Gertrude Langer

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Gertrude Langer

Gertrude Langer OBE (* 1. Juli 1908 in Wien, Österreich-Ungarn; † 19. Dezember 1984 in Binna Burra, Queensland; geborene Gertrude Fröschel) war eine österreichisch-australische Kunsthistorikerin und Kunstkritikerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gertrude Langer wurde als älteste Tochter des Ehepaars Alois Fröschel und Channa Fröschel in Wien geboren.[1] Die Eltern gehörten dem jüdischen Bildungsbürgertum an und führten durch die Teilhaberschaft am Textilunternehmen Leo Brill ein gutsituiertes Leben.

Gertrude Langer besuchte die Schwarzwaldschule, eine Privatschule mit dem Schwerpunkt auf künstlerische Fähigkeiten. Zu den Lehrenden zählten Größen der Wiener Moderne wie Adolf Loos, Oskar Kokoschka und Grete Wiesenthal.[2] Durch ihre Ausbildung entschied sie sich ab 1926 Kunstgeschichte an der Universität Wien zu studieren. 1933 schloss Fröschl ihr Doktorat ab, wobei sie zwei Semester an der Sorbonne in Paris verbrachte. Während des Studiums heiratete sie den Wiener Architekten Karl Langer.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 flüchtete Gertrude Langer mit ihrem Mann nach Australien, wo sie sich in Queensland niederließen.[1]

Für Langer eröffneten sich anfänglich im Universitäts- und Museumsbereich als auch im Kunsthandel keine beruflichen Perspektiven. Ihre Vormigrationserfahrung im Volksbildungswesen ermöglichte es ihr auf privater Ebene Fuß zu fassen. Sie begann 1940, in ihrer Wohnung Schüler in kunstgeschichtlichen Themen zu unterrichten. Im selben Jahr sprach sie bereits im Rahmen der Lunch-Hour-Lectures, nachdem sie vom Business Professional Women’s Club, den Women’s Graduates und dem Queensland Art Fund zu Referaten eingeladen wurde. Diese Publicity verschaffte ihr die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in Brisbane als Wiener Kunstexpertin. Aus den häuslichen Referaten entwickelte sich eine umfassende Vortragsreihe, die sie über mehrere Jahre an der Universität Queensland hielt. Mit dieser füllte sie eine Lücke in der kunstgeschichtlichen Lehre, indem sie sie für eine breite Zuhörerschaft zugänglich machte. Neben dieser Vortragsreihe unterrichtete sie postgraduate students an der Universität Queensland.[3]

Gertrude Langers journalistische Karriere als Kunstkritikerin begann damit, dass sie private Einführungskurse zur Kunstgeschichte hielt. Doch sehr bald etablierte sie sich als Autorität im Kunstbereich und sie wurde die leitende Kunstkritikerin bei der Courier-Mail, wo sie von 1956 bis 1984 wirkte.[1] Die Rezensionen der Kunstkritikerin gelten als kunsthistorisch und philosophisch fundiert und zeichnen sich durch einen deskriptiven und literarisch gekonnten Stil aus, der sich von der knappen und kommerziellen Art dieser Zeit abhob.[4] Langer war 1961 eine der Gründer der Queensland-Abteilung der Association Internationale des Critiques d’Art. Von 1970 bis 1972 war sie stellvertretende Präsidentin und von 1975 bis 1978 Präsidentin der Australien-Abteilung dieser Kunstkritiker-Organisation.[1] Mit ihren Vorträgen und in ihrer journalistischen Tätigkeit setzte sie sich für einen fördernden und toleranten Umgang mit modernen Kunstformen und zeitgenössischer australischer Kunst ein.[4]

Im Jahr 1961 übernahm Gertrude Langer auch die Präsidentschaft für das Arts Council of Australia (Queensland Division). Ihre Tätigkeiten bezogen sich auf die Förderung des öffentlichen Kunstverständnisses, die Organisation professioneller Aufführungen und Ausstellungen im gesamten Bundesstaat Queensland. Sie referierte selbst bei den Ausstellungen und initiierte die Gründung von Filialen, damit die kulturelle Infrastruktur verdichtet wurde. Ihre Präsidentschaft dauerte bis 1975. In dieser stieg die Anzahl der Filialen von 12 auf 52 an.[5]

Denkmal für die ausgegrenzten, vertriebenen und ermordeten Absolventinnen und Absolventen des kunsthistorischen Instituts der Universität Wien

Auszeichnungen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Love Transcends Death: Poems for My Beloved Karl. Langer Memorial Committee, Brisbane 1987, ISBN 0-7316-0241-2.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ute Heinen: Gertrude Langer – als österreichische Kunsthistorikerin und Emigrantin in Australien. In: Ursula Hudson-Wiedenmann, Beate Schmeichel-Falkenberg (Hrsg.): Grenzen überschreiten: Frauen, Kunst und Exil. Verlag Königshausen & Neumann GmbH, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3147-4, S. 181–202.
  • Judy Hamilton: Influencing the Modern in Brisbane: Gertrude Langer and the Role of Newspaper Art Criticism. In: Queensland Review. Band 20, Nr. 2. Cambridge University Press, 2013, S. 203–214.
  • Philipp Strobl: "But the main thing is I had the knowledge"; Gertrude Langer, cultural translation and the emerging art sector in post-war Queensland (Australia). In: Australian and New Zealand journal of art. Band 18, Nr. 1, 2018, S. 16–30, doi:10.1080/14434318.2018.1481328.
  • Ute Heinen: Emigration Australien : Ursula Hoff und Gertrude Langer zwei europäische Kunsthistorikerinnen und ihr Einfluss auf die Entwicklung der Kunstgeschichte als wissenschaftliche Disziplin auf dem australischen Kontinent. Gettorf, 2004
  • Ian Sinnamon: Modernism and the Genius Loci : Karl Langer and Gertrude Langer OBE. In: Karl Bittman (Hrsg.): Strauss to Matilda. Viennese in Australia, 1938–1988. Sydney : The Wenkart Foundation, 1988, ISBN 0-7316-0982-4, S. 145–160
  • Langer, Gertrude, in: Ulrike Wendland: Biographisches Handbuch deutschsprachiger Kunsthistoriker im Exil. Leben und Werk der unter dem Nationalsozialismus verfolgten und vertriebenen Wissenschaftler. München : Saur, 1999, ISBN 3-598-11339-0, S. 418

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Nancy D. H. Underhill: Langer, Gertrude (1908–1984). In: Australian Dictionary of Biography. National Centre of Biography, Australian National University, Canberra 2012 (edu.au [abgerufen am 25. November 2019]).
  2. Ute Heinen: Gertrude Langer – als österreichische Kunsthistorikerin in Australien. In: Ursula Hudson-Wiedenmann, Beate Schmeichel-Falkenberg (Hrsg.): Grenzen überschreiten. Frauen, Kunst und Exil. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3147-4, S. 182.
  3. Ute Heinen: Gertrude Langer – als österreichische Kunsthistorikerin und Emigrantin in Australien. In: Ursula Hudson-Wiedenmann, Beate Schmeichel-Falkenberg (Hrsg.): Grenzen überschreiten. Frauen, Kunst und Exil. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3147-4, S. 192–193.
  4. a b Ute Heinen: Gertrude Langer – als österreichische Kunsthistorikerin und Emigrantin in Australien. In: Ursula Hudson-Wiedenmann, Beate Schmeichel-Falkenberg (Hrsg.): Grenzen überschreiten. Frauen, Kunst und Exil. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3147-4, S. 196.
  5. Ute Heinen: Gertrude Langer – als österreichische Kunsthistorikerin und Emigrantin in Australien. In: Ursula Hudson-Wiedemann, Beate Schmeichel-Falkenberg (Hrsg.): Grenzen überschreiten. Frauen, Kunst und Exil. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3147-4, S. 197–198.
  6. Gertrude Langer (geb. Fröschel). Universität Wien, 7. Februar 2017, abgerufen am 25. November 2019.