Heinz Neumann (Politiker)

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Heinz Neumann, auch Heinz-Werner Neumann[1] (* 6. Juli 1902 in Berlin; † 26. November 1937 in der Sowjetunion) war ein deutscher Politiker (KPD) und Journalist. Er war KPD-Vertreter bei der Komintern, Chefredakteur der Parteizeitung Die Rote Fahne und Mitglied des Reichstages.

Leben

Aus einer bürgerlichen Familie stammend kam Heinz Neumann während seines Philologiestudiums mit marxistischen Ideen in Kontakt und wurde 1920 vom damaligen Generalsekretär Ernst Reuter in die KPD aufgenommen und dort zunächst von August Thalheimer gefördert. Ab 1921 schrieb Neumann Leitartikel für verschiedene KPD-Zeitungen und wurde nach der Aufgabe seines Studiums 1922 Redakteur der Roten Fahne. Während eines sechsmonatigen Gefängnisaufenthaltes lernte er Russisch, so dass er Ende 1922 während einer Reise in die Sowjetunion mit sowjetischen Parteifunktionären, darunter Stalin, mit dem Neumann von nun an bis 1932 eng kooperierte, auch ohne Dolmetscher sprechen konnte[2].

In der KPD zunächst zum linken Flügel um Ruth Fischer gehörend, verbündete er sich 1923 mit Arthur Ewert und Gerhart Eisler und wurde politischer Leiter im Parteibezirk Mecklenburg. Nach dem Hamburger Aufstand zeitweise illegal lebend, floh Neumann 1924 nach Wien und wurde von dort 1925 in die Sowjetunion ausgewiesen, wo er im gleichen Jahr Iwan Katz als KPD-Vertreter bei der Komintern ablöste. Von Moskau aus spielte Neumann bis 1927 eine wichtige Rolle in dem als „Bolschewisierung“ bezeichneten Prozess und bei der Ablösung Ruth Fischers und Arkadi Maslows vom Parteivorsitz, welche die KPD unter die Kontrolle Stalins und ihn selbst in das ZK der Partei brachte. Von Juli bis Dezember 1927 vertrat er die Komintern in China. Mit dem georgischen Kommunisten Bessarion Lominadse organisierte er den Aufstand in Guangzhou am 11. Dezember 1927, bei dem rund 25.000 Kommunisten umkamen.

1928 ging Neumann nach Deutschland zurück und war seit der Ausschaltung der „Versöhnler“ im Rahmen der Wittorf-Affäre neben Ernst Thälmann und Hermann Remmele der wichtigste Politiker der KPD. Er galt in dieser Phase als wichtigster Theoretiker der Partei und wurde Chefredakteur der Roten Fahne. Als „Chefideologe“ war Neumann federführend für die ultralinke Linie (RGO- und Sozialfaschismuspolitik) der Partei verantwortlich, trat aber auch gleichzeitig für einen entschiedenen Kampf gegen die Nationalsozialisten ein und prägte die in der KPD bis 1932 gültige Formel „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!“ Kurt Tucholsky hat diese Formel in seinem Gedicht Rosen auf den Weg gestreut umgeschrieben zu: „Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.“[3][4]

1930 in den Reichstag gewählt, entwickelte Neumann ab 1931 Differenzen zu Stalin und Thälmann, da diese aus seiner Sicht die Gefahr einer Machtübernahme der NSDAP unterschätzten. In den darauffolgenden fraktionellen Auseinandersetzungen unterlag er im April 1932 und wurde im Oktober 1932 von seinen Funktionen entbunden und verlor im November 1932 auch sein Reichstagsmandat.

Ab August 1931 galt er neben Hans Kippenberger als maßgeblicher Auftraggeber der Polizistenmorde auf dem Berliner Bülowplatz, seit September 1933 wurde er deswegen steckbrieflich gesucht. Seine Lebensgefährtin Margarete Buber-Neumann bestreitet eine Verwicklung Neumanns in diese politischen Morde: „Heinz Neumann war ein Gegner des individuellen Terrors, hatte nichts mit dem Terrorapparat der KPD zu tun“.[5]

Zunächst als Kominternemissär nach Spanien versetzt und nach seiner im August 1933 erfolgten Ausbürgerung aus Deutschland stand Neumann auf der ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933.[1] Illegal in der Schweiz lebend, musste er im Januar 1934 Selbstkritik üben. Man warf ihm vor, er habe gemeinsam mit Remmele die Partei spalten wollen. Ende 1934 in Zürich von der Schweizer Fremdenpolizei verhaftet, wurde er dort ein halbes Jahr inhaftiert und 1935 in die Sowjetunion ausgewiesen. Hier geriet er in den Großen Terror und wurde im Rahmen der Deutschen Operation des NKWD am 27. April 1937 verhaftet und am 26. November 1937 vom Militärkollegium des Obersten Gerichtes der Sowjetunion zum Tode verurteilt und noch am selben Tag erschossen.

Margarete Buber-Neumann war vom Sommer 1929 an Heinz Neumanns Lebensgefährtin. Sie wurde nach seinem Verschwinden ebenfalls verhaftet und 1940 von sowjetischen Stellen an das nationalsozialistische Deutschland ausgeliefert. Über ihre Jahre mit Heinz Neumann, über ihre gemeinsame Zeit in Berlin, in der Sowjetunion, in Spanien, der Schweiz und schließlich wieder in Moskau und über die Abkehr Neumanns vom Stalinismus berichtet sie im ersten Teil ihrer Autobiographie.[6]

Publikationen

  • Die vaterländischen Mörder Deutschlands. Bayern in der kleinen Entente. Das Ergebnis des Münchener Hochverratsprozesses. Berlin 1923 (gemeinsam mit Karl Frank).
  • Maslows Offensive gegen den Leninismus. Kritische Bemerkungen zur Parteidiskussion. Hamburg 1925.
  • Was ist Bolschewisierung? Hamburg 1925.
  • Der ultralinke Menschewismus. Berlin 1926.
  • J. W. Stalin. Hamburg 1930.
  • Durch rote Einheit zur Macht. Heinz Neumanns Abrechnung mit der Politik des sozialdemokratischen Parteivorstandes. Berlin 1931.
  • Prestes, der Freiheitsheld von Brasilien. Moskau 1936.

Literatur

  • Heinz Neumann der Commis voyaguer der Revolution. In: O.B. Server: Matadore der Politik; Universitas Deutsche Verlags-Aktiengesellschaft, Berlin, 1932; S. 171ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Michael Hepp (Hrsg.): Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen. Band 1: Listen in chronologischer Reihenfolge. De Gruyter Saur, München 1985, ISBN 978-3-11-095062-5, S. 3 (Nachdruck von 2010).
  2. Н | Проект «Исторические Материалы». Abgerufen am 14. März 2021.
  3. Küßt die Faschisten. In: Der Spiegel. Nr. 8, 1956 (online).
  4. Google Books
  5. Margarete Buber-Neumann: Von Potsdam nach Moskau. Stationen eines Irrweges. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1985, S. 245, vgl. S. 246 f.
  6. Margarete Buber-Neumann: Von Potsdam nach Moskau. Stationen eines Irrweges. Frankfurt am Main 1985, S. 149–444.