Krasnik Łobeski

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Krasnik Łobeski (deutsch Kratzig, früher Krazig, Crazig und Cratzig) ist ein Dorf in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Es gehört zur Gmina Węgorzyno (Stadt- und Landgemeinde Wangerin) im Powiat Łobeski (Labser Kreis).

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Dorf liegt in Hinterpommern, etwa 27 Kilometer südsüdöstlich der Stadt Resko (Regenwalde), neun Kilometer südwestlich des Stadtkerns von Łobez (Labes), sechs Kilometer nördlich der Stadt Węgorzyno (Wangerin) und 2 ½ Kilometer westlich des Dorfs Lesięcin (Lessenthin).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gut Kratzig war ehemals ein altes pommersches Lehen der in Hinterpommern alteingeborenen Familie Borcke, das nach dem Ableben des Kommissars Achaz von Borck durch den brüderlichen Erbteilungsvertrag vom 3. März 1716 seinem zweiten Sohn, dem Lieutenant und späteren Obersten Jobst Andreas von Borck zufiel. Dieser hinterließ das Gut seinen beiden Söhnen, dem Kammerdirektor zu Königsberg i. Pr. Friedrich Albert und dem Fähnrich Philipp Christian von Borck, die es eine Zeitlang gemeinschaftlich besaßen, bis sie sich am 4. Dezember 1760 darauf verständigten, dass der Erstere das Gut allein übernahm. Friedrich Albert von Borck verkaufte das Gut am 18. Juli 1780 erblich an den Generalmajor Wilhelm von Krockow.[1] Das Rittergut, das 1786 allodifiziert worden war, verkaufte dieser 1792 für 19.000 Taler erblich dem Lieutenant Franz Friedrich Ernst von Wedel. Es folgten dann weitere Besitzerwechsel, bis das Gut am 6. Oktober 1794 für 28.500 Taler, zuzüglich 100 Taler Gold an Schlüsselgeld, an den Landrat und Direktor des Borckschen Kreises Ernst August Philip von Borcke, auf Kankelfitz, verkauft wurde.[2]

Zwar nennt ihn die Vasallentabelle von 1804 als Besitzer von Kratzig, Lessenthin und Kankelfitz,[3] infolge der durch die französische Invasion des Landes 1806 und die nachfolgende mehrjährige Okkupation eingetretenen wirtschaftlichen Rückschläge sah er sich jedoch bald genötigt, das wertvolle Gut Kratzig wieder aus der Hand zu geben.[2] Es fanden danach mehrere Besitzerwechsel statt, bis das Gut 1861 an den Berliner Kaufmann Theodor Eugen Possart kam.[2] 1884 war das Gut mit einer Stärke- und Sirup-Fabrik sowie einer Zucht ostfriesischer Rinder 1749 Hektar groß,[4] 1892 wurde die Größe des Ritterguts mit einer Branntweinbrennerei und einer Stärkefabrik mit 563 Hektar beziffert.[5] 1896 wird Eugen Possart, Berlin, als Besitzer des Ritterguts Cratzig genannt.[6]

Am 1. April 1927 hatte das Gut Kratzig eine Fläche von 622 Hektar, und am 16. Juni 1925 hatte der Gutsbezirk 215 Einwohner.[7]

Um 1939 war Max von Zitzewitz, Rittmeister, Besitzer des Ritterguts.[8]

Die Gemarkung der Landgemeinde Kratzig hatte um 1930 eine Fläche von 8 km². Im Gemeindegebiet, in dem Kratzig die einzige Wohnstätte war, standen insgesamt 28 bewohnte Wohnhäuser.[9]

Familiengruft der Familie Possart (2008)

Im Jahr 1945 gehörte das Dorf Kratzig zum Kreis Regenwalde im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Kratzig war dem Amtsbezirk Lessenthin angegliedert.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde Kratzig zusammen mit ganz Hinterpommern seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Danach begann die Zuwanderung von Polen. Das Dorf Lessenthin wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Krasnik Łobeski‘ verwaltet. In der Folgezeit wurde die einheimische Bevölkerung von der polnischen Administration aus Kratzig und dem Kreisgebiet vertrieben.

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1782 adliges Gut mit einem Vorwerk, einer Filialkirche von Kankelfitz und 15 Feuerstellen (Haushaltungen)[1]
1818 122 Dorf, adlige Besitzung[10][11]
1852 202 Dorf[12]
1864 223 am 3. Dezember, im Gutsbezirk und Gemeindebezirk zusammen[13]
1867 221 am 3. Dezember, davon 78 im Dorf und 143 im Gutsbezirk[14]
1871 237 am 1. Dezember, davon 74 im Dorf (sämtlich Evangelische) und 163 im Gutsbezirk (sämtlich Evangelische)[14]
1885 254 am 1. Dezember, davon 74 im Dorf (sämtlich Evangelische) und 180 im Gutsbezirk (sämtlich Evangelische)[15]
1890 255 am 1. Dezember, davon 73 in der Landgemeinde und 182 im Gutsbezirk[16]
1910 286 am 1. Dezember, davon 87 im Dorf und 199 im Gutsbezirk[17]
1925 286 davon 280 Evangelische und sechs Katholiken[9]
1933 260 [18]
1939 289 [18]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kratzig, Dorf und Rittergut, Kreis Regenwalde, Pommern, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Kratzig (meyersgaz.org).
  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich-Preußischen Herzogthums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 1: Beschreibung der zu dem Gerichtsbezirk der Königl. Landescollegien in Stettin gehörigen Hinterpommerschen Kreise. Stettin 1784, S. 334, Ziffer 9 (Google Books).
  • Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern – Schilderung der Zustände dieser Lande in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Teil II: Landbuch des Herzogtums Stettin, von Kamin und Hinterpommern; oder des Verwaltungs-Bezirks der Königl. Regierung zu Stettin. Band 7: Der Kreis Regenwalde, und Nachrichten über die Ausbreitung der römisch-kathol. Kirche in Pommern. Berlin und Wriezen 1874, S. 753–754 (Google Books).
  • Pommersches Güter-Adressbuch, Friedrich Nagel (Paul Niekammer), Stettin 1892, S. 58–59 (Google Books).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Krasnik Łobeski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich-Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 1: Beschreibung der zu dem Gerichtsbezirk der Königl. Landescollegien in Stettin gehörigen Hinterpommerschen Kreise. Stettin 1784, S. 334, Ziffer 9 (Google Books).
  2. a b c Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern – Schilderung der Zustände dieser Lande in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Teil II: Landbuch des Herzogtums Stettin, von Kamin und Hinterpommern; oder des Verwaltungs-Bezirks der Königl. Regierung zu Stettin. Band 7: Der Kreis Regenwalde, und Nachrichten über die Ausbreitung der römisch-kathol. Kirche in Pommern. Berlin und Wriezen 1874, S. 753–754 (Google Books).
  3. Robert Klempin, Gustav Kratz: Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV bis in das XIX Jahrhundert, Bath, Berlin 1863, S. 519, Ziffer 8 (Google Books).
  4. P. Ellerholz: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche, Band II: Provinz Pommern. Zweite Auflage, Berlin 1884, S. 160–161 (Google Books).
  5. Pommersches Güter-Adressbuch, Friedrich Nagel (Paul Niekammer), Stettin 1892, S. 58–59 (Google Books).
  6. C. Leuchs: Adressbuch aller Länder der Erde der Kaufleute, Fabrikanten, Gewerbetreibenden, Gutsbesitzer etc. etc., Band 12: Pommern, Neunte Ausgabe, Nürnberg 1896, S. 164 (Google Books).
  7. Kurt Albrecht: Die preußischen Gutsbezirke, in: Zeitschrift des Preussischen Statistischen Landesamts, 67. Jahrgang, Berlin 1927, S. 344–477, insbesondere S. 395 (Google Books).
  8. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern, Verlag Niekammer, Leipzig 1939, S. 199 (Google Books, eingeschränkte Vorschau)
  9. a b Die Gemeinde Kratzig im ehemaligen Kreis Regenwalde in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft, 2011).
  10. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 3: Kr–O, Halle 1822, S. 9, Ziffer 4980 (Google Books).
  11. Friedrich von Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern mit einer statistischen Uebersicht, Nicolaische Buchhandlung, Berlin und Stettin 1827, S. 225, Ziffer 12 (Google Books).
  12. Kraatz (Hrsg.): Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Decker, Berlin 1856, S. 101 (Google Books).
  13. Königliches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Stettin: 9. Kreis Regenwalde. Berlin 1866, S. 2–9, Ziffer 23–24 (Google Books).
  14. a b Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 76–77, Ziffer 14 (Google Books), und S. 80–81, Ziffer 99 (Google Books).
  15. Königliches statistisches Bureau: Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 und anderer amtlicher Quellen. Band 4: Provinz Pommern. Berlin 1888, S. 86–87, Ziffer 32 (Google Books), und S. 92–93, Ziffer 124 (Google Books).
  16. Königliches statistisches Bureau: Viehstandslexikon für den preußischen Staat. IV. Provinz Pommern, Berlin 1895. I. Regierungsbezirk Stettin. 13. Kreis Regenwalde, S. 35, Ziffer 32 (Google Books), und S. 37, Ziffer 123 (Google Books).
  17. Landkreis Regenwalde (Gemeindeverzeichnis.de) – U. Schubert (2020)
  18. a b Michael Rademacher: Provinz Pommern – Landkreis Regenwalde. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.

Koordinaten: 53° 34′ N, 15° 32′ O