Herman Sörgel

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Herman Sörgel (1928)

Herman Sörgel (eigentlich Hans Otto Herman Sörgel;[1] * 2. April 1885 in Regensburg; † 25. Dezember 1952 in München) war ein deutscher Architekt des Expressionismus (Bauhaus) und Kulturphilosoph, der sich mit Raumtheorie und geopolitischen Fragestellungen beschäftigte. Bekanntheit erlangte Sörgel vor allem durch sein Atlantropa-Projekt, mit dem er Ende der 1920er Jahre vorschlug, das Mittelmeer durch Staudämme vom Atlantik sowie vom Schwarzen Meer zu trennen und gleichzeitig zur Landgewinnung um 100 Meter abzusenken.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herman Sörgels Vater Johann (Hans) Ritter von Sörgel (1848–1910) war 1901 geadelt worden. Er gilt als Pionier der Errichtung von wasserbetriebenen Elektrizitätskraftwerken und leitete die oberste bayerische Baubehörde. Er war – neben Oskar von Miller – einer der Initiatoren des Walchenseekraftwerks. Seine Mutter Cäcilie (1846–1921), geborene Unterholzner, entstammte einer Neuöttinger Bierbrauerfamilie.[1]

Im Jahr 1904 absolvierte Sörgel das Maximiliansgymnasium München und studierte im Anschluss vier Jahre lang Architektur an der Münchner Technischen Hochschule, die er als Diplomingenieur verließ. Die Annahme einer Doktorarbeit, die sich mit ästhetischen Fragen der Architektur beschäftigte, wurde in München abgelehnt, in Dresden jedoch vom Urbanisten Fritz Schumacher (1869–1947) als ausgezeichnet eingestuft. Sie fand darüber hinaus in Fachkreisen „eine beträchtliche Anerkennung“.[2]

Er starb an Weihnachten 1952 an den Folgen eines nie aufgeklärten Verkehrsunfalls, bei dem er mit seinem Fahrrad auf dem Weg zu einem Vortrag in der Münchner Prinzregentenstraße von einem Auto angefahren wurde.[3] Die Grabstätte von Hermann Sörgel befindet sich auf dem Münchner Waldfriedhof (Grabnr. 31-W-42).[4]

Das Atlantropa-Projekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herman Sörgel wurde durch das monumentale Staudamm-Projekt „Atlantropa“ für die Straße von Gibraltar bekannt, welches er ab 1928 bearbeitete und 1932 in einem Buch mit gleichlautendem Titel vorstellte. Sörgel vertrat die geopolitisch gestützte Ansicht, dass sich in Zukunft drei wirtschaftspolitische Machtblöcke bilden würden: Amerika, Europa und Asien. Afrika werde aufgrund seiner zivilisatorischen Rückständigkeit technologisch abgekoppelt und nur als Rohstofflieferant von Bedeutung sein – es sei denn, Europa ginge nachhaltige Bindungen mit Afrika ein. Ebenso erkannte er, dass Kohle und Erdöl in absehbarer Zeit aufgrund der Verknappung fossiler Ressourcen immer teurer würden. Als möglichen Ausweg propagierte er eine Verwertung des riesigen Energiepotentials von Wasserkraft im Mittelmeer durch einen Staudamm. Durch die teilweise Trockenlegung des Mittelmeers sollte wertvolles Neuland gewonnen werden. Die in mühevoller Kleinarbeit, über Generationen geleistete Neulandgewinnung der Niederländer an der Nordsee sollte nunmehr im großen Stil im Mittelmeerraum wiederholt werden; im Endstadium sollte aus Europa und Afrika der neue Kontinent „Atlantropa“ entstehen. Sörgel war ein überzeugter Pazifist, der die Schaffenskraft der europäischen Völker in das kolonisatorische Mega-Projekt „Atlantropa“ bündeln wollte. Das gescheiterte politische Ziel Napoleons I., durch großangelegte gesamteuropäische Kolonisationsprojekte – vor allem in Osteuropa – die europäischen Nationen zu einer kriegsfreien Europäischen Union zusammenzuschweißen, sollte durch „Atlantropa“ Wirklichkeit werden.

Herman Sörgel war als Regierungsbaumeister tätig und lebte vermutlich zeitlebens im Raum München.

Nach seinem Tod wurde das Projekt „Atlantropa“ nicht weiter verfolgt und aufgrund der potentiellen Gefahren und absehbar negativen Folgen ad acta gelegt. Spätere geopolitische Arbeiten Sörgels (Projekt Kongo/Tschadsee als Ergänzung zu Atlantropa) gelten als verschollen. Teile der Archive des von ihm gegründeten und 1960 geschlossenen Atlantropa-Instituts werden im Deutschen Museum aufbewahrt (siehe Weblinks).

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Einführung in die Architekturästhetik. Prolegomena zu einer Theorie der Baukunst, 1918
  • Theorie der Baukunst I. Architektur-Ästhetik, 3. Auflage, Piloty & Löhle, München 1921 (Nachdruck: Gebr. Mann, Berlin 1998, ISBN 3-7861-1992-9)
  • Entwurf zur Erziehungsreform des Gymnasions, Jenaer Volksbuchhandlung, Jena 1921
  • Reformentwurf zur einheitlichen Organisation der Hochbauschulen, 1921
  • Das Chilehaus, Hamburg. Architekt Fr. Höger (= Deutschlands Industrie und Handel; 1), Raue, Charlottenburg 1924
  • Wohnhäuser (= Handbuch der Architektur, IV. Teil, Halbband 2, Heft 1), 2. Auflage, 1927
  • Verirrungen und Merkwürdigkeiten im Bauen und Wohnen, Gebhardt, Leipzig 1929
  • Mittelmeer-Senkung, Saharabewässerung - (Panropaprojekt) - Lowering the Mediterranean, Irrigating the Sahara, mehrsprachige Ausgabe, Gebhardt, Leipzig 1929
  • Das Haus fürs Wochenende, Gebhardt, Leipzig 1930
  • Atlantropa. Fretz & Wasmuth, Zürich / Piloty & Loehle, München 1932
  • Vorwort zu: Wayne W. Parrish: Technokratie – die neue Heilslehre, Piper, München 1933
  • Die drei großen A, Amerika, Atlantropa, Asien, 1938
  • Atlantropa-ABC. Kraft, Raum, Brot. Erläuterungen zum Atlantropa-Projekt, Arnd, Leipzig 1942
  • Atlantropa. Wesenszüge eines Projekts (= Atlantropa-Bibliothek; Band 1), Vorwort von John Knittel, Behrendt, Stuttgart 1948

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Fiktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das jahrzehntelange Bemühen Herman Sörgels und seiner Frau Irene, Unterstützung für die Schaffung Atlantropas zu finden, behandelt der 2021 erschienene Roman Der kühnste Plan seit Menschengedenken von Matthias Lohre.[5]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Deutsche Biographie: Sörgel, Herman - Deutsche Biographie. Abgerufen am 13. Februar 2023.
  2. Alexander Gall: Das Atlantropa-Projekt. Die Geschichte einer gescheiterten Vision. Herman Sörgel und die Absenkung des Mittelmeers. Campus: Frankfurt am Main 1998. S. 29f
  3. Dokus deutsch: Atlantropa - Der Traum vom neuen Kontinent. In: youtu.be. 3. November 2017, abgerufen am 6. Februar 2023.
  4. Waldfriedhof München. Abgerufen am 13. Februar 2023.
  5. Der kühnste Plan seit Menschengedenken - Wagenbach Verlag. Abgerufen am 10. Juni 2021.