Gerold der Jüngere

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Gerold in der Baar (auch Gerold II., Gerold I.[1], Geroldo, Gerolt, Geroldus, Gero, Kerold, Keroldo, Kerolt, Keroldus;[2]1. September 799) aus Alemannien war einer der bedeutendsten Heerführer, Ratgeber und persönlichen Vertrauten Karls des Großen[3] und wurde nach der Absetzung Herzog Tassilos III. erster fränkischer Statthalter (Präfekt) sowie oberster Heerführer[4] von Baiern.[5]

Gerold war der Sohn des Gerold von Anglachgau und der Imma. Es sind sieben Brüder Gerolds bekannt sowie die Schwester Hildegard, die 771 mit Karl dem Großen verheiratet wurde. Der Nähe zum König aufgrund dessen Ehe mit Hildegard wird im Allgemeinen der politische Aufstieg und die herausragende Stellung Gerolds zugeschrieben. Die Familie, die der fränkischen Reichsaristokratie angehörte, hatte beträchtliche Machtpositionen im Raum zwischen Worms und Oppenheim, Heidelberg und Bruchsal, aber besonders in Alemannien.[3] Mutter Imma war die Tochter des alemannischen Herzogs Hnabi und daher mit dem baierischen Herzogshaus der Agilolfinger verwandt. Auch die Geroldonen, als deren Stammvater der Vater Gerolds gilt, werden zu den Agilolfingern gerechnet.[6] Das Verwandtschaftsverhältnis zum baierischen Herzogshaus der Agilolfinger dürfte eine wichtige Rolle bei der Ernennung Gerolds zum baierischen Präfekten sowie der Legitimierung Gerolds als Präfekt in Baiern gespielt haben.[3] Möglicherweise war der Graf ein Vorfahre der Aribonen sowie des Hauses Württemberg.[7]

Graf Gerold war mit einer Waltrat verheiratet, deren Herkunft unbekannt ist, die jedoch als Witwe im Jahre 821 mit Zustimmung eines Grafen Uto, der offensichtlich zu ihrer Verwandtschaft zählte, das Kloster Fulda beschenkte.[3] Gerold hatte zumindest zwei Söhne.

  • Hadrian. Ein Sohn Gerolds dieses Namens ist aus einer Schenkung an das Kloster Lorsch aus dem Jahre 793 bekannt. Wie Michael Mitterauer vermutet, dürfte die Wahl dieses Namens damit zusammenhängen, dass Graf Gerold Kaiser Karl den Großen auf dessen ersten Romzug im Jahre 774 begleitet hat und seinen Sohn nach Papst Hadrian I. (772–795) nannte.[3]
  • Erpo. Er dürfte früh verstorben sein, da er in der genannten Urkunde aus dem Jahr 793 erwähnt wird, mit der sein Bruder Hadrian für dessen Seelenheil Besitz an das Kloster Lorsch in Hessen übergibt.[3]

Über weitere Nachkommen Gerolds ist allerdings nichts Sicheres bekannt.[8] Wie viele andere fränkische Reichsaristokraten verlor die Familie Gerolds unter dem späteren König Ludwig dem Deutschen stark an Einfluss.[3]

Politische Funktionen

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785 und 790 wird er als Graf in der Baar (Bertoldsbaar) in Urkunden erwähnt und ist auch als erster Graf im Nagoldgau fassbar.[9] Gerold scheint eine entscheidende Rolle bei der Integration Bayerns in das fränkische Reich und im Kampf gegen den letzten bayerischen Stammesherzog Tassilo III. gespielt zu haben. Nach der Absetzung Tassilos 788 wollte Karl in Baiern keinen Herzog einsetzen und ernannte Gerold daher zum „Präfekten“ Bayerns und machte ihn zum Königsboten.[10] Die Königsboten jener Zeit hatten höchstes Ansehen. Bei ihrer Ankunft erwies man ihnen dieselbe Ehre wie dem König selbst und hielt ein feierliches Hochamt.[11]

Nach der Eroberung des Awarenreiches 796 wurde er zudem Markgraf der Awarenmark. In dieser Funktion diente ihm Lorch an der Enns als Amtssitz. 798 wirkte er im Dienste der Christlichen Mission in Karantanien. Gemeinsam mit dem kirchlichen Königsboten und Erzbischof Arn von Salzburg führte er in dieser Region den Missionsbischof Theoderich in seinem Sprengel ein.[5] Seine Verbundenheit mit der Kirche zeigt weiters seine Stiftung einer Marienkapelle im sächsischen Paderborn sowie erhebliche Schenkungen an die Klöster Reichenau und St. Gallen. 799 fand in Treisma eine Diözesansynode statt mit der die Missionierung der Awaren begann. Teilnehmer waren unter anderen Bischof Waldrich von Passau und Gerold als Vertreter des Königs.[12] Im Zuge dieser Synode wurde von Waldrich eine Urkunde ausgestellt aufgrund derer Gerold Linz mit der dortigen Martinskirche zu Lehen auf Lebenszeit empfing.[13]

Nach Gerolds Tod wurde das Baierische Ostland verwaltungsmäßig von Baiern getrennt und bekam einen eigenen Präfekten. In Baiern folgte Audulf Gerold als Präfekt, im Ostland Goteram.[3]

Er begleitete Karl u. a. bei dessen Feldzug 773/774 zu den Langobarden, wo er sich durch Tapferkeit auszeichnete und zum signifer des Königs gemacht wurde.[14] Wahrscheinlich waren Gerold und sein Vater unter jenen Großen, die gemeinsam mit König Karl zu Ostern 774 in Rom bei Hadrian I. weilten. Es war dies der erste Besuch eines fränkischen Königs beim Papst.[3]

Ab 791 stand er an der Seite des Königs im Krieg gegen die Awaren. Dort tat er sich gemeinsam mit dem Markgrafen Erich von Friaul hervor, sodass Karl die Fortführung des gesamten Feldzugs Gerold, Erich und seinem Sohn Pippin von Italien anvertraute. Auch im Kampf gegen die Sachsen und Slawen tat sich Gerold hervor und da er damals noch keine Amtstätigkeit ausführte war er 778 wahrscheinlich auch am Feldzug gegen die Sarazenen beteiligt. Nach der Kaiserchronik hat Gerold den Herzog der Sachsen Widukind „durch Anwendung einer List“ erschlagen, worauf der Krieg zwischen Franken und Sachsen von neuem entflammt sei.[15] 799 starb er in einer Schlacht gegen die Awaren gemeinsam mit Erich und seinem Sohn an einem unbekannten Ort in Pannonien.[16] Der Dichter Walahfrid Strabo berichtet, dass die Leiche Gerolds von Getreuen in das Kloster Reichenau gebracht und dort bei dem von ihm selber gestifteten Marienaltar im Münster bestattet wurde.[17]

Sagen und moderne Belletristik

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Im Heiligen Römischen Reich hatten die Ritter aus Schwaben das Recht des Vorstreits. Der Ursprung dieser Tradition ist nicht bekannt. Nach der „Kaiserchronik“ aus dem 12. Jahrhundert hat Karl der Große dieses Recht seinem Getreuen Gerold als dem Anführer des schwäbischen Volkes für die Schwaben auf alle Zeiten verliehen. Gerold diente damit als identitätsstiftende Persönlichkeit der schwäbischen Geschichte.[18] In der mittelhochdeutschen Dichtung „Karl der Große“ des Strickers ist der schwäbische Graf der erklärte Liebling des Kaisers.[19]

In den Vier Erzählungen „Am Hof Herrn Karls“ von Felix Dahn ist der hier als „wackerer Held“, „treu“ und „ruhmreich“ bezeichnete Gerold einer der Protagonisten.[20] In den Volkssagen wird Gerold vor allem als „Bannerträger Karls des Großen“ verherrlicht.[21] Der Sage nach soll Gerold der Gründer des Klosters Beuron gewesen sein.[22] Eine niederösterreichische Sage handelt vom Grafen Gerold und seinen Töchtern. Nach der Sage soll das heutige Dorf Gerolding seinen Namen von Graf Gerold erhalten haben.[23] Der unterfränkischen Stadt Gerolzhofen gilt der Graf als Symbolfigur.[24] Der Legende nach soll er Gerolzhofen gegründet haben. Mehrmals erwähnt wird der Graf auch im Buch Deutsche Sagen der Brüder Grimm.

Briefbombenserie 1990er Jahre

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In den 1990er Jahren kam es in Österreich zu einer Serie von Briefbombenattentaten. Die Anschlagserie wurde von mehreren Bekennerschreiben mit ausländerfeindlichen und rassistischen Parolen begleitet. In einem dieser Briefe schreibt der Bekenner im Namen eines „Markgraf Gerold, Präfekt der Awarenmark“. Es wurde vermutet, dass sich diese Bezeichnung auf Gerold in der Baar bezieht.[25] Im Prozess nach den Attentaten wurde Franz Fuchs zu lebenslanger Haft verurteilt.

Commons: Gerold in der Baar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Störmer: Gerold I., fränkischer Graf, Präfekt in Bayern. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 4. Artemis & Winkler, München/Zürich 1989, ISBN 3-7608-8904-2, Sp. 1350 f., hier Sp. 1350.
  2. Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste. Erste Section. Einundsechzigster Theil. Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, Leipzig 1855, S. 437
  3. a b c d e f g h i Michael Mitterauer: Karolingische Markgrafen im Südosten Fränkische Reichsaristokratie und bayerischer Stammesadel im österreichischen Raum, Verlag Hermann Böhlaus Nachf., Graz, Wien, Köln 1963
  4. Neue historische Abhandlungen der Baierischen Akademie der Wissenschaften. Band 2. München 1781, S. 6
  5. a b Wilhelm Störmer: Gerold I., fränkischer Graf, Präfekt in Bayern. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 4. Artemis & Winkler, München/Zürich 1989, ISBN 3-7608-8904-2, Sp. 1350 f., hier Sp. 1351.
  6. Matthias Werner: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger: die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel, Verlag Thorbecke, Sigmaringen 1982, S. 111f
  7. Abhandlungen der Historischen Classe der Königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften. Dritter Band. Erste Abtheilung. Verlag der K. B. Akademie der Wissenschaften in Kommission des G. Franz’schen Verlags, München 1841, S. 148
  8. Karl Schmid: Zur Problematik von Familie, Sippe und Geschlecht, Haus und Dynastie beim mittelalterlichen Adel. Vorfragen zum Thema ›Adel und Herrschaft im Mittelalter‹. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 1957
  9. Judith Bruckner: Historischer Stadtführer von Nagold. Stadt Nagold, Amt für Bildung, Kultur und Sport, 2014, S. 99
  10. Rudolf Hübner Dr. Iur.: Gerichtsurkunden der fränkischen Zeit, Neuauflage Verlag Scientia, 1971, S. 21
  11. Neue historische Abhandlungen der Baierischen Akademie der Wissenschaften. Band 2. München 1781, S. 44
  12. Eduard Beninger, Ämilian Kloiber: Oberösterreichs Bodenfunde aus baierischer und frühdeutscher Zeit. In: Oberösterreichischer Musealverein - Gesellschaft für Landeskunde (Hrsg.): Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. Jahrgang 107, Linz 1962, ISBN 3-902397-49-7, S. 125–150 (zobodat.at [PDF]).
  13. Kleindel: „Österreich, Zahlen – Daten - Fakten“, Sonderausgabe A&M 2004, ISBN 3-902397-49-7
  14. Sebastian Rosche: Herrschaftliche Legitimierung im frühmittelalterlichen Bayern auf der Grundlage der Lex Baiuvarium, GRIN Verlag, München 2010, ISBN 978-3-640-57228-1
  15. Karl Alexander von Müller (Hrsg.): Der Mythos vom Herzog Widukind, in Historische Zeitschrift, Band 155, Verlag Oldenbourg, München und Berlin 1937
  16. Herwig Wolfram: Salzburg, Bayern, Österreich. Die Conversio Bagoarium et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit. Verlag Oldenbourg, Wien/München 1996,
  17. E. Güssfeldt: Die Insel Reichenau und ihre Klostergeschichte, Konstanz 1894, S. 9ff.
  18. Meinrad Schaab, Hansmartin Schwarzmaier (Hrsg.) u. a.: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Band 1: Allgemeine Geschichte. Teil 1: Von der Urzeit bis zum Ende der Staufer. Hrsg. im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Klett-Cotta, Stuttgart 2001, ISBN 3-608-91465-X, S. 465f.
  19. Carl Voretzsch (Hrsg.): Romanistische Arbeiten, Band 1, Verlag Max Niemeyer, Halle an der Saale 1922, S. 150.
  20. Felix Dahn: Am Hof Herrn Karls. Vier Erzählungen., Bd. XI von „Kleine Romane aus der Völkerwanderung (13 Bände)“, 1901
  21. Karl SchmidGerold, Graf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 315 (Digitalisat).
  22. Beuroner Kunstverlag (Hrsg.): Erzabtei Beuron, Beuron 1992, S. 11
  23. Markgraf Gerold und seine Töchter. auf der Website https://www.sagen.at/
  24. Geschichte Gerolzhofens (Memento des Originals vom 17. Oktober 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gerolzhofen.de auf der Website der Stadt Gerolzhofen
  25. Irmgard Eisenbach-Stangl, Wolfgang Stangl (Hrsg.): Das äußere und innere Auslang, WUV-Universitätsverlag, Wien 2000, ISBN 3-85114-481-3, S. 201; Blutige Rätselspur auf Spiegel Online am 23. Oktober 1995.