Ernst Klee

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Ernst Klee (* 1942 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er wurde bekannt durch seine Aufdeckung der Medizinverbrechen des Nationalsozialismus, insbesondere der Aktion T4.

Leben und Werk

Klee machte zuerst eine Lehre als Sanitär- und Heizungstechniker, danach holte er das Abitur nach und studierte Theologie und Sozialpädagogik.

In den 1970er Jahren befasste er sich als Journalist mit gesellschaftlich ausgegrenzten Gruppen wie Obdachlosen, Psychiatriepatienten und behinderten Menschen. In dieser Zeit arbeitete er mit Gusti Steiner zusammen, der damals den Grundstock für die bundesdeutsche emanzipatorische Behindertenbewegung legte.

Für das Buch Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer erhielt er 1997 den Geschwister-Scholl-Preis. Die Stadt Frankfurt am Main ehrte Klee 2001 für das Buch Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945 mit der Goetheplakette. In der Begründung heißt es, Klees Gesamtwerk sei „geeignet, bürgerliche Freiheit, moralischen und intellektuellen Mut zu fördern und dem Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben“. Klees Einsatz für die Belange behinderter Menschen war auch ausschlaggebend dafür, dass sich die vormalige Westfälische Schule für Körperbehinderte in Mettingen im Jahr 2005 ihm zu Ehren in Ernst-Klee-Schule umbenannte.

Klee schreibt für die Wochenzeitschrift Die Zeit. Zwischen 1974 und 1995 erschienen dort 27 Artikel von ihm [1]. Exemplarisch sei auch auf die 2003 publizierte Kritik an der Beschönigung von Nazi-Karrieren in der DBE verwiesen[2] oder auf seine Darstellung vom Verhältnis deutscher Künstler zu den polnischen Vernichtungslagern.[3] Zeit-Autor Karl-Heinz Janßen schrieb am 27. Februar 1987 über Ernst Klee: „Auch die Zeitgeschichtsforschung ließ dieses Thema [Medizinverbrechen in der NS-Zeit] links liegen; [...] wäre da nicht der freie Journalist Ernst Klee gewesen, der sich die Mühe macht, Tausende von Prozessakten zu lesen und die Anstaltsarchive zu durchwühlen, wüsste man heute fast nichts über eine der schauerlichsten Untaten dieses Jahrhunderts.“

Bibliographie

  • Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main: S. Fischer, 2007, 720 S., Gebunden, ISBN 978-3-10-039326-5 (Mit über 4.000 Einträgen), Rezensionen von Esteban Engel in Frankfurter Neue Presse und von Fritz J. Raddatz in DIE ZEIT, 01.03.2007 Nr. 10, Seite 54: Alphabet der Schändlichkeit.
  • Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Frankfurt am Main: S. Fischer, 2003; 2. Aufl. 2005, 732 S., ISBN 3-596-16048-0. 4.300 Kurzbiographien. (Rezension, Die Zeit, 23. Oktober 2003)
  • Deutsche Medizin im Dritten Reich: Karrieren vor und nach 1945. Frankfurt am Main: S. Fischer, 2001. ISBN 3-10-039310-4 Rezension, Die Zeit, Nr. 44, 2001)
  • Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1997. Taschenbuch 2001
  • Eine feine Gesellschaft: soziale Wirklichkeit Deutschland. Düsseldorf: Patmos-Verlag, 1995
  • "Euthanasie" im Nationalsozialismus / [Heftred.: Michael Gehler; Heidemarie Uhl]. Wien: J und V, Ed. Wien, Dachs-Verlag, 1994
  • Persilscheine und falsche Pässe: wie die Kirchen den Nazis halfen. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1991
  • "Durch Zyankali erlöst": Sterbehilfe und Euthanasie heute. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1990
  • "Die SA Jesu Christi": die Kirchen im Banne Hitlers. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1989
  • "Gott mit uns": der deutsche Vernichtungskrieg im Osten 1939–1945 / Ernst Klee; Willi Dressen. Unter Mitarb. von Volker Riess. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1989
  • "Schöne Zeiten": Judenmord aus der Sicht der Täter und Gaffer. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1988. 276 S. ISBN 3-10-039304-X
  • Querschnittgelähmt – kein Leben vor dem Tod? Hilfen für eine positive Antwort. Mit einer Anzeige von Claudio Kürten. Hrsg. von Heinrich Kratzmeier. Heidelberg: Verlag für Medizin Fischer, 1987
  • Was sie taten – was sie wurden: Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 12. Auflage 2004, ISBN 3-596-24364-5
  • Dokumente zur "Euthanasie" / hrsg. von Ernst Klee. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1985 1985, 4. Aufl. 1997. 342 Seiten. ISBN 3-596-24327-0
  • "Euthanasie" im NS-Staat: die "Vernichtung lebensunwerten Lebens". Frankfurt am Main, S. Fischer. 1983; 11. Aufl. 1985. ISBN 3-596-24326-2
  • Behindert: über die Enteignung von Körper und Bewusstsein; ein kritisches Handbuch. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1980. Taschenbuch 1987
  • Behinderte im Urlaub? Das Frankfurter Urteil; eine Dokumentation. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1980
  • Gottesmänner und ihre Frauen: Geschichten aus dem Pfarrhaus. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1980
  • Pennbrüder und Stadtstreicher: Nichtsesshaften-Report. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1979
  • Psychiatrie-Report. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1978
  • Sozialprotokolle: wie wir leben, wie wir sterben; Lehrstücke zum Umgang mit Menschen. Düsseldorf: Patmos-Verlag, 1978
  • Gefahrenzone Betrieb: Verschleiß und Erkrankung am Arbeitsplatz. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1977
  • Der Schrotthaufen der Menschlichkeit: ein Lesebuch zur sozialen Wirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland; Reports und Reportagen. Düsseldorf: Patmos-Verlag, 1976
  • Miteinander leben: Behinderte unter uns / Texte: Ernst Klee. Hrsg.: Evang. Akad. Bad Boll. Bad Boll, Evang. Akademie, 1976
  • Behinderten-Report. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1974
  • Behindertsein ist schön: Unterlagen zur Arbeit mit Behinderten. Düsseldorf: Patmos-Verlag, 1974
  • Der Zappler: der körperbehinderte Jürgen erobert seine Umwelt; ein grosses wagemutiges Abenteuer. Illustr. von Bettina Anrich-Wölfel. Düsseldorf: Schwann, 1974
  • Gastarbeiter-Reportagen. Übers. der griech. Texte durch Homeros Anagnostidis. Stein, Nürnberg: Laetare-Verlag, 1973
  • Randgruppenpädagogik: Grundlagen zum Umgang mit Randgruppen, Aussenseitern und Gestörten. Mainz, Matthias-Grünewald-Verlag, 1973
  • Knast-Reportagen. Stein (Nürnberg): Laetare-Verlag, 1973
  • Resozialisierung: ein Handbuch zur Arbeit mit Strafgefangenen und Entlassenen. Claudius-Verlag, München 1973
  • Die armen Irren: das Schicksal der seelisch Kranken. Patmos-Verlag, Düsseldorf 1972
  • Fips schafft sie alle. Ill. von Bettina Anrich-Wölfel. Schwann, Düsseldorf 1972
  • Gastarbeiter: Analysen und Berichte / hrsg. von Ernst Klee. Suhrkamp, Frankfurt (am Main) 1972
  • Die im Dunkeln: Sozialreportagen. Patmos-Verlag, Düsseldorf 1971
  • Die Nigger Europas: Zur Lage der Gastarbeiter. Eine Dokumentation. Patmos-Verlag, Düsseldorf 1971
  • Prügelknaben der Gesellschaft: Häftlingsberichte. Patmos-Verlag, Düsseldorf 1971
  • Thema Knast. Stelten, Bremen 1969
  • Wege und Holzwege: Evang. Dichtung des 20. Jahrhunderts. Bremen 1969

Dokumentationen

  • Die Hölle von Ückermünde. Psychiatrie im Osten. Reportage, 43 Min., Buch und Regie: Ernst Klee, Produktion: ARD, Erstsendung: 1993
    Diese Reportage wurde 1993 in der ARD ausgestrahlt. In 43 Minuten wird am Beispiel zweier Anstalten in den neuen Bundesländern die Entwicklung der Psychiatrie "im Jahre 3 nach der Wiedervereinigung" gezeigt. Ein Prüfstein für die gesamte Psychiatrie und Behindertenhilfe bis heute. Der Film zeigt einen schockierenden Umgang mit behinderten Menschen. Dabei bedient sich die Kommentierung der Sicht der Betroffenen. 50 Jahre nach der Euthanasie in Deutschland erinnert diese Dokumentation wieder daran. Im Rahmen der Psychiatrie-Kritik nimmt Klees Dokumentation eine gleich hohe Bedeutung ein neben den Spielfilmen "Freaks"; "Shock Corridor" und Einer flog über das Kuckucksnest.

Quellen

  1. „50 Jahre Berichterstattung über NS-Verbrechen von Ärzten in SPIEGEL und ZEIT“, Diplomarbeit 1997
  2. „DBE: Von deutschem Ruhm“, Die Zeit, 25. September 2003, Nr. 40
  3. „Heitere Stunden in Auschwitz“, in: Die Zeit, Nr. 5, 25. Januar 2007

Auszeichnungen (Auszug)

Weblinks