Fritz Nipkow

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Fritz Nipkow (* 18. Januar 1886 in Stäfa; † 26. April 1963 in Zürich) war ein Schweizer Apotheker und Limnologe. Er studierte Pharmazie am Eidgenössischem Polytechnikum. Im Jahr 1912 heiratete Nipkow Hedwig Delpy, die als erste Frau am Polytechnikum promovierte. Mit ihr hatte er eine Tochter und drei Söhne. Nach dem Studium führte er über 50 Jahre zusammen mit seiner Frau die von ihnen gegründete Winkelried-Apotheke in Zürich-Oberstrass. Im Jahr 1949 stieg sein jüngster Sohn in das Geschäft ein. Während der beiden Weltkriege diente Nipkow im Militär, seine Frau musste die Apotheke währenddessen alleine weiterführen. Nach dem Ersten Weltkrieg begann er mit limnologischen Forschungen am Zürichsee und weiteren, häufig benachbarten Kleingewässern. Er gilt als einer der Pioniere der limnologischen Forschung am Zürichsee, von besonderer Bedeutung waren seine Sedimentuntersuchungen, in denen er im Zürich- und Baldeggersee erstmals regelmässige, unterschiedlich gefärbte, Sommer- und Winterschichten nachweisen konnte.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zürichsee vom Uetliberg aus gesehen

Geboren als drittes Kind des Apothekers Ferdinand Nipkow in Stäfa, absolvierte Nipkow die Primar-, die Sekundar- und die Mittelschule an seinem Geburtsort, die Mittelschule am Knaben-Institut Ryffel. Mit 18 Jahren bestand er die eidgenössische Maturitätsprüfung in Basel. Nachdem er zuerst Zahnmedizin in Zürich studierte, wechselte er aber auf Wunsch seines Vaters den Studiengang. Nach einem Praxisjahr in einer Apotheke in Couvet (Kanton Neuenburg) begann er ein Studium der Pharmazie am Polytechnikum, der späteren Eidgenössischen Technischen Hochschule, in Zürich. Dort traf er seine frühere Jugendfreundin Hedwig Delpy wieder, die am Polytechnikum promoviert wurde und während Nipkows Studium als Assistentin arbeitete. Die beiden hatten sich schon als Kinder in Stäfa zuweilen gesehen und zusammen gespielt. Hier weilte Hedwig Delpy oft in den Ferien bei ihrem Grossvater, dem Gründer und Leiter des Instituts Ryffel, in dem Fritz Nipkow seine Mittelschulausbildung erhielt.[1]

Im Jahr 1912 heirateten die beiden und gründeten in Zürich die Winkelried-Apotheke. Schon bald darauf musste Nipkow aufgrund des Ersten Weltkrieges aktiven Wehrdienst leisten und diente als Oberleutnant im Urner Bataillon 87. Erst nach dem Ersten Weltkrieg konnte er sich wieder um das Geschäft kümmern, das unterdessen von seiner Frau weitergeführt wurde. Bald schon begann er, motiviert von Carl Schroeter, an dessen Feldexkursionen er als Student teilgenommen hatte, seine wissenschaftlichen Arbeiten. Er erforschte die Sedimente des Zürichsees und die in ihnen erhaltenen Planktonreste. Erste Ergebnisse wurden 1920 veröffentlicht, die 1927 verfasste Dissertation wurde mit dem Prix Schläfli ausgezeichnet.[2] Anschliessend befasste er sich mit biologischen Fragestellungen zu verschiedenen tierischen und pflanzlichen Planktonarten. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Nipkow, inzwischen zum Hauptmann befördert, nochmals in den Aktivdienst berufen und führte eine Kompanie.

Das Paar hatte eine Tochter und drei Söhne. Der älteste Sohn Gustav Nipkow studierte Pharmazie und war als Nachfolger für die Winkelried-Apotheke vorgesehen. Er verunglückte jedoch im Juni 1942 bei einem Militärunfall tödlich. Sein Bruder Fritz Nipkow jun., der bereits ein Jura-Studium begonnen hatte, wechselte daraufhin zur Pharmazie und trat 1949 nach bestandenem Staatsexamen in die Winkelried-Apotheke ein, die er 1954 übernahm.[1][3]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sedimentkern in einem modernen Stechrohr (Forlorn Lakes, Gifford Pinchot National Forest, Washington).

Nipkow plante – angeregt durch Carl Schroeter – nach eigenen Angaben schon 1911, hydrobiologische Forschungen am Zürichsee durchzuführen. Anfangs wollte er sich mit Uferalgen beschäftigen und begann bereits erste Forschungen in Stäfa, wurde jedoch aus beruflichen Gründen und aufgrund seines Militärdienstes von tiefergehenden Forschungen abgehalten.[4] Ab 1918 führte er systematische Untersuchungen der Sedimente des Zürichsees mittels eines von Einar Naumann entwickelten und von Nipkow selbst verbesserten Sedimentstechrohrs durch, mit dem er auch aus grossen Tiefen weitgehend ungestörte Bohrkerne entnehmen konnte. Er fand in den Sedimenten des tiefsten Bereichs farblich unterschiedene Sommer- und Winterschichten, untersuchte deren chemische Zusammensetzung und beschäftigte sich eingehend mit den in ihnen enthaltenen Zoo- und Phytoplanktonresten. Dabei konnte er historische Algenblüten, zum Beispiel das Auftreten der Kieselalge Tabellaria fenestrata im Jahr 1896, anhand der Planktonreste in den entsprechenden Jahresschichten identifizieren. Erst etwa 30 Jahre nach Nipkows Arbeiten entwickelte sich die häufig mit derartigen im jährlichen Zyklus wiederkehrenden Schichten arbeitende Paläolimnologie als eigenständige Subdisziplin der Limnologie.[5] Erste Ergebnisse dieser Arbeiten wurden 1920 publiziert.[6] 1927 vollendete er seine Dissertation, in der neben den Sedimenten des Zürichsees auch diejenigen des Baldeggersees in die Untersuchungen einbezogen wurden. In dieser untersuchte er systematisch die jährliche Menge der sedimentierten Kieselalgen sowie deren Grösse und die Zusammensetzung der Spezies. Anschliessend führte er deren Variabilität auf externe Veränderungen des Nährstoffhaushaltes, z. B. durch verstärkte Abwassereinleitung oder Uferrutschungen zurück.[7] Für seine Dissertation wurde ihm der Schläfli-Preis der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft verliehen.[8]

In weiteren Arbeiten beschrieb er, teilweise in Zusammenarbeit mit Gottfried Huber-Pestalozzi verschiedene im Zürichsee auftretende Planktonarten.[9] Im Zuge seiner Forschungen war er dabei Erstbeschreiber der beiden Grünalgen Spirogyra angulata[10] und Mougeotia turicensis.[11] Zusammen mit Otto Jaag untersuchte er die Wirkung verschiedener parasitischer Pilze auf Algensorten des Zürichsees (Planktothrix rubescens, Sphaerocystis schroeteri und Eudorina Elegans) und gab einen Überblick über bisher in der Schweiz dokumentierte parasitische Pilze.[12] Neben dem Zürichsee untersuchte er auch Proben von Kleingewässern innerhalb der Region Zürich und anderen Gebieten der Schweiz, die er teilweise während Wanderungen oder Gebirgstouren sammelte.[1][13]

Veröffentlichungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Vorläufige Mitteilungen über Untersuchungen des Schlammabsatzes im Zürichsee. In: Zeitschrift für Hydrologie. 1 (Heft 1/2). Aarau 1920.
  • Verjüngung und Grössenänderung des Stephanodiscus Hantzschii Grun. im Zürichsee. In: Mitteilungen der Märkischen Mikrobiologischen Vereinigung e. V. 11 (Heft 2/3) Berlin 1921.
  • mit Gottfried Huber-Pestalozzi: Experimentelle Untersuchungen über die Entwicklung von Ceratium hirundinella O.F.M. In: Zeitschrift für Botanik. 14 (Heft 5), Fischer, Jena 1922, S. 338–371.
  • mit Gottfried Huber-Pestalozzi: Experimentelle Untersuchungen über Entwicklung und Formbildung von Ceratium hirundinella O.F.M. In: Flora (Neue Folge). 116 (Heft 1/2) 1922, S. 114–215.
  • Über das Verhalten der Skelette planktonischer Kieselalgen im geschichteten Tiefenschlamm des Zürich- und Baldeggersees. Dissertation Zürich 1927.
  • mit Gottfried Huber-Pestalozzi: Beobachtungen am Plankton des Zürichsees. Dileptus trachiloides ZACH., ein für den Zürichsee neues Plankton-Infusorium. In: Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 72, 1927.
  • mit Otto Jaag: Neue und wenig bekannte parasitische Pilze auf Planktonorganismen schweizerischer Gewässer. I. In: Berichte der Schweizerischen Botanischen Gesellschaft. 61, 1951, S. 478–498 (e-periodica.ch).
  • Die Gattung Polyarthra EHRENBERG im Plankton des Zürichsees und einiger anderer Schweizerseen. In: Schweizerische Zeitschrift für Hydrologie. 14 (Heft 1) Basel 1952.
  • Die Auxosporenbildung bei Fragilaria crotonensis KITTON im Plankton des Zürichsees. In: Schweizerische Zeitschrift für Hydrologie. 15 (Heft 2) Basel 1953.
  • Epistylis rotans SVEC. im Plankton des Zürichsees. Ein Beitrag zur Biologie dieses Plankton-infusoriums In: Schweizerische Zeitschrift für Hydrologie. 18 (Heft 1) Basel 1956.
  • Zellteilungen bei zwei Desmidiaceen Micrasterias crux-melitensis (E.) HASSALT und Micrasterias rotata (GREV.) RALFS. In: Schweizerische Zeitschrift für Hydrologie. 22 (Heft 1) Basel 1960.
  • Über die Sexual- und Dauerperioden einiger Zygnemalen aus schweizerischen Kleingewässern. In: Schweizerische Zeitschrift für Hydrologie. 24 (Heft 1) Basel 1962.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gottfried Huber-Pestalozzi: Fritz Nipkow (1886–1963). In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 108, Nr. 4, 1963, S. 470–473.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Gottfried Huber-Pestalozzi: Fritz Nipkow (1886–1963). In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 108, Nr. 4, 1963, S. 470–473.
  2. Der Schläfli-Preis wurde aus dem Vermögen des 1863 verstorbenen Alexander Schläfli ab 1863 an Nachwuchswissenschaftler vergeben. Heinz Balmer: Schläfli, Alexander. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 9. August 2011, abgerufen am 19. Juli 2022.
  3. Yvonne Voegeli: «Ich, Hedwig Delpy» – Die erste Doktorin der ETH. ETHeritage 2016: … „Das Paar hatte eine Tochter und drei Söhne. Der älteste Sohn studierte wie die Eltern an der ETH Pharmazie, der mittlere Forstwirtschaft und der jüngste Rechtswissenschaft an der Universität Zürich.“(Digitalisat)
  4. F. Nipkow: Über das Verhalten der Skelette planktischer Kieselalgen im geschichteten Tiefenschlamm des Zürich-und Baldeggersees: neue Beiträge zur Biologie der Planktondiatomeen und zur Biomorphose der subalpinen Seen. Diss. ETH Zürich 1927 (Vorwort).
  5. Kalff, J.: Limnology. Prentice Hall, New Jersey 2002, ISBN 0-13-033775-7. S. 16.
  6. F. Nipkow (1920): Vorläufige Mitteilungen über Untersuchungen des Schlammabsatzes im Zürichsee. In: Zeitschrift für Hydrologie 1(1-2), S. 100–122.
  7. F. Nipkow: Über das Verhalten der Skelette planktischer Kieselalgen im geschichteten Tiefenschlamm des Zürich-und Baldeggersees: neue Beiträge zur Biologie der Planktondiatomeen und zur Biomorphose der subalpinen Seen. Diss. ETH Zürich 1927.
  8. Akademie der Naturwissenschaften Schweiz: Liste Preisträgerinnen und Preisträger Schläfli 1866–2014 (portal-cdn.scnat.ch).
  9. G. Huber-Pestalozzi, F. Nipkow: Experimentelle Untersuchungen über Entwicklung und Formbildung von Ceratium hirundinella O. F. Müller. In: Flora oder Allgemeine Botanische Zeitung 116, 1921, S. 114–215.
    F. Nipkow: Die Gattung Polyarthra Ehrenberg im Plankton des Zürichsees und einiger anderer Schweizer Seen. In: Schweizer Zeitschrift für Hydrologie 14, 1952, S. 135–181.
    F. Nipkow: Die Rädertiere im Plankton des Zürichsees und ihre Entwicklungsphasen. In: Schweizer Zeitschrift für Hydrologie 23, 1961, S. 398–461.
  10. Spirogyra angulata. Algaebase, abgerufen am 17. Juli 2022.
  11. Mougeotia turicensis. Algaebase, abgerufen am 17. Juli 2022.
  12. O. Jaag, F. Nipkow: Neue und wenig bekannte parasitische Pilze auf Planktonorganismen schweizerischer Gewässer. I. In: Berichte der Schweizerischen Botanischen Gesellschaft 61, 1951, S. 478–498.
  13. F. Nipkow: Über die Sexual-und Dauerperioden einiger Zygnemalen aus schweizerischen Kleingewässern. In: Schweizerische Zeitschrift für Hydrologie. 24, Nr. 1, 1962, S. 1–43.