„Intrauterinpessar“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
Unter einem '''Intrauterinpessar''' ({{LaS|''intra''}}, innerhalb; {{Lang|la|''uterus''}}, Gebärmutter), umgangssprachlich auch als '''Spirale''' bezeichnet, versteht man ein [[Medizinprodukt]] zur [[Empfängnisverhütung]], das in die [[Gebärmutter]] der Frau eingesetzt wird. Man unterscheidet nach dem Wirkprinzip zwischen der hier behandelten ''Kupfer-'' beziehungsweise ''Kupfer-Gold-Spirale'' und der [[Hormonspirale]], die auch als Intrauterinsystem (IUS) bezeichnet wird.
nter einem '''Intrauterinpessar''' ({{LaS|''intra''}}, innerhalb; {{Lang|la|''uterus''}}, Gebärmutter), umgangssprachlich auch als '''Spirale''' bezeichnet, versteht man ein [[Medizinprodukt]] zur [[Empfängnisverhütung]], das in die [[Gebärmutter]] der Frau eingesetzt wird. Man unterscheidet nach dem Wirkprinzip zwischen der hier behandelten ''Kupfer-'' beziehungsweise ''Kupfer-Gold-Spirale'' und der [[Hormonspirale]], die auch als Intrauterinsystem (IUS) bezeichnet wird.


== Geschichte ==
== Geschichte ==

Version vom 23. September 2010, 10:26 Uhr

nter einem Intrauterinpessar (lateinisch intra, innerhalb; uterus, Gebärmutter), umgangssprachlich auch als Spirale bezeichnet, versteht man ein Medizinprodukt zur Empfängnisverhütung, das in die Gebärmutter der Frau eingesetzt wird. Man unterscheidet nach dem Wirkprinzip zwischen der hier behandelten Kupfer- beziehungsweise Kupfer-Gold-Spirale und der Hormonspirale, die auch als Intrauterinsystem (IUS) bezeichnet wird. 

Geschichte

Die Anwendung von Intrauterinpessaren ist heutzutage weltweit die am weitesten verbreitete Methode der reversiblen Empfängnisverhütung.[1] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden erste Produkte aus Seide oder Silberdraht entworfen, u.a. von dem deutschen Gynäkologen Ernst Gräfenberg. Mit Entwicklung von thermoplastischen Werkstoffen Ende der 1950er Jahre kamen zahlreiche Formen und Modelle auf den Markt. Aus dieser Zeit stammen z.B. der Lippes Loop und die Marguiles-Spirale, nach der die Intrauterinpessare nun umgangssprachlich benannt sind.[2] Beim Dalkon Shield kam es in den 1970er Jahren aufgrund von spezifischen Konstruktionsmängeln zu schweren Entzündungen, was jedoch allen Intrauterinpessaren nachhaltig den Ruf eines hohen Risikos einbrachte.[3][4] Seit den 1970er Jahren enthalten die Intrauterinpessare einen Kupferanteil, nachdem die kontrazeptive Wirkung von Kupfer bekannt wurde.[5]

Aufbau

Kupferhaltiges T-förmiges Intrauterinpessar mit Rückholfäden

Die Kupferspirale besteht aus einem mit feinem Kupferdraht oder einer Kupfer-Gold-Legierung umwickelten Plastik-Gebilde von 2,5 bis 3,5 cm Größe. Es gibt auch Kupferspiralen mit kleinen Gold-Clips, die jedoch keine eigene Wirkung haben. Die Gold-Clips sollen jedoch die Sichtbarkeit der Spirale im Ultraschall verbessern.[6] Viele heute genutzte Kupferspiralen haben die Form eines T. Aber auch andere Varianten, wie Schleifen oder die Form der Zahl 7 sind möglich. Sinn dieser verschiedenen Formen ist ein möglichst sicherer Halt der Spirale in der Gebärmutterhöhle und eine dennoch leichte Entfernbarkeit. Bei der Kupferkette, die unter dem Handelsnamen GyneFix vertrieben wird, erfolgt eine Verankerung in der Gebärmuttermuskulatur, sodass ein zusätzlicher Rahmen zur Fixierung nicht erforderlich ist (Frameless IUP). Am unteren Ende der Intrauterinpessare befindet sich eine Öse, an der Rückholfäden befestigt sind, die etwa 1 bis 2 cm aus dem Muttermund herausragen.

Wirkprinzip

Das Wirkprinzip ist nicht bis in alle Einzelheiten geklärt. Diskutiert werden mehrere verschiedene Mechanismen:

  • Kupferionen zeigen eine toxische und hemmende Wirkung auf Spermien, die zu einer Herabsetzung der Beweglichkeit und Lebensdauer führen. Die Wirkung des Kupfers ist lokal begrenzt auf Gebärmutter, Eileiter und Zervix. Erhöhte Serumkonzentrationen an Kupfer werden nicht gefunden.
  • Darüber hinaus verursacht die Spirale als Fremdkörper eine sterile Entzündungsreaktion der Gebärmutterschleimhaut, so dass deren veränderte Beschaffenheit und die von ihr produzierten cytotoxischen Enzyme eine Nidation (Einnistung) verhindern, weshalb sie gelegentlich auch als "Notfallkontrazeptivum" zum Einsatz kommt.
  • Entzündungszellen, wie Makrophagen, können auch direkt Spermien abbauen (Phagozytose)[7]
  • Eine Beeinflussung der Eileiterfunktion führt zu Behinderung des Eizell- und Spermientransports.[8][9][6]
  • Die Verwendung einer Gold-Kupfer-Legierung bei den sogenannten Gold-Spiralen oder Kupfer-Gold-Spiralen soll durch eine bakterien- und pilzhemmende Wirkung mittels der in Spuren gelösten Gold- und Kupferionen das Risiko für Infektionen und Entzündungen verringern.
  • Durch einen mikrogalvanischen Effekt bei den Gold-Kupfer-Legierungen sollen zudem Orientierungsfähigkeit und Beweglichkeit der Spermien herabgesetzt werden, sodass als Wirkprinzip nicht die Nidationshemmung, sondern die Verhinderung der Eibefruchtung angesehen wird.

Anwendung

Das Einsetzen der Spirale wird von einem Gynäkologen durchgeführt und erfolgt meist während der Menstruation, da der Gebärmutterhals zu dieser Zeit natürlicherweise etwas geöffnet ist. Eine Dehnung des Gebärmutterhalskanals, beispielsweise mit Hegarstiften, ist nur selten notwendig. Danach wird der korrekte Sitz der Spirale mittels Ultraschall überprüft.

Die Spirale kann auch direkt nach einem Schwangerschaftsabbruch oder einer Fehlgeburt eingesetzt werden.

Eine Einlage bis spätestens fünf Tage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr als Spirale danach ist möglich und vor allem dann erwägenswert, wenn die 72-Stunden-Zeitspanne für die Pille danach überschritten sind, oder aus medizinischen Gründen keine hormonelle Nachverhütung möglich ist.[9]

Auch junge Frauen, die noch nicht geboren haben, können die Spirale anwenden. Hier sind jedoch Ausstoßungsraten bis zu 10 Prozent beschrieben. Da die Gebärmutter bei diesen Frauen meist noch kleiner ist, kommen hier meist kleinere Spiralenmodelle zur Anwendung.[9]

Liegedauer der Spiralen

Die Liegedauer der Spiralen richtet sich nach der Zulassung des jeweiligen Intrauterinpessars, wobei die meisten Kupferspiralen für eine Nutzung von maximal drei Jahren zugelassen sind. Einzelne IUPs können bis zu fünf Jahre ununterbrochen angewendet werden. Nach Entfernung eines Intrauterinpessars kann direkt ein neues Exemplar eingelegt werden. Nach dem Entfernen der Kupferspirale ist die Frau regelhaft im nächsten Zyklus wieder fruchtbar.

Hormonspiralen sind für eine maximale Liegedauer von fünf Jahren zugelassen.[10] Sogenannte inerte Intrauterinpessare, die weder einen Kupferanteil noch ein Hormonreservoir besitzen, können praktisch unbegrenzt genutzt werden. Sie sind jedoch weniger zuverlässig und werden in etwa 10 bis 20 Prozent innerhalb der ersten Monate ausgestoßen.[7] Spiralen mit Gold-Kupfer-Legierungen sind von 7 bis zu 10 Jahren Liegedauer zugelassen und haben eine äußerst geringe Abstoßungsrate.

Sicherheit

Die Kupferspirale ist ein sehr sicheres Mittel zur Empfängnisverhütung. Insbesondere die Tatsache, dass keinerlei Interaktion seitens der Frau oder ihres Partners erforderlich ist, vermeidet Anwendungsfehler, welche die Hauptursache des Versagens der meisten Verhütungsmittel darstellen.

Der Pearl-Index der Kupferspirale beträgt etwa 0,9–3, der einer Gold-Kupfer-Spirale (Goldlily) etwa 0,5–1,0. Die Variante der Kupferkette (GyneFix), deren Wirkprinzipien denen der Kupferspirale entsprechen, weist einen noch besseren Pearl-Index von nur 0,1–0,3 auf.

Risiken

  • Frauen, die eine Spirale tragen, haben gegenüber Frauen ohne Spirale im ersten Monat ein um den Faktor 8 erhöhtes Infektionsrisiko. In den ersten vier Monaten nach Einlage ist das Risiko um den Faktor 4 erhöht. Danach besteht in einem Zeitraum bis zu acht Jahren kein erhöhtes Infektionsrisiko. Bei einer auftretenden Infektion sollte die Spirale in jedem Fall entfernt werden.[6]
  • Die von veralteten kupferfreien Spiralen bekannte Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von Eileiterschwangerschaften ist bei der Kupferspirale deutlich geringer, da das Wirkprinzip auch extrauterine Schwangerschaften relativ sicher verhindert.
  • Blutungsstörungen, üblicherweise in Form einer verstärkten Menstruation, und verstärkte Menstruationsbeschwerden treten als Nebenwirkungen häufig auf. Dies tritt bei Frameless IUPs genauso häufig auf wie bei herkömmlichen Spiralen.[11]
  • In den ersten zwei bis drei Monaten ist das Risiko einer Ausstoßung der Intrauterinpessare erhöht.
  • Beim Einsetzen der Spirale kann in seltenen Fällen die Gebärmutterwand durchstoßen werden. Das Risiko ist bei einer Einlage kurz nach einer Geburt erhöht.
  • Die Rückholfäden können in die Gebärmutter hochschlagen, so dass eine Entfernung meist einen operativen Eingriff (Hysteroskopie) erfordert.

Gegenanzeigen

Eine Spirale darf auf keinen Fall eingelegt werden, wenn:

Im Falle von:

sollte die Einlage einer Spirale nur im Einzelfall unter Abwägung aller Risiken erfolgen.[9][6]

Kosten und Kostenübernahme

Die Kupferspirale kostet in der Regel 120 bis 200 Euro für einen Anwendungszeitraum von drei bis fünf Jahren. Eine hormonhaltige Spirale ca. 300 bis 400 Euro, für einen Anwendungszeitraum von bis zu fünf Jahren. Dieser Preis gilt einschließlich Beratung, Untersuchung und Einlegen.[12] Die Kosten werden für gesetzlich krankenversicherte Frauen in Deutschland nach § 24 SGB V bis zum vollendeten 20. Lebensjahr von der Krankenkasse und für sozialhilfeberechtigte Frauen nach § 49 SGB XII (Hilfe zur Familienplanung) vom zuständigen Sozialhilfeträger übernommen.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. C. d’Arcangues: Worldwide use of intrauterine devices for contraception. In: Contraception. Bd. 75, 2007, S. S2-S7.
  2. M. Thiery: Pioneers of the intrauterine device. In: European Journal of Contraception and Reproductive Health Care Bd. 2, 1997, S. 15-23.
  3. D. Cheng: The Intrauterine Device: Still misunderstood after all these years. In: Southern Medical Journal. Bd. 93, Nr. 9, 2000, S. 859-864.
  4. E. Espey, T. Ogburn: Perpetuating negative attitudes about the intrauterine device: textbooks lag behind the evidence. In: Contraception. Bd. 65, 2002, S. 389-395.
  5. Zipper u.a.: Metallic Copper as an intrauterine contraceptive adjunction to the "T" device. In: American Journal of Obstetrics and Gynecology. Bd. 109, 1969, S. 1274-1278.
  6. a b c d Feige A, Rempen A, Würfel W, Jawny J, Rohde A. Frauenheilkunde. Kap. 5 Kontrazeption - Intrauterinpessar. 257-9 in der Google-Buchsuche, Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2006, ISBN 3-437-21871-9
  7. a b J. W. Dudenhausen: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Walter de Gruyter, 2001, ISBN 3-11-016562-7. in der Google-Buchsuche
  8. Bühling K J, Friedmann W. Intensivkurs Gynäkologie und Geburtshilfe. 2.2 Schwangerschaftsverhütung, 85 in der Google-Buchsuche Elsevier, Urban und Fischer Verlag, 2004, ISBN 3-437-42400-9
  9. a b c d Gerhard I. Geburtshilfe integrativ. Kap. 18.1.2 Intrauterinpessar (IUP), 349-50 in der Google-Buchsuche, Elsevier, Urban und Fischer Verlag, 2005, ISBN 3-437-56510-9
  10. Karin Bock, Axel Valet, Kay Goerke, Joachim Steller, Karin Bock: Klinikleitfaden Gynäkologie, Geburtshilfe. Elsevier, Urban und Fischer, 2003, ISBN 3-437-22211-2. in der Google-Buchsuche
  11. O'Brien P, Marfleet CC. Frameless versus classical intrauterine device for contraception. Cochrane Database of Systematic Reviews 2005, Issue 1. Art. No.: CD003282
  12. Pro Familia: Die Kupferspirale