Ignacy Mościcki

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Ignacy Mościcki

Ignacy Mościcki (anhören/?) ([iɡˈnat͡sɨ mɔˈɕt͡ɕit͡skʲi]; * 1. Dezember 1867 in Mierzanów bei Ciechanów, Russisches Kaiserreich; † 2. Oktober 1946 in Versoix bei Genf, Schweiz) war ein polnischer Chemiker und Politiker. Von 1926 bis 1939 war er der Staatspräsident Polens.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ignacy Mościcki stammte aus einer vermögenden Familie des mittleren Adels und studierte Chemie an der Technischen Hochschule Wien und am Polytechnikum zu Riga, wo er auch Mitglied der Studentenverbindung Welecja war.[1]

1892 emigrierte er nach London, wo er sich an der Arbeit des Auslandsverbandes Polnischer Sozialisten beteiligte. Dort lernte er 1896 Józef Piłsudski kennen. 1897 übersiedelte er in die Schweiz, wo er als Professor für Chemie an die Universität Fribourg berufen wurde. In der Schweiz patentierte er auch eine Methode zur günstigen industriellen Herstellung von Salpetersäure.[2][3]

1912 wurde er auf den Lehrstuhl für Chemie an der Universität Lemberg berufen und war dort bis 1922 tätig. Bis 1926 schrieb er über 60 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Gebiet der Chemie, die ihm internationale Anerkennung verschafften.

Präsident Ignacy Mościcki beim Einzug der (Hoch-)Schule für Seefahrt Gdynia in ihr neues Gebäude (1930)

Nach dem Maiputsch von Józef Piłsudski im Mai 1926, der den Abgang des bisherigen Staatspräsidenten Stanisław Wojciechowski verursachte, wurde Mościcki von Piłsudski (der die Annahme des Präsidentenpostens ablehnte) als Präsidentschaftskandidat vorgeschlagen und am 1. Juni 1926 von der Nationalversammlung zum Präsidenten gewählt. Nach dem Ablauf der Amtsperiode am 8. Mai 1933 auf Wunsch Piłsudskis wiedergewählt, blieb er aber bis 1935 in dessen Schatten, ohne politische Bedeutung zu erlangen.

Am 23. April 1935 (19 Tage vor dem Tode Piłsudskis) trat die neue polnische Verfassung in Kraft, die dem Präsidenten weitgehende Vollmachten gab, u. a. das Recht, während eines Krieges oder Ausnahmezustandes seinen Nachfolger zu nominieren. Obwohl alle erwarteten, dass der Präsident nach dem Inkrafttreten der neuen Verfassung zurückträte und dass Neuwahlen stattfinden würden, wollte Mościcki nicht abtreten (seine Amtsperiode wäre erst 1940 abgelaufen).

Nach Piłsudskis Tod entstanden zwei Machtzentren in Polen: die Gruppe „Schloss“ (polnisch Zamek, so genannt nach der Residenz des Präsidenten, dem Warschauer Königsschloss) um Mościcki und die Gruppe der „Obristen“ (polnisch Pułkownicy) um den neuen Marschall von Polen Edward Rydz-Śmigły. Ministerpräsident war Felicjan Sławoj Składkowski.

Die polnische Niederlage nach dem deutschen und sowjetischen Überfall im September 1939 zwang Mościcki zur Flucht, um eine Kapitulation zu vermeiden. Er flüchtete zuerst nach Rumänien und reiste von dort im Dezember 1939 in die Schweiz, wo er am 2. Oktober 1946 verstarb. Die Urne mit seiner Asche wurde 1993 nach Warschau überführt und in der Krypta der Kathedrale zum Heiligen Johannes bestattet. Seine Frau wurde in der Verdientenallee des traditionsreichen Warschauer Powązki-Friedhofs bestattet. Im Warschauer Königsschloss wurde vor ein paar Jahren das Mobiliar aus seinem Arbeitszimmer wieder aufgestellt.

1. September 1939: Aufruf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufruf Mościckis vom 1. September 1939

Am 1. September 1939 wurde nach dem deutschen Überfall auf Polen der folgende Aufruf des Staatspräsidenten an das polnische Volk veröffentlicht:[4]

Obywatele Rzeczypospolitej!
Nocy dzisiejszej odwieczny …

Übersetzung:

Bürger der Republik!
In der heutigen Nacht begann unser Erzfeind Angriffshandlungen gegen den polnischen Staat, was ich vor Gott und der Geschichte feststelle.
In diesem historischen Augenblick wende ich mich in der tiefen Überzeugung an alle Staatsbürger, dass das ganze Volk sich in der Verteidigung seiner Freiheit, Unabhängigkeit und Ehre um den Oberbefehlshaber und die Streitkräfte konzentriert und dem Angreifer eine angemessene Antwort gibt, wie sich dies schon oftmals in der Geschichte der polnisch-deutschen Beziehungen ereignet hat.
Das ganze polnische Volk, das von Gott gesegnet [und] im Kampf um seine heilige und gerechte Sache mit der Armee vereinigt ist, geht Arm in Arm in den Kampf und zum vollen Sieg.
Ignacy Mościcki
Der Präsident der Republik
Warschau, den 1. September 1939

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mościcki im Kreise seiner Familie (1929)

Am 22. Februar 1892 heiratete Ignacy Mościcki Michalina Czyżewska in Płock. Er war eng mit ihr verwandt – sie war die Tochter der Schwester seiner Mutter, also seine Cousine –, daher bedurfte die Hochzeit einer päpstlichen Ausnahmegenehmigung.[5] In dem Kontext muss auch Mościcki Übersiedlung 1892 in Ausland gesehen werden. Gemeinsam mit seiner Frau Michalina hatte er drei Kinder, Helena, Michał und Józef, zudem auch drei Enkelkinder.[6]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paweł Zaremba: Historia Dwudziestolecia. 1918–1939 (= Kultura. Biblioteka kultury 333, ISSN 0406-0393). 2 Bände. Ddo druku przygotował Marek Łatyński. Instytut Literacki, Paris 1981.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ignacy Mościcki – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. gem. dem Artikel Prezydenci Polski: Ignacy Mościcki, 1926-1939@1@2Vorlage:Toter Link/usa.se.pl (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. in der US-amerikanischen Ausgabe von Super Express (Super Express USA Publishing Corp.) vom 7. Juni 2010 (polnisch).
  2. Ignacy Mościcki - prezydent Piłsudskiego. Abgerufen am 6. November 2022.
  3. Anna Kozicka - Kołaczkowska: Ignacy Mościcki. Czarnoksiężnik z krainy azotu cz. II. In: instytutpe.pl. Instytut Polityki Energetycznej im. Ignacego Łukasiewicza, abgerufen am 6. November 2022.
  4. Übersetzung zitiert nach gelsenzentrum.de
  5. Małżeństwo (Die Ehe). Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. März 2008; abgerufen am 6. November 2022.
  6. Zbiory NAC on-line. Abgerufen am 6. November 2022.