Großhennersdorf

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Großhennersdorf
Stadt Herrnhut
Wappen von Großhennersdorf
Koordinaten: 51° 0′ N, 14° 48′ OKoordinaten: 50° 59′ 30″ N, 14° 47′ 30″ O
Höhe: 285 m
Fläche: 21,94 km²
Einwohner: 1489 (31. Dez. 2010)
Bevölkerungsdichte: 68 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2011
Postleitzahl: 02747
Vorwahl: 035873
Karte
Lage von Großhennersdorf auf dem Gebiet der Stadt Herrnhut (Stand: 1. Januar 2013)

Großhennersdorf ist ein Dorf in der Oberlausitz und Ortsteil der Stadt Herrnhut im Landkreis Görlitz im Südosten Sachsens. Vor der freiwilligen Eingemeindung gehörte Großhennersdorf bereits seit dem Jahresanfang 2000 der Verwaltungsgemeinschaft Herrnhut an.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Großhennersdorf liegt in Form eines Waldhufendorfes im Süden des Landkreises, etwa zehn Kilometer nördlich des Stadtgebiets von Zittau. Umliegende Orte sind Rennersdorf/O.L. im Norden, Neundorf auf dem Eigen im Nordosten, Burkersdorf und Schlegel im Osten, Dittelsdorf und Wittgendorf im Südosten, Oberseifersdorf im Süden, Oderwitz im Südwesten, Ruppersdorf/O.L. im Westen und die Herrnhuter Kernstadt im Nordwesten. Durch das Dorf fließt der Ehrlichbach. Er entspringt im oberen Dorfteil am Fuß des Großen Bergs und mündet im Ortsteil Euldorf in den Petersbach. Zwischen dem Dorfkern und dem Ortsteil Heuscheune befindet sich ein Teichgebiet, welches zur Trockenlegung der umliegenden Felder vor Jahrhunderten angelegt wurde. Die beiden größten Gewässer heißen Leubner Teich und Ententeich.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte von Oberreit mit Großhennersdorf um 1845

Die erste Erwähnung von Großhennersdorf stammt aus dem Jahre 1296. Ein Ulmannus de Henrichsdorf (auch Henrichsdorf) wird in mehreren Urkunden als Besitzer des neuen Dorfes genannt.

1378 übergeben die Heinrichsdorfer die Herrschaft „Hennersdorf“ an Nikol Stewitz. Dessen Geschlecht (der Stewitz) übt die Herrschaft über das Waldhufendorf bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts aus. Unter der Herrschaft der Familie Stewitz beginnt der Bau des Schlosses. Damit ist dieser Profanbau einer der ältesten in der Oberlausitz. Im Jahr 1408 verkauft Georg Stewitz den Ort an die Familie von Gersdorf(f) (die weitverzweigteste Adelsfamilie der Lausitz). Zur Zeit deren Herrschaft wurde mit der planmäßigen Bebauung der Dorfaue mit festen Häusern für die Gutshandwerker rund um das Schloss begonnen.

Zwischen 1425 und 1431 wurde das Dorf durch die Hussitenkriege schwer in Mitleidenschaft gezogen. Nahezu jedes Jahr zogen die Hussiten durch den Ort, plünderten ihn und trieben das Vieh davon.

Zum 1. Januar 2011 erfolgte die Eingliederung der Gemeinde Großhennersdorf mit ihren Ortsteilen Euldorf, Großhennersdorf, Heuscheune, Neundorf auf dem Eigen und Schönbrunn nach Herrnhut.[1]

Ortsnamenformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1296: Ulmannus de Henrichsdorf, 1322: Heinrichsdorff, 1352: Henrici villa scriptoris, 1378: Heinersdorff Schreibers, 1424: Schreyberivilla, 1429: Heinersdorff Schreybers, 1542: Hennersdorff, 1764: Marckhennersdorff, 1768: Groß Hennersdorf, 18. Jh.: auch Markthennersdorf und Hennersdorf unter dem Königsholz genannt.

Verwaltungszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1777: Görlitzer Kreis, 1843: Landgerichtsbezirk Löbau, 1856: Gerichtsamt Herrnhut, 1875: Amtshauptmannschaft Löbau, 1952: Kreis Löbau, 1994: Landkreis Löbau-Zittau, 2008: Landkreis Görlitz

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner[2]
1617 48 besessene Mann,
42 Gärtner, 2 Häusler
1777 36 besessene Mann,
57 Gärtner,
82 Häusler,
2 Wüstungen
1834 1272
1871 1429
1890 1467
1910 1237
1925 1619
1939 1844
1946 2370
1950 2345
1964 2300
1990 1841
2000 1676
2010 1489

Katharinenhof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gebäudekomplex des Katharinenhofs Helene-von-Gersdorff-Haus

Eine besondere Bedeutung erlangte das Gut im 18. Jahrhundert als Witwensitz von Henriette Catharina von Gersdorff, die hier ihren Enkel Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, den späteren Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine, aufzog.

1721 wurde aus Teilen des Guts der nach ihr benannte Katharinenhof gebildet, eine diakonisch-soziale Stiftung zur Versorgung von Waisenkindern und armer, alter Leute. Jetzt ist es ein nach Ewald Meltzer benanntes Wohnheim[3] für geistig und körperlich behinderte Menschen. Zwischen 1739 und 1741 arbeitete Diaconus Heinrich Melchior Mühlenberg als Inspektor im Katharinenhof. Er ging 1742 nach Pennsylvania und begründete dort die lutherische Kirche Nordamerikas. Von 1802 bis 1832 befand sich hier auch eine Pensionsanstalt mit Pädagogium für junge Adlige.

Zwischen 1909 und 1911 errichtete man an Stelle der baulichen Anlagen aus dem Jahre 1726 die heute existierenden Gebäude mit ihrem neobarocken Fassadenschmuck.[4][5]

Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die auf dem Katharinenhof 1940 lebenden ca. 300 behinderten Kinder wurden unter dem Vorwand, diesen für die Unterbringung von Flüchtlingen freimachen zu müssen, in Pirna und Großschweidnitz getötet. In den Gebäuden wurden danach etwa 400 Elsaß-Lothringer, die wegen ihrer Wehrdienstverweigerung zwangsumgesiedelt worden waren, sowie Bessarabiendeutsche untergebracht. Der Katharinenhof wurde in den letzten Kriegstagen durch Beschuss beschädigt. Im November 1941 wurden Zwangsumsiedler aus Slowenien im Dorf untergebracht, im Oktober 1944 die ersten Flüchtlinge aus den Ostgebieten. Der Ort wurde Durchgangsstation für Tausende, die zeitweilig beherbergt und versorgt werden mussten. Am 7. Mai 1945 erfolgte das Kommando zur Räumung des zur Verteidigung vorbereiteten Dorfes und am 8. Mai wurde Großhennersdorf zum Kampfgebiet. Nur die Nachricht von der Kapitulation verhinderte schwerere Zerstörungen. Vier Häuser wurden total zerstört, die Kirche und der Katharinenhof durch Beschuss beschädigt. Beim Dorf sind 45 deutsche und sowjetische Soldaten ums Leben gekommenen. 17 Bürger töteten sich in den Tagen danach selbst. Auf den Schlachtfeldern in ganz Europa sind während des Krieges 106 Männer des Dorfes gestorben.

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenkstätten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1996 wurde auf dem Gelände des Katharinenhofes eine Gedenksäule errichtet, mit der an 223 Frauen, Kinder und Männer erinnert wird, die der Tötungsaktion T4 des NS-Regimes zum Opfer fielen.

Im Jahr 2000, wurde zum 300. Geburtstag von Nikolaus Ludwig von Zinzendorf ein Wanderweg von den Ruinen seines Jugendhauses, dem ehemaligen Wasserschloss Großhennersdorf, nach Herrnhut angelegt.

Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schloss Gross=Hennersdorf um 1850

Das ehemalige Schloss Großhennersdorf ist zur Ruine verkommen.

Ein Skulpturenpfad, der von Herrnhut nach Großhennersdorf führt, ist zu besichtigen.

Kirche in Großhennersdorf

Ortsbildprägend für Großhennersdorf ist die Kirche. Sie wurde 1869 und 1870 anstelle eines mittelalterlichen Vorgängerbaus durch Maurermeister Carl August Thomas aus Neusalza, einem Schüler des berühmten sächsischen Kirchenbaumeisters und Schinkelschülers Carl August Schramm, errichtet. Kurz zuvor, in den Jahren 1868 und 1869, erbaute er schon die Kirche in Crostau, die in ihrem Baukörper der Großhennersdorfer in Vielem sehr ähnlich ist. Die Arbeiten im Inneren der Großhennersdorfer Kirche verantwortete der aus Oberseifersdorf stammende Zimmermeister Gottfried Schröter. Von der alten Kirche blieb lediglich der Turm, der nach einem Brand von Zimmermeister Zacharias Hänschke aus Altbernsdorf 1829–1834 wiederaufgebaut worden war.

Cornelius Gurlitt, Architekt und Kunsthistoriker, würdigte in seinem Kunstinventar von 1910 die Qualität der Großhennersdorfer Kirche: „Das Kirchenhaus ist eine für die Erbauungszeit (1870) außergewöhnlich gute und beachtenswerte Anlage. Zweigeschossige Emporen; vor dem im Halbkreis gebildeten Chor sind reizvoll ausgebildete Betstübchen vorgelegt. In den Kreuzarmen Treppen.“ Wie in Crostau so lebt auch hier der Raum noch aus der Tradition der barocken Gemeindekirche. Die dem damaligen Zeitgeschmack entstammenden historisierenden Züge sind diesem Erbe untergeordnet und zeigen sich in den Rundbogenfenstern und der geräumigen, von Gestühl freien, durch einen Rundbogen abgesonderten Apsis. Zu der ansprechenden Wirkung des in den Einzelformen schlichten Innenraumes trägt die noch im Originalzustand erhaltene Ausmalung bei, die aber in nächster Zeit unbedingt einer Erneuerung bedarf.

Die Kirche besitzt drei Glocken. Die große Bronze-Glocke stammt aus dem Jahr 1829 und wurde von Friedrich Gruhl in Kleinwelka gegossen. Die beiden Klangstahlglocken wurden als Ersatz für die zwei im Jahre 1917 abgegebenen Bronzeglocken 1920 bei Schilling & Lattermann in Apolda gegossen.

Regelmäßige Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Februar fand bis zur Saison 2006/2007 alljährlich die Karnevalssaison ihren Abschluss in der Gemeinschaftseinrichtung des Dorfes (ehemals VEG). Dies erfolgt seit der Saison 2007/2008 im Begegnungszentrum.

Außerdem findet jedes Jahr in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai ein Hexenfeuer statt.

Besonders zu erwähnen ist die Arbeit des Kunstbauerkino e. V., der ehrenamtlich ein Programmkino betreibt, das mit seinem regelmäßigen, jährlich ausgezeichneten Programm eine feste Größe in der Kulturlandschaft der Region darstellt. Zudem veranstaltet der Kunstbauerkino e. V. jedes Jahr im Mai das Neiße Filmfestival als Festival mit Ausprägung in Richtung des Osteuropäischen Films.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die südöstliche Oberlausitz mit Zittau und dem Zittauer Gebirge (= Werte der deutschen Heimat. Band 16). 1. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1970, S. 43 ff..
  • Die Geschichte der Glocken von Großhennersdorf und Rennersdorf. Hrsg. im Auftrag des Ev.-Luth. Kirchenvorstandes Großhennersdorf-Rennersdorf von Pfarrer Alexander Wieckowski, Großhennersdorf. Großhennersdorfer-Rennersdorfer Kirchengeschichten Heft Nr. 1/2010.
  • Der Großhennersdorfer Kirchenneubau von 1869/70 Hrsg. im Auftrag des Ev.-Luth. Kirchenvorstandes Großhennersdorf-Rennersdorf von Pfarrer Alexander Wieckowski, Großhennersdorf 2010. Großhennersdorfer-Rennersdorfer Kirchengeschichten Heft Nr. 2/2010.
  • Der Katharinenhof und sein Inspektor: Diaconus Heinrich Melchior Mühlenberg Hrsg. im Auftrag des Ev.-Luth. Kirchenvorstandes Großhennersdorf-Rennersdorf von Pfarrer Alexander Wieckowski, Großhennersdorf 2011. Großhennersdorfer-Rennersdorfer Kirchengeschichten Heft Nr. 3/2011.
  • Cornelius Gurlitt: Großhennersdorf. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 34. Heft: Amtshauptmannschaft Löbau. C. C. Meinhold, Dresden 1910, S. 154.
  • Kriegsereignisse in Großhennersdorf von den Hussitenkriegen bis zum Zweiten Weltkrieg/ bearbeitet und verfasst von Alexander Wieckowski. Großhennersdorf 2015. (Großhennersdorfer Geschichten/ hrsg. vom Großhennersdorfer Geschichtsverein e.V.; Band 7).
  • Großhennersdorf in der Weimarer Republik: die Aufzeichnungen der Ortspfarrer Martin Grobe und Max Penzel/ bearbeitet und kommentiert von Alexander Wieckowski. Großhennersdorf 2017. (Großhennersdorfer Geschichten/ hrsg. vom Großhennersdorfer Geschichtsverein e.V.; Band 8).
  • Alexander Wieckowski: Der Katharinenhof in Großhennersdorf 1721/23 bis 1741: Das Gersdorf`sche Armen- und Waisenhaus und sein letzter Inspektor Heinrich Melchior Mühlenberg. Mit einem Quellenanhang zu Bewohnern und Angestellten des Katharinenhofs sowie Dokumenten aus der Großhennersdorfer Amtszeit von Mühlenberg. In: Thomas Müller-Bahlke; Alexander Wieckowski: Heinrich Melchior Mühlenberg und der Katharinenhof zu Großhennersdorf. Dresden 2015, S. 53–231. (Schriftenreihe der Akademie Herrnhut; 3) ISBN 978-3-86276-165-4.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Großhennersdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2011
  2. Großhennersdorf im Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  3. Diakoniewerk Oberlausitz e.V.: Ewald-Meltzer-Heim.
  4. Diakoniewerk Oberlausitz e. V.: Katharinenhof. auf www.diakoniewerk-oberlausitz.de
  5. Georg Dehio et al.: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen I. Regierungsbezirk Dresden. München, Berlin 1996. S. 421