Grunau Baby
Grunau Baby | |
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Typ | Segelflugzeug |
Entwurfsland | |
Hersteller | Edmund Schneider |
Stückzahl | > 4000 |
Das Grunau Baby ist ein Segelflugzeug und wird weltweit als das am meisten gebaute Segelflugzeug angesehen. Zwischen 1931 und 1945 wurden von dem Flugzeug in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern mindestens 4000 Exemplare hergestellt.[1] Der Segelflug-Index beträgt 54.
Geschichte
Konstruiert wurde das Grunau Baby im Winter 1931/32 von Edmund Schneider an der Segelflugschule Grunau (heute Jeżów Sudecki). Entgegen einer verbreiteten Meinung war Wolf Hirth nicht an der Konstruktion beteiligt, sondern sah das Baby erst, als es bereits fertig gebaut war. Da Edmund Schneider aber damals noch weitgehend unbekannt war, fragte er Wolf Hirth, ob er mit seinem Namen für das Baby werben dürfe. Daher entstand der durchaus gewollte Eindruck, dass der prominente Wolf Hirth an der Konstruktion beteiligt gewesen sei.
Edmund Schneider hatte das Baby gezielt als Übungsflugzeug mit guten Flugeigenschaften entworfen, während die Gleitleistung schon damals nicht mit jener der reinen Leistungssegler mithalten konnte. Ein zentrales Konstruktionsziel war angesichts der meist prekären finanziellen Situation der Segelflugvereine von Beginn weg auch die Möglichkeit des Lizenzbaus, das heißt, Schneider achtete bei der Konstruktion darauf, dass das Flugzeug auch vom durchschnittlichen Segelflugverein mit beschränkten Mitteln nach Plänen nachgebaut werden konnte. Diese Möglichkeit wurde denn auch von vielen Vereinen ergriffen. Es ist heute nicht mehr eruierbar, wie viele „Babys“ in allen Varianten tatsächlich gebaut worden sind. Wolf Hirth nennt eine Zahl zwischen 10.000 und 15.000, realistischer dürfte jedoch eher eine Zahl um die 5000 sein. Doch auch bei dieser reduzierten Zahl bleibt das Grunau Baby wohl das meist gebaute Segelflugzeug aller Zeiten.
Konstruktion
Der in Holzbauweise hergestellte Rumpf war sperrholzbeplankt. Die einholmige Tragfläche war zweiteilig ausgeführt. Als Fahrwerk dienten eine gummigefederte Kufe und ein Federstahlsporn am Heck.
Versionen
Die erste Ausführung Baby I hatte eine Spannweite von 12,87 m, 14 m² Flügelfläche und ein Leergewicht von 98 kg. Sie war in abgestrebter Hochdeckerbauweise ausgeführt und besaß ein offenes Cockpit mit Windschutzscheibe. Vom Bug bis etwa zur Mitte des Unterflügels verlief ein Sturmkabel. Es entstanden etwa 80 Exemplare.
Mit einem selbstgebauten Baby I stellte Kurt Schmidt 1933 bei Korschenruh in Ostpreußen einen Weltrekord im Dauersegelflug auf. Er startete am 3. August um 07:33 Uhr und landete nach 36 Stunden und 36 Minuten am 4. August um 19:58 Uhr. Die 40 Stundenmarke im Dauersegelflug wurde im Mai 1937 mit 40 Stunden und 55 Minuten durch Fluglehrer Ernst Jachtmann am Rotem Kliff auf der Insel Sylt erreicht. Jachtmann flog jedoch mit der neuen verbesserten Version Baby II.
Schneider überarbeitete 1932/33 seinen Entwurf nach einigen statischen Berechnungen völlig. Das Baby II erhielt einen um 70 cm verlängerten Tragflügel mit Hilfsholm und einen vergrößerten, stromlinienförmigeren Rumpf. Der Nachfolger Baby IIa erhielt noch zusätzlich größere Querruder, ein verstärktes Heck und eine abwerfbare offene Kabinenabdeckung mit Windschutzscheibe.
Meistgebaute Version war Baby IIb mit Schempp-Hirth-Sturzflugbremsen, höherem Fluggewicht und nochmals vergrößerten Querrudern. Von ihr wurden allein in der DDR von 1952 bis 1957 396 Exemplare produziert und teilweise bis 1979 bei der GST eingesetzt. Nach dem Fall der Mauer wurden einige Babys reaktiviert und wieder lufttüchtig gemacht.
1938 entstand der eigenstartfähige Motorsegler Motor-Baby mit 13,2 kW Motor und Hauptfahrwerk statt Gleitkufe. 25 Stück wurden gebaut. Rumänien entwickelte aus dem Baby IIb den Schulsegler R.G.-1. Die ČSSR flog den Typ mit geschlossener Kabinenhaube vom DFS Kranich. In Deutschland baute Schleicher Anfang der 1950er Jahre ein leicht veränderte Ausführung als Baby III (Erstflug 24. August 1951). Es entstand auch eine als Baby V bezeichnete Variante als Doppelsitzer mit geschlossener Kabinenhaube, von der aber nur sechs Exemplare hergestellt wurden.
Auf Basis des Baby II entwickelte PIK den Motorsegler PIK-10 Moottoribaby. Der Prototyp mit dem Kennzeichen OH-PXA ist im Finnischen Luftfahrtmuseum ausgestellt.[2]
Bei Slingsby Sailplanes, Scarborough in Großbritannien wurden zwischen 1935 und 1939 etwa 15 Exemplare des Baby II als Slingsby Type 5 (T.5) Grunau Baby 2 hergestellt. Hinzu kam noch eine unbekannte Zahl an Bausätzen. Die geringe Produktionszahl ist zum Teil durch die rasch zunehmende Produktpalette bei Slingsby zu erklären. Speziell die Type 6 Kirby Kite stand in direkter Konkurrenz zur Baby 2, kurze Zeit danach kamen noch die Type 7 Kadet und die Type 8 Tutor hinzu. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Großbritannien noch 50 weitere Grunau Baby 2B von Elliots of Newbury als EoN Baby produziert.
Erhaltene Exemplare
- Grunau Baby II B-2 (LZ–NZ) im National Air and Space Museum (NASM) in Washington (D.C.)[3]
- Grunau Baby II (HB-87) der Segelfluggruppe beider Basel, stationiert auf dem Flugplatz Fricktal-Schupfart [4]
- Grunau Baby IIa (D-1079) im Deutschen Segelflugmuseum [5]
- Grunau Baby III (D-4303) im Deutschen Segelflugmuseum [6]
- Grunau Baby III (D-1977) des Segelflug-Club Fischbek e.V. in Hamburg, stationiert ebendort [7]
- Grunau Baby III (D-6340) in Privatbesitz, stationiert auf dem Segelfluggelände Witzenhausen-Burgberg [8]
- Grunau Baby IIb (OY-AUX) in der Dansk Veteranflysamling [9]
- Grunau Baby IIb (D–1065) in der Flugwerft Schleißheim. [10]
- Grunau Baby IIb (D-0117) in Privatbesitz, stationiert am Sportflugzentrum Münster-Osnabrück bei der Luftfahrtvereinigung Greven e.V.
- Grunau Baby IIb (D-2411, ex DM-1084) in Privatbesitz, stationiert im Fliegerklub Auerbach/V. e.V. auf dem Flugplatz Auerbach/V.
- Grunau Baby IIb (D-4764) des Quax-Förderverein für historisches Fluggerät e.V.[11], stationiert in Hamm beim Luftsportclub Hamm e.V.
- Grunau Baby IIb (D-6176) der LSG-Schäferstuhl e.V. [12], stationiert in Salzgitter.
- Grunau Baby IIb (OE-0442) fliegt noch bei der Heeresflugsportgruppe Albatros, von ursprünglich 2 Exemplaren des Österreichischen Bundesheeres (im Einsatz von 1958 bis etwa 1962)
Technische Daten Grunau Baby IIB
Kenngröße | Daten |
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Gesamtlänge | 6,15 m |
Spannweite | 13,50 m |
Höhe | 1,35 m |
Flügelfläche | 14,20 |
Flügelstreckung | 12,80 |
Flächenbelastung | 17,6 kg/m² |
Rüstmasse | 160 kg |
Max. Startgewicht | 250 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
Mindestgeschwindigkeit | 45 km/h |
Zulässige Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
beste Gleitzahl | 17 bei 60 km/h |
Geringstes Sinken | 0,9 m/s bei 50 km/h |
Siehe auch
Literatur
- Peter F. Selinger: Segelflugzeug-Geschichten: die Gleit- und Segelflugzeuge des Deutschen Segelflugmuseums mit Modellflug auf der Wasserkuppe. Stiftung Deutsches Segelflugmuseum Wasserkuppe mit Modellflug, Gersfeld/Rhön 2004, ISBN 3-00-011649-4.
Einzelnachweise
- ↑ Martin Simons: Sling's Sailplanes - Part 5 (Type 5 Grunau Baby 2), Aeroplane Monthly, Dezember 1992, S. 25
- ↑ PIK 10 Moottoribaby. In: www.ilmailumuseo.fi. Finnisches Luftfahrtmuseum, abgerufen am 14. September 2011 (finnisch).
- ↑ National Air and Space Museum:Grunau Baby II B-2, abgerufen am 2. März 2009
- ↑ Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL: Schneider Grunau Baby II, abgerufen am 4. September 2011
- ↑ Deutsches Segelflugmuseum: Grunau Baby IIa, abgerufen am 2. März 2009
- ↑ Deutsches Segelflugmuseum: Grunau "Baby III", abgerufen am 2. März 2009
- ↑ Segelflug-Club Fischbek e.V.: Grunau Baby III, abgerufen am 20. Oktober 2012
- ↑ Luftsportverein Witzenhausen e.V.: LSV Witzenhausen -> Verein -> Flugzeuge, abgerufen am 16. Januar 2013
- ↑ Danmarks Flymuseum: Schneider Grunau Baby IIB, abgerufen am 2. März 2009
- ↑ Flugwerft Schleißheim: Grunau Baby IIb, abgerufen am 2. März 2009
- ↑ [1]: Grunau Baby IIb, abgerufen am 13. Mai 2009
- ↑ [2]
Weblinks
- www.grunaubaby.de: Die Grunau - Baby Homepage, abgerufen am 2. März 2009