Flockenstieliger Hexen-Röhrling
Flockenstieliger Hexen-Röhrling | ||||||||||||
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Flockenstieliger Hexen-Röhrling (Boletus erythropus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Boletus erythropus | ||||||||||||
Pers. 1795 |
Der Flockenstielige Hexen-Röhrling (Boletus erythropus, syn. B. luridiformis) ist eine Pilzart aus der Familie der Dickröhrlingsverwandten. Er ist ein häufiger Vertreter der Dickröhrlinge und wird im Volksmund je nach Landstrich auch Tannen-, Schuster-, Donnerpilz oder Zigeuner (z. B. im Bayerischen Wald) genannt. Die Bezeichnung „Schusterpilz“ entstand wegen der wildlederartigen Oberfläche des Huts.[1]
Merkmale
Makroskopische Merkmale
Der Hut ist halbkugelig bis polsterförmig, verflacht aber im Alter etwas. Er erreicht einen Durchmesser zwischen 6 und 20, manchmal auch 25 Zentimetern. Die Oberseite ist meist dunkelbraun gefärbt; selten ist sie heller braun oder mit oliven Anteilen getönt. Die Huthaut ist fein samtig-filzig, verkahlt jedoch im Alter. Bei feuchter Witterung ist sie für kurze Zeit etwas schleimig. Die Röhren sind gelb und besitzen einen Olivton. Druckstellen verfärben sich stark blau. Die Poren sind orange bis rot gefärbt. Meist ist die Tönung über den gesamten Durchmesser recht gleichmäßig. Auf Druck laufen die Poren ebenfalls blau an.
Der Stiel wird zwischen 5 und 15 Zentimetern lang und 2 bis 5 Zentimeter dick. Er ist walzig bis keulig geformt, allerdings kaum bauchig verdickt. Die Oberfläche ist gelb bis bräunlichgelb gefärbt und mit feinen Flocken überzogen. Am oberen Teil des Stiels können diese mehr gelblich sein. An der Basis befindet sich olivlicher Filz; das angewachsene Myzel ist blass gelblich getönt.
Das Fleisch ist dottergelb, in der Basis manchmal leicht rötlich. Bei Verletzung verfärbt es sich sofort kräftig blau. Nach einigen Stunden entfärbt es sich wieder trübgelb. Das Hutfleisch unter der Röhrenschicht (Röhrenboden) ist gelb. Es besitzt keinen bestimmten Geruch und schmeckt mild. Mit Amylon zeigt das Fleisch keine Reaktion.
Mikroskopische Merkmale
Die Basidien sind 25–40 × 9–13 (15) Mikrometer groß. Die Sporen besitzen eine spindelige Form und messen 12–18 × 4,5–6,5 Mikrometer. Die Zystiden sind flaschenförmig bis bauchig-spindelig. Sie sind an den Poren zerstreuter und größer vorhanden; sie werden bis zu 50 Mikrometer lang. Die Hutdeckschicht besitzt zunächst mehr oder weniger aufgerichtete, aber bald anliegende Hyphenenden, die 3 bis 6 Mikrometer dick sind. Sie sind vor allem bei älteren Exemplaren etwas gelatinös. Die Endzellen sind zylindrisch bis schwach keulig geformt.
Artabgrenzung
Der Flockenstielige Hexen-Röhrling ist unter den Dickröhrlingen der einzige mit einem flockigen Stiel.[2] Ähnlich ist der Netzstielige Hexen-Röhrling (Boletus luridus), der am Stiel eine netzartige Zeichnung aufweist. Im Schnitt zeigt sich eine dunklere Linie an der Kontaktstelle von Röhren und Hutfleisch und sein Röhrenboden ist orangerot bis orangegelb getönt. Von unkundigen Sammlern kann er mit dem giftigen Satansröhrling (Boletus satanas) verwechselt werden, der aber – vor allem im Jugendstadium – eine wesentlich hellere, graue Hutfarbe besitzt.
Ökologie
Der Flockenstielige Hexen-Röhrling ist in erster Linie in Rotbuchenwäldern zu finden und dort vor allem in Hainsimsen-Buchenwäldern. Ebenfalls sehr häufig ist er in bodensauren Nadelwäldern, insbesondere in Preiselbeer-Fichten-Tannenwäldern anzutreffen. Der Pilz wächst gern im Randbereich von Mooren, jedoch kaum in deren Zentrum. Obwohl die Art auf zahlreichen Bodenarten vorkommen kann, bevorzugt sie sauren und frischen Untergrund. Auch bei einer oberflächlichen Versauerung ist sie anzutreffen. Auf besonders trockenen oder sehr feuchten Böden ist der Pilz kaum zu finden. Der Stickstoff-Gehalt beeinflusst das Wachstum kaum, lediglich auf stark stickstoffhaltigem Substrat ist er selten.
Der Flockenstielige Hexen-Röhrling ist ein Mykorrhiza-Pilz, der vor allem mit Nadelbäumen, meist Fichten, seltener mit Laubbäumen wie Rotbuchen oder Eichen in Symbiose lebt. Die Fruchtkörper erscheinen relativ früh, so dass bereits im Mai Funde gemacht werden können. Das Wachstum erstreckt sich bis in den Oktober, manchmal auch später.
Verbreitung
Der Flockenstielige Hexen-Röhrling ist vor allem in Europa verbreitet. Außerdem wurde er in Nordamerika nachgewiesen und eine Form der Art ist in Nordafrika anzutreffen. In Europa ist er weit verbreitet; das Gebiet reicht bis Vorderasien. Ebenso ist der Pilz in Deutschland häufig anzutreffen.
Inhaltsstoffe
Die bei Druck oder Verletzung des Fruchtkörpers auftretende Blaufärbung hängt mit der enthaltenen Variegatsäure zusammen, die an Verletzungen der Fruchtkörper mit Hilfe von Oxidasen mit dem Luftsauerstoff zu Hydroxychinonmethid oxidiert wird, dessen Anion blau ist. Die rote Farbe ist Variegatorubin.[3]
Systematik
Von gewisser Bedeutung ist vor allem die Varietät junquilleus, bei der alle Teile des Fruchtkörpers gelb gefärbt sind. Sie ist vermutlich eine Variante ohne Farbpigmente. Sonstige Unterschiede zur Typusform lassen sich nicht feststellen. Weiterhin gibt es eine Varietät discolor, die mit Amylon positiv reagiert und in wärmeliebenden Eichenwäldern anzutreffen ist.
Bedeutung
Er wird in manchen Gegenden mehr geschätzt als der Steinpilz. Er ist im rohen Zustand giftig, gegart jedoch ein schmackhafter Speisepilz. Er ist angeblich noch bekömmlicher, wenn er vor der Zubereitung oder Konservierung blanchiert wird. Die blauen Verfärbungen haben aber keinen Einfluss auf die Genießbarkeit; sie verlieren sich beim Blanchieren.
Quellen
Literatur
- Andreas Gminder, German J. Krieglsteiner, Wulfard Winterhoff: Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 2: Ständerpilze: Leisten-, Keulen-, Korallen- und Stoppelpilze, Bauchpilze, Röhrlings- und Täublingsartige. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3531-0.
Einzelnachweise
- ↑ Rita Lüder: Grundkurs Pilzbestimmung. Eine Praxisanleitung für Anfänger und Fortgeschrittene. 1. Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2007, ISBN 978-3-494-01341-1, S. 165 (470 Seiten).
- ↑ Andreas Gminder: Schlüssel der rotporigen Röhrlinge.
- ↑ Wolfgang Steglich: Pilzfarbstoffe. In: Chemie in unserer Zeit. Band 9, Nr. 4, August 1975, S. 117–123, doi:10.1002/ciuz.19750090404.
Weblinks
- Fredi Kasparek: Flockenstieliger Hexenröhrling, Schusterpilz. In: www.natur-in-nrw.de. Axel Steiner, abgerufen am 15. Juli 2012 (Artporträt).
- Frank Moser: Flockenstieliger Hexenröhrling. In: Natur-Lexikon.com. Abgerufen am 15. Juli 2012 (Artporträt).