Kaiserreich Trapezunt

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Kleinasien und der Balkan im Jahre 1265 (Trapezunt befindet sich im Nordosten Anatoliens und stand ebenfalls unter mongolischer Oberhoheit)

Das Kaiserreich Trapezunt (mittelgriechisch Βασίλειον τής Τραπεζούντας Basileion tēs Trapezuntas, modernes türkisch Trabzon Rum Imparatorluğu) war einer der Nachfolgestaaten des Byzantinischen Reichs und erstreckte sich zeitweise über die historischen Landschaften Paphlagonien, Pontos und Kolchis. Das Kaiserreich bestand von 1204 bis 1461.

Geschichte

Trapezunt bei seiner Eroberung 1461, südlich das verbündete Reich der Weißen Hammel unter Uzun Hasan

Das Kaiserreich lag im Osten des Südufers des Schwarzen Meeres und wurde 1204 von der byzantinischen Herrscherdynastie der Komnenen gegründet, welche bereits vor der Eroberung Konstantinopels durch die Ritter des Vierten Kreuzzugs aus der Hauptstadt geflohen waren, aber bis 1204 ein separates Reich um Amastris (anatolische Nordwestküste zum Schwarzen Meer) beherrschten. Die Komnenen konnten mit georgischer Unterstützung einen Küstenstreifen erobern und halten, der strategische und politische Bedeutung hatte, weil hier wichtige Handelsrouten verliefen. Das Territorium entsprach im Wesentlichen dem ehemaligen Thema Chaldia. Ebenso wie die Rum-Seldschuken mussten sich die Komnenen 1243 nach der Schlacht vom Köse Dağ den mongolischen Ilchanen als Vasallen unterwerfen. Bis 1282 hielten sie gegen die Laskariden und Palaiologen den Anspruch auf den Titel Kaiser der Romäer aufrecht.

Das Reich und seine Hauptstadt, die heute Trabzon heißt, erlebten während des 13. und frühen 14. Jahrhunderts eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte, wovon Bauwerke wie die Kirche Hagia Sophia bis heute zeugen.

Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahre 1453 wurde Trapezunt zum letzten Rückzugsgebiet der byzantinischen Kultur in Kleinasien, konnte sich aber nur noch wenige Jahre behaupten. Nachdem der letzte Kaiser David Komnenos vergeblich versucht hatte, mit dem Reich der turkmenischen Aq Qoyunlu, weiteren lokalen Beyliks, den Georgiern und westeuropäischen Mächten eine Allianz gegen die Osmanen zu schmieden, wurde es 1461 schließlich Teil des Osmanischen Reichs unter Mehmed II.

Erstmals erforscht wurde die Geschichte des Kaiserreichs durch Jakob Philipp Fallmerayer in seiner Geschichte des Kaiserthums Trapezunt (München, 1827–1848). Besonders aufschlussreich für die Geschichte des Reiches von Trapezunt ist seine Münzprägung, die sich einerseits an byzantinische Vorbilder anlehnt, sich andererseits an seldschukischen Vorgaben orientiert.

Liste der Kaiser von Trapezunt

Porträt Name Vollständiger Name Regierungszeit Anmerkungen
Komnenen
Alexios I. Alexios Megas Komnēnos 1204–1222 gegen Konstantin und Theodor Laskaris (beide Nikaia), Caesar 1183/85, bis 1212/1214 mit David (Caesar 1184/85, 1204/05–1207 in Paphlagonien)
Theodoros Gabras Theodōros Gabras 1204–1208? Usurpator (?) in Pontos
Andronikos I. Andronikos Komnēnos Gidos 1222–1235
Johannes I. Iōannēs Axouchos Megas Komnēnos 1235–1238 mit Johannikios (Kaiser 1238?)
Manuel I. Manouēl Megas Komnēnos 1238–1263 gegen Johannikios (?); erkannte Kai Chosrau II. und Hülegü als Suzeräne an
Andronikos II. Andronikos Megas Komnēnos 1263–1266 Despot seit 1240?
Georg Geōrgios Komnēnos 1266–1280 gegen Andronikos II.; Gegenkaiser 1284
Johannes II. Iōannēs Megas Komnēnos 1280–1297 gegen Georg, ab 1282 nominell Despot, 1284–1285 abgesetzt; erkannte Michael VIII. als byzantinischen Kaiser an
Theodora Theodōra Megalē Komnēnē 1284–1285 durch David VI. Narin
Alexios II. Alexios Palaiologos Megas Komnēnos 1297–1330 bis 1300 neben Andronikos II. (Byzanz)
Andronikos III. Andronikos Megas Komnēnos 1330–1332
Manuel II. Manouēl Megas Komnēnos 1332
Basileios Basileios Megas Komnēnos 1332–1340 gegen Manuel II.
Irene Eirēnē Palaiologina 1340–1341
Anna Anna Megalē Komnēnē Anachoutlou 1341–1342 gegen Irene, 1341 abgesetzt
Johannes III. Iōannēs Megas Komnēnos 1342–1344 durch Niketas Scholarios, gegen Anna
Michael Michaēl Megas Komnēnos 1344–1349 Gegenkaiser 1341; Regent: Niketas Scholarios (bis 1345, Usurpator 1355)
Alexios III. Alexios (Iōannēs) Megas Komnēnos 1349–1390 gegen Michael, gekrönt 1350; Despoten: Andronikos (1355–1376), Basileios (nach 1358–vor 1377)
Michael Michaēl Palaiologos 1373 Despot seit ?1351 (durch Johannes V.)
Manuel III. Manouēl Achpougas Megas Komnēnos 1390–1417 Despot seit 1376; erkannte Timur als Suzerän an
Alexios IV. Alexios Megas Komnēnos 1417–1429 Despot seit 1395, ab 1426 mit Alexander (Despot seit 1418, Mitregent Johannes’ IV. 1453–1459/60?)
Johannes IV. Iōannēs Megas Komnēnos 1429–1460 Despot 1417–1426; Despot: Alexios (ab 1454/55)
David David Megas Komnēnos 1460–1461 Despot seit 1429; osmanischer Nachfolger: Sultan Mehmed II.

Erläuterungen: siehe Liste der byzantinischen Kaiser.

Literatur

  • Anthony Bryer: The Empire of Trebizond and the Pontos. London 1980
  • Anthony Bryer, Richard Winfield: The Byzantine Monuments and Topography of the Pontos. Dumbarton Oaks, Washington D.C. 1985.
  • Jakob Philipp Fallmerayer: Geschichte des Kaiserthums Trapezunt. München, 1827–1848
  • Sergej Pavlovich Karpov: Das Reich von Trapezunt. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 8, Sp. 958f. (Überblick, Quellen und Literatur).
  • Otto Retowski: Die Münzen der Komnenen von Trapezunt. Synodal-Buchdruck, Moskau 1910, sowie Klinkhardt & Biermann, Braunschweig 1974, 1977 (Neudruck)
  • Andreas Urs Sommer: Das Kaiserreich von Trapezunt und seine Münzen (1204–1461). In: Money Trend. Internationales Münzenmagazin. Nr. 10 (1989), S. 12ff. ISSN 1420-4576
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