Kirche Friedland (Ostpreußen)
Die Kirche Friedland (russisch Кирха Фридланд Kircha Fridland) war das Gotteshaus des heute Prawdinsk (russisch Правдинск) genannten Ortes (bis 1946 Friedland in Ostpreußen). Die ältesten Teile des noch existierenden Gebäudes stammen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Ursprünglich war die Kirche ein römisch-katholisches, bis 1945 ein evangelisches und seit 1990 als Sankt-Georg-Kirche (russisch Православный храм во имя святого Великомученика и Победоносца Георгия) ein russisch-orthodoxes Gotteshaus.
Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das heute russische Prawdinsk liegt 50 Kilometer südöstlich von Königsberg (Kaliningrad). Der Ort ist eine Kleinstadt innerhalb des Rajons Prawdinsk der Oblast Kaliningrad.
Kirchengebäude
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In ihren Anfängen entstand die Friedländer St.-Georgs-Kirche[1] im Jahre 1313 aus Holz. Bei einem Einfall der Litauer brannte sie 1347 nieder, wurde aber 1360 bis 1380 dann als gemauerter Saalbau mit Sakristei und Turm wiedererrichtet. Vor Ende des 15. Jahrhunderts erhielt das Gotteshaus in erheblichem Maße Umbauten. So entstand durch die Anlage von zwei Pfeilerreihen eine dreischiffige Basilika mit sieben Jochen.
An den Seitenwänden baute man 1506 auf der Südseite die St.-Anna-Kapelle an, die später als Privatkapelle der Familie von Proeck genutzt wurde; nach 1521 kamen weitere Kapellen auf der Nordseite hinzu.
Die wertvolle Kunstausstattung der Kirche wurde 1948 geraubt. Von den einst drei Glocken hat eine den Krieg auf dem Hamburger Glockenfriedhof überdauert und läutet heute in der Kirche zu Langenhagen in Niedersachsen. Sie stammt aus dem Jahr 1746 und wurde in der Königsberger Glockengießerei Dörling angefertigt. Die beiden anderen Glocken sind im Glockenturm verblieben. Die größere Glocke stammt aus dem Jahr 1729 und trägt noch das Monogramm Friedrich Wilhelms I. von Preußen FWR.
Zwischen 1961 und 1991 wurde die Kirche zweckentfremdet und diente als Lagerhalle der Konsumgenossenschaft, bis sie – auch mit starker Unterstützung ehemaliger Friedländer Kirchenmitglieder – ausgebessert wurde und nun Gotteshaus der russisch-orthodoxen Kirche ist.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit Einführung der Reformation bis zum Jahre 1945 bestand eine evangelische Kirchengemeinde in Friedland. Gehörte sie einstmals zur Inspektion des Oberhofpredigers in Königsberg (heute Kaliningrad), so war sie dann in den Kirchenkreis Friedland, der ab 1927 in den Kirchenkreis Bartenstein (heute polnisch: Bartoszyce) umfunktioniert wurde, integriert. Sie lag im Bereich der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Vor 1912 zählte die Gemeinde 4500 Gemeindeglieder.
Kirchspielorte (bis 1945)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vor 1945 gehörten zum Kirchspiel Friedland folgende Ortschaften[2]:
Name (bis 1946) | Russischer Name (seit 1946) |
---|---|
Battkeim | – |
Bothkeim | Tschistopolje |
Eichenwäldchen | – |
Friedlandshof | – |
Götzlack | Krutoi Jar |
Grünwalde | Antonowo |
Hegewald | – |
Heinrichsdorf | Rownoje |
Heyde | Kostjukowka |
Kloschenen | Lukino |
Lawdt | – |
Mertensdorf | Tjomkino |
Postehnen | Peredowoje |
Sortlack[3] | – |
Kirchenbücher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Viele Kirchenbücher der Kirchengemeinde Friedland werden heute im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg aufbewahrt:[4]
- Taufen: 1640 bis 1879
- Trauungen: 1677 bis 1888
- Bestattungen: 1716 bis 1884
- Konfirmationen: 1819 bis 1823
Auch andere kirchenchronikalische Aufzeichnungen sind dort vorhanden.
Vierter Koalitionskrieg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Vierten Koalitionskrieg kommandierte während der Schlacht bei Friedland am 14. Juni 1807 der Oberkommandierende der russischen Truppen General Levin August von Bennigsen – an der Turmbrüstung der Kirche stehend – die russisch-preußischen Truppen gegen Napoleons Armee.[5]
Seit 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Zeit der Sowjetunion war kirchliches Leben untersagt. In den 1990er Jahren bildete sich in Prawdinsk eine neue evangelische Gemeinde, die zum Einzugsbereich der Auferstehungskirchengemeinde in Kaliningrad gehört.
In Prawdinsk besteht heute eine russisch-orthodoxe Gemeinde. Sie nutzt die frühere evangelische St.-Georgs-Kirche als Gotteshaus. Prawdinsk gehört zur russisch-orthodoxen Diözese Kaliningrad und Baltijsk.
Die in Friedland geborene Ursula Margarete Kluge (* 26. Juli 1928), geb. Jandt, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Wolfenbüttel lebt, half von 1992 bis 2006 bei den Restaurierungsarbeiten.[6]
Am 27. September 2005 wurde die Kirche vom Metropoliten von Smolensk und Kaliningrad, Kyrill, als russisch-orthodoxes Gotteshaus geweiht.[7]
Pfarrer
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis 1945 wurde Friedland und das dazugehörige Kirchspiel von jeweils zwei Geistlichen (Pfarr- und Diakonenstelle) betreut[8]:
|
|
Seit 1990 gehört die Kirche zur russisch-orthodoxen Eparchie Tschernjachowsk. Die Priester der Kirche seit 1990:
- 1997–2010: Wadim Degtjarjow
- seit 2010: Dmitrij Cholsinjow
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Свято-Георгиевский храм Правдинск, st-ge.org (russisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Pfarrkirche St. Georg in Friedland/Prawdinsk
- ↑ Kirchspiel Friedland ( des vom 27. November 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3 Dokumente, Göttingen 1968, S. 456
- ↑ Christa Stache, Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, Teil 1: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, Berlin, 1992³
- ↑ Pfarrkirche St. Georg, ostpreussen.net
- ↑ История Свято-Георгиевского храма, st-ge.org (russisch)
- ↑ В праздник Воздвижения Креста Господня митрополит Кирилл совершил освящение восстановленного православными знаменитого немецкого орденского храма в городе Правдинске ( des vom 25. Oktober 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , mospat.ru (russisch)
- ↑ Friedwald Moeller, Altpreußisches Evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968
Koordinaten: 54° 26′ 37″ N, 21° 0′ 14″ O