Frauenkirche (Nürnberg)

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Frauenkirche
Westfassade der Kirche

Westfassade der Kirche

Basisdaten
Konfession römisch-katholisch
Ort Nürnberg, Deutschland
Diözese Erzbistum Bamberg
Patrozinium Maria
Baugeschichte
Bauherr Kaiser Karl IV.
Baubeschreibung
Einweihung 1358
Baustil Gotik
Funktion und Titel

Pfarrkirche der Pfarrei zu Unserer lieben Frau Nürnberg

Koordinaten 49° 27′ 14,4″ N, 11° 4′ 40,8″ OKoordinaten: 49° 27′ 14,4″ N, 11° 4′ 40,8″ O

Die Frauenkirche, heute römisch-katholische Stadtpfarrkirche Unserer Lieben Frau, steht als eine der bedeutenden Kirchen Nürnbergs an der Ostseite des Hauptmarkts. Sie wurde auf Veranlassung von Kaiser Karl in der Parlerzeit von 1352 bis 1362 als Hallenkirche mit drei mal drei Jochen errichtet; an der Westseite, zum Markt hin, ist eine Vorhalle vorgelagert, im Osten schließt sich in der Breite des Mittelschiffs ein zweijochiger Chor mit 5/8-Schluss an. Von Adam Kraft stammt der westliche Giebel mit einem Maßwerktabernakel für das sogenannte Männleinlaufen von 1509, das noch in Betrieb ist. Aus der Erbauungszeit um 1360 sind viele Skulpturen von hoher Qualität erhalten (teils stark restauriert).

Geschichte

Das Innere der Frauenkirche, Kupferstich von 1696

Die Kirche wurde an dem Ort der beim Judenpogrom im Jahre 1349 zerstörten Synagoge erbaut. Auftraggeber war Kaiser Karl IV. Als Architekt wird in der Forschung immer wieder Peter Parler, der Baumeister des Prager Veitsdoms, genannt, ohne dass sich das beweisen ließe. Die Altäre am Choreingang wurden 1358 geweiht, die Bauvollendung zog sich bis in die 1360er Jahre hin. Die Kapelle diente in der Folgezeit als kaiserliche Hofkapelle und als Versammlungsort der adligen Fürspännergesellschaft. Im Zusammenhang mit der Taufe des kaiserliche Thronfolgers Wenzel in der nahegelegenen Kirche St. Sebald im Jahre 1361 ist die Präsentation der Reichskleinodien vom Umgang des Michaelschors überliefert. Doch war der Altan vor der Westfassade der Frauenkirche nicht für eine regelmäßige Weisung der Reichskleinodien bestimmt, sondern eher für die Weisung des umfangreichen eigenen kostbaren Reliquienbesitzes, den u. a. Karl IV. gestiftet hatte. Auf die Geburt des kaiserlichen Thronfolgers Wenzel nimmt das ungewöhnliche plastische Programm der Portale und Schlusssteine der Kirche Bezug.

In den Jahren 1442 und 1443 baute Heinrich Traxdorf aus Mainz eine „mittlere und eine kleine Orgel“. 1487 wurde die 1466 abgebrannte Sakristei wiederhergestellt. In den Jahren 1506–1508 schuf Adam Kraft einen neuen Westgiebel. Die Kirche wurde 1810–1816 unter Lorenz Rotermundt in Hinblick auf eine Neunutzung als katholische Pfarrkirche grundlegend erneuert. 1946–1953 wurden Kriegszerstörungen behoben; nur die Mauern des Langhauses und der Fassade waren erhalten geblieben. 1989–1991 wurde das Bauwerk instand gesetzt. Hierbei wurde in den Chorboden ein Davidstern mit Jahreszahl „1349“ eingesetzt zum Gedenken an das Pogrom gegen die jüdische Siedlung am Hauptmarkt im Jahre 1349. Seit 2003 wird die äußere Westfassade saniert.

Innenausstattung

Innenansicht der Frauenkirche

Im Innern der Frauenkirche sind zahlreiche Kunstwerke aus dem Mittelalter überliefert, die allerdings häufig erst im frühen 19. Jahrhundert in die Kirche kamen, als sie nach jahrhundertelanger protestantischer Nutzung für den katholischen Gottesdienst neu eingerichtet wurde, z. B. der so genannte Tucheraltar (um 1440/1450; stammt aus der abgerissenen Augustinerkirche), Peringsdörffersches Sandstein-Epitaph von Adam Kraft (um 1498, ebenfalls aus dem Augustinerkloster). Von der mittelalterlichen Originalausstattung der Frauenkirche sind erhalten: Steinerner Skulpturenzyklus aus der Zeit um 1360 im Chor (u. a.Anbetung der Könige, hl. Wenzel, Schmerzensmann); Verkündigungsengel und Leuchterengel aus dem Umkreis von Veit Stoß (Anfang 16. Jahrhundert), Reste des ersten Hochaltarretabels um 1400 (die gemalten Tafeln heute im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und im Frankfurter Städel, Tonfiguren u. a. in der Prager Nationalgalerie). Der Nachfolger auf dem Hochaltar, das sog. Welserretabel aus dem frühen 16. Jh., ist heute nur noch in Fragmenten erhalten (Flügelteile im Germanischen Nationalmuseum). Aus der Frauenkirche stammen auch die berühmten sog. „Nürnberger Tonapostel“ aus der Zeit um 1400 (heute Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, und Kirche St. Jakob). Eine Rosenkranztafel aus dem Umkreis des Veit Stoß befindet sich heute ebenfalls im Germanischen Nationalmuseum.

Orgel

Die Geschichte einer Orgel in dieser Kirche reicht in das Jahr 1442 zurück. Die derzeitige Orgel der Frauenkirche wurde 1988 von der Orgelbaufirma Johannes Klais (Bonn) erbaut. Das Instrument hat 42 Register auf Schleifwindladen, von denen 20 aus der Vorgängerorgel aus dem Jahr 1958 stammen, die ebenfalls von der Firma Klais errichtet worden war. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch.[1]

I Hauptwerk C–a3

26. Gedackt 16′
27. Principal 8′
28. Doppelflöte 8′
29. Gemshorn 8′
30. Octave 4′
31. Spitzflöte 4′
32. Quinte 22/3
33. Superoctave 2′
34. Mixtur V
35. Cornet V 8′
36. Trompete 8′
II Positiv C–a3
14. Bourdon 8′
15. Quintade 8′
16. Principal 4′
17. Flötgedeckt 4′
18. Nasard 22/3
19. Octave 2′
20. Terz 13/5
21. Larigot 11/3
22. Scharff IV
23. Cromorne 8′
24. Vox humana 8′
25. Tremulant
III Schwellwerk C–a3
1. Holzprincipal 8′
2. Rohrflöte 8′
3. Gamba 8′
4. Vox coelestis 8′
5. Geigenprincipal 4′
6. Flûte octaviante 4′
7. Blockflöte 2′
8. Plein jeu V
9. Basson 16′
10. Trompette harmonique 8′
11. Hautbois 8′
13. Tremulant
Pedal C–a1
39. Principalbaß 16′
40. Subbaß 16′
41. Quinte 102/3
42. Octave 8′
43. Rohrgedackt 8′
44. Tenoroctave 4′
45. Rauschpfeife IV
46. Posaune 16′
47. Trompete 8′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P, III 4'/P (Nr. 12, 37, 38, 48-51)
  • Spielhilfen: Zwei freie Kombinationen, 32-fache elektronische Setzeranlage

Äußeres der Kirche

Männleinlaufen

Männleinlaufen
Männleinlaufen in Full-HD

Das Männleinlaufen wurde 1356 von Kaiser Karl zur Erinnerung an die Goldene Bulle gestiftet. Über dem Hauptportal sollten die Kurfürsten und der Kaiser in einem kunstvollen Uhrwerk dargestellt werden. In den Jahren 1506–1509 fertigten der Schlossermeister Jörg Heuss und Sebastian Lindenast der Ältere die Uhr an. Das Werk wurde von Heuss konstruiert und gebaut, während Lindenast die kupfergetriebenen Figuren dazu lieferte. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Uhrwerk im Nürnberger Kunstbunker aufbewahrt.

Ablauf: Mittags um zwölf Uhr öffnet sich an der Uhr ein Tor. Es erscheint ein Herold und eröffnet das Spiel mit dem Geläut eines Glöckchens, dazu öffnet und schließt er seinen Mund. Wenig später folgt in einem anderen Fenster der Ordner und gibt mit seinem Stab den Takt vor. Es folgen zwei Posaunenbläser, ein Flötenpfeifer und ein Trommelschläger, die lautlos spielen, daraufhin kommen die sieben Kurfürsten mit den Reichskleinodien, verneigen sich und umrunden dreimal den Kaiser, der mit seinem Zepter grüßt. Im schmiedeeisernen Türmchen schlagen zwei in türkische Tracht gekleidete Männer mit einem Hammer abwechselnd auf eine Glocke. Nachdem die Glocke die Stunden geschlagen hat, verschwindet der ganze Zug wieder im Innern der Uhr.

Ursprünglich nahmen die Kurfürsten vor dem Kaiser ihre Hermelinmützen ab. Im Laufe der Jahrhunderte zerstörte aber der Rost die Uhr und die Figuren zerbrachen. Die hölzernen Ersatzfiguren sind viel steifer und können ihre Mützen nicht mehr abnehmen. Über dem Zifferblatt zeigt eine blau-goldene Mondkugel die Mondphasen an.

Kirchenbuch

Hans Stromer und Wilh. Ebner beauftragten den Maler Albrecht Glockendon für ein Kirchenbuch eine Miniatur zu malen, die 1518 fertiggestellt wurde.[2]

Bilder

Literatur

  • Robert Leyh: Die Frauenkirche zu Nürnberg. Katholische Pfarrkirche Unserer Lieben Frau. Fotos Reinhard Bruckner. [Engl. Übers. der Bildunterschr.: Margaret Marks]. München; Zürich: Schnell und Steiner, 1992, 56 S., ISBN 3-7954-0721-4 (Große Kunstführer; Band 167)
  • Günther Bräutigam Buchbesprechung Robert Leyh: Die Frauenkirche zu Nürnberg. München; Zürich: Schnell und Steiner, 1992, S. 264 f. - online
  • Dehio-Handbuch: Bayern I. Franken. 2. Auflage, München 1999, S. 739 ff.
  • Gerhard Weilandt, Zur Herkunft der Nürnberger Tonapostel. Ein Widerspruch aus aktuellem Anlaß und einige Neufunde, in: Kunstchronik 56 (2003), S. 408–414.
  • Gerhard Weilandt: Das Hochaltarretabel der Nürnberger Frauenkirche. Ein Hauptwerk der Kunst um 1400 (Standortstudien V), in: Kunst als Herrschaftsinstrument. Böhmen und das Heilige Römische Reich unter den Luxemburgern im europäischen Kontext, hg. v. Jiří Fajt/Andrea Langer, Berlin/München 2009, S. 196–220.
  • Günter Heß, Viktoria Huck: 500 Jahre Männleinlaufen, hg. v. Kath. Pfarramt Zu Unserer Lieben Frau, Nürnberg, 2009
  • Gerhard Weilandt: Der ersehnte Thronfolger – Die Bildprogramme der Frauenkirche in Nürnberg zwischen Herrschaftspraxis und Reliquienkult im Zeitalter Kaiser Karls IV., in: Kirche als Baustelle. Große Sakralbauten des Mittelalters, hg. v. Katja Schröck / Bruno Klein / Stefan Bürger, Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2013, ISBN 978-3-412-20976-6, S. 224–242.

Einzelnachweise

  1. Näheres zur Orgel der Frauenkirche
  2. VERZEICHNISS ÜBER DAS v.DERSCHAUISCHE Kunstkabinett zu NÜRNBERG.... Nürnberg, bei dem verpflichteten Auctionator Schmidmer., 1825., 250 S., Verzeichniss der seltenen Kunst-Sammlungen.,1825., Google Books, online, S. 83, (31.)
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