Khalida Popal

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Khalida Popal, Paschtu: خالده پوپل (geboren 1988[1] in Kabul) ist eine ehemalige afghanische Fußballspielerin. Sie war Gründungsmitglied und Kapitänin der Afghanischen Fußballnationalmannschaft der Frauen. Nach Morddrohungen musste sie 2011 aus dem Land fliehen und lebt seit 2016 in Dänemark.

Khalida Popal gehört zu dem Volk der Paschtunen. Sie wuchs in Kabul während des afghanischen Bürgerkriegs auf. Als die Taliban 1996 Kabul eroberten, floh die Familie nach Peschawar in Pakistan. Nach dem Sturz der Talibanregierung und der Stationierung von NATO-Truppen in Afghanistan kehrte die Familie im November 2001 nach Kabul zurück.

Als Kind spielte Khalida Popal nach der Schule mit ihren Brüdern und anderen Jungen Fußball auf der Straße. Ihre Mutter war Sportlehrerin und unterstützte ihr sportliches Interesse. Als sie älter wurde, wuchs der Druck auf ihre Familie, sie nicht mehr Fußball spielen zu lassen. Sie schloss sich mit anderen Schülerinnen zusammen und trainierte zunächst in einem Hinterhof. 2004 suchte sie mit ihren Freundinnen ein Trainingsgelände. Sie erhielten einen Platz auf einem Gelände der Nato und formten 2007 das erste afghanische Frauenfußball-Nationalteam.[2][3] Bei rund 20 Länderspielen stand sie als Kapitänin auf dem Spielfeld. Später wurde sie als Finanzdirektorin die erste Frau, die der afghanische Fußballverband anstellte. Als der Sport durch die Taliban zunehmend politisiert wurde, erhielt sie Morddrohungen.

Nach ihrer Flucht 2011 nach Dänemark studierte sie an der Copenhagen Business Academy und arbeitet beim FC Nordsjælland als Koordinatorin für Frauenfußball.[4] 2014 gründete Khalida Popal den Verein Girl Power, der vor allem geflüchteten Frauen und Mädchen über Sportangebote zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen will.[5]

Nach der Einnahme Kabuls durch die Taliban 2021 riet sie den afghanischen Fußballspielerinnen, ihre Trikots zu verbrennen und alle Hinweise auf ihren Sport in den sozialen Netzwerken zu löschen. Mit der FIFPro und anderen Aktiven organisierte sie von Dänemark aus die Ausreise afghanischer Fußballspielerinnen. 35 Spielerinnen sowie 40 Verwandte und Funktionäre wurden nach Australien ausgeflogen.[6]

Popal arbeitet mit der iranischen Sportfotografin und Menschenrechtsaktivistin Maryam Majd zusammen. Beide sehen den Sport als Hebel, „um die Kultur zu verändern“.[7]

Missbrauchsskandal

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Popal machte 2018 in einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Guardian den sexuellen Missbrauch von Spielerinnen der Afghanischen Fußballnationalmannschaft der Frauen öffentlich.[8] Der Chef der afghanischen Fußballföderation (AFF), Keramuddin Karim, soll mehrere minderjährige Spielerinnen vergewaltigt haben. Karim sowie fünf weitere männliche Mitglieder der AFF wurden von ihren Aufgaben entbunden und vorläufig entlassen.[9] Die FIFA sperrte ihn auf Lebenszeit. Er darf in Zukunft weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene im Fußball tätig sein. Die rechtsprechende Kammer der Fifa-Ethikkommission kam zu dem Schluss, Karim habe seine Position als Verbandschef ausgenutzt, um mehrere Nationalspielerinnen sexuell zu missbrauchen.[10]

  • 2021: Hero Award der Fußball-Spielergewerkschaft FIFPro.[11]

Veröffentlichungen

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  • My Beautiful Sisters. A Story of Courage, Hope and the Afghan Women’s Football Team. John Murray Publishers, London 2024, ISBN 978-1-399-80573-5.

Einzelnachweise

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  1. Popal, Khalida (1988–), In: Historical Dictionary of Afghanistan, hrsg. Thomas H. Johnson, Ludwig W. Adamec, Rowman & Littlefield Publishers, USA 2021, ISBN 978-1-5381-4928-7, S. 397
  2. Ronny Blaschke: Mit Fußball gegen kulturelle Barrieren, Deutschlandfunk, 29. Juni 2019
  3. Frauenfußball in Afghanistan. "Viele Männer hatten Angst vor einer Frau." Interview von Jonas Hüster, Süddeutsche Zeitung, 2. März 2021.
  4. Gründerin des Frauenfußballteams in Afghanistan: „Der Fußball war unser Werkzeug“. Interview von Lukas Zahrer, Der Standard, 18. August 2021.
  5. Mareen Linnartz: Profil. Khalida Popal. In: Süddeutsche Zeitung, 6. Januar 2019.
  6. Jutta Heeß: Afghanische Fußballerin Khalida Popal. Die Stimme der stimmlosen Frauen. In: Deutschlandfunk Kultur, 5. September 2021.
  7. Frank Hellmann: Den Frauen eine Stimme und ein Gesicht geben. In: Frankfurter Rundschau, 6. Juni 2023.
  8. Stefan Nestler: "Fürchte, dass viele ungeschoren davonkommen". In: Deutsche Welle, 4. Juni 2019.
  9. Nasim Saber, Hakimi Khalid: Fußballerinnen wehren sich gegen Missbrauch. In: Deutsche Welle, 9. Dezember 2019.
  10. Wegen Missbrauchs von Spielerinnen. Afghanischer Fußballchef Karim lebenslang gesperrt. In: Der Spiegel, 8. Juni 2010.
  11. Christoph Becker: Stimme der Stimmlosen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. November 2021.