im MMORPG ähnelt der Erikativ den Regieanweisungen in einem Drama und besitzt die normale grammatikalische Konstruktion, als ob man in der dritten Person (Singular) schreibt: (Sie)*lächelt glücklich* oder (Er)*nickt verständnisvoll*

Analogie

Unter einem gewissermaßen vergleichend linguistischen Blickwinkel fällt auf, dass Erikative strukturell ihrer japanischen Entsprechung häufig sehr nahe kommen. Dafür gibt es vornehmlich drei Gründe:

  1. Auslassung unbenötigter Information (fast immer das Subjekt, häufig auch Objekte)
  2. Gleichheit des Verbs für alle Personen (auch in den seltenen Fällen, in denen das Subjekt nicht die erste Person ist)
  3. Konsequente Verb-Endstellung

Die Analogie schwindet natürlich mit zunehmender Komplexität des „erikativen Satzes“ (zumal es für Nebensatzkonstruktionen keine Richtlinien gibt), kann Einsteigern jedoch durchaus beim Erlernen der japanischen Sprache nützlich sein.

Siehe auch

  • Onomatopoesie - das Nachbilden von Geräuschen, wie *boing*, *kuckuck*, *puff*, *klirr*, *klick*
Wiktionary: Deutsch/Erikativ – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen