Große Synagoge (Budapest)

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Die Große Synagoge in der Dohánystraße

Die Große Synagoge (ungarisch: nagy zsinagóga) in der Dohány utca, deutsch Tabakgasse, deshalb auch Tabaktempel genannt, ist eine nach Plänen des Wiener Architekten Ludwig Förster unter der Leitung von Ignaz Wechselmann 1854–1859 im maurischen Stil für die Pester jüdische Gemeinde errichtete Synagoge in Budapest. Sie folgte dem gemäßigten Ritus, der in Ungarn als Neolog (ähnlich dem Konservativen Judentum) bezeichnet wird. Heute ist sie mit 2964 Sitzplätzen Europas größte Synagoge.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage der Synagoge

Juden sind für Buda seit dem 11., für Pest seit dem 15. Jahrhundert belegt. In Pest durften sich Juden erst wieder im späten 18. Jahrhundert niederlassen.[1] Im 19. Jahrhundert wuchs die zu Wohlstand gelangte jüdische Gemeinde in Pest stark an, sodass die bestehenden Synagogen nicht mehr genügten. Anfänglich konnte sich die Gemeinde nicht einigen, wie orthodox die neue Synagoge sein sollte; 1853 wurde jedoch ein Kompromiss erreicht und ein Wettbewerb ausgeschrieben, den der Wiener Architekt Ludwig Förster mit einem Entwurf im maurischen Stil gewann.[2] Die Bauarbeiten begannen im Sommer 1854, am 6. September 1859 wurde die Synagoge eingeweiht.[3]

Zum Gebäudekomplex gehört auch das Jüdische Museum Budapests (Zsidó Múzeum),[4] errichtet an der Stelle des Elternhauses von Theodor Herzl, dem Begründer des modernen politischen Zionismus. Das neue Gebäude wurde zu diesem Zweck 1930–1931 errichtet. Es birgt Stücke der Pester Chewra Kadischa und erinnert auch an den Holocaust. An der Seitenwand der Synagoge steht ein Denkmal für den schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg, der im Zweiten Weltkrieg viele ungarische Juden gerettet hat.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Innenraum mit Toraschrein, Parochet und Ner Tamid

Die Synagoge hat Ähnlichkeiten mit der gleichzeitig von Förster in Wien geplanten Leopoldstädter Synagoge in der Tempelgasse, ist jedoch bedeutend größer. Beide Synagogen sind in einem „maurischen“ Stil gehalten, der hauptsächlich von der Alhambra in Granada, aber auch von der babylonischen und assyrischen sowie der islamischen Architektur Ägyptens und der Türkei beeinflusst ist. Auch war man der Meinung, der Bau sei dem antiken salomonischen Tempel ähnlich, besonders die beiden Türme lehnen sich an die beiden Säulen Jachin und Boas desselben an.[3] Der vermeintlich orientalische Stil, eine Art „jüdische Gotik“, sollte somit auf eine orientalische Herkunft der Juden hindeuten.[2]

Die Fassade der Synagoge ist dreigeteilt. Die Seitenrisalite sind leicht vorgezogen, betont wird die Fassade durch die beiden von vergoldeten kleinen runden Kuppeln bekrönten über 40 Meter hohen achteckigen Türme.[3] Die Außenmauern bestehen aus speziell angefertigten, auf ein rotes Steinfundament gesetzten Ziegeln.[2]

Der Innenraum mit dem Grundriss einer dreischiffigen Basilika mit Apsis und doppelten Emporen, misst 37,93 × 24,65 Meter und hat rund 3000 Sitzplätze, je zur Hälfte für Frauen und Männer. Haupt- und Seitenschiffe sind durch große Rundbögen getrennt, das Hauptschiff wird durch gezackte Bögen unterteilt und vom Torahschrein abgetrennt, der einen von Friedrich Feszl geplanten eigenen Baukörper an der Ostwand bildet, auf dessen Seitenflügel die Pfeifen der Orgel ruhen.[3] Auf der Orgel haben unter anderen Franz Liszt und Camille Saint-Saëns gespielt.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Orgel, Spieltisch

Die große Orgel der Synagoge wurde 1996 von der Orgelbaufirma Jehmlich erbaut. Die Hauptorgel hat 63 Register (Schleifladen) auf vier Manualen und Pedal. Teilweise wurde Pfeifenmaterial des Vorgängerinstruments wiederverwendet. Vom vierten Manual aus lässt sich auch das Echowerk anspielen, das als Fernwerk mit zehn Registern von der ungarischen Orgelbaufirma BKM errichtet wurde. Die Spieltrakturen der Hauptorgel sind mechanisch, die des Echowerkes sowie die Registertrakturen sind elektrisch.[5]

I Grand Orgue C–g3

01. Montre 16′
02. Bourdon 16′
03. Montre 08′
04. Bourdon 08′
05. Flûte harmonique 08′
06. Gambe 08′
07. Prestant 04′
08. Flûte octaviante 04′
09. Octavin 02′
10. Cornet III-V
11. Fourniture 1 III
12. Fourniture 2 IV
13. Bombarde 16′
14. Trompete 08′
15. Clairon 04′
II Positiv C–g3
16. Bourdon 8′
17. Flûte conique 8′
18. Prestant 4′
19. Flûte 4′
20. Nasard 223
21. Doublette 2′
22. Tierce 135
23. Piccolo 1′
24. Fourniture IV
25. Trompette 8′
26. Voix humaine 0 8′
Tremolo
III Recit expressif C–g3
27. Flûte 16′
28. Principal en bois 08′
29. Flûte 08′
30. Salicional 08′
31. Voix celeste 08′
32. Prestant 04′
33. Cor de nuit 04′
34. Doublette 02′
35. Plein jeu IV
36. Cymbale IV
37. Basson 16′
38. Trompette harmonique 08′
39. Clarinette 08′
40. Clairon harmonique 04′
Tremolo
IV. Manual C–g3
Echowerk
41. Quintatön 16′
42. Montre 08′
43. Bourdon 08′
44. Clarinette 08′
45. Viole de Gambe 08′
46. Viole d' amour 04′
47. Flûte 04′
48. Quinte 0223
49. Doublette 02′
50. Fourniture IV
Chamadenwerk
51. Bombarde 16′
52. Trompette 08′
53. Clairon 04′
Tremolo
Pedal C–f1
54. Soubasse 32′
55. Flûte 16′
56. Contrebasse 0 16′
57. Soubasse 16′
58. Flûte 08′
59. Bourdon 08′
60. Flûte octave 04′
61. Bombarde 16′
62. Trompette 08′
63. Clairon 04′
  • Koppeln: II/I, III/I, IV/I, IV/II, IV/III
  • Nebenregister: Zimbelstern (II), Glockenspiel (IV, vorbereitet)

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jeno Zsoldos, Randolph L. Braham: Budapest. In: Michael Berenbaum, Fred Skolnik (Hrsg.): Encyclopaedia Judaica. 2. Auflage. 4. Band. Macmillan Reference USA, Detroit 2007, S. 244–249 (online: Gale Virtual Reference Library).
  2. a b c Carol Herselle Krinsky: Europas Synagogen. Architektur, Geschichte und Bedeutung. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1988, ISBN 3-421-02933-4, S. 145–148.
  3. a b c d Hannelore Künzl: Islamische Stilelemente im Synagogenbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Veränderte Fassung der Habilitationsschrift, Univ. Köln, 1979. Lang, Frankfurt/M. u. a. 1984, ISBN 3-8204-8034-X, S. 235–241.
  4. Zur Geschichte des Museums siehe * József Vadas: Museen in Budapest. Corvina Verlag, Budapest 1993, ISBN 963-13-3827-4, S. 94–97.
  5. Synagoge Budapest / Ungarn. In: Internetpräsenz. Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH, abgerufen am 14. Dezember 2018.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Große Synagoge (Budapest) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 47° 29′ 45,2″ N, 19° 3′ 38,5″ O