Jungenarbeit

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Die Jungenarbeit – in Österreich, der Schweiz und Süddeutschland Bubenarbeit oder Burschenarbeit – ist Teil der Schulpädagogik, der Jugendarbeit bzw. der Kinder- und Jugendhilfe, die speziell auf die Arbeit mit Jungen, ihre Themen, Lebenslagen, Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche zugeschnitten ist.[1]

Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fachspezifisch liegt Jungenarbeit komplementär zur Mädchenarbeit einerseits, andererseits zur Koedukation.[2] Die neuere Literatur grenzt die Jungenarbeit als „geschlechterbezogene pädagogische Arbeit erwachsener Fachmänner mit Jungen“ von dem Oberbegriff der „Jungenpädagogik“ ab[3] , der jegliche geschlechterbezogene Pädagogik mit Jungen umfasst. Jungenpädagogisch tätig sein können neben Männern auch Frauen oder Gleichaltrige.[4]

Konzeptansatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fragen und Erfahrungen zu Jungesein und Mannwerden, zum eigenen geschlechtlichen Selbstverständnis, zu Lebenssituation und Lebenslagen, auch zu Körper, Gesundheit, Gewalterfahrungen und insbesondere zur Sexualität lassen sich in einer geschlechtshomogenen Gruppe oft (bzw. zunächst) offener und ehrlicher bearbeiten bzw. diskutieren. Im heterosozialen Kontext neigen Jungen wie Mädchen (und Erwachsene) leicht zu Stereotypisierung. Jungen falle es untereinander leichter, individuell authentisch zu sein, aber auch ihre Gefühle mitzuteilen und über diese zu sprechen als in der Anwesenheit von Mädchen, bei der sie sich stärker an dem gesellschaftlich erwarteten Rollenverhalten der Geschlechter orientieren würden.

Als Voraussetzung dafür, dass pädagogische Arbeit mit Jungen (Buben) als Jungenarbeit definiert wird, ist oft eine spezifische Methodenauswahl weniger wichtig als die geschlechtsbezogene Kompetenz des Pädagogen im Hinblick auf die Lebenslagen von Jungen und seine geschlechterreflektierende Haltung – die er dann auch pädagogisch und methodisch umsetzt.

Das Netzwerk Schulische Bubenarbeit der Schweiz[5] empfiehlt, an Stelle der herkömmlichen Männerstereotype ein lebensfreudiges Selbstbild zu vermitteln. Dabei sollen die Fähigkeiten der männlichen Jugendlichen im Zentrum stehen und weniger die Probleme, die sie machen. Die Erweiterung ihrer Wahrnehmungs- und Verhaltensmöglichkeiten hat positive Auswirkungen auf beide Geschlechter, auf ihr gegenseitiges Verhältnis und auch für die Lehrpersonen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexander Bentheim, Michael May, Benedikt Sturzenhecker, Reinhard Winter: Gender Mainstreaming und Jungenarbeit. Gender Mainstreaming in der Kinder- und Jugendhilfe. Juventa-Verlag, Weinheim u. a. 2004, ISBN 3-7799-1872-2.
  • Olaf Jantz, Christoph Grote (Hrsg.): Perspektiven der Jungenarbeit. Konzepte und Impulse aus der Praxis. Leske + Budrich, Opladen 2003, ISBN 3-8100-3095-3.
  • Ronald Halbright: Knabengerechte Koedukation. Standorts- und Bedürfnisanalyse der schulischen Bubenarbeit in der Deutschschweiz. Edition Soziothek, Köniz 1998, ISBN 3-905584-93-X (Zugleich: Zürich, Universität, Lizentiatsarbeit, 1998).
  • Heike Lauer: Jungen (= Forum Sexualaufklärung und Familienplanung. Heft 1, 2013, ISSN 2192-2152). Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, Köln 2013, online.
  • Frank Lohscheller: Typisch Junge? Kommunikations- und Konflikttraining für Jungen an Schulen. Unrast, Münster 2002, ISBN 3-89771-355-1.
  • Kurt Möller (Hrsg.): Nur Macher und Macho? Geschlechtsreflektierende Jungen und Männerarbeit. Juventa-Verlag, Weinheim 1997, ISBN 3-7799-1361-5.
  • Andrea Pracht, Heero Miketta: Praktische Jungenarbeit. Ein Handbuch für Pädagogen und Eltern. Books on Demand, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8370-9596-8.
  • Uwe Sielert: Jungenarbeit (= Praxishandbuch für die Jugendarbeit. Tl. 2). 3., völlig überarbeitete Auflage. Juventa-Verlag, Weinheim u. a. 2002, ISBN 3-7799-0261-3.
  • Gerd Stecklina und Jan Wienforth (Hrsg.): Impulse für die Jungenarbeit. Denkanstöße und Praxisbeispiele. Beltz Juventa 2016, ISBN 978-3-7799-2310-7.
  • Benedikt Sturzenhecker (Hrsg.) Leitbild Männlichkeit?! Was braucht die Jungenarbeit Votum, Münster 1996, ISBN 3-930405-52-0.
  • Benedikt Sturzenhecker, Reinhard Winter (Hrsg.): Praxis der Jungenarbeit. Modelle, Methoden und Erfahrungen aus pädagogischen Arbeitsfeldern. 3. Auflage. Juventa-Verlag, Weinheim u. a. 2010, ISBN 978-3-7799-0971-2.
  • Jan Wienforth: Professioneller Habitus in der Jungen-Arbeit. Zwischen Reproduktion und Dekonstruktion bestehender Geschlechterkonstruktionen. Budrich, Opladen u. a. 2015, ISBN 978-3-86388-097-2.
  • Reinhard Winter: Jungen. Eine Gebrauchsanweisung. Jungen verstehen und unterstützen. Beltz, Weinheim u. a. 2011, ISBN 978-3-407-85931-0.
  • Reinhard Winter: Jungenarbeit. In: Hans-Uwe Otto, Hans Thiersch (Hrsg.): Handbuch Sozialarbeit Sozialpädagogik. 3. Auflage. Reinhardt, München u. a. 2005, ISBN 3-497-01817-1, S. 904–915.
  • Reinhard Winter: Jungenarbeit. In: Thomas Rauschenbach, Stefan Borrmann (Hrsg.): Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendarbeit. Beltz Juventa, Weinheim u. a. 2013, ISBN 978-3-7799-2904-8, S. 52–77.
  • Reinhard Winter: Praxisbuch Jungen in der Schule. Pädagogische Handlungsmöglichkeiten für Lehrerinnen und Lehrer. Beltz, Weinheim u. a. 2018, ISBN 978-3-407-63077-3.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sturzenhecker/Winter 2002
  2. vgl. Winter 2005
  3. (vgl. Bentheim et al. 2004, Sturzenhecker / Winter 2006, Neubauer / Winter 2001)
  4. (vgl. Bentheim et al. 2004, Neubauer / Winter 2001)
  5. Prinzipien der schulischen Bubenarbeit, NWBS-ch