Fischer-Kontroverse

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Die sogenannte Fischer-Kontroverse behandelte die Frage nach der politischen Strategie des Kaiserreichs vor dem und im Ersten Weltkrieg und der deutschen Verantwortung für den Kriegsausbruch. Sie wurde 1961 durch das Buch Der Griff nach der Weltmacht des Hamburger Historikers Fritz Fischer ausgelöst und dauerte bis etwa 1985 an. Sie gilt neben dem „Historikerstreit“ als wichtigste Kontroverse in der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft. In den Blickpunkt rückte dabei erneut die schon in der Weimarer Republik intensiv diskutierte Kriegsschuldfrage.

Bedeutung erlangte die Fischer-Kontroverse auch als Auseinandersetzung über die theoretischen Grundlagen der deutschen Geschichtswissenschaft. Während die traditionelle Politikgeschichte die Bedeutung von Handlungen und Entscheidungen „großer Männer“ betonte, hob eine neue Generation von Historikern die Relevanz von gesellschaftlichen Strukturen für die Geschichtsschreibung hervor.

Fischers Hauptthesen

Fischers Arbeiten beruhten auf akribischen Recherchen und gründlicher Auswertung neuer Quellen, wobei er die traditionelle Methodik einer Analyse von Regierungsentscheidungen im Führungskreis der beteiligten Großmächte beibehielt. Im Ergebnis kam Fischer zu pointierten Positionen, die deutlich von dem in Deutschland bis dahin gültigen Forschungskonsens abwichen und diesen in Frage stellten. Damit löste er eine heftige und anhaltende, auch international beachtete Kontroverse aus.

Deutsche Kriegsziele

Schon 1959 hatte Fischer begonnen, systematisch die Aktenbestände der nationalen Archive nach den Kriegszielen der Mittelmächte zu durchforsten. Er konnte als einer der ersten deutschen Historiker die bis dahin unter Verschluss der Alliierten gehaltenen Akten des Auswärtigen Amtes und der Reichskanzlei auswerten und mit Erlaubnis der DDR-Regierung auch das Potsdamer Zentralarchiv einsehen. Erstes Ergebnis seiner Recherchen war sein Aufsatz Deutsche Kriegsziele. Revolutionierung und Separatfrieden im Osten 1914-1918, den er 1959 in der Historischen Zeitschrift (HZ) veröffentlichte. 1961 folgte das Buch Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18.

In Potsdam war Fischer auf das „Septemberprogramm“ des Reichskanzlers Theobald von Bethmann-Hollweg aus dem Jahr 1914 gestoßen. Hollweg rechnete mit einem raschen deutschen Sieg und plante daraufhin weitreichende Annexionen in Frankreich und den Beneluxstaaten sowie koloniale Inbesitznahmen in Zentralafrika. Fischer betonte die doppelte Bedeutung des Dokuments: [1]

Einmal stellte das Programm keine isolierten Forderungen des Kanzlers dar, sondern repräsentierte Ideen führender Köpfe der Wirtschaft, Politik und des Militärs. Zum anderen waren … die in dem Programm niedergelegten Richtlinien im Prinzip Grundlage der gesamten deutschen Kriegszielpolitik bis zum Ende des Krieges, wenn sich auch je aus der Gesamtlage einzelne Modifikationen ergaben.

Diese Kriegsziele deutete Fischer sodann als logische Folge der deutschen imperialistischen „Weltpolitik“ vor 1914: Das Kaiserreich habe demnach schon vor dem Krieg eine deutsche Hegemonie in Europa angestrebt. Es habe versucht, als Nachzügler der europäischen Kolonialmächte nach der „Weltmacht“ zu greifen.

Die Julikrise

Nicht nur im Blick auf die imperialistische Außenpolitik, sondern auch im Blick auf ihr konkretes Verhalten in der Julikrise 1914 machte Fischer die Reichsregierung für den Weltkrieg verantwortlich. Er interpretierte Reichskanzler von Bethman-Hollwegs vorbehaltlose Rückendeckung für Österreichs Regierung am 5. Juli 1914 als „Blankovollmacht“ für deren Vorgehen gegen Serbien und zeigte anhand von Dokumenten und Zitaten: Das Attentat von Sarajewo vom 28. Juni 1914 sei für die deutsche Reichsleitung der willkommene Anlass zur Verwirklichung ihrer weitreichenden Ziele gewesen. Berlin habe Wien zur schnellen Kriegserklärung gegen Serbien geradezu gedrängt und - entgegen den offiziellen Erklärungen - eine friedliche Beilegung oder wenigstens Eindämmung des Konflikts systematisch verhindert. Dabei sei das Reich von allen europäischen Großmächten noch am ehesten in der Position gewesen, eine effektive Deeskalation zu erreichen.

Aus dieser detailliert dargelegten Analyse der Entscheidungsabläufe folgerte Fischer zuletzt:[2]

Da Deutschland den österreichisch-serbischen Krieg gewollt, gewünscht und gedeckt hat, und, im Vertrauen auf die deutsche militärische Überlegenheit, es im Juli 1914 bewusst auf einen Konflikt mit Rußland und Frankreich ankommen ließ, trägt die deutsche Reichsführung den entscheidenden Teil der historischen Verantwortung für den Ausbruch des allgemeinen Krieges.

Damit widersprach er explizit der bis dahin unter westdeutschen Historikern vorherrschenden Meinung, das Reich sei im Juli 1914 zunächst defensiv orientiert gewesen und habe den Krieg zu vermeiden versucht.

Kriegsentscheidung ab 1911

Unter dem Eindruck der inzwischen erfolgten fachlichen Kritiken – teilweise auch persönlicher Angriffe - bekräftigte Fischer seine beiden Zentralthesen vom längerfristigen Hegemonialstreben und bewusster Inkaufnahme des Krieges und spitzte sie noch zu. In dem 800 Seiten starken Buch Krieg der Illusionen. Die deutsche Politik von 1911 bis 1914 (1969) präsentierte er weitere Archivfunde, die die aggressive deutsche Außenpolitik vor 1914 belegten. Mit ihnen begründete er die These, Wilhelm II und seine Militärberater hätten spätestens im Dezember 1912 bei einem geheimen „Kriegsrat“ beschlossen, einen größeren Krieg bis zum Sommer 1914 bewusst vom Zaun zu brechen, um die von ihnen angenommene eigene militärische Überlegenheit rechtzeitig auszunutzen. Die Zwischenzeit habe dazu genutzt werden sollen, die Bevölkerung propagandistisch auf diese „Lösung“ vorzubereiten. Es ist wahrscheinlich, dass damit auch das Zustandekommen der für 1915 geplanten Dritten Haager Friedenskonferenz verhindert werden sollte, die sich in der Vorbereitungsphase befand, und auf der die verbindliche internationale Schiedsgerichtsbarkeit durch Mehrheitsentscheid festgeschrieben sowie über eine internationale Exekutive verhandelt worden wäre.

Ab 1970 publizierte Fischer nur noch kürzere Aufsätze, um seine Thesen vom Kriegskurs, Größenwahn und politischen Versagen der Reichsregierung im Detail zu untermauern. Er beteiligte sich dabei auch an der Diskussion um die Echtheit der Tagebücher von Kurt Riezler, einem Privatsekretär des Reichskanzlers Bethmann Hollweg, die dieser während der Julikrise geführt hatte. Vor allem aber vertrat er die These vom „Deutschen Sonderweg“ in das 20. Jahrhundert. Zunehmend betonte Fischer im Anschluss an Hans-Ulrich Wehlers Theorie des Sozialimperialismus auch innenpolitische Motive: Die Regierung habe mit dem Krieg Spannungen kanalisieren und Oppositionskräfte einbinden wollen. Der Aufsatz Juli 1914 (1983) fasste seine Argumentation letztmals zusammen.

Die Kontroverse

Fischers Rechercheleistung wurde von den meisten Rezensenten seiner ersten beiden Veröffentlichungen gewürdigt. In das Zentrum der Kontroverse rückte vor allem seine Deutung der Julikrise. Diese wurde in der Bundesrepublik zunächst mehrheitlich vehement abgelehnt. Darin spiegelte sich auch ein gewisser Schock über den Tabubruch eines einzelnen Historikers, der sich mit herkömmlichen Quellenfunden gegen den Nachkriegskonsens stellte, für die Entwicklung zum Weltkrieg seien alle europäischen Großmächte mehr oder weniger gleich verantwortlich gewesen, aber niemand habe den Krieg gewollt. Im Ausland dagegen wurde diese Position Fischers eher unterstützt.

Als erster und schärfster Kritiker Fischers profilierte sich Gerhard Ritter, Vertreter der historiographischen Tradition der Zwischenkriegszeit und Wortführer des Historikerverbandes. Er vertrat weiterhin die Einschätzung, die deutsche Politik im Juli/August 1914 sei grundsätzlich defensiv gewesen.

Wichtige Kontrahenten Fischers waren zudem Egmont Zechlin, Karl Dietrich Erdmann und Andreas Hillgruber. Auch sie erkannten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, eine Initiative und damit schuldhafte Verantwortung des Kaiserreichs für den Krieg an. Sie gingen gleichwohl davon aus, dass die Reichsleitung unter Bethmann Hollweg den Krieg nicht direkt anstrebte, sondern aus dem Gefühl einer für Deutschland unhaltbar gewordenen Defensive heraus die politische - und nur notfalls militärische - Offensive suchte.

Hillgruber deutete das Verhalten der Reichsregierung im Juli 1914 als „Konzeption eines kalkulierten Risikos zur Durchsetzung begrenzter machtpolitischer Veränderungen unter Ausnutzung von internationalen Krisensituationen.“[3] Er nahm also gegen Fischer nicht an, dass die im September 1914 dokumentierten Kriegsziele schon vorher verfolgt wurden.

Ferner betonten Fischers Gegner stärker die politischen Entscheidungen und Ziele der anderen Großmächte in der Julikrise. So wurde etwa die Mobilmachung der russischen Armee als genauso wichtiger eskalierender Faktor wie die deutsche „Blankovollmacht“ für Österreich-Ungarn vom 5. Juli 1914 angesehen.

Fischers Arbeiten wurden auch wegen ihrer Methodik kritisiert. Fischer habe sich zwar intensiv mit einem vermeintlichen deutschen Weltmachtstreben beschäftigt, jedoch ohne die deutsche Politik in den Gesamtzusammenhang der Politik der anderen europäischen Großmächte zu stellen. Ohne eine solche Analyse könnten Fischers weitreichende Schlüsse zur Gesamtkriegsschuld nicht gezogen werden.

Trotz mehrheitlicher Ablehnung stimmten einige Historiker Fischer im weiteren Verlauf der Kontroverse im Kern zu: so sein Schüler Imanuel Geiss in der Bundesrepublik, in Großbritannien John Röhl.

Öffentliche Dimension der Kontroverse

Schon das Erscheinen von "Griff nach der Weltmacht" löste eine lange Reihe von Rezensionen in den überregionalen Tageszeitungen aus. Der überwiegende Teil würdigte dabei Fischers akribische Quellenarbeit und viele sahen Fischers Neuinterpretation der Kriegsschuld als bewiesen an. Besondere Brisanz lag zudem in der von Fischer - wenn auch nur in einem einzigen Satz - beschriebenen Kontexteinordnung zum Kontinuitätsproblem vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg. Die Detailuntersuchung wurde so in eine größere historische Perspektive gerückt, die auf die Entstehungsbedingungen des 'Dritten Reiches' abzielte. Diese Dimension von Fischers Arbeit löste in der Folge eine emotional geführte Debatte in der Öffentlichkeit aus, an der sich Historiker, Journalisten und Politiker beteiligten.

Nach einer Phase von Rezensionen von 1961 bis 1963, in der die Autoren die Brisanz von Fischers Arbeit für die Frage nach der Kontinuität schon vielfach erkannten, folgte die Hochphase aber erst 1964. In diesem Jahr jährten sich sowohl der Ausbruch des Ersten (50 Jahre) als auch des Zweiten Weltkrieges (25 Jahre). Dies ermöglichte den Medien eine verstärkte Aufnahme der Debatte. Zudem hatte sich die politische Kultur in der Bundesrepublik seit 1959 ´verändert. Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit wurde in den Massenmedien zunehmend thematisiert. Dies schuf einen positiven Rezeptionsrahmen für Fischers Thesen.

Die öffentliche Auseinandersetzung wurde vor allem in den überregionalen Tageszeitungen (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt, Süddeutsche Zeitung) und in den Wochenzeitschriften (Die Zeit, Der Spiegel) ausgetragen. Eine besondere Rolle nahm dabei der Spiegel ein, dessen Herausgeber Rudolf Augstein sich aktiv in die Diskussion einschaltete und durch einen Vorabdruck der zweiten Auflage von Griff nach der Weltmacht keinen Zweifel darüber aufkommen ließ, dass er auf Fischers Seite stand.

Auch Politiker mischten sich in die historische Debatte ein. Sowohl Bundeskanzler Ludwig Erhard als auch Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier bezogen in Reden zu den Jahrestagen dezidiert Position gegen Fischer. Eine 1964 geplante Vortragsreise Fischers durch die USA auf Einladung des Goetheinstituts wurde durch Streichung der anfangs bewilligten Fördergelder verhindert. In dem folgenden öffentlichen Proteststurm auch seitens US-amerikanischer Historiker stellte sich heraus, dass Gerhard Ritter die Absage mit Eingaben an den damaligen Außenminister Gerhard Schröder (CDU) erreicht hatte.

Konrad H. Jarausch erklärt die damalige Aufregung aus der besonderen zeitgeschichtlichen Situation:[4]

Fischers Thesen waren ein Schock. In Jerusalem stand Adolf Eichmann vor Gericht, in Frankfurt begannen die Auschwitzprozesse. Allen Deutschen wurde vor Augen geführt, welche schrecklichen Dinge im Dritten Reich passiert waren. Und nun sollten sie auch noch schuld am Ersten Weltkrieg sein. [...] Verstärkt wurde die Konfrontation noch durch den Kalten Krieg. Die harten Urteile, mit denen ostdeutsche Wissenschaftler die Politik des Kaiserreichs verdammten, tabuisierten die Kriegsschuldfrage unter deutschen Historikern zusätzlich.

Bilanz

Die Fischer-Kontroverse gilt als eine der wichtigsten historischen Debatten der westdeutschen Nachkriegsgeschichte. Die zuvor vorherrschende (apologetische) Auffassung, der Erste Weltkrieg sei als deutscher Verteidigungskrieg begonnen worden, verlor in diesem Zusammenhang stark an Bedeutung. Seit 1985 flaute die Kontroverse ab und ist seither einer nüchternen Ereignisanalyse gewichen. Dabei wurden Fischers Fragestellungen aufgegriffen und hinsichtlich der Sozialgeschichte im Kaiserreich, den gesellschaftlichen Verwerfungen im Kriegsverlauf und der Kontinuität von Führungseliten und Kriegszielen in beiden Weltkriegen erweitert. Dies trug dazu bei, dass auch nichtdeutsche Historiker die Eigenverantwortung ihrer Staaten für den Ersten Weltkrieg differenzierter herausstellten.

Ein an der Zeitgeschichte orientierter Historiker, Klaus Große-Kracht, zog als Bilanz:[5]

Trotz der abwehrenden Haltung nahezu aller führenden Zeithistoriker der Bundesrepublik, ja selbst der Einschaltung politischer Instanzen, setzten sich Fischers Thesen aus Griff nach der Weltmacht im Laufe der sechziger Jahre vor allem in der jüngeren Generation, die selbst keinerlei Erfahrung mit dem Ersten Weltkrieg mehr verband, zunehmend durch. Die zentrale Bedeutung der Fischer-Kontroverse, die zu Recht als eine „Schlüsseldebatte“ der westdeutschen Zeitgeschichtsforschung gelten kann, liegt jedoch nicht in der Erneuerung der 'Kriegsschuldfrage', sondern darin, dass sie die Frage der Kontinuität wieder auf die Tagesordnung gesetzt und damit die „Zeitgeschichte“ über das Jahr 1917 hinaus in die Geschichte des Kaiserreichs zurückgeführt hat. Diesen Impuls haben dann vor allem jüngere Historiker wie Wolfgang J. Mommsen und Hans-Ulrich Wehler Ende der sechziger Jahre aufgegriffen, die Fischers engen politikgeschichtlichen Ansatz u.a. im Rückgriff auf die frühen Arbeiten Eckhart Kehrs um sozialgeschichtliche Zugänge erweitert und so die Diskussion um den deutschen 'Sonderweg' vom Kaiserreich bis in das 'Dritte Reich' neu eröffnet haben.

In einem Rückblick auf große historische Debatten bezeichnete Konrad H. Jarausch die Kontroverse als „Stellvertreterdebatte“ für die immer mitgedachten Zusammenhänge mit dem Zweiten Weltkrieg. Es sei dabei um „die Kontinuität des historischen Selbstverständnisses und die daraus abgeleitete Legitimität nationaler Politik in Deutschland gegangen“ (S. 34). Das Verdienst dieser „Schlüsseldebatte“ für eine kritische Geschichtswissenschaft und ein kritisches Geschichtsbewusstseins in der Bundesrepublik habe „weniger in der Aufdeckung der deutschen Kriegsschuld als in der Universalisierung nationaler Selbstkritik als zentraler Aufgabe der Zeitgeschichte überhaupt“ bestanden (S. 36).[6]

Heinrich August Winkler gab Fischers Hauptthese im Blick auf den heutigen Forschungsstand nochmals Recht:[7]

Das Ziel, mit dem die deutschen Eliten in den Ersten Weltkrieg gezogen waren, hieß Hegemonie in Europa und Aufstieg zur Weltmacht. Am Ende stand ein Friedensvertrag, den die Deutschen als schreiendes Unrecht empfanden, obwohl er das Reich bestehen ließ und ihm die Möglichkeit einräumte, wieder zur Großmacht zu werden. Eine selbstkritische Auseinandersetzung mit der deutschen Kriegsschuld fand nicht statt, obschon bereits im April 1919 eine interne Aktensammlung vorlag, die keinen Zweifel daran ließ, dass die Reichsleitung im Juli 1914 alles getan hatte, die internationale Krise zu verschärfen. In Abwehr der alliierten These, Deutschland und seine Verbündeten trügen die alleinige Verantwortung für den Kriegsausbruch, entstand eine Kriegsunschuldlegende, die ebenso viel Unheil stiftete wie ihre Zwillingsschwester, die Dolchstoßlegende...

Referenzen

  1. Fritz Fischer, Griff, Sonderausgabe 1967, S. 95
  2. Fritz Fischer, a.a.O. S. 82
  3. Andreas Hillgruber: Deutsche Großmacht- und Weltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1977, S. 92
  4. „Ein Buch wie ein Sprengsatz“ - Der Historiker Konrad H. Jarusch über den Streit um Fritz Fischers Forschungen im Gespräch mit Karen Andresen (Der Spiegel); in: Stephan Burgdorf und Klaus Wiegrefe: Der 1. Weltkrieg - Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, Deutsche Verlagsanstalt, München, 2004, ISBN 3-421-05778-8, S. 256 und 259
  5. Klaus Große-Kracht, Kriegsschuldfrage und zeithistorische Forschung in Deutschland. Historiographische Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs S. 17f
  6. Sabine Moller, Rezension von Zeitgeschichte als Streitgeschichte (Hrsg.: Martin Sabrow, Ralph Jessen, Klaus Große Kracht; C.H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49473-0) für HSozkult, 20. März 2004
  7. Der Spiegel, 17. Februar 2007, S. 56

Literatur

Fritz Fischer

  • Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18 (1961), Droste 2000 (Nachdruck der Sonderausgabe 1967), ISBN 3770009029
  • Weltmacht oder Niedergang. Deutschland im Ersten Weltkrieg (1965), Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt a.M. 1968, ASIN B0000BQZAR
  • Krieg der Illusionen: Die deutsche Politik von 1911 bis 1914 (1969), Droste 1998, ISBN 3770009134
  • Der Erste Weltkrieg und das deutsche Geschichtsbild (1977), C.H.Beck 1998, ISBN 3770004787
  • Bündnis der Eliten: Zur Kontinuität der Machtstrukturen in Deutschland, 1871-1945 (1979), Droste 2000, ISBN 3770009118
  • Hitler war kein Betriebsunfall: Aufsätze (1992), Droste 1998, ISBN 3406340512
  • Juli 1914: Wir sind nicht hineingeschlittert (1983), Rowohlt TB-V., ISBN 349915126X
  • Twenty-Five Years Later: Looking Back at the „Fischer Controversy“ and Its Consequences. In: Central European History 21/1988, S. 207-223

Reaktionen

  • Egmont Zechlin: Krieg und Kriegsrisiko. Zur deutschen Politik im Ersten Weltkrieg. Aufsätze, ISBN 3770005341
  • Karl D. Erdmann, Egmont Zechlin u.a.: Krieg und Frieden. Politik und Geschichte - Europa 1914, Schmidt & Klaunig 1985), ISBN 3883120219
  • Karl Dietrich Erdmann (Hrsg.): Kurt Riezler: Tagebücher, Aufsätze, Dokumente, Vandenhoeck + Ruprecht 1997), ISBN 3525358172
  • Andreas Hillgruber: Deutschlands Rolle in der Vorgeschichte der beiden Weltkriege (1967), Vandenhoeck und Ruprecht, ASIN B0000BRM2J
  • Ernst Graf Lynar (Hrsg.): Deutsche Kriegsziele 1914-1918, Frankfurt a.M. 1964 (Sammelband von Historikern und Journalisten)
  • Imanuel Geiss und Bernd Jürgen Wendt (Hrsg.): Deutschland in der Weltpolitik des 19. und 20. Jahrhunderts: Fritz Fischer zum 65. Geburtstag, Bertelsmann Universitätsverlag, Düsseldorf 1973

zur Kontroverse

  • Volker R. Berghahn, "Die Fischer-Kontroverse - 15 Jahre danach," in: Geschichte und Gesellschaft 6 (1980), S. 403-419.
  • Imanuel Geiss: Die Fischer-Kontroverse. Ein kritischer Beitrag zum Verhältnis zwischen Historiographie und Politik in der Bundesrepublik, in: Imanuel Geiss: Studien über Geschichte und Geschichtswissenschaft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1972, S. 108–198
  • Klaus Große Kracht: Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-36280-3 (Rezension von Manfred Kittel, Institut für Zeitgeschichte, München-Berlin)
  • Wolfgang Jäger: Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland. Die Debatte 1914-1980 über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984, ISBN 3525357206
  • Konrad H. Jarausch: Der nationale Tabubruch. Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik in der Fischer-Kontroverse, in: Martin Sabrow, Ralph Jessen, Klaus Große Kracht (Hrsg.): Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Große Kontroversen seit 1945, Beck 2003, ISBN 3406494730
  • John Anthony Moses: The Politics of Illusion. The Fischer Controversy in German Historiography, London 1975 (Nachdruck 1985), ISBN 0702210404
  • Gregor Schöllgen: Griff nach der Weltmacht? 25 Jahre Fischer-Kontroverse, in: Historisches Jahrbuch 106 (1986), S. 386-406
  • Matthew Stibbe: The Fischer Controversy over German War Aims in the First World War and its Reception by East German Historians, 1961–1989. In: The Historical Journal 46/2003, S. 649–668

zur Geschichtsschreibung

  • Helmut Böhme: „Primat“ und „Paradigma“. Zur Entwicklung einer bundesdeutschen Zeitgeschichtsschreibung am Beispiel des Ersten Weltkrieges, in: Hartmut Lehmann (Hrsg.): Historikerkontroversen. Göttingen: Wallstein 2001, ISBN 3892444137, S. 89–139.
  • Gerhard Hirschfeld: Der Erste Weltkrieg in der deutschen und internationalen Geschichtsschreibung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte B29-30/2004, S. 3-12. [1]
  • Gregor Schöllgen (Hrsg.): Flucht in den Krieg? Die Außenpolitik des kaiserlichen Deutschland, Darmstadt 1991 (Sammelband mit kontroversen Beiträgen)