Hermann Kleemann

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Hermann Christoph Kleemann[1] (* 26. September 1915 in Westerdorf; † 12. November 1977[2]) war ein deutscher SS-Oberscharführer im KZ Auschwitz, der Lagerführer in den Außenlagern Bismarckhütte sowie Janinagrube war und Todesmärsche von KZ-Häftlingen begleitete.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kleemann war der Sohn eines Angestellten der Reichsbahn und gelernter Metzger. Nach eigenen Angaben war er ab 1941 im KZ Auschwitz eingesetzt, zunächst im Block 11 mit dem Lagerarrest und danach als Kommandoführer im Stammlager des KZ Auschwitz. Ab Sommer 1943 war er Rapportführer im Außenlager Eintrachthütte des KZ Auschwitz. Am 15. September 1943 wurde er mit dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet.[3]

Ab März 1944 übernahm er die Lagerführung im Außenlager Janinagrube des KZ Auschwitz, wo ein Großteil der Häftlinge ohne Schutzkleidung unter schwersten Arbeitsbedingungen Kohle abbauen mussten. Die Todesrate unter den Häftlingen war in diesem Lager sehr hoch. Kleemann war bei den Häftlingen sehr gefürchtet, da er Häftlinge schwer misshandelte, kräftezehrende Sportübungen veranstaltete und bei Schießübungen auch keine Rücksicht auf Verletzungen von Häftlingen nahm.[4] Von den Häftlingen erhielt er daher den Spitznamen Revolverking.[3]

Im September 1944 wurde er Lagerführer im neu eingerichteten Außenlager Bismarckhütte des KZ Auschwitz, das er bis zur kriegsbedingten Evakuierung des Lagers im Januar 1945 leitete. Im Außenlager Bismarckhütte waren die Häftlinge zur Geschützproduktion eingesetzt.[3] Kleemann wohnte mit seiner Frau und Kindern in einem abgetrennten Teil des Lagers.[5]

Im Zuge der Evakuierung des KZ Auschwitz führte Kleemann am 18. Januar 1945 einen Todesmarsch von KZ-Häftlingen aus dem Lager in das KZ Mittelbau-Dora. Anschließend übernahm Kleemann die Lagerführung im Außenlager Woffleben, wo Häftlinge Zwangsarbeit im Stollenvortrieb leisten mussten. Im Zuge der Evakuierung des Lagers am 4. April 1945 begleitete Kleemann einen Todesmarsch von KZ-Häftlingen in das KZ Bergen-Belsen.

Nach Kriegsende wurde gegen Kleemann ein Verfahren wegen Tötungen auf dem Todesmarsch durch das Landgericht Itzehoe eingeleitet. Er wurde jedoch 1951 freigesprochen.[6][7] Er gab 1961 bei einer Vernehmung als Beruf Bergmann an.[3] Aufgrund mangelnden Tatverdachts wurden auch Ermittlungsverfahren gegen Kleemann zum Tatkomplex Verbrechen im Außenlager Eintrachthütte (mangelnder Tatverdacht), Bismarckhütte (mangelnder Tatverdacht) und Janinagrube (Verhandlungsunfähigkeit 1977) in den 1970er Jahren eingestellt.[8]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3.
  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-52965-8.
  • Urteil des Landgerichtes Itzehoe vom 28. April 1951 des Prozesses gegen u.a. Hermann Kleeman. Abgedruckt in Christiaan F. Rüter/Dick W. de Mildt (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung (west-)deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen in 49 Bänden, Band 8, Lfde Nummern 260–298, Amsterdam 1972.
  • Martin Clemens Winter: »Dienstleistung anläßlich eines Gefangenentransportes«: Polizei und Evakuierungstransporte aus Konzentrationslagern am Beispiel Brunsbüttel. In Polizei, Verfolgung und Gesellschaft im Nationalsozialismus. Band 15 der Reihe Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland. Temmen, Bremen 2013, ISBN 978-3-8378-4045-2. S. 40–49.
  • Jelle Reinhardt / Julian Muxfeldt / Tim Laatz / Dominik Maik: „Es war ja schließlich so, daß alle Häftlinge [...] es hier gut hatten“ – SS-Oberscharführer Hermann Kleemann und der Gefangenentransport durch Glückstadt 1945. In: Miriam J. Hoffmann / Vivian Vierkant (Hrsg.): „Heute marschieren wir alle geschlossen hinter dem Führer“. Itzehoe und der Kreis Steinburg 1933–1945. Kreismuseum Prinzeßhof, Itzehoe 2022, ISBN 978-3-00-070808-4, S. 200–217.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vollständiger Name bei Aleksander Lasik: Die Organisationsstruktur des KL Auschwitz. In: Aleksander Lasik, Franciszek Piper, Piotr Setkiewicz, Irena Strzelecka: Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations und Vernichtungslagers Auschwitz., Band I: Aufbau und Struktur des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau, Oświęcim 1999, S. 399
  2. Lebensdaten nach Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen und Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon, Frankfurt am Main 2013, S. 216f.
  3. a b c d Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen und Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon, Frankfurt am Main 2013, S. 216f.
  4. Andrea Rudorff: Janinagrube. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, S. 257
  5. Andrea Rudorff: Bismarckhütte. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, S. 184
  6. Andrea Rudorff: Bismarckhütte. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, S. 185
  7. Martin Clemens Winter: »Dienstleistung anläßlich eines Gefangenentransportes«: Polizei und Evakuierungstransporte aus Konzentrationslagern am Beispiel Brunsbüttel. In Polizei, Verfolgung und Gesellschaft im Nationalsozialismus. Band 15 der Reihe Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland. Temmen, Bremen 2013, ISBN 978-3-8378-4045-2. S. 46f.
  8. Andrea Rudorff: Eintrachthütte Janinagrube und Bismarkhütte. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, S. 185, 216, 257