Erster Punischer Krieg
Der Erste Punische Krieg wurde zwischen Karthago und Rom von 264 bis 241 v. Chr. ausgetragen. Er war der erste der drei großen Kriege zwischen Karthago und dem Römischen Reich.
Ausbruch des Krieges
Das Römische Reich war seit dem Sieg über Pyrrhus wenige Jahre zuvor Herr über die gesamte italienische Halbinsel geworden und suchte nun nach weiteren Expansionsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite stand Karthago, welches seit Jahrhunderten den westlichen Mittelmeerraum kontrollierte und eine indirekte Herrschaft über Teile der Inseln Korsika, Sardinien und Sizilien ausübte.
Welche Seite die Schuld am Ausbruch des Ersten Punischen Krieges trägt, war schon unter den antiken Autoren sehr umstritten. Der pro-römische Polybios stellt den angeblich imperialistischen Charakter der Karthager (= Punier) in den Vordergrund. Diese These ist aber sehr zweifelhaft, da sich die Größe des punischen Einflussgebietes in den letzten Jahrzehnten vor der Auseinandersetzung mit Rom nicht entscheidend verändert hatte. Zudem besaßen die Karthager selten große zusammenhängende Territorien, sondern übten für gewöhnlich eine indirekte Kontrolle über einzelne Küstenstädte aus, um den eigenen Handel zu fördern.
Eine andere antike Rechtfertigung lautet, dass die Römer einem Verbündeten – in diesem Fall den in Messina ansässigen Mamertinern – zur Hilfe kommen wollten. Bei diesen handelte es sich um einen ehemaligen italienischen Söldnertrupp, der die Herrschaft über die Stadt gewonnen hatte, indem die ursprüngliche männliche Bevölkerung getötet oder vertrieben worden war. Später gerieten sie in einen regionalen Konflikt mit Syrakus, der wichtigsten Stadt der im Osten Siziliens lebenden Griechen. Der Herrscher von Syrakus war zu dieser Zeit Hieron II., welcher die Mamertiner militärisch in arge Bedrängnis brachte. Daraufhin nahmen diese schon 269 v. Chr. eine karthagische Besatzung in ihre Stadt auf, was den Vormarsch von Syrakus stoppte. Im Laufe der nächsten Jahre scheinen die Mamertiner ihrer neuen karthagischen Verbündeten aber überdrüssig geworden zu sein, weshalb sie 264 nun auch die Römer zur Hilfe riefen. Offiziell waren die römischen Verbündeten gegen Hieron gerichtet, tatsächlich aber half deren Vorhut sogleich, die karthagische Truppe in Messina zu beseitigen.
Laut dem pro-karthagischen Autor Philinos von Akragas war das Vorgehen der Römer illegal, da ein Vertrag zwischen Rom und Karthago bestanden hätte, dass die Grenze beider Interessensphären auf der Meerenge zwischen Italien und den westlich gelegenen Inseln läge (so genannter Philinosvertrag). Demnach hätten die Römer also diesen Vertrag verletzt. Die Existenz dieses Vertrags ist unter Historikern allerdings nicht unumstritten, obwohl es viele stichhaltige Hinweise dafür gibt.
Kriegsverlauf
Von der Auseinandersetzung um Messina bis zur Seeschlacht von Mylae (264–260 v. Chr.)
Die Karthager stellten den Römern ein Ultimatum, in dem sie den Rückzug der Truppen aus Messina forderten. Die Römer ließen die Frist aber verstreichen, und Karthago belagerte mit seinen Truppen und mit der Flotte die Stadt. Auf karthagischer Seite kämpfte konsequenterweise auch Hieron von Syrakus, welcher im Westen Siziliens keine weitere Macht dulden wollte. Der römische Consul Appius Claudius Caudex setzte mit seinen Truppen nach Sizilien über und errang mehrere Siege über die Truppen Hierons, wenn auch nicht gegen die Karthager selber. Bald stand er vor Syrakus. Er unterließ eine Erstürmung, weil er nicht die nötigen Kräfte hatte und zog sich zurück. 263 v. Chr. zog ein neues römisches Heer gegen die Stadt, woraufhin Hieron II. mit den Römern Frieden schloss. Die römischen Consuln Manius Valerius Maximus Corvinus Messalla und Manius Otacilius Crassus schlossen das Kriegsjahr als Gewinner ab, weil es ihnen auch gelungen war, karthagische Verbündete auf Sizilien zum Übertritt zu veranlassen.
262 v. Chr. drangen vier Legionen gegen die Stadt Akragas (heute Agrigent) vor, die auf der Seite der Karthager stand. Die Stadt wurde nach langer Belagerung in der Schlacht von Agrigent erobert, und die Bewohner wurden in die Sklaverei verkauft. Die Karthager begannen 261 v. Chr., den Krieg auf die italienische Halbinsel zu tragen, indem sie die Küstenlandstriche plünderten und brandschatzten.
Die Römer erkannten, dass sie neben ihren Legionen auch eine Flotte benötigten, um die Karthager zu besiegen. Die erste Seeschlacht 260 v. Chr. bei den Liparischen Inseln verlief zwar für die Römer blamabel – ein Consul wurde gefangengenommen – doch die zweite Seeschlacht wurde siegreich beendet. Der Consul Gaius Duilius traf bei Mylae auf die Flotte des Hannibal Gisko. Die Römer hatten ihre Schiffe mit Enterbrücken (sog. Raben) und Enterhaken versehen und eroberten die karthagischen Schiffe im Nahkampf Mann gegen Mann. Die bisherige Praxis während einer Seeschlacht war, dass die Schiffe sich mit einem Rammsporn zu versenken suchten. Die Römer hatten den Seekrieg in einen „Landkrieg“ verändert. So glichen sie ihr geringes seemännisches Geschick aus. Der punische Kommandant entkam nach der Schlacht knapp der Gefangennahme.
Damit hatten sich die Gewichte zwischen den beiden Großmächten verschoben: Die vormals unangefochtene Seemacht Karthago sah sich einem ebenbürtigen Rivalen auf ihrem ureigenen Terrain gegenüber.
Von der Schlacht von Mylae bis zum Abzug Roms aus Afrika (260–255 v. Chr.)
Der Konsul Lucius Cornelius Scipio segelte 259 v. Chr. nach Korsika und eroberte die Insel. Die Karthager gaben danach weite Teile Sardiniens auf. Auf Sizilien griffen die Punier dagegen an und bedrängten die römischen Truppen. 258 v. Chr. befehligten die beiden Konsuln des Jahres die Truppen auf Sizilien. Sie erlitten dabei Verluste im Kampf gegen die Karthager. Auf See schlugen sie die punische Flotte. Der karthagische Kommandant wurde wegen der Niederlage von seinen eigenen Landsleuten hingerichtet.
Die Kontrahenten nutzten das Jahr 256 v. Chr. dazu, ihre Flotten auszubauen. Die Römer wollten den Krieg nun nach Afrika verlagern. Die Karthager erfuhren davon und rüsteten sich zur Verteidigung. Bei Eknomon (Ecnomus) trafen die beiden Flotten aufeinander. Wieder wurden die Karthager besiegt. Die Punier boten den Römern Friedensgespräche an, doch die Römer lehnten ab. Wenig später landeten die römischen Truppen bei Aspis in Nordafrika. Sie sicherten den Stützpunkt und überwinterten hier mit einem Teil des Heeres. Die Karthager boten wieder Friedensverhandlungen an, doch der Consul Marcus Atilius Regulus stellte unannehmbare Forderungen.
Zu dieser Zeit traf in Karthago der Spartaner Xanthippos in Begleitung von griechischen Söldnern ein. Der erfahrene Söldnerführer beriet die Offiziere Karthagos und empfahl eine neue Taktik im Kampf gegen die römischen Legionen. Die Ratschläge wurden angenommen, und die Römer erlitten 255 v. Chr. bei Tynes eine vernichtende Niederlage, der Consul Regulus wurde gefangengenommen. Es gelang aber der römischen Flotte, die überlebenden Legionäre an Bord zu nehmen und damit vor der Gefangenschaft zu bewahren.
Es gab noch ein kleines Seegefecht bei Kap Bon, bei dem die Römer nur eine Handvoll Schiffe verloren. Doch bei der Weiterfahrt an der Südküste Siziliens versanken bei Kamarina über 300 römische Kriegsschiffe. Die Römer konnten wieder die Verluste ausgleichen, indem sie über 200 Schiffe binnen Jahresfrist bauten. Mit dem Rückzug aus Afrika war eine rasche Beendigung des Krieges aber unmöglich geworden. Die Entscheidung musste wiederum in Sizilien und auf See gesucht werden.
Vom Abzug aus Afrika bis zur Schlacht bei den Ägatischen Inseln (255–241 v. Chr.)
254 v. Chr. griffen die beiden Consuln Gnaeus Cornelius Scipio Asina und Aulus Atilius Caiatinus Sizilien erfolgreich an. Mehrere Städte wurden im Norden und Süden der Insel erobert. Die Eroberung der Stadt Panormos (heute: Palermo) war für die Römer besonders einträglich, weil es den besiegten Bewohnern erlaubt wurde, sich von der drohenden Versklavung freizukaufen. Rom erhielt von ihnen über 400 Talente Silber. 253 folgten weitere Angriffe auf Sizilien, und eine römische Flotte segelte wieder nach Nordafrika. Doch navigatorisches Unvermögen ließ die Römer umkehren. Bei der Rückfahrt gerieten die Schiffe in einen Sturm und weit über 100 Kriegsschiffe gingen unter.
Die Karthager waren in den letzten drei Jahren mit der Bekämpfung numidischer Stämme beschäftigt gewesen, so dass der Widerstand gegen Rom schwach ausfiel. Im Jahr 251 gingen sie jedoch wieder in die Offensive: Eine karthagische Armee mit über 30.000 Soldaten und mit über 150 Elefanten landete auf Sizilien. Doch der Angriff auf Panormos wurde abgeschlagen, und die Punier erlitten eine katastrophale Niederlage. Der karthagische Staatsgerichtshof ließ wenig später den eigenen Feldherrn wegen dieser Niederlage hinrichten.
Von 250 v. Chr. an wurde die sizilische Stadt Lilybaion zum umkämpften Hauptkriegsschauplatz. Die Römer griffen von See und Land die von Karthagern und deren keltischen und griechischen Söldnern gehaltene Stadt an. Während dieser Kämpfe verloren die Römer 249 v. Chr. zwei weitere Flotten in einer Schlacht, der Schlacht von Drepana, und in einem Sturm. Danach wurden weitere kostenspielige Flottenbauten in Rom bis auf Weiteres eingestellt.
Seit 247 v. Chr. übernahm in Sizilien Hamilkar Barkas den karthagischen Oberbefehl. Diesem gelang es im Laufe der nächsten Jahre durch schnelle Angriffe verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Rom blieb somit nichts anderes übrig, als trotz leerer Staatskassen eine letzte Flotte aufzustellen. Deshalb finanzierte die römische Aristokratie diese aus Privatmitteln. Im Jahr 241 v. Chr. besiegte schließlich der Consul Lutatius Catulus bei den Ägatischen Inseln die punische Flotte entscheidend. Die Karthager baten nach dieser Niederlage um einen Friedensvertrag, da mangels Nachschub eine Fortführung des Krieges auf Sizilien aussichtslos erscheinen musste.
Friedensvertrag
Hamilkar Barkas trat in Verhandlungen mit Catulus. Sie einigten sich im Lutatius-Vertrag zunächst auf folgende Bedingungen: Karthago sollte Sizilien räumen, sich mit Hieron aussöhnen, alle römischen Gefangenen freilassen und Reparationen von 2200 euböische Talente über 20 Jahre an Rom zahlen.
Die römische Volksversammlung erhöhte diese Summe jedoch auf 3200 Talente, von denen 1000 sofort zu zahlen waren und verkürzte die Frist auf 10 Jahre. Zudem hatte Karthago alle Inseln zwischen Italien und Sizilien zu räumen. Beiden Seiten wurde verboten mit Bundesgenossen der anderen Seite zu verhandeln.
Karthago musste nicht nur diese unangenehmen Bedingungen hinnehmen, sondern stand nach dem Krieg vor dem unmittelbaren Problem, dass sein gewaltiges Söldnerheer aus Kostengründen demobilisiert werden musste. Dies mündete in einen Aufstand der größtenteils libyschen Söldner, was zu einem Abfall zahlreicher Städte innerhalb des karthagischen Machtbereichs in Nordafrika führte (241–238). Dieser Söldnerkrieg brachte Karthago an den Rand des Untergangs. Dennoch konnte es – im Gegensatz zum Ende des Zweiten Punischen Krieg – seine Rolle als Großmacht bewahren.
Literatur
- Klaus Zimmermann: Rom und Karthago. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-15496-7
- Herbert Heftner: Der Aufstieg Roms. Regensburg 1997 (dort auch weiterführende Literatur).
- J. F. Lazenby: The First Punic War. A Military History. London 1996.
- Theodor Mommsen: Römische Geschichte. 8. Auflage, Berlin 1888 (Band 1, Buch III, Kapitel II) (auch online bei Projekt Gutenberg).